...und Varus wird immer weiter geschlachtet

Ein Fund, der wohl selbst eher Legende als Geschichte ist.

Der Adler ist nicht erhalten, sondern soll angeblich eingeschmolzen worden sein. Es gibt keine zeitnahen Schriftquellen, sondern nur mündliche Überlieferung. Der Adler soll 1706 gefunden worden sein, erste schriftliche Erwähnung in einer Dorfchronik von 1863.

Google liefert für "Goldadlerfund von Haaren" nur sieben Ergebnisse. Der Adler hat in der Forschung offensichtlich keinen größeren Widerhall gefunden.

Goldadler-Haaren.PDF (arminius-forschung.de)

Hallo Nikias,

stimmt er wurde eingeschmolzen der Finder baute sich davon ein Haus und soll später umgebracht worden sein, Widerhall fand es nicht weil man es früher verständlicherweise nicht mit der Varusschlacht in Verbindung bringen konnte oder wollte. Das hat sich nun geändert.

Gruß
Ulrich Leyhe
 
stimmt er wurde eingeschmolzen der Finder baute sich davon ein Haus und soll später umgebracht worden sein, Widerhall fand es nicht weil man es früher verständlicherweise nicht mit der Varusschlacht in Verbindung bringen konnte oder wollte. Das hat sich nun geändert.

Der Fund eines Legionsadlers (und laut dem von mir verlinkten PDF soll es sich ja um einen solchen gehandelt haben) wäre doch auf jeden Fall eine Sensation gewesen, egal ob es der Adler einer der Legionen von Varus oder einer anderen Legion gewesen wäre.
 
Der Fund eines Legionsadlers (und laut dem von mir verlinkten PDF soll es sich ja um einen solchen gehandelt haben) wäre doch auf jeden Fall eine Sensation gewesen, egal ob es der Adler einer der Legionen von Varus oder einer anderen Legion gewesen wäre.

das denken wir heute, damals war nur der Goldwert von Bedeutung. Und leider auch heute noch siehe Clan Kriminalität.
 
stimmt er wurde eingeschmolzen der Finder baute sich davon ein Haus und soll später umgebracht worden sein, Widerhall fand es nicht weil man es früher verständlicherweise nicht mit der Varusschlacht in Verbindung bringen konnte oder wollte. Das hat sich nun geändert.
Wir wissen aber nicht, ob 1706 tatsächlich etwas archäologisch Bedeutsames gefunden wurde und ob dies tatsächlich ein Adler war - geschweige denn, ob es ein römischer Legionsadler war. Der "Fund" wurde ja noch Lebzeiten des "Finders" eingeschmolzen. Das ganze ist eine Legende, die man strickt, wenn jemand unerwartet genug Geld hat, um ein Haus zu bauen.
Willkürlich Bestandteile von Legenden in eine Hypothese (nicht Theorie) einzubauen, ist aber Rosinenpickerei.
 
Wir wissen aber nicht, ob 1706 tatsächlich etwas archäologisch Bedeutsames gefunden wurde und ob dies tatsächlich ein Adler war - geschweige denn, ob es ein römischer Legionsadler war. Der "Fund" wurde ja noch Lebzeiten des "Finders" eingeschmolzen. Das ganze ist eine Legende, die man strickt, wenn jemand unerwartet genug Geld hat, um ein Haus zu bauen.
Willkürlich Bestandteile von Legenden in eine Hypothese (nicht Theorie) einzubauen, ist aber Rosinenpickerei.

möglich.

Doch, können wir. Was bringt es, eine "Quelle" heranzuziehen, die offenkundig unbrauchbar ist? Sie zu verwenden würde in die Irre führen. (Nebenbei bemerkt muss man auch akzeptieren können, etwas nicht zu wissen. Die Verwendung untauglicher Informationen führt nicht zu Wissen, sondern zu Schein- bzw. Falschwissen.)

Es ist interessant 1900 Jahre Schriften als offenkundig unbrauchbar zu bezeichnen. Lassen Sie das aber nicht die Schriftexperten hören, die sich mit hetitischer oder ägyptischer Schreibkunst beschäftigen.

[mod: 2 Beiträge, 21:53, 22:44, zusammengeführt]
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Nimm die Wallanlagen die man zunächst als germanisch ansprach um dann zu sagen es könnten auch die Reste eines römischen Lagers gewesen sein
Korrekt ist folgendes:
  • Zunächst nahm man 1988 an, dass es sich bei dem Wall um einen Teil eines Römerlagers handelte.
  • Da aber der Wall, wie sich im Laufe der Grabungen der nächsten Jahre abzeichnete, an den Enden abrupt abbrach und Annäherungshindernisse zur vermeintlichen Lagerseite hatte, bekam man Zweifel an der Lagerwallhypothese. Die These von der Defileeschlacht am Germanenwall wurde entwickelt. Das war aufgrund der archäologischen Befunde Stand der Dinge.
  • 2011 veröffentlichte der mittlerweile pensionierte Osnabrücker Archäologe Wolfgang Schlüger ein Papier mit der These, dass es sich doch um ein Lager handele, und zwar eines, wie es Tacitus für das Jahr 14 beschrieb: Wälle an zwei Seiten, Verhaue an den beiden anderen: castra in limite locat, frontem ac tergum vallo, latera concaedibus munitus (Tac. ann. I, 50) . So sei auch das Lager in Kalkriese beschaffen gewesen.
  • Seit 2016 wurde diese These Schlüters durch Ortisi/Rappe spatenwissenschaftlich verfolgt, zwischenzeitlich schien sie sich 2017 zu bestätigen, dann aber 2018 doch wieder nicht.
Das ist Wissenschaft. Interpretationen verändern sich, weil neues Faktenwissen hinzukommt. Eine Theorie gilt immer so lange als richtig, bis sie durch eine bessere ersetzt wird. Das passiert nicht willkürlich, sondern rational.

oder die Fundverschleierung des Mundblechs mit der Ritzung "LPA" für "Legio Prima Augusta",
  1. Da wurde nix verschleiert, das ist schlicht unwahr. Im Gegenteil, das Stück mitsamt Lesung LPA und Interpretation wurde durch Wiegels im Varus-Kurier, im museumseigenen Magazin veröffentlicht. Die Inschrift war kaum zu erkennen, sie musste erst mal entdeckt werden. Nachdem das gute Stück restauriert worden war.
  2. Ob da wirklich LPA steht, ist fragwürdig.
  3. Ob LPA wirklich „Legio Prima Augusta“ hieße, wenn es da stünde, ist ebenso fragwürdig. Legio wurde i.d.R. <LEG> abgekürzt, die erste Legion <LEG I> und nicht <LP>.
Nur damit alle wissen, worüber wir reden:

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Umzeichnung:

394B27EE-BA6F-446F-8F69-2464E3DAAA9C.jpeg


Das LPA ist eine Interpretation, man könnte genauso gut das A als Teil einer XXX lesen, ich lese auch mit dem X hinter dem A, dann leicht nach unten verschoben ein XIIX (18. > Varusschlacht*).
Das P wäre sehr herausgehoben.
Oder ich lese LPAX.

Wir sehen, schon die Lesung ist an eine Bedingung geknüpft.
Also: Wenn dort LPA steht, kann man LPA womöglich als Legio Prima Augusta deuten.
Dem folgen weitere Bedingungen... Die Legio Prima die mit Caecina an den Pontes Longi unterwegs war, trug den Beinamen Augusta nicht.

Wiegels, der die Inschrift publiziert und als Legio Prima Augusta gedeutet hat, weist in seiner Publikation darauf hin, dass diese zum Zeitpunkt der Varusschlacht seit 30 Jahren nicht mehr existierte. Das wird leider immer wieder übersehen. Ist halt ein Faktum was stört, wenn man das Schwertscheidenmundblech als Beweis gegen die Varusschlacht in Kalkriese anführen möchte.

Mit Knochenresten meinst Du die wenigen Funde die diesbezüglich dort gemacht wurde ? Dazu habe ich mir noch keine Meinung gebildet.
Dafür, dass du dir noch keine Meinung dazu gebildet hast, versuchst du sie aber schon zu bagatellisieren.

Zu den archäologischen Fakten:
Der Boden in Kalkriese ist sehr sauer und nicht geeignet für Knochenerhaltung. Es ist in Kalkriese ein Schädel nachzuweisen, der allein deshalb gesichert ist, weil der Zahnschmelz als härtestes Material im menschlichen Körper noch in situ war. Sämtlicher Knochen drumherum war weg. Die Knochen, die wir haben, sind nur deshalb erhalten, weil Kalksteine mit in die Grube eingebracht wurden.


*Die XIIX könnte ich tatsächlich rechtfertigen, aber meine das nicht ganz ernst.
 
die kuriose im Zuge meiner Recherchen aufgedeckte Verbindung mit der Irminsul nahe Borlinghausen,
Ich schrieb es bereits: Die von Karl dem Großen zerstörte Irminsûl, von der wir nur wissen, dass sie entweder in der Eresburg oder zwischen dieser und der Weser stand, die Quellen sind sich da uneins, hat mit den 800 Jahre früheren Ereignissen nichts zu tun.

und Prof. Lelgemann nicht zu vergessen der im Geodäsie Team arbeitend mir viele Hinweise gab da ist also noch so vieles.

Da sei dir mal nicht so sicher:

Kleineberg/Marx/Knobloch/Lelgemann und von Kleineberg/Marx/Lelgemann die Bücher Germania und die Insel Thule. Die Entschlüsselung von Ptolemaios 'Atlas der Oikumene', Darmstadt 2010 und Europa in der Geographie des Ptolemaios. Die Entschlüsselung des 'Atlas der Oikumene'. Zwischen Orhney, Gibraltar und den Dinariden, Darmstadt 2012
Die Autoren stellen völlig korrekt die Problematik dar: Wir kennen die Ortsnamen in der Germania nicht, können also nur Orte mit Siedlungskontinuität, die Flüsse und Gebirge wirklich einigermaßen zuweisen (eine Namenskontinuität seit römischer Zeit gibt es in der Magna Germania nur bei den Flüssen, nicht bei den Gebirgen). Desweiteren müssen wir mit Abschreibfehlern rechnen, die entweder Ptolemaios oder einem seiner Kopisten passiert sind (die frühesten überlieferten Handschriften stammen aus dem 13. Jahrhundert, sind also knapp 1100 Jahre nach Ptolemaios entstanden, das Handschriftenstemma ist in zwei Linien, die Omega- und die Xi-Linie (Ω, Ξ) eingeteilt, wobei es unter den Handschriften mehr als 1000 Abweichungen, Ortsangaben betreffend gibt, die durch Lese- oder Schreibfehler, Verderbnisse, Zeilenverrutschungen oder vielleicht auch durch Ptolemaios eigene Korrekturen zustande gekommen sind).
Hinzu kommen eben verschiedene Messmethoden, nach Stadien (die unterschiedlich groß sein konnten, was Ptolemaios laut den Verfassern der Studie nicht bedacht hat), Leugen, Tagesreisen etc. Die meisten Orte in der Germania seien nur durch Ptolemaios überhaupt belegt, es gibt also keine Quelle, mit der man sie und ihre Lage irgendwie abgleichen könne.

Trotz all dieser Probleme wollen die Autoren nun die Orte wieder identifiziert haben, wobei ihnen nicht der Vorwurf zu machen ist, dass sie eine Siedlungskontinuität annehmen oder insinuieren.

Das Problem ist, dass die Methode, wie sie die Orte errechnet haben wollen, unklar bleibt.
Gyula Pápay, Professor für Historische Kartographie (Uni Rostock):

Pápay schrieb:
Aus diesen Darlegungen geht klar hervor, warum die Verortung der antiken Koordinatenangaben in einem modernen Koordinatensystem so schwierig ist und warum die bisherigen Versuche so starke Divergenz aufweisen. Dabei werden die Schwierigkeiten durch die Annahme, dass Ptolemaios für das Gebiet Germaniens auch Karten verwendete (zum Beispiel S. 7), sogar untertrieben.
[...]
Die Lokalisierung der Orte erfolgte primär auf der Grundlage von Itinerarien, die die Ortsentfernungen beinhalteten. Diese Angaben waren unsystematisch ungenau, demzufolge lassen sich die Koordinaten von Ptolemaios keineswegs systematisch entzerren. In der vorliegenden Publikation wird trotzdem eine Methode zur systematischen Entzerrung vorgeschlagen, die sogar als „geodätisch“ bezeichnet wird (S.11).
[...]
Der Untertitel der vorliegenden Publikation ist nicht zutreffend, denn es handelt sich hier nicht um die Entschlüsselung von Oikumene-Karten, sondern um den Entschlüsselungsversuch eines Teils der ptolemäischen Koordinaten.
[...]
Die auf dem Schutzumschlag gegebene Einschätzung des Werkes steht in krassem Widerspruch zum eigentlichen Inhalt. Es wird verschwiegen, dass die sogenannten „revolutionären“ Ergebnisse viele Unsicherheiten enthalten. Die Autoren selbst stufen in der Tabelle mit den entzerrten Koordinaten auf dem Gebiet von Germania Magna 84% der Identifizierungen als unsicher ein.

Bei der Unterstreichung muss ich Pápay allerdings widersprechen. Die unsicheren Identifizierungen werden mehrfach von den Autoren angemerkt, in der Tabelle sogar extra verzeichnet und auch hinterher im Kommentar wiederum vermerkt. Was man den Autoren allerdings vorwerfen muss, ist eine gewisse Unübersichtlichkeit. Sie identifizieren Orte nämlich aufrund unterschiedlicher Methoden, einmal denen die sie "geodätisch" nennen (was nach Pápay ja nicht gerechtfertigt ist) und dann historisch-archäologischen Methoden. Das ist nicht immer deutlich vermerkt, nach welcher Methode sie einen Ort gerade identifiziert haben.

Zur eigentlichen Methodenkritik:
Pápay schrieb:
Wie bereits angedeutet, ist die Entzerrungsmethode selbst kritisch zu betrachten. Bei Entzerrung historischer Karten kann man mit der Methode der Georeferenzierung sehr gute Ergebnisse erzielen.[3] Sie lässt sich jedoch für die Entzerrung der ptolemäischen Koordinaten außerhalb des Römischen Reiches nicht verwenden, da sie das Vorhandensein einer hinreichenden Anzahl identischer Orte oder geographischer Punkte in der historischen und in der modernen Karte voraussetzt. Die Georeferenzierung wird nicht als geodätische Methode bezeichnet, noch weniger verdient diese Bezeichnung die Methode, die zur Entzerrung der ptolemäischen Koordinaten verwendet wurde. Es handelt sich dabei um die Ausgleichsrechnung, die in der Geodäsie zur Eliminierung von Messfehlern dient. Zur Entzerrung der ptolemäischen Koordinaten lässt sich diese Methode so wie in der Geodäsie nicht für die Gebiete außerhalb des Römischen Reiches verwenden, da die ptolemäischen Koordinaten hier keinen Systemcharakter aufweisen.
[...]
Ebenso ist nicht nachvollziehbar, wie die Ausgleichsrechnung konkret zur Ermittlung solcher Ortsgruppen verwendet wurde. Die Bemerkungen dafür sind zu lakonisch: „Die Suche nach Transformationseinheiten erfolgt kombinatorisch. Dabei werden die Orte eines Startgebietes so lange miteinander kombiniert, bis eine maximale konsistente Ortsgruppe gefunden wird.“ (S. 12) Es ist völlig rätselhaft, wie zum Beispiel in der Mitte von Germanien, wo die ptolemäischen Koordinaten mit großen Unsicherheiten behaftet sind, eine „maximale konsistente Ortsgruppe“ ermittelt werden konnte. Der vorliegenden Publikation wurde auch keine konkrete Berechnung beigefügt. Damit entzieht sich die angewendete Entzerrungsmethode jeglicher Überprüfungsmöglichkeit.
An einem Bsp. wird gezeigt, wie unsicher selbst als sicher ausgegeben Identifizierungen sind:
Pápay schrieb:
Celamantia gehört zu den ganz wenigen Orten in der Tabelle zu Germania Magna (S. 31), deren Koordinaten (18° 14’ und 47° 45’) als sicher bezeichnet wurden. Demzufolge wurde dieser Ort mit Leányvár (bei Komarno) identifiziert. Die archäologische Forschung schließt jedoch eine solche Identifizierung definitiv aus.[4] Dieses Beispiel belegt zugleich, dass die Identifizierungsresultate, zum Teil sogar diejenigen, die als sicher angegeben werden, mit Vorsicht zu betrachten sind.

Das Schlussresümmee:
Pápay schrieb:
Die vorliegende Publikation kann nicht den Anspruch erheben, die ptolemäischen Koordinaten entschlüsselt zu haben. Sie bereichert lediglich die bisherige Vielzahl der Identifizierungsvorschläge für Germanien und die Anrainergebiete.

Gyula Pápay: Rezension zu: Kleineberg, Andreas; Marx, Christian; Knobloch, Eberhard; Lelgemann, Dieter: Germania und die Insel Thule. Die Entschlüsselung von Ptolemaios' "Atlas der Oikumene". Darmstadt 2010, in: H-Soz-u-Kult, 14.09.2011, <Rezension zu: A. Kleineberg u.a. (Hrsg.): Germania und die Insel Thule >.
 
wir haben nichts besseres und müssen auf dem basieren was da ist. Den Luxus Florus abzulehnen können wir uns nicht erlauben

Doch. Wir haben Besseres. Nämlich plausiblere und zeitlich nähere Darstellungen.

Und wir können uns den Luxus erlauben Florus abzulehnen: das nennt man relativieren. Seine immanenten Widersprüche und Abweichungen von den Darstellungen anderer sind auch hier im Forum ausführlich dargelegt worden.

Es bleibt aber dabei: die archäologischen Befunde sind real und in dieser Vielfalt übermächtig.
 
Ich schrieb es bereits: Die von Karl dem Großen zerstörte Irminsûl, von der wir nur wissen, dass sie entweder in der Eresburg oder zwischen dieser und der Weser stand, die Quellen sind sich da uneins, hat mit den 800 Jahre früheren Ereignissen nichts zu tun.



Da sei dir mal nicht so sicher:

Kleineberg/Marx/Knobloch/Lelgemann und von Kleineberg/Marx/Lelgemann die Bücher Germania und die Insel Thule. Die Entschlüsselung von Ptolemaios 'Atlas der Oikumene', Darmstadt 2010 und Europa in der Geographie des Ptolemaios. Die Entschlüsselung des 'Atlas der Oikumene'. Zwischen Orhney, Gibraltar und den Dinariden, Darmstadt 2012
Die Autoren stellen völlig korrekt die Problematik dar: Wir kennen die Ortsnamen in der Germania nicht, können also nur Orte mit Siedlungskontinuität, die Flüsse und Gebirge wirklich einigermaßen zuweisen (eine Namenskontinuität seit römischer Zeit gibt es in der Magna Germania nur bei den Flüssen, nicht bei den Gebirgen). Desweiteren müssen wir mit Abschreibfehlern rechnen, die entweder Ptolemaios oder einem seiner Kopisten passiert sind (die frühesten überlieferten Handschriften stammen aus dem 13. Jahrhundert, sind also knapp 1100 Jahre nach Ptolemaios entstanden, das Handschriftenstemma ist in zwei Linien, die Omega- und die Xi-Linie (Ω, Ξ) eingeteilt, wobei es unter den Handschriften mehr als 1000 Abweichungen, Ortsangaben betreffend gibt, die durch Lese- oder Schreibfehler, Verderbnisse, Zeilenverrutschungen oder vielleicht auch durch Ptolemaios eigene Korrekturen zustande gekommen sind).
Hinzu kommen eben verschiedene Messmethoden, nach Stadien (die unterschiedlich groß sein konnten, was Ptolemaios laut den Verfassern der Studie nicht bedacht hat), Leugen, Tagesreisen etc. Die meisten Orte in der Germania seien nur durch Ptolemaios überhaupt belegt, es gibt also keine Quelle, mit der man sie und ihre Lage irgendwie abgleichen könne.

Trotz all dieser Probleme wollen die Autoren nun die Orte wieder identifiziert haben, wobei ihnen nicht der Vorwurf zu machen ist, dass sie eine Siedlungskontinuität annehmen oder insinuieren.

Das Problem ist, dass die Methode, wie sie die Orte errechnet haben wollen, unklar bleibt.
Gyula Pápay, Professor für Historische Kartographie (Uni Rostock):



Bei der Unterstreichung muss ich Pápay allerdings widersprechen. Die unsicheren Identifizierungen werden mehrfach von den Autoren angemerkt, in der Tabelle sogar extra verzeichnet und auch hinterher im Kommentar wiederum vermerkt. Was man den Autoren allerdings vorwerfen muss, ist eine gewisse Unübersichtlichkeit. Sie identifizieren Orte nämlich aufrund unterschiedlicher Methoden, einmal denen die sie "geodätisch" nennen (was nach Pápay ja nicht gerechtfertigt ist) und dann historisch-archäologischen Methoden. Das ist nicht immer deutlich vermerkt, nach welcher Methode sie einen Ort gerade identifiziert haben.

Zur eigentlichen Methodenkritik:
An einem Bsp. wird gezeigt, wie unsicher selbst als sicher ausgegeben Identifizierungen sind:
Das Schlussresümmee:
Gyula Pápay: Rezension zu: Kleineberg, Andreas; Marx, Christian; Knobloch, Eberhard; Lelgemann, Dieter: Germania und die Insel Thule. Die Entschlüsselung von Ptolemaios' "Atlas der Oikumene". Darmstadt 2010, in: H-Soz-u-Kult, 14.09.2011, <Rezension zu: A. Kleineberg u.a. (Hrsg.): Germania und die Insel Thule >.

Das ist alles unstrittig, das Team weiß es selbst und ich kenne auch niemanden, der für diese Ausarbeitung seine Hand ins Feuer legen würde, aber man ist immer dankbar wenn es Leute gibt die am historischen Granit knabbern und man es für Studien heran ziehen kann.
 
Korrekt ist folgendes:
  • Zunächst nahm man 1988 an, dass es sich bei dem Wall um einen Teil eines Römerlagers handelte.
  • Da aber der Wall, wie sich im Laufe der Grabungen der nächsten Jahre abzeichnete, an den Enden abrupt abbrach und Annäherungshindernisse zur vermeintlichen Lagerseite hatte, bekam man Zweifel an der Lagerwallhypothese. Die These von der Defileeschlacht am Germanenwall wurde entwickelt. Das war aufgrund der archäologischen Befunde Stand der Dinge.
  • 2011 veröffentlichte der mittlerweile pensionierte Osnabrücker Archäologe Wolfgang Schlüger ein Papier mit der These, dass es sich doch um ein Lager handele, und zwar eines, wie es Tacitus für das Jahr 14 beschrieb: Wälle an zwei Seiten, Verhaue an den beiden anderen: castra in limite locat, frontem ac tergum vallo, latera concaedibus munitus (Tac. ann. I, 50) . So sei auch das Lager in Kalkriese beschaffen gewesen.
  • Seit 2016 wurde diese These Schlüters durch Ortisi/Rappe spatenwissenschaftlich verfolgt, zwischenzeitlich schien sie sich 2017 zu bestätigen, dann aber 2018 doch wieder nicht.
Das ist Wissenschaft. Interpretationen verändern sich, weil neues Faktenwissen hinzukommt. Eine Theorie gilt immer so lange als richtig, bis sie durch eine bessere ersetzt wird. Das passiert nicht willkürlich, sondern rational.


  1. Da wurde nix verschleiert, das ist schlicht unwahr. Im Gegenteil, das Stück mitsamt Lesung LPA und Interpretation wurde durch Wiegels im Varus-Kurier, im museumseigenen Magazin veröffentlicht. Die Inschrift war kaum zu erkennen, sie musste erst mal entdeckt werden. Nachdem das gute Stück restauriert worden war.
  2. Ob da wirklich LPA steht, ist fragwürdig.
  3. Ob LPA wirklich „Legio Prima Augusta“ hieße, wenn es da stünde, ist ebenso fragwürdig. Legio wurde i.d.R. <LEG> abgekürzt, die erste Legion <LEG I> und nicht <LP>.
Nur damit alle wissen, worüber wir reden:

Anhang anzeigen 22299

Umzeichnung:

Anhang anzeigen 22300

Das LPA ist eine Interpretation, man könnte genauso gut das A als Teil einer XXX lesen, ich lese auch mit dem X hinter dem A, dann leicht nach unten verschoben ein XIIX (18. > Varusschlacht*).
Das P wäre sehr herausgehoben.
Oder ich lese LPAX.

