antike Kavallerie ohne Steigbügel

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Waldhauser

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Hat jemand eine plausible Erklärung dafür, warum eine so einfache, aber umso nützlichere Erfindung wie der Steigbügel bei den römischen Reiteralen unbekannt war? Hat Junkelmann etwas darüber geschrieben? Wer weiss bescheid?
 
Bei dem vergleichsweise geringen Stockmaß der Pferde in der Antike ist ein Steigbügel nicht zwingend nötig.

Hierzu nur die Anmerkung, daß die ritterlichen Streitrösser im (Hoch-)Mittelalter auch lediglich ein Stockmaß von 1,40...1,50 m hatten (Lit.: Untersuchungen des Museum of London, dargelegt in The Medieval Horse And Its Equipment); und da waren metallene Steigbügel längst Usus.
An der Größe der Pferde allein kann es also nicht gelegen haben (und an der Größe der Menschen übrigens auch nicht, denn deren Körpermaß lag im Hochmittelalter durchschnittlich um die 1,70...1,75 m)...
 
Erstens waren die Pferde ziemlich klein, man muss sie sich etwa im Stockmaß wie Welsh-Mountain-Ponys vorstellen.

Da bringen Bügel nicht viel.

Zweitens hatten die Römer einen absolut genialen Sattel, den sogenannten Hörnchensattel.

Wenn man da drin saß, klappten die Hörnchen durch das Reitergewicht nach innen und "klemmten" den Krieger geradezu im Sattel fest.

In diesem festen Sitz konnten sie ohne Steigbügel mit den Unterschenkeln viel besser auf ihre Pferde einwirken.

War also nicht notwendig, welche zu erfinden - sonst hätten es die Römer garantiert gemacht.

Übrigens gab es Reiter (bspw. die Numider), dire ritten ganz ohne Sattel - und völlig auch ohne Zaumzeig und steuerten ihre Pferde nur mit Gewichtsverlagerungen, dem Kreuz und den Unterschenkeln.

Da hatten es die Römer geradezu komfortabel.

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Hierzu nur die Anmerkung, daß die ritterlichen Streitrösser im (Hoch-)Mittelalter auch lediglich ein Stockmaß von 1,40...1,50 m hatten (Lit.: Untersuchungen des Museum of London, dargelegt in The Medieval Horse And Its Equipment); und da waren metallene Steigbügel längst Usus.
An der Größe der Pferde allein kann es also nicht gelegen haben (und an der Größe der Menschen übrigens auch nicht, denn deren Körpermaß lag im Hochmittelalter durchschnittlich um die 1,70...1,75 m)...

Kam man in voller Ritterrüstung per Steigbügel aufs Pferd?
 
Erstens waren die Pferde ziemlich klein, man muss sie sich etwa im Stockmaß wie Welsh-Mountain-Ponys vorstellen...

Das wäre demnach Welsh Pony Section A mit einem Stockmaß von max. 1,22 m.
Ich habe soeben noch einmal die Vergleichsmaße der Pferde verschiedener Epochen im von mir bereits im vorigen Beitrag angeführten Buch nachgeschlagen:
Roman -> von ca. 1,20 bis ca. 1,40 m (plus ein Ausreißer nach unten mit ca. 1,10 m)
Medieval -> von ca. 1,20 bis ca. 1,50 m (plus ein Ausreißer nach unten mit ca. 1,10 m und ein Ausreißer nach oben mit ca. 1,60 m)

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Allgemeine Anmerkung zum Steigbügel: Sein Nutzen liegt bekanntlich nicht nur in dem zum Aufsteigen aufs Pferd - denn das ist auch bereits mit ledernen Steigschlaufen u.ä. möglich (welche die Römer mW in der Spätantike kannten) -, sondern v.a. auch darin, daß seitlicher Halt gegeben ist (was die Stabilität erhöht).



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Kam man in voller Ritterrüstung per Steigbügel aufs Pferd?
Wenn ich bei "Löwenzahn" richtig aufgepasst habe, ging das über Aufzug.

Eigentlich führt das hier etwas vom Thema weg, aber das Bild des Ritters, der mit einem Kran o.ä. aufs Pferd gehievt werden mußte, hatten wir in verschiedenen Diskussionen bereits mehrfach als falsch herausgestellt, z.B. hier: http://www.geschichtsforum.de/286724-post46.html
 
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Laut Junkelmanns "Die Reiter Roms" warendie Pferde in der Antike so ca 1,40- 1,50m groß. Da kam man mit etwas Schwung locker ohne Steigbügel rauf.
Vielleicht gab es eine Aufsteuighilfe in Form einer einfachen Schlaufe, aber zum Reiten selber brauchte man keine Steigbügel, auch nicht zum Gefechtsreiten. Der Sattel bietet da genügend Halt.
 
Der Gedanke, dass Alexanders Hetärenreiter auf solch kleinen Pferden ihre Angriffe geritten haben fällt mir ein wenig schwer. Wahrscheinlich ist man heutzutage von Hollywood zu sehr geprägt :rofl:

Wie hat denn so ein kleines Pferd einen schwer gepanzerten Kataphrakten plus Reiter und seine Rüstung tragen können ? Wie bei den Seleukiden z.B. ?
Oder waren das andere Pferde ?
 
Die Cathaphrakten hatten anscheinend stämmigere/kