Anthropogenese

... dementsprechend versucht Moskau auch seit Jahrhunderten, die kulturelle Eigenständigkeit der Ukraine durch Gewalt, Verbote und Assimilation zu negieren.
Das halte ich für einen Mythos. Wir hatten die Diskussion in diesem Thread:
Entwicklung kleinrussische Sprachen

Die Vorstellung, die Menscheit sei in säuberlich von einander getrennte, in sich homogene Völker einzuteilen, wurde im 19. Jahrhundert geboren. Wie käme man sonst auf die Idee, den Assimilationsdruck, dem Minderheiten ausgesetzt sind, künstlich, zielgerichtet und nachhaltig auf ein Maximum aufzudrehen, bis die Homogenität erreicht ist?
 
Es gibt und gab auch historisch in Schleswig kein Dialektkontinuum, sondern eher eine Zone, in der sich die Sprachen überlappten und ein Teil der Einwohner Deutsch sprach und ein anderer Dänisch und viele auch zweisprachig waren.
Es gibt allerdings eine Deutsch-Dänische Mischsprache: Das Flensburger Petuh. Diese ist aber wohl erst in der Neuzeit entstanden und gewiss nicht Teil eines Dialektkontinuums.
 
Das traf nur auf die ukrainische Sprache zu, nicht aber auf sonstige Gewohnheiten und Sitten des Volkes. Diese unterscheiden sich zu ukrainischen, weißrussischen und russischen Gebieten nur marginal und sind wesentlich auf die unterschiedlichen geografischen Gegebenheiten zurückzuführen: Die Natur prägt die Menschen mehr als die Abstammung – siehe z.B. die 5 Alpenländer, die alle mehr oder minder ähnliche Kultur entwickelten, obwohl sie zum Teil unterschiedlichen Sprachgruppen angehören.
Wenn Dein Gegenargument auf diesem Vergleich fußen soll, sehe ich eine sehr lange Diskussion auf uns zukommen, denn ich persönlich sehe große Unterschiede zwischen den Kulturen der Alpenländer.
Kultur ist ein weiter Begriff – was Du meinst, ist wohl die politische Kultur, bei der in der Tat ein paar Jahrzehnte genügen, sich in die eine oder andere Richtung zu verändern. Und was die Ukraine betrifft, geschah diese Veränderung ohnehin nur oberflächlich, was man am besten an der unveränderten Korruption im Lande erkennt: In diesem Punkt steht Ukraine Russland und Belorussland im Nichts nach.
Das politische System und sein alltäglicher Ausdruck ist nur eine von vielen Manifestationsformen einer Kultur, und von einer "oberflächlichen" Veränderung zu sprechen, nur weil es nach wie vor Korruption in der Ukraine gibt, halte ich für arg verfehlt. (Was das In-Nichts-Nachstehen anlangt – die Ukraine liegt im Corruption Perception Index auf einem besseren Platz als Russland, bei seit Jahren positiver Tendenz, wogegen es für Russland und Weißrussland bergab geht.) Die heutige Ukraine ist von der Ukraine des Jahres 2013 grundverschieden. Sie ist ein demokratischeres, liberaleres und selbstbewussteres Land.
Ja, das ist der Effekt der Wandlung durch Annäherung, was in Ukraine durch die Nähe an den Westen funktionierte und Belorussland auch auf dem Weg dahin war, wenn es Lukaschenko nicht durch russische Hilfe gelungen wäre, die Opposition im eigenen Land niederzuringen, die in dem Wandel in der Ukraine ein Beispiel für sich gesehen hatte. Ich glaube auch, dass dieser Konflikt in Belorussland wesentlich zum Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine beigetragen hat: Russland fürchtete die demokratische Entwicklung an seinen Grenzen, was, nach dem Beispiel Belorussland, auch auf Russland überspringen könnte. In diesem Punkt stimmen wir beide überein.
Möglich, aber die Entwicklung in der Ukraine dürfte für den Kreml entscheidungserheblich gewesen sein. Mittlerweile heißt es sogar, Wladimir Putin habe die Entscheidung zum Überfall auf die Nachricht hin getroffen, dass der ukrainische Staat die Fernsehsender seines Freundes Wiktor Medwedtschuks vom Netz genommen habe. Dies habe ihm gezeigt, dass eine "schleichende Übernahme" durch Beeinflussung der Bevölkerung nicht mehr möglich sei. Und Weißrussland nimmt in der russischen Mythologie einfach nicht denselben Stellenwert ein wie die Ukraine. Im Vergleich zu letzterer ist es ein Pups in der Landschaft, wirtschaftlich unbedeutend und wesentlich leichter zu kontrollieren.
Nein, das ist nicht Xenophobie, sondern der Neid auf den erfolgreichen Westen. Seit Peter dem Großen versucht Russland Anschluss an den Westen zu finden, aber es scheitert daran seit Jahrhunderten. Diese Selbsterkenntnis führt dazu, dass auch den Brüdernationen (Belorussland, Ukraine) ein besseres Leben nicht zugestanden wird, weil dieses ein ständiges „Ärgernis“ vor der eigenen Tür wäre – das Volk würde sich fragen: Warum können die das und wir nicht?
Neid mag eine Rolle spielen, aber ich möchte Dich fragen: Wenn jemand bspw. gegen "die Juden" wettert, die "das Geld" und "die Macht" in Händen hielten, würdest Du ihm dann nur Neid attestieren?

