Alltagsgeschichte

Sebastian2

Neues Mitglied
Hallo,
ich suche für ein Projekt zur Alltagsgeschichte einen Menschen, der
bereit ist, mir für ein Jahr - 365 Tage - Informationen aus seinem
täglichen Leben zu überlassen. Aus diesen Informationen würde ich
gerne ein anonymisiertes Tagebuch im Sinne einer zeitgeschichtlichen
Darstellung der Alltagsgeschichte verfassen. In diesem Sinne suche ich
auch Menschen, die NICHT etwas besonderes vermitteln wollen, also
niemanden, der berühmt werden möchte. Wie gesagt, die Informationen -
also auch Namen - werden nur anonymisiert veröffentlicht.
Falls jemand an diesem Projekt interessiert ist, würde ich mich über
eine Rückmeldung freuen. Weitere Planung erfolgt dann in persönlicher
Absprache.

Viele Grüße!
 
Unterschiede zu den genannten Filmen

Grundlegend ist natürlich die Initiative ähnlich wie bei den Filmen, allerdings gibt es einen entscheidenden Unterschied: die Filme thematisieren das Besondere, können also nicht direkt als eine alltagsgeschichtliche Untersuchung bezeichnet werden, ich möchte aber das "unbesondere" dokumentieren, um so gesellschaftliche Strömungen und Tendenzen herauszuarbeiten.
 
Ich kann mich erinnern, daß das Seminar für Volkskunde an der Uni Göttingen einmal eine solche Studie über das Alltagsleben deutscher Studenten gemacht hat. Ein Kumpel hat seine Studibudeneinrichtung später an ein Museum verkauft.
 
Rentner

Natürlich ist - um bei diesem Beispiel zu bleiben - auch das Fürhstück von Interesse. Dies sagt ja doch eine Menge aus über soziokulturellen Hintergrund einer Person. Auch die Tatsache, dass Sie Ihrer Enkelin den Wald zeigen, hat ja schon eine Bedeutung - nicht zu Unrecht wird ja der Beobachtung des Alltäglichen in der Geschichtswissenschaft seit den 1960er Jahren ein enormer Wert zugemessen, der auch vom narrativen Punkt her insofern spannend ist, als das er einen historischen Erfahrungsansatz möglich macht.

Das Alter der untersuchten Person ist übrigens völlig egal.
 
Ich bin leider nicht normal genug für dieses Projekt, sonst würde ich mich anbieten.
 
Natürlich ist - um bei diesem Beispiel zu bleiben - auch das Fürhstück von Interesse. Dies sagt ja doch eine Menge aus über soziokulturellen Hintergrund einer Person. Auch die Tatsache, dass Sie Ihrer Enkelin den Wald zeigen, hat ja schon eine Bedeutung - nicht zu Unrecht wird ja der Beobachtung des Alltäglichen in der Geschichtswissenschaft seit den 1960er Jahren ein enormer Wert zugemessen, der auch vom narrativen Punkt her insofern spannend ist, als das er einen historischen Erfahrungsansatz möglich macht.

Das Alter der untersuchten Person ist übrigens völlig egal.

Ich muss dazu sagen, den Beitrag hierzu hatte ich gelöscht, weil ich nicht annahm, das Sebastian es doch so ernst meinte.
 
Hm, interessanter Ansatz, doch glaube ich hier sehr viele quantenphysikalische Störfaktoren zu sehen: dadurch, dass das Experiment beobachtet wird, verändert sich der Ausgang des Experiments (ich habe versucht, während meiner "Wochenendheimfahrerzeit" für die Tage in Frankfurt eine Art Tagebuch zu führen, habe es letztlich aufgegeben, weil ich das Erlebte erzählte und nicht berichtete - und ausserdem dauerte es zu lang - und das Erlebte war zu eintönig bzw. ich verfiel ins Schimpfen, Prahlen und Jammern).
 
Quantenphysikalisch würde dies bedeuten: Geschichte rekonstruieren ist nicht möglich, da bei der Auswahl der relevanten Themen stets der Auswähler seinen ideologischen oder wissenschaftlichen Hintergrund mit einbezieht. Praktisch ist dies natürlich nicht so relevant, da die Alternative nur die Nichtbeachtung der Historie wäre.
 
Quantenphysikalisch würde dies bedeuten: Geschichte rekonstruieren ist nicht möglich, da bei der Auswahl der relevanten Themen stets der Auswähler seinen ideologischen oder wissenschaftlichen Hintergrund mit einbezieht. Praktisch ist dies natürlich nicht so relevant, da die Alternative nur die Nichtbeachtung der Historie wäre.
Wo du Recht hast, hast du Recht - Geschichte rekonstruieren ist nicht möglich. Wie in der Quantenphysik nähern wir uns einem Bild an, wohl bewusst der Tatsache, dass die von dir genannten Faktoren einspielen.
Mit der Annäherung können wir arbeiten. Diese findet jedoch in einem makroskopischen Maßstab statt; d. h. wir betrachten Völker, Kulturen und dann und wann auch Personen, die besonders dokumentiert wurden. Personen, die beobachtet wurden, um ihre Geschichte zu dokumentieren, verwandelten sich häufig unter dem Einfluss der Beobachtung, siehe "Big Brother" oder die ganz normale Familie Fußbroich, deren Leben vom WDR beobachtet und verbreitet wurde ... und die letztlich daran richtig kaputt ging.
 
