Ich schrieb es bereits: Die von Karl dem Großen zerstörte Irminsûl, von der wir nur wissen, dass sie entweder in der Eresburg oder zwischen dieser und der Weser stand, die Quellen sind sich da uneins, hat mit den 800 Jahre früheren Ereignissen nichts zu tun.
Da sei dir mal nicht so sicher:
Kleineberg/Marx/Knobloch/Lelgemann und von Kleineberg/Marx/Lelgemann die Bücher
Germania und die Insel Thule. Die Entschlüsselung von Ptolemaios 'Atlas der Oikumene', Darmstadt 2010 und
Europa in der Geographie des Ptolemaios. Die Entschlüsselung des 'Atlas der Oikumene'. Zwischen Orhney, Gibraltar und den Dinariden, Darmstadt 2012
Die Autoren stellen völlig korrekt die Problematik dar: Wir kennen die Ortsnamen in der Germania nicht, können also nur Orte mit Siedlungskontinuität, die Flüsse und Gebirge wirklich einigermaßen zuweisen (eine Namenskontinuität seit römischer Zeit gibt es in der Magna Germania nur bei den Flüssen, nicht bei den Gebirgen). Desweiteren müssen wir mit Abschreibfehlern rechnen, die entweder Ptolemaios oder einem seiner Kopisten passiert sind (die frühesten überlieferten Handschriften stammen aus dem 13. Jahrhundert, sind also knapp 1100 Jahre nach Ptolemaios entstanden, das Handschriftenstemma ist in zwei Linien, die Omega- und die Xi-Linie (Ω, Ξ) eingeteilt, wobei es unter den Handschriften mehr als 1000 Abweichungen, Ortsangaben betreffend gibt, die durch Lese- oder Schreibfehler, Verderbnisse, Zeilenverrutschungen oder vielleicht auch durch Ptolemaios eigene Korrekturen zustande gekommen sind).
Hinzu kommen eben verschiedene Messmethoden, nach Stadien (die unterschiedlich groß sein konnten, was Ptolemaios laut den Verfassern der Studie nicht bedacht hat), Leugen, Tagesreisen etc. Die meisten Orte in der Germania seien nur durch Ptolemaios überhaupt belegt, es gibt also keine Quelle, mit der man sie und ihre Lage irgendwie abgleichen könne.
Trotz all dieser Probleme wollen die Autoren nun die Orte wieder identifiziert haben, wobei ihnen nicht der Vorwurf zu machen ist, dass sie eine Siedlungskontinuität annehmen oder insinuieren.
Das Problem ist, dass die Methode, wie sie die Orte errechnet haben wollen, unklar bleibt.
Gyula Pápay, Professor für Historische Kartographie (Uni Rostock):
Bei der Unterstreichung muss ich Pápay allerdings widersprechen. Die unsicheren Identifizierungen werden mehrfach von den Autoren angemerkt, in der Tabelle sogar extra verzeichnet und auch hinterher im Kommentar wiederum vermerkt. Was man den Autoren allerdings vorwerfen muss, ist eine gewisse Unübersichtlichkeit. Sie identifizieren Orte nämlich aufrund unterschiedlicher Methoden, einmal denen die sie "geodätisch" nennen (was nach Pápay ja nicht gerechtfertigt ist) und dann historisch-archäologischen Methoden. Das ist nicht immer deutlich vermerkt, nach welcher Methode sie einen Ort gerade identifiziert haben.
Zur eigentlichen Methodenkritik:
An einem Bsp. wird gezeigt, wie unsicher selbst als sicher ausgegeben Identifizierungen sind:
Das Schlussresümmee:
Gyula Pápay: Rezension zu:
Kleineberg, Andreas; Marx, Christian; Knobloch, Eberhard; Lelgemann, Dieter: Germania und die Insel Thule. Die Entschlüsselung von Ptolemaios' "Atlas der Oikumene". Darmstadt 2010, in: H-Soz-u-Kult, 14.09.2011, <
Rezension zu: A. Kleineberg u.a. (Hrsg.): Germania und die Insel Thule >.