Der Kreml führt diesen Krieg, um die "Russki Mir" frei von den Einflüssen des westlichen Liberalismus zu halten. Man hetzt gegen sexuelles Anderssein, gegen die angeblich gesteuerte Durchmischung der Nationalstaaten mittels Migration, gegen die "vaterlandslosen Kosmopoliten" und das "satanische" Kapital. Man bedient sich einer klar rassistischen Sprache, verunglimpft die Ukrainer und ihre Unterstützer als "Kakerlaken", "Gewürm", als "Ungeziefer", das es auszurotten gelte. Für mich ist das Xenophobie.
Aber die „Angelsachsen und ihre Vasallen“ sind weit weg und dazwischen gibt es noch Sprachbarrieren, die ein besseres Verständnis des Lebens in diesen Ländern erschweren. So lernt das russische Volk, dass sich zu mehr als 70 % durch das staatliche Fernsehen informiert, nur eine einseitig ausgewählte und verzerrte Sicht der Dinge, zumal auch die russisch-orthodoxe Kirche ins gleiche Horn bläst.

Die "Angelsachsen" – gemeint ist eigentlich Amerika –, sind der alles beherrschende Bezugspunkt im Denken und Tun russischer Nationalisten. Ähnlich wie seinerzeit die Nazis, bewundert und hasst man Amerika gleichermaßen. Amerika ist die Folie, die den russischen Nationalisten zur Selbstvergewisserung dient; Russland ist, was Amerika nicht ist.

Man ist der felsenfesten Überzeugung, dass jedes Hindernis für Russland, jede gegen russische Interessen gerichtete Politik in Europa durch Amerika ferngesteuert ist. Dass Ereignisse wie die in Kiew zum Jahreswechsel 2013/2014 eine freie Willensäußerung der Demonstranten darstellen könnten, kommt im Weltbild dieser Leute nicht vor.

Es wäre fatal, diese Bezugnahme auf Amerika als bloße Propaganda abzutun.
Das lag auch daran, dass dieser Kampf mehr in der Ukraine stattfand als im Russland selbst.
Auch, aber nicht nur. Während der gesamten Sowjetzeit war das Wort "Ukrainer" in den Streitkräften quasi gleichbedeutend mit "Kanonenfutter". In allen Kriegen Moskaus seit 1945 überstieg der Anteil der Opfer aus ethnischen Minderheiten deren Anteil an der Gesamtbevölkerung; im Afghanistankrieg, den Tschetschenienkriegen und der "Spezialoperation" ist das Missverhältnis sogar besonders ausgeprägt.
Das halte ich für einen Mythos. Wir hatten die Diskussion in diesem Thread:
Entwicklung kleinrussische Sprachen

Die Vorstellung, die Menscheit sei in säuberlich von einander getrennte, in sich homogene Völker einzuteilen, wurde im 19. Jahrhundert geboren. Wie käme man sonst auf die Idee, den Assimilationsdruck, dem Minderheiten ausgesetzt sind, künstlich, zielgerichtet und nachhaltig auf ein Maximum aufzudrehen, bis die Homogenität erreicht ist?
Ich verstehe die Frage nicht ganz, denn auf ebensolche Methoden bezog ich mich ja. Oder störst Du Dich an der zugegebenermaßen ambivalenten Datierung ("seit Jahrhunderten")?

Das Narrativ des "Einsammelns russischer Erde" und des Supremats Moskowiens über die "minderen Slawen" taucht meines Wissens im Zuge des Vierten Russisch-Litauischen Krieges erstmals auf. Spätestens ab Katharina der Großen darf man mit Fug und Recht von einer gegen das damalige Kossaken-Hetmanat gerichteten Russifizierungskampagne sprechen. Unter Alexander I. geht die staatliche Zensur gegen jede Andeutung einer eigenständigen Identität der späteren Ukraine in der Kunst vor.
 
Zuletzt bearbeitet:
zumal der Mensch (wenn auch geringfügig) näher mit Schimpansen als mit Bonobos verwandt ist und seine sozialen Organisationsformen denen des Schimpansen näherkommen.

Nein, der Mensch ist mit Bonobo und Schimpanse exakt gleich nah verwandt. Die Abstammungslinien Homo auf der einen, Pan auf der anderen Seite, trennte sich vor ca 6 (?) Mio Jahren. Vor ein bis zwei Mio Jahren spaltete sich die Schimpansen-Linie in Pan troglodytes und Pan paniscus.

Natürlich kann es trotzdem sein, dass das Verhalten von Menschen dem der Schimpansen ähnlicher ist als den Bonobos, aber das liegt dann nicht an der Nähe der Verwandtschaft.
 
Zuletzt bearbeitet:
:D
Da haben wir wohl böse Großmutter oder Großvater erwischt.
Gibt ja in jeder Verwandtschaft A.......
 
Die Vorstellung, die Menscheit sei in säuberlich von einander getrennte, in sich homogene Völker einzuteilen, wurde im 19. Jahrhundert geboren. Wie käme man sonst auf die Idee, den Assimilationsdruck, dem Minderheiten ausgesetzt sind, künstlich, zielgerichtet und nachhaltig auf ein Maximum aufzudrehen, bis die Homogenität erreicht ist?
Sehe ich auch so. Vor dem 19. Jahrhundert gab es keinen oder kaum Assimilationsdruck, sonst hätten z.B. Slowenen, die 500 Jahre unter Habsburger Herrschaft gelebt haben, ihre Sprache nicht behalten können.

Wenn Dein Gegenargument auf diesem Vergleich fußen soll, sehe ich eine sehr lange Diskussion auf uns zukommen, denn ich persönlich sehe große Unterschiede zwischen den Kulturen der Alpenländer.
Ich kenne die Alpen und die Menschen, die dort leben gut, weil ich oft bergsteigen war – nur auf der französischen Seite der Alpen bin ich nur einmal gewesen. Aber Du hast recht: Wir reden in diesem Faden besser nicht darüber.

Die heutige Ukraine ist von der Ukraine des Jahres 2013 grundverschieden. Sie ist ein demokratischeres, liberaleres und selbstbewussteres Land.
Mentalität eines Volkes ändert sich in 10 Jahren nicht grundlegend, denn dafür sind mehrere Generationen notwendig. Beispiel Bundesrepublik: 10 Jahren nach dem Krieg waren die Deutschen immer noch naziverseucht, und hätten die westlichen Besatzer, hier vor allem die Amerikaner, nicht auf freie Presse und Demokratie gedrängt, wer weiß, welches System wir heute hätten.

Die Kultur eines Volkes äußert sich für mich in den Gewohnheiten, Sitten und Bräuchen. In dieser Hinsicht sind Unterschiede zwischen der ukrainischen, russischen und belarussischen Kultur nicht so groß, dass man von verschiedenen Kulturen sprechen könnte – sie sind eher Subkulturen einer ostslawischen Kultur.

Und Weißrussland nimmt in der russischen Mythologie einfach nicht denselben Stellenwert ein wie die Ukraine. Im Vergleich zu letzterer ist es ein Pups in der Landschaft, wirtschaftlich unbedeutend und wesentlich leichter zu kontrollieren.
Die Proteste in Belarus fingen gleich nach den Präsidentschaftswahlen 2020 an und endeten Ende des Jahres, nachdem tausende Demonstranten festgenommen worden waren. Diese Niederschlagung geschah durch das brutale Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen Demonstranten und unter Zuhilfenahme des russischen KGB und russischer Journalisten, die den Betrieb – und die Propaganda! – belarussischen staatlichen Medien aufrechterhielten, nachdem ein Großteil der belarussischen Journalisten die Arbeit niedergelegt hatte.

Zwei Jahre später lässt Putin seine Truppen an der Grenze zur Ukraine aufmarschieren – und auch an der Belarus-Ukraine-Grenze. Warum? Weil sowohl Putin als auch Lukaschenko erkannten, dass eine demokratische Ukraine eine Bedrohung für ihre Diktaturen ist.

Der Kreml führt diesen Krieg, um die "Russki Mir" frei von den Einflüssen des westlichen Liberalismus zu halten. Man hetzt gegen sexuelles Anderssein, gegen die angeblich gesteuerte Durchmischung der Nationalstaaten mittels Migration, gegen die "vaterlandslosen Kosmopoliten" und das "satanische" Kapital. Man bedient sich einer klar rassistischen Sprache, verunglimpft die Ukrainer und ihre Unterstützer als "Kakerlaken", "Gewürm", als "Ungeziefer", das es auszurotten gelte. Für mich ist das Xenophobie.
Für mich ist das keine Xenophobie, weil Xenophobie sich gegen Menschen richtet, die Politik Putins sich aber gegen Liberalismus westlicher Prägung richtet. Das sagst auch Du – Zitat: „Der Kreml führt diesen Krieg, um die "Russki Mir" frei von den Einflüssen des westlichen Liberalismus zu halten.“

Man ist der felsenfesten Überzeugung, dass jedes Hindernis für Russland, jede gegen russische Interessen gerichtete Politik in Europa durch Amerika ferngesteuert ist. Dass Ereignisse wie die in Kiew zum Jahreswechsel 2013/2014 eine freie Willensäußerung der Demonstranten darstellen könnten, kommt im Weltbild dieser Leute nicht vor.
Na ja, "freie Willensäußerung" ist so ein Schlagwort, das auch nach hinten losgehen kann: Man muss sich hier schon fragen, was sich das ukrainische Parlament dabei dachte, als es am 23. Februar 2014 ein Gesetz aufhob, das der russischen Sprache als Amtssprache in überwiegend russischsprachigen Gebieten erlaubte mit der Konsequenz, dass fortan überall in Ukraine nur noch die ukrainische Sprache Amtssprache gelten sollte. Ein paar Tage später nahmen russische Truppen die bis zu 90 Prozent russischsprachige Krim ohne Widerstand ein und im Osten der Ukraine, wo ebenfalls mehrheitlich russisch gesprochen wird, begann ein vom KGB gesteuerter Aufstand.

Natürlich kann es trotzdem sein, dass das Verhalten von Menschen dem der Schimpansen ähnlicher ist als den Bonobos, aber das liegt dann nicht an der Nähe der Verwandtschaft
Sondern?
 
Nein, der Mensch ist mit Bonobo und Schimpanse exakt gleich nah verwandt. Die Abstammungslinien Homo auf der einen, Pan auf der anderen Seite, trennte sich vor ca 6 (?) Mio Jahren. Vor ein bis zwei Mio Jahren spaltete sich die Schimpansen-Linie in Pan troglodytes und Pan paniscus.

Natürlich kann es trotzdem sein, dass das Verhalten von Menschen dem der Schimpansen ähnlicher ist als den Bonobos, aber das liegt dann nicht an der Nähe der Verwandtschaft.

Das menschliche Verhalten beruht ja ohnehin nochmals auf anderen Grundlagen wie der Möglichkeit, langfristig zu denken und zu planen. Das NS-Regime plante den Eroberungskrieg gen Osten beispielsweise seit 1933 sechs bzw. sogar acht Jahre lang, was für einen Angriff von Tieren wohl nicht realistisch wäre. Da spielt die aktuelle Konstellation fast immer die entscheidende Rolle.

Auch der bewusste Verzicht auf Gewalt dürfte sich stark unterscheiden. Wenn sich Tiere gegen einen Kampf an Ort und Stelle entscheiden, dann entweder aus Instinkt oder aus der aktuellen Situation - etwa einer sehr deutlichen Unterlegenheit - heraus. Menschen denken hier nochmals weiter und berücksichtigen normalerweilse auch die längerfristigen Folgen. Man prügelt in aller Regel nicht auf den arroganten Vorgesetzten ein, und auch Staaten fallen meist nicht übereinander her, wenn sich ein Anlass dazu bietet. Im Kalten Krieg verzichteten beispielsweise beide Seiten auf den letzten Schritt, und das sicher auch, weil sie sich ihrer eigenen Verwundbarkeit bewusst waren.
 
Und dennoch gibt es so etwas wie Jähzorn/Tobsucht und Personen, bei denen der geringste Anlass für Stress sich sofort in Gewalt sein Ventil sucht, Stress, den andere Menschen allenfalls mit einem Schulterzucken begegnen würden.
 
Und dennoch gibt es so etwas wie Jähzorn/Tobsucht und Personen, bei denen der geringste Anlass für Stress sich sofort in Gewalt sein Ventil sucht, Stress, den andere Menschen allenfalls mit einem Schulterzucken begeben würden.
nicht nur das! Unausrottbar ist auch die Bewunderung für den "Helden", der alle Probleme mit den Fäusten löst, vom trojanischen Krieg über Siegfried bis James Bond & Co. Hübsch lächerlich hierbei oftmals die cineastische Verpackung der Gewalt, etwa dass böse Mächte den Helden, der lieber an Gänseblümchen schnuppern würde, quasi dazu zwingen, die Welt per "peng-peng-totmach" zu retten ;):D
Schulhöfe sind übrigens oftmals interessant in Sachen Gewaltverhalten.
 
Das stimmt natürlich. Es wird aber doch meist darauf geachtet, dass die Gewalt der "Helden" sich gegen Personen richtet, die als böse gezeichnet werden, oder?
 
Nein, der Mensch ist mit Bonobo und Schimpanse exakt gleich nah verwandt. Die Abstammungslinien Homo auf der einen, Pan auf der anderen Seite, trennte sich vor ca 6 (?) Mio Jahren. Vor ein bis zwei Mio Jahren spaltete sich die Schimpansen-Linie in Pan troglodytes und Pan paniscus.
Ich hatte einen Artikel aus 'Nature' gegoogelt, der Schimpansen eine genetische Ähnlichkeit zu 98,8% und Bonobos zu 98,7% bescheinigt, aber diese Angabe kann natürlich überholt sein, oder der Unterschied ganz und gar irrelevant. Allerdings …
Natürlich kann es trotzdem sein, dass das Verhalten von Menschen dem der Schimpansen ähnlicher ist als den Bonobos, aber das liegt dann nicht an der Nähe der Verwandtschaft.
… wollte ich eigentlich gar nicht derart ans Eingemachte gehen. Für mein Argument schien nur der Umstand interessant, dass bei Menschenaffen Gewalt und Ausgrenzung natürlich vorkommen. Damit scheint mir bewiesen, dass sie keine Erfindungen des Menschen sein können.
Sehe ich auch so. Vor dem 19. Jahrhundert gab es keinen oder kaum Assimilationsdruck, sonst hätten z.B. Slowenen, die 500 Jahre unter Habsburger Herrschaft gelebt haben, ihre Sprache nicht behalten können.
Darüber könnte man auch sehr lange diskutieren, denn natürlich bedeutet das gewählte Beispiel nicht, dass anderswo kein Assimilationsdruck existierte. Spontan würde ich z.B. behaupten, dass seit der Tudor-Zeit in Irland und Wales durchaus ein Assimilationsdruck seitens der Obrigkeit ausgeübt wurde, inklusive proto-rassistischer Narrative (bspw. wurden die Waliser in englischen Quellen oft als "Zwerge" verunglimpft). Seit Cromwell galt das Festhalten am Gälischen sogar als subversiv.
Mentalität eines Volkes ändert sich in 10 Jahren nicht grundlegend, denn dafür sind mehrere Generationen notwendig.
Das sehe ich anders, zumindest auf die heutige Zeit bezogen. Die Mediengesellschaft und das Internet beschleunigen die Verbreitung und Annahme neuer Werte, Sitten und Gebräuche. Vergleiche nur das Irland von heute mit dem Irland von vor einer Generation. Das Land hat sich im Zeitraffer liberalisiert.
Für mich ist das keine Xenophobie, weil Xenophobie sich gegen Menschen richtet, die Politik Putins sich aber gegen Liberalismus westlicher Prägung richtet. Das sagst auch Du – Zitat: „Der Kreml führt diesen Krieg, um die "Russki Mir" frei von den Einflüssen des westlichen Liberalismus zu halten.“
Ich halte es für abwegig, da trennen zu wollen. Und das, obwohl ich durchaus der Ansicht bin, dass man zwischen Kulturalismus und Rassismus differenzieren sollte, und Kulturalismus unter bestimmten Bedingungen sogar zwingend ist (bspw. muss eine die Menschenrechte achtende Kultur einer sie missachtenden überlegen sein, wenn wir die Menschenrechte nicht zur Disposition zu stellen bereit sind).

Ganz abgesehen davon, dass die russische Propaganda klar rassistische Narrative bedient (siehe Putins Zitat zur Überlegenheit der russischen Gene oder die Legende der angeblich von George Soros forcierten "rassischen Durchmischung" Eurasiens), scheint mir klar, dass der Putinismus die von ihm verabscheuten Werte als mit westlichen (vor allem den "angelsächsischen") Völkern untrennbar verknüpft ansieht. Russlands Krieg ist ein Krieg gegen die Ausbreitung des Fremdartigen in Länder, die Russland als russisch ansieht. Ich kann das nur Fremdenfeindlichkeit nennen.
Na ja, "freie Willensäußerung" ist so ein Schlagwort, das auch nach hinten losgehen kann: Man muss sich hier schon fragen, was sich das ukrainische Parlament dabei dachte, als es am 23. Februar 2014 ein Gesetz aufhob, das der russischen Sprache als Amtssprache in überwiegend russischsprachigen Gebieten erlaubte mit der Konsequenz, dass fortan überall in Ukraine nur noch die ukrainische Sprache Amtssprache gelten sollte. Ein paar Tage später nahmen russische Truppen die bis zu 90 Prozent russischsprachige Krim ohne Widerstand ein und im Osten der Ukraine, wo ebenfalls mehrheitlich russisch gesprochen wird, begann ein vom KGB gesteuerter Aufstand.
Ich verstehe die Relevanz Deines Einwands nicht, denn dieses fehlgeleitete Gesetz hat nichts mit demjenigen Narrativ zu tun, das ich kritisiert habe. Der russische Nationalismus betrachtet die westlich orientierten Ukrainer als entartete Russen, als Menschen, die sich ohne den angeblichen Einfluss westlicher Korruption niemals gegen Russland gestellt hätten. Die Vorstellung, dass die Ukrainer aus freiem Entschluss ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen wollen, hat in ihrer Ideologie keinen Platz.
Ja, genau. Ich hatte da das Verbot der ukrainischen Sprache in der Öffentlichkeit im Sinne, das galt von 1876 bis 1905. Welche vergleichbaren Verbote gab es denn vorher und nachher?
Das Narrativ des "Einsammelns russischer Erde" und des Supremats Moskowiens über die "minderen Slawen" taucht meines Wissens im Zuge des Vierten Russisch-Litauischen Krieges erstmals auf. Spätestens ab Katharina der Großen darf man mit Fug und Recht von einer gegen das damalige Kossaken-Hetmanat gerichteten Russifizierungskampagne sprechen. Unter Alexander I. geht die staatliche Zensur gegen jede Andeutung einer eigenständigen Identität der späteren Ukraine in der Kunst vor.
 
Ich hatte einen Artikel aus 'Nature' gegoogelt, der Schimpansen eine genetische Ähnlichkeit zu 98,8% und Bonobos zu 98,7% bescheinigt, aber diese Angabe kann natürlich überholt sein, oder der Unterschied ganz und gar irrelevant.

Es kann sein, dass es eine größere genetische Ähnlichkeit zwischen Schimpansen und Menschen gibt, verglichen mit Bonobos, aber die wahrscheinlichste Erklärung ist dann, dass sich Bonobos genetisch stärker verändert haben, nachdem sie sich von den Schimpansen getrennt haben. Allgemein wär ich aber bei solchen %-Angaben immer skeptisch.

Als Vergleich: Wenn du dich mit deinem Cousin vergleichst, magst du dem einen in mancher Hinsicht ähnlicher sein als sein eigener Bruder, dein anderer Cousin. Aber das kann man nicht mit einer näheren Verwandschaft erklären, denn die beiden sind ja untereinander viel näher verwandt, als sie es mit dir sind.

… wollte ich eigentlich gar nicht derart ans Eingemachte gehen. Für mein Argument schien nur der Umstand interessant, dass bei Menschenaffen Gewalt und Ausgrenzung natürlich vorkommen. Damit scheint mir bewiesen, dass sie keine Erfindungen des Menschen sein können.

