Sehe ich auch so. Vor dem 19. Jahrhundert gab es keinen oder kaum Assimilationsdruck, sonst hätten z.B. Slowenen, die 500 Jahre unter Habsburger Herrschaft gelebt haben, ihre Sprache nicht behalten können.
Würde ich nicht unterschreiben. Assimilationsdruck gab es immer, nur eben in der Regel nicht im Bereich der Sprache, aber das ist im Grunde nicht verweunderlich.
Die Forderung nach Assimilation ist letztendlich nichts anderes als eine Forderung nach Loyalitätsbekundung, gegenüber Gruppen, die aus irgendwelchen Gründen verdächtigt werden, der Gesellschaft oder dem System gegenüber in dem sie leben und seinen Obrigkeiten gegenüber illoyal zu sein.
Dementsprechend fing Sprache als Loyalitätskriterium erst in dem Augenblick an interessant zu werden, in dem sich sprache als Identifikationsmerkmal durchsetzte und das war eben vorwiegend im 19. Jahrhundert.
Aber natürlich gab es Assimilationsdruck im Bereich der religiösen Sphäre, im Bereich von Rechtsgepflogenheiten oder von verschiedenen Sitten.
Die Habsburger machten zwar wenig Anstalten den Slowenen ihre Sprache abzugewöhnen, aber sie übten durchaus starken Druck auf die böhmischen Protstanten aus, um aus diesen wieder Katholiken zu machen.
Das war natürlich eine Form von Assimilationsdruck.
Mentalität eines Volkes ändert sich in 10 Jahren nicht grundlegend, denn dafür sind mehrere Generationen notwendig.
Nicht zwangsläufig. Es gibt selbstverständlich einschneidende Ereignisse, die zu durchaus schnellen Veränderungen führen können.
Wir dürfen nicht vergessen, aus sicht der Ukraine befindet man sich seit 10 Jahren im Krieg und im Ausnahmezustand.
Das Erscheinungsbild Europas im Jahr 1920 wäre für Zeitgenossen des Jahres 1913 auf diveersen Ebenen völlig unvorstellbar gewesen.
Die Kultur eines Volkes äußert sich für mich in den Gewohnheiten, Sitten und Bräuchen. In dieser Hinsicht sind Unterschiede zwischen der ukrainischen, russischen und belarussischen Kultur nicht so groß, dass man von verschiedenen Kulturen sprechen könnte – sie sind eher Subkulturen einer ostslawischen Kultur.
Ich persönlich meine, dass allein innerhalb Russlands die Kultur der Bevölkerung im europäisch geprägten St. Petersburg, im Moskau, im ländlichen Süden das Europäischen Russlands, am Eismeeer und in Zentralsibiren sehr verschieden ist, vom russischen Fernen Osten nicht zu reden.
Welches davon ist für dich "die russische Kultur" und wie begründest du das?
Wie erklärst du z.B. das Phänomen dass es im Bereich Weißrusslands immeer das Phänomen gegeben hat, dass man sich offenbar Litauen näher fühlte, als Russland, was unter anderem nach dem 1. Weltkrieg mal zu lokalen Bestrebungen geführt hat einen Litauisch-Belarussischen Gesamtstaat zu schaffen?
Was ist für dich "die unkrainische Kultur", die mit der Russischen vergleichbar wäre? In der Ostukraine mag es Ggenden mit sehr starken russischen Einflüssen geben, in der Westukraine gibt es mit Ostgalizien, der Kapartoukraine und der nürdlichen Bukowina Gegegenden, die innerhalb der Sowjetunion erstmals mit den russichen Territorien einigermaßen fest verbunden waren, zuvor mit Russland allerdings nie etwas zu tun hatten, sondern maßgeblich durch Polen-Litauen, Ungarn und das Habsburger-Reich geprägt waren.
Welche Einflüsse es im Bereich der Krim alle gegeben hat, damit fange ich lieber gar nicht erst an.
Mit dem Modell einer großen "ostslawischen Kultur" kann ich wenig anfangen. Das mag Moskauer Narrativen entsprechen, aber seit mindestens 150 Jahren nicht mehr den Tatsachen, falls es denn jemals eine war.
Für mich ist das keine Xenophobie, weil Xenophobie sich gegen Menschen richtet, die Politik Putins sich aber gegen Liberalismus westlicher Prägung richtet.
Ne, die Politik Putins hat sich durchaus krass gegen Menschen gerichtet, denken wir mal an die ganzen politischen Flüchtlinge, aus der besetzten Krim und dem Donbas.
Und die derzeitigen Terrormaßnahmen und Kriegsverbrechen der russischen Armee richten sich auch nicht gegen abstrakte Ideen, sondern ganz offensichtlich gegen Menschen, die als nicht gleichwertig empfunden werden, denn der eigenen Bevölkerung würde man so etwas kaum zumuten und mit militärischen Notwendigkeiten lässt sich das auch nicht rechtfertigen.
Da bricht sich purer Hass gegen Menschen bahn, denen die Gleichwertigkeit abgesprochen wird.