Wir sehen, schon die Lesung ist an eine Bedingung geknüpft.
Also: Wenn dort LPA steht, kann man LPA womöglich als Legio Prima Augusta deuten.
Dem folgen weitere Bedingungen... Die Legio Prima die mit Caecina an den Pontes Longi unterwegs war, trug den Beinamen Augusta nicht.

Wiegels, der die Inschrift publiziert und als Legio Prima Augusta gedeutet hat, weist in seiner Publikation darauf hin, dass diese zum Zeitpunkt der Varusschlacht seit 30 Jahren nicht mehr existierte. Das wird leider immer wieder übersehen. Ist halt ein Faktum was stört, wenn man das Schwertscheidenmundblech als Beweis gegen die Varusschlacht in Kalkriese anführen möchte.


Dafür, dass du dir noch keine Meinung dazu gebildet hast, versuchst du sie aber schon zu bagatellisieren.

Zu den archäologischen Fakten:
Der Boden in Kalkriese ist sehr sauer und nicht geeignet für Knochenerhaltung. Es ist in Kalkriese ein Schädel nachzuweisen, der allein deshalb gesichert ist, weil der Zahnschmelz als härtestes Material im menschlichen Körper noch in situ war. Sämtlicher Knochen drumherum war weg. Die Knochen, die wir haben, sind nur deshalb erhalten, weil Kalksteine mit in die Grube eingebracht wurden.


*Die XIIX könnte ich tatsächlich rechtfertigen, aber meine das nicht ganz ernst.

Hallo El Quijote

Zu den Knochen: "wenige" zu schreiben ist zweifellos bagatellisieren (Ein Wort mit Beigeschmack) geschah also nicht nicht in der Absicht es zu "Bagatellisieren".
Was Deine ausführlichen Darstellungen zu den Wegen wissenschaftlicher Forschung anbetrifft hast Du Dir unnötigerweise zu viel Recherchemühe gegeben, da alles bekannt, gut nachvollziehbar und richtig ist. Für mich war es nur als Hinweis gedacht, dass auch "Privatforschungen" diesem Prozess unterliegen dürfen.
Gruß Ulrich Leyhe

Das verstehe ich nicht.
Wenn irgendwas als Unsinn unstrittig ist, wozu dann den Unsinn für Studien heranziehen?
:)

Das ist alles unstrittig, das Team weiß es selbst und ich kenne auch niemanden, der für diese Ausarbeitung seine Hand ins Feuer legen würde, aber man ist immer dankbar wenn es Leute gibt die am historischen Granit knabbern und man es für Studien heran ziehen kann.

El Quijote schrieb:
Ich schrieb es bereits: Die von Karl dem Großen zerstörte Irminsûl, von der wir nur wissen, dass sie entweder in der Eresburg oder zwischen dieser und der Weser stand, die Quellen sind sich da uneins, hat mit den 800 Jahre früheren Ereignissen nichts zu tun.

Alles richtig El Quijote aber mit Behauptungen habe nicht nur ich so meine Probleme. Nicht nur im Zuge der Altwegeforschung lässt sich erkennen, dass die infrage kommende Region Borlinghausen zwischen Marsberg und Herstelle liegt und auch als Standort gehandelt wird. Und Irmin/Armin ist schon sehr interessant zumal Irmin kein Gott war. Denn nach einem Gott werden keine christlichen Plätze benannt.(Irminenkloster Trier) noch dazu wo die heilige Irmina von Oeren eine Verwandte Karls des Großen war.

[mod: 3 Beiträge, 8:35, 8:37, 8:48, zusammengeführt und html-Code ergänzt]
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Die Inschrift war kaum zu erkennen, sie musste erst mal entdeckt werden. Nachdem das gute Stück restauriert worden war.
[...]
Nur damit alle wissen, worüber wir reden:
Da ich gestern mit dem Tablet gearbeitet habe, ist beim Runter- und wieder Hochladen der Bilder Kokolores passiert.
Hier noch mal die Bilder in vernünftiger Auflösung.
ritzinschrift1.jpg


Wie man sieht, sieht man kaum etwas.
16079d1462134631-kalkriese-als-ort-der-varusschlacht-zweifelhaft-ritzinschrift2.jpg
 