Da würde ich zustimmen, und dafür spricht, dass unter Menschenaffen die weitgehend gewaltlosen Bonobos eher die Ausnahme zu sein scheinen. Gewöhnliche Schimpansen, Menschen, Goriallas und auch Orang-Utans neigen alle eher zu Gewalttätigkeit, zumindest unter Männchen (mWn, Jane Goodall bin ich auch nicht...).

Wobei, Bonobos und Gewalt und so: Wenn wir da heutige, menschliche Maßstäbe anlegen würden, würden die Gerichtsprozesse um sexuelle Nötigung, Vergewaltigung etc kein Ende nehmen... Ich stimme da Funny van Dannen zu: No, no, no, ich will kein Bonobo, ich will kein Bonobo sein. Nein, nein, nein. ;)
 
Da würde ich zustimmen,

Es ist ein Umstand, der meines Erachtens von den Gesellschaftswissenschaften und der Politik zu sehr vernachlässigt wird. Als Gesellschaft dürfen wir regelkonformes Verhalten verlangen und Verstöße ahnden, selbst wenn wir wissen oder ahnen, welche biologischen Ursachen zu dem Verhalten beitragen.

Was aber die Prävention anlangt, muss man sich fragen, welchen Beitrag z.B. eine Friedensforschung leisten kann, die Kriege ausschließlich als Vorhaben sozialer Eliten begreift, oder eine Soziologie, die Rassismus für ein artifizielles Herrschaftsinstrument bestimmter Ethnien oder gar Nationen hält.

Es gibt noch weitere Beispiele, etwa was das Verhältnis der Geschlechter betrifft.

Ich dachte, ich spinne, als ich von den Attacken las, die über den Schauspieler Henry Cavill hereinbrachen, nachdem er in einem Interview von den Schönheitsidealen seiner Traumfrau gesprochen hatte. Dass er "fatphobic" sei, einen Hass auf fettleibige Frauen hege, gehörte noch zu den harmloseren Kommentaren.

Dabei entscheiden Pheromone über die sexuelle Anziehung zwischen zwei Menschen. Begegnet ein Mann einer Frau, die ihm gefällt, hat er binnen Sekunden 30% mehr Testosteron im Speichel, weil sein Organismus weibliche Botenstoffe aufgenommen hat, die eine zu ihm passende DNA vermuten lassen.

Was ist da von der Forderung Julia Gillards zu halten, Cavill solle erklären, auch mit dicken Frauen auszugehen? Ist sie politischer Opportunismus? Ein verletzter Gerechtigkeitssinn? Ignoranz?

Es fragt sich, warum viele Menschen nichts von unserem "äffischen" Erbe wissen wollen.

Die Gründe dafür dürften vielfältig sein. Uns als Tiere zu sehen, widerspricht wohl unserer Eitelkeit. Es widerspricht wahrscheinlich unserer kulturellen Prägung, die mit weitreichenden Folgen zwischen Mensch und Tier trennt. Es widerspricht liebgewonnen Vorstellungen und unserem Gerechtigkeitssinn.

Und natürlich ist es mitunter politisch praktisch, wenn man ein unerwünschtes Verhalten, das jedenfalls auch durch die Entwicklungsgeschichte des Homo Sapiens erklärt werden kann, dem Charakter oder der Weltanschauung des Individuums bzw. einer Gruppe von Individuen in die Schuhe schieben kann …
 
Das Narrativ des "Einsammelns russischer Erde" und des Supremats Moskowiens über die "minderen Slawen" taucht meines Wissens im Zuge des Vierten Russisch-Litauischen Krieges erstmals auf. Spätestens ab Katharina der Großen darf man mit Fug und Recht von einer gegen das damalige Kossaken-Hetmanat gerichteten Russifizierungskampagne sprechen. Unter Alexander I. geht die staatliche Zensur gegen jede Andeutung einer eigenständigen Identität der späteren Ukraine in der Kunst vor.
Kannst Du mal Informationen darüber liefern, welche konkrete Maßnahmen mit dem Zweck gezielter Russifizierung ergriffen wurden?
 
Dabei entscheiden Pheromone über die sexuelle Anziehung zwischen zwei Menschen. Begegnet ein Mann einer Frau, die ihm gefällt, hat er binnen Sekunden 30% mehr Testosteron im Speichel, weil sein Organismus weibliche Botenstoffe aufgenommen hat, die eine zu ihm passende DNA vermuten lassen.
Dass das beim Mensch auf diese Weise abläuft, ist eine unbestätigte Hypothese, die vor allem in der Regenbogenpresse rezitiert wird.
Menschen produzieren zwar noch Pheromone, habe aber nicht die richtige Nase, um die Pheromone wahrzunehmen. Das Jacobson-Organ ist beim erwachsenen Menschen verkümmert.

Bei Primaten stehen optische Reize im Vordergrund. Primaten können anders als z.B. Hunde, Katzen oder Schweine, bei denen Gerüche sexuelle Schlüsselreize sind. Männliche Schimpansen erkennen die Paarungsbereitschaft eines Weibchen an der roten Genitalschwellung.
Beim Menschen ist aber komplizierter. Tatsächlich durchschaut der Mensch das Paarungsverhalten anderer Säugetiere besser als das eigene.