Da hast du recht. Genau um dieses Problem der gesteuerten Handlung weil Beobachtung stattfindet zu entgehen hat sich ja die Geschichtswissenschaft den Sozialwissenschaften als Beobachtungsinstrument gewidmet. Eine komplette Validierung kann natürlich niemals stattfinden, aber doch eine Annäherung.
 
Wo du Recht hast, hast du Recht - Geschichte rekonstruieren ist nicht möglich. Wie in der Quantenphysik nähern wir uns einem Bild an, wohl bewusst der Tatsache, dass die von dir genannten Faktoren einspielen.
Mit der Annäherung können wir arbeiten. Diese findet jedoch in einem makroskopischen Maßstab statt; d. h. wir betrachten Völker, Kulturen und dann und wann auch Personen, die besonders dokumentiert wurden. Personen, die beobachtet wurden, um ihre Geschichte zu dokumentieren, verwandelten sich häufig unter dem Einfluss der Beobachtung, siehe "Big Brother" oder die ganz normale Familie Fußbroich, deren Leben vom WDR beobachtet und verbreitet wurde ... und die letztlich daran richtig kaputt ging.

Eben. Da ist die Kamera dabei.
Es wirkt gekünstelt und ist nicht echt.
Wenn ich jetzt aufschreiben soll, was ich den ganzen Tag über mache und das ein Jahr lang, dann kann man davon ausgehen, das die Hälfte davon gelogen ist.
Wer will denn schon seine Schwächen offenbaren?
 
Zuletzt bearbeitet:
Was gleichzeitig bedeuten würden, dass man den Informationsgehalt eines jeden Mediums negativ bewerten müsste. Jeden Dokumentarfilm, jede Nachricht, letztlich auch jede historische Erkenntnis. Müsste man, macht dann aber keinen Spaß mehr.
 
Was gleichzeitig bedeuten würden, dass man den Informationsgehalt eines jeden Mediums negativ bewerten müsste. Jeden Dokumentarfilm, jede Nachricht, letztlich auch jede historische Erkenntnis. Müsste man, macht dann aber keinen Spaß mehr.

Na, nun verzweifle mal nicht ganz.
Aber es ist in der Tat so. Wenn ich mir die Polizisten zB., die mit Kamera begleitet werden so bei ihren Gesprächen anhöre, dann kann ich mir nie ein Lächeln verkneifen. Kann mir doch keiner erzählen, das die nur, aber auch nur ihren Dienst im Kopf haben.
Und was meinst du mit historischen Erkenntnissen?
Wenn ich dir heute erzähle, was ich vor 30 Jahren gerade machte, dann gehört da schon eine gehörige Portion Erinnerungsgabe dran.
Und wenn mir ein Homer etwas vom trojanischen Krieg, der vieleicht 400 Jahre vor seiner Zeit sich abspielte, erzählen will, dann gehört das in eine ganz andere Kategorie.
 
Zuletzt bearbeitet:
Was gleichzeitig bedeuten würden, dass man den Informationsgehalt eines jeden Mediums negativ bewerten müsste. Jeden Dokumentarfilm, jede Nachricht, letztlich auch jede historische Erkenntnis. Müsste man, macht dann aber keinen Spaß mehr.
Nicht unbedingt negativ bewerten, kritisch aufnehmen schon. Und das macht m. E. gerade den Spass an Geschichte aus, z. B. wenn aus der großen Darstellung der Schlacht von Kadesh in Karnak genauso die Luft rausgelassen wird wie aus dem "Mission accomplished!" nach dem Irakkrieg ... na ja, nach ... aber das ist nur meine persönliche Meinung.
Was anderes: hast du schon mal daran gedacht, für dein Projekt "Tagebuchblogs" abzuklappern? Die Leute sondern die Informationen, die du suchst, freiwillig ab, und freuen sich über jeden Besucher.

Das Thema ist übrigens durchaus interessant, ich fände es schön, wenn du vielleicht dann und wann einmal hier darüber berichten könntest.
 
Das stimmt natürlich: es muss nicht negativ sein, und die Deutung der Ergebnisse ist in der Tat ein großer Teil des Spaßes an Geschichte.

Mit den Blogs hatte ich auch schon angedacht, aber das Problem, auf das Florian da aufmerksam machte, ist dort m.E. noch größer: diejenigen, die das betreiben, suchen gezielt die Öffentlichkeit und wählen sicher gezielt aus, was veröffentlicht wird und was nicht - auch in Hinblick auf das Image, welches der jeweilige Blog nach außen tragen soll. Deswegen habe ich jetzt mal angedacht, einfach an Unis Aushänge zu machen. Studenten haben vielleicht auch mehr Zeit für so was.
Ich hatte übrigens gar nicht erwähnt, dass ich dachte, die gewonnen Daten nur anonym zu veröffentlichen, d.h. die Person, die beschrieben wird, wird nicht personifiziert. Na ja, mal gucken.

Auf jeden Fall werde ich - wenn mal was da anläuft - hier berichten. Vielen Dank erstmal für den Gedankenaustausch!
 
Ich darf Dich wg. der Herangehensweise vielleicht noch einmal auf "Mein 18. November" aufmerksam machen.
 
Geschichtsaufsatz: Alltagsgeschichte 18./19. Jhdt.

Ich such schon seit 2 Stunden und finde nichts zum Thema Alltag 18. - 19. Jahrhundert in Europa.
Würd mich freuen wenn ihr mir helfen könntet.
Bilder material wär auch gut :winke:
 
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