Also waren die Prussen gar nicht verschwunden, sondern nur "integriert" in den Ordensstaat?
"Aus der Reformationszeit sind dann drei Katechismen erhalten, die unter Albrecht von Brandenburg-Ansbach angelegt wurden. Die Übersetzungen des Lutherischen Katechismus erschienen 1545 (I. und II. Katechismus) und 1561 (III. Katechismus) in Königsberg. Während der I. und II. Katechismus von unbekannten Verfassern stammen, kann für den III. Katechismus Abel Will, Pfarrer an der Kirche Pobethen (russisch: Romanowo) als Verfasser benannt werden. Dieses Enchiridion ist für die Erforschung des Altpreußischen aufgrund des größeren Umfangs und der Markierung von Intonations- und Akzentverhältnissen besonders wichtig. Die drei Katechismen werden dem samländischen Dialekt zugeordnet. Besonders im Enchiridion machen sich jedoch deutliche deutsche Einflüsse bemerkbar.
Neben den drei Paternostern dieser Katechismen ist noch der 1938 entdeckte Anfang eines vierten altpreußischen Paternosters (15. Jahrhundert) bekannt. Die von anderen Autoren stammenden angeblich altpreußischen Paternoster sind entweder korrumpiertes Lettisch oder Litauisch"
Altpreußische Sprache – Wikipedia
So. Nun stellen wir uns einfach mal die Frage, warum, wenn das Altprussische schon zu Zeiten des Deutschen Ordens als signifikante, lebendige Sprache verschwunden wäre, man noch 1545, also 20 Jahre nach dem Ende des Ordensstaates auf die Idee hätte kommen sollen, den lutherischen Katechismus ins Altprussische zu übersetzen und zu drucken oder warum man (Obrigkeit) überhaupt den Druck eines solchen übersetzten Katechismus hätte genehmigen sollen, wenn man darauf aus gewesen wäre eine (physische) Vertilgung der prussischen Kultur in irgendeiner Form herbeizuführen?
Das ist nun wirklich ganz großer Kokolores.
Was die alteingesessene Bevölkerung angeht, so vermischte sich diese über die Jahrhunderte zunehmend mit den Siedlern, die der Ordensstaat aus dem Reich angeworben hatte, zwecks Urbarmachung weiterer Gebiete, Infrastruktur etc.
Außerhalb der Phantasie von Leuten mit bestimmten politischen Ideen, kommt es einmal nicht vor, dass Menschen mit verschiedenen kulturellen Hintergründen über Jahrhunderte feinsäuberlich von einander separiert bleiben.
Das wirst du nirgendwo auf der Welt finden.
Zumal in Gebieten mit dörflichen Strukturen, mit nicht selten < 100 Einwohnern, die letztendlich alle Mitglieder der dort lebenden 2-3 Großfamilien waren.
Hast du eine Vorstellung, was passiert, wenn in solchen Strukturen, die Leute aus Dorf X über Generationen immer wieder in die benachbarten Dörfer Y und Z einheiraten und umgekehrt?
Das gibt Inzestschäden ohne Ende.
Und die eigenen Nachkommen um sowohl dieses Problem zu vermeiden, als auch sie nicht an die Nachbarn, deren Sprache man vielleicht nen bisschen seltsam findet verheiraten zu müssen, irgendwo an den Anus der Welt zu verheiraten funktionierte in mittelalterlich-dörflichen Strukturen auch nicht.
Schließlich wollte man in einer Zeit ohne Versicherungen, Krankenversorgung, Katastrophenhilfe etc. im Fall von Schicksalschlägen, die Familie und Verwandschaft, wenn es darauf ankam zackig zusammentrommeln können, um Hilfe zu bekommen.
Das hätte nicht mehr funktioniert, wenn man die eigenen Nachkommen 3-Tagesreisen weit weg verheiratet hätte, um damit einerseits die Inzestprobleme zu umgehen, weil man seit Generationen in die Dörfer in der Umgebung geheiratet hat und auch ja nichts mit diesen komisch sprechenden Leuten im Nachbardorf zu tun haben wollte.
Im Zweifel war damals unter diesen Bedingungen, zeitnahe Hilfe von Verwandten die etwas komisch sprechen, mit ner etwas lustigen Abstammung nämlich immer noch besser, als massiv inzestgeschädigter Nachwuchs, dem man selbst hätte helfen müssen oder gar keine Hilfe, weil die Verwandschaft so weit weg war, dass das Kind längst in den Brunnen gefallen war, bis man sie mal erreichte.
Man darf sich das nicht im Rahmen von Bevölkerungsgrößen und Mobilität neuzeitlich-industrieller Strukturen vorstellen.
Die Leute waren in diesem Sinne darauf angewiesen früher oder später mit ihren Nachbarn verwandtschaftliche Bindungen einzugehen, auch wenn die andere Hintergründe hatten.
Das hatte natürlich seine ganz eigenen Probleme, angefangen bei der strukturellen Marotte arangierter Ehen etc. von denen man natürlich mit modernem Hintergrund nicht so viel halten kann, in den damaligen Strukturen ohne moderne Sozialsystem kam man aber nicht umhin,.
Auch wenn der Nachbar seltsam sprach und seine Großeltern Zugezogene waren.