Zur Forschungsgeschichte:
Immer wieder hat man sich bemüht bestimmte Eigenschaften auszumachen, die den Menschen grundsätzlich von den Tieren unterscheiden.
Lange Zeit galt die Herstellung von Werkzeugen als die typische menschliche Eigenschaft bis Verhaltensforscher diese Fähigkeit bei Schimpansen u.a. beobachteten.
Die Sache mit dem Erkennen des Spiegelbildes galt auch mal als ganz wichtig, dann war es der Krieg oder das Mitgefühl, der Altruismus, die Kultur, die Fähigkeit zur Sprache, die Kunst usw.
Im Grunde ist das alles mehr oder weniger verworfen oder wenigstens relativiert.

Böser Schimpanse vs. guter Bonobo:
Die Dichotomie zwischen brutalen Schimpansen und friedlichen Bonobos wurde in den 1970ern konstruiert, als man gerade begann das Verhalten der Menschenaffen intensiv im Freiland zu erforschen.
Inzwischen müssen einige Thesen von damals zumindest relativiert werden.
So konnte etwa auch bei den Bonobos in den letzten Jahren einige Verhaltensweisen beobachtet werden,die man ihnen früher nicht zugetraut hätte. Es wurde bekannt, dass auch Bonobos manchmal Fleisch fressen und Jagd auf kleinere Tiere machen. Kannibalismus und brutale Kämpfe wurden nachgewesen - insbesondere abgebissene Gliedmaßen.
Der sogenannte "Schimpansenkrieg" in den 1970ern ist vielleicht eher ein spektakulärer Einzelfall. Jedenfalls wurde seither trotz intensiver Forschung keine neueren "Kriege" ähnlichen Ausmaßes unter Schimpansen beobachtet.

Die affische Realität spielt aber eigentlich auch keine Rolle, wenn es um die Konstruktion biologistischer Argumente geht. Schließlich geht hier offensichtlich ums Welt- und Menschenbild. ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Sehe ich auch so. Vor dem 19. Jahrhundert gab es keinen oder kaum Assimilationsdruck, sonst hätten z.B. Slowenen, die 500 Jahre unter Habsburger Herrschaft gelebt haben, ihre Sprache nicht behalten können.

Würde ich nicht unterschreiben. Assimilationsdruck gab es immer, nur eben in der Regel nicht im Bereich der Sprache, aber das ist im Grunde nicht verweunderlich.
Die Forderung nach Assimilation ist letztendlich nichts anderes als eine Forderung nach Loyalitätsbekundung, gegenüber Gruppen, die aus irgendwelchen Gründen verdächtigt werden, der Gesellschaft oder dem System gegenüber in dem sie leben und seinen Obrigkeiten gegenüber illoyal zu sein.

Dementsprechend fing Sprache als Loyalitätskriterium erst in dem Augenblick an interessant zu werden, in dem sich sprache als Identifikationsmerkmal durchsetzte und das war eben vorwiegend im 19. Jahrhundert.

Aber natürlich gab es Assimilationsdruck im Bereich der religiösen Sphäre, im Bereich von Rechtsgepflogenheiten oder von verschiedenen Sitten.
Die Habsburger machten zwar wenig Anstalten den Slowenen ihre Sprache abzugewöhnen, aber sie übten durchaus starken Druck auf die böhmischen Protstanten aus, um aus diesen wieder Katholiken zu machen.
Das war natürlich eine Form von Assimilationsdruck.

Mentalität eines Volkes ändert sich in 10 Jahren nicht grundlegend, denn dafür sind mehrere Generationen notwendig.

Nicht zwangsläufig. Es gibt selbstverständlich einschneidende Ereignisse, die zu durchaus schnellen Veränderungen führen können.
Wir dürfen nicht vergessen, aus sicht der Ukraine befindet man sich seit 10 Jahren im Krieg und im Ausnahmezustand.
Das Erscheinungsbild Europas im Jahr 1920 wäre für Zeitgenossen des Jahres 1913 auf diveersen Ebenen völlig unvorstellbar gewesen.

Die Kultur eines Volkes äußert sich für mich in den Gewohnheiten, Sitten und Bräuchen. In dieser Hinsicht sind Unterschiede zwischen der ukrainischen, russischen und belarussischen Kultur nicht so groß, dass man von verschiedenen Kulturen sprechen könnte – sie sind eher Subkulturen einer ostslawischen Kultur.

Ich persönlich meine, dass allein innerhalb Russlands die Kultur der Bevölkerung im europäisch geprägten St. Petersburg, im Moskau, im ländlichen Süden das Europäischen Russlands, am Eismeeer und in Zentralsibiren sehr verschieden ist, vom russischen Fernen Osten nicht zu reden.
Welches davon ist für dich "die russische Kultur" und wie begründest du das?

Wie erklärst du z.B. das Phänomen dass es im Bereich Weißrusslands immeer das Phänomen gegeben hat, dass man sich offenbar Litauen näher fühlte, als Russland, was unter anderem nach dem 1. Weltkrieg mal zu lokalen Bestrebungen geführt hat einen Litauisch-Belarussischen Gesamtstaat zu schaffen?

Was ist für dich "die unkrainische Kultur", die mit der Russischen vergleichbar wäre? In der Ostukraine mag es Ggenden mit sehr starken russischen Einflüssen geben, in der Westukraine gibt es mit Ostgalizien, der Kapartoukraine und der nürdlichen Bukowina Gegegenden, die innerhalb der Sowjetunion erstmals mit den russichen Territorien einigermaßen fest verbunden waren, zuvor mit Russland allerdings nie etwas zu tun hatten, sondern maßgeblich durch Polen-Litauen, Ungarn und das Habsburger-Reich geprägt waren.
Welche Einflüsse es im Bereich der Krim alle gegeben hat, damit fange ich lieber gar nicht erst an.

Mit dem Modell einer großen "ostslawischen Kultur" kann ich wenig anfangen. Das mag Moskauer Narrativen entsprechen, aber seit mindestens 150 Jahren nicht mehr den Tatsachen, falls es denn jemals eine war.

Für mich ist das keine Xenophobie, weil Xenophobie sich gegen Menschen richtet, die Politik Putins sich aber gegen Liberalismus westlicher Prägung richtet.
Ne, die Politik Putins hat sich durchaus krass gegen Menschen gerichtet, denken wir mal an die ganzen politischen Flüchtlinge, aus der besetzten Krim und dem Donbas.
Und die derzeitigen Terrormaßnahmen und Kriegsverbrechen der russischen Armee richten sich auch nicht gegen abstrakte Ideen, sondern ganz offensichtlich gegen Menschen, die als nicht gleichwertig empfunden werden, denn der eigenen Bevölkerung würde man so etwas kaum zumuten und mit militärischen Notwendigkeiten lässt sich das auch nicht rechtfertigen.
Da bricht sich purer Hass gegen Menschen bahn, denen die Gleichwertigkeit abgesprochen wird.
 
Unausrottbar ist auch die Bewunderung für den "Helden", der alle Probleme mit den Fäusten löst, vom trojanischen Krieg über Siegfried bis James Bond & Co.
Na ja, das ist ein Teil der allgemeinen Heldenverehrung – siehe Olympische Spiele und sonstige Spiele, bei denen es auf Kraft und/oder Geschicklichkeit ankommt. Auch erfolgreiche Arbeiter des Geistes werden bewundert und mit Preisen geehrt. Und von Stammesgesellschaften bis heute werden Menschen, die außerordentliche Qualitäten aufweisen, auf hohe Positionen bzw. Ämter gewählt.*

Für mein Argument schien nur der Umstand interessant, dass bei Menschenaffen Gewalt und Ausgrenzung natürlich vorkommen. Damit scheint mir bewiesen, dass sie keine Erfindungen des Menschen sein können.
Ja, es ist ein Erbe, mit dem wir zu "kämpfen" haben.

Spontan würde ich z.B. behaupten, dass seit der Tudor-Zeit in Irland und Wales durchaus ein Assimilationsdruck seitens der Obrigkeit ausgeübt wurde,
Zumindest für Irland lag das mehr auf dem Gebiet der Konfession: Sie sollten nicht mehr auf die „römische“ Art beten, sondern auf die „anglikanische“. Damit einher ging die Diskriminierung der „katholischen“ Iren, nicht aber der „anglikanischen“.

Aggression wie Friedfertigkeit scheinen sich auszuzahlen, sonst gäbe es die beiden nicht. Wir haben sie geerbt, wofür wir nichts können: Die Verwandtschaft kann man sich eben nicht aussuchen.

Und mit immer besserer Gentechnik dringen wir immer weiter in unsere Vergangenheit ein. Ich erinnere mich, wie Svante Pääbo vom Leipziger Max-Planck-Institut vor ca. 15 Jahren gesagt hatte, wir Homo Sapiens hätten uns nicht mit Neandertalern vermischt. Paar Jahre später erklärte er, es passierte doch: 1 bis 4 Prozent unserer Gene kommen von Neandertalern. Dazu gehören z.B. helle Haut, rötliche Haare, größere Nase und die Neigung zu Diabetes und zum Rauchen. Neandertaler konnte auch sprechen, denn er besaß nicht nur das dazu nötige Zungenbein, sondern auch das gleiche Sprach-Gen wie wir.

Der moderne Mensch hat sich mit Neandertalern sexuell vermischt, aber er brauchte wohl 3 Anläufe, um in Europa die alteingesessenen Neandertaler zu „verdrängen“. Die erste Welle kam vor ca. 54.000 Jahren und war „erfolglos“. Danach kamen mit Abstand von insgesamt mehr als 10.000 Jahren noch 2 Wellen, wovon erst die letzte vor ca. 40.000 Jahren „erfolgreich“ war. Das wurde erst neuerdings (2022 und 2023) entdeckt bzw. publiziert: https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0277444

Ansonsten sind wir mit praktisch allen Lebewesen auf Erden verwandt, denn das, was uns zum Menschen macht, d.h. was nur wir besitzen, sind vielleicht 7 Prozent der Gene.

* Wettbewerb, aus dem salopp gesagt Sieger und Besiegte hervorgehen, ist nicht per se schlecht, denn er fördert kulturellen und technischen Fortschritt. Zwischen Homo Sapiens und Homo Neanderthalensis gab es wahrscheinlich einen Kulturwettbewerb, in dem augenscheinlich Homo Sapiens siegte.
 
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