Da meine Frage, in diese Zeit fällt, stelle ich das Thema mal hier ein! Es steht ja schon in der Überschrift.
Nach der Reichsgründung, war man ja bestrebt, einen durch und durch deutschen Staat zu schaffen. Was auch bedeutete, dass man sich von allen anderen Staaten unterscheiden und abheben wollte. Ein Teil dieser Selbstfindungspoltik, war ja auch, dass man tunlichst alles vermeiden wollte, was in anderen Ländern populär war.
Dazu gehörte unter anderem auch der Boxsport. Dieser kam ja aus England. Und hatte zum damaligen Zeitpunkt, bereits eine über 100-jährige Erfolgsgeschichte hinter sich. Ich kann mich erinnern, dass ich mal im Unterricht gehört habe, dass Boxen sehr lange in Deutschland verboten war. Und erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts, offiziell in Deutschland erlaubt wurde. Die Freunde des Faustkampfes werden hier Genaueres wissen.
Soweit ich weiß, war das Boxen, wie auch das Ringen bei den besseren Schichten verpönt. Erfreute sich aber bald sehr großer Beliebtheit. Ähnlich verhielt es sich ja mit dem Jiu Jitsu und Judo. Beides Sportarten, die anfangs sehr belächelt wurden. Sich aber dank begeisterter Anhänger, bald verbreiteten. Hier ist natürlich der Name Erich Rahn zu nennen.
Wo hast du denn die Weisheit her, dass "man" einen durch und durch deutschen Staat schaffen wollte, der sich auch in Sport, Spiel und Freizeitkultur von anderen Staaten unterschied und unterscheiden wollte?
auch hier keine Belege, sondern Tatsachenbehauptungen.
Im Zuge der von Ernst Ludwig Jahn, der oft als "Turnvater" verharmlost wird gegründeten Turnerbewegung kam es tatsächlich zu einer sehr starken Deutschtümelei, verbunden mit schon geradezu pathologischem Franzosenhass und einem radikalen Antisemitismus.
Das von Jahn begründete Turnen, er erfand mehrere Sportgeräte, die heute noch in Gebrauch sind, sollte nicht der Erholung und Fitness dienen, sondern war als Wehrsport gedacht, der die Turner physisch und psychisch auf den "Volkskrieg" gegen Frankreich ertüchtigen sollte.
Um Sport und Spiel zu treiben, benötigte man 1. (Frei)Zeit und Muße, um Sport treiben zu können, und es gehörte natürlich auch das nötige Kleingeld dazu, um die nötige Ausrüstung kaufen zu können und um "Trainerstunden" in Tennis, Golf, Reiten, Fliegenfischen, Jiu Jitsu oder was auch immer zu finanzieren.
Aktivitäten wie Reiten, Fechten, Jeu de paume, Tennis, Golf, die Jagd und Fischerei waren in der Regel dem Adel und Großbürgertum vorbehalten. Im Zuge der Industriellen Revolution kam es auch im Bürgertum zu zunehmendem Wohlstand, und es gab immer mehr Bürgerliche, die sich in Sportarten versuchten, die zuvor vor allem dem Adel vorbehalten waren. Mit der Entwicklung der modernen Arbeitswelt in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts entstand auch die moderne Freizeitkultur. Entspannung bei Sport und Spiel wurde zunehmend wichtiger.
Es konnte nach der Reichsgründung überhaupt keine Rede davon sein, dass "man" (wer?) sich von anderen Staaten habe unterscheiden wollen. Tennis, Golf, Fußball, die Sportfischerei und auch der Boxsport stammten aus GB.
Briten waren die Ersten, die Handbücher zur Angelei verfassten. Es gab bis zum letzten Drittel des 19. Jahrhunderts in Deutschland noch keine Firma, die Angelgerät herstellte. Angler schnitten sich aus Haselgerten ihre Ruten selber, Bambusruten, Angelrollen und dergleichen waren nur aus GB (oder den USA) zu bekommen. Die Briten wurden Lehrmeister der deutschen Sportfischer, bis um die Jahrhundertwende Angelgerät made in Germany zur Verfügung stand. Die Angelei wurde auch in Deutschland zu einem Volkssport, und um diesen auszuüben, schlossen sich die deutschen zu Vereinen zusammen.
Auch der Fußball stammte aus England, wurde aber bald auch in Deutschland zur "schönsten Nebensache der Welt.
Dabei und auch beim Boxen spielten Arbeitervereine eine große Rolle.
Boxen war natürlich nicht verboten, was verboten war, waren wilde Schlägereien. Die modernen Boxregeln wurden von einem Marquis of Queensborough begründet, eigentlich aber stammt das moderne Boxen, wie wir es kennen, aus den USA. Wie auch in der heutigen Zeit gab es Leute, die Boxen lernten, um sich zu verteidigen. Boxkämpfe waren in GB sehr beliebt, auch beim Adel, der Boxsport war aber niemals so mondän wie Reiten, Segeln, Tennis und Golf.
Mit der Faust zu kämpfen galt als proletenhaft und wenig "gentlemanlike". Zur Selbstverteidigung griff man lieber zum Spazierstock, den damals jeder Mann trug, und viele hatten auch Grundbegriffe des Fechtens gelernt. Ein gewisser Mr. Barton Wright entwickelte aus Jiu Jitsu und Kampfkünsten wie Canne de Combat eine Kampfkunst namens Bartitsu, die auch Sherlock Holmes anwendete.
Boxen war und blieb eher ein Sport und eine Kampfkunst der Arbeiterklasse. Es gab Zeitgenossen, die Boxen lernten zur Selbstverteidigung, und wenn auch Boxkämpfe durchaus bei der Aristokratie beliebt waren, war es doch ein Sport der im Gegensatz zu Reiten, Rennsport, Tennis, Golf, der Jagd und dem Fliegen- oder Hochseefischen eher weniger von der Elite ausgeübt wurde.