Und Irmin/Armin ist schon sehr interessant zumal Irmin kein Gott war.
wie kommst du auf (k)einen Gott? Einfach ein Adjektiv:
groß: germ. *ermana-, *ermanaz, *ermena-, *ermenaz, *ermuna-, *ermunaz, *irmana-, *irmanaz, Adj.: nhd. groß, erhaben, gewaltig
http://www.koeblergerhard.de/german...swoerterbuch/germ-uc-nhd-7180abs-20130208.htm
Der Name kann etymologisch auf germanisch irmana- = groß und sul= Säule zurückgeführt werden,[1] bezeichnet also eine Große Säule.
https://de.wikipedia.org/wiki/Irminsul#cite_note-1
...ein Adjektiv ist wohl nur selten ein Gott, was wir nicht extra bemerken müssen... und Arminius hat etymologisch nichts mit der Irminsul zu tun.
 
Da ich gestern mit dem Tablet gearbeitet habe, ist beim Runter- und wieder Hochladen der Bilder Kokolores passiert.
Hier noch mal die Bilder in vernünftiger Auflösung. Anhang anzeigen 22301

Wie man sieht, sieht man kaum etwas. Anhang anzeigen 22302
Ich vermeine, darauf zwei Stadien mit unterschiedlicher Kratztiefe zu erkennen. So könnte der Querstrich des A nicht zum Buchstaben gehören. Ist denn die erste tiefgekratzte Zeile mal definiert worden?
 
Da ich gestern mit dem Tablet gearbeitet habe, ist beim Runter- und wieder Hochladen der Bilder Kokolores passiert.
Hier noch mal die Bilder in vernünftiger Auflösung. Anhang anzeigen 22301

Wie man sieht, sieht man kaum etwas. Anhang anzeigen 22302

Da ich gestern mit dem Tablet gearbeitet habe, ist beim Runter- und wieder Hochladen der Bilder Kokolores passiert.
Hier noch mal die Bilder in vernünftiger Auflösung. Anhang anzeigen 22301
Wie man sieht, sieht man kaum etwas. Anhang anzeigen 22302

stimmt, aber es geht für mich weniger darum, ob sich dem was konkretes entnehmen lässt als viel mehr darum, warum die Einritzungen solange im Verborgenen blieben. Schriftzeichen egal wie sie sich definieren lassen hätte man weit aus früher einer breiteren Wissenschaft präsentieren müssen, was dann auch berechtigterweise zu Unverständnis bis Spekulation führte.

wie kommst du auf (k)einen Gott? Einfach ein Adjektiv:
http://www.koeblergerhard.de/german...swoerterbuch/germ-uc-nhd-7180abs-20130208.htm
https://de.wikipedia.org/wiki/Irminsul#cite_note-1
...ein Adjektiv ist wohl nur selten ein Gott, was wir nicht extra bemerken müssen... und Arminius hat etymologisch nichts mit der Irminsul zu tun.

Du scheibst:
wie kommst du auf (k)einen Gott?
Soll ich was zu (k) oder einen sagen ?
Auch Koeblergerhard griff nach allem, ist ja auch o.k. aber wenn es zurück in die Zeit etwa vor 700 geht beginnt das etymologische Licht immer dunkler zu werden.

wie kommst du auf (k)einen Gott? Einfach ein Adjektiv:
http://www.koeblergerhard.de/german...swoerterbuch/germ-uc-nhd-7180abs-20130208.htm
https://de.wikipedia.org/wiki/Irminsul#cite_note-1
...ein Adjektiv ist wohl nur selten ein Gott, was wir nicht extra bemerken müssen... und Arminius hat etymologisch nichts mit der Irminsul zu tun.

Widukind von Corvey zog aus Irmin göttliche Schlussfolgerungen. Abe mal eine Frage an Dich, kannst Du Dir vorstellen, dass Arminius bevor ihn die Römer so nannten, auch mal einen germanischen Namen trug ?

[mod: 3 Beiträge, 16:12, 16:20, 16:26, zusammengeführt]
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
...sinnvoller fände ich, du würdest von

Abstand nehmen ;)

Den Gefallen kann ich Dir leider nicht tun, es verdichtet sich mit Varus + Irmin einfach zu viel vor der Egge nahe Borlinghausen. Zur Irminsulstätte hatte ich bereits äußerst interessante Parzellennamen analysiert genau da, wo das letzte Varuslager gestanden haben könnte. Aber psst darf keiner erfahren.:)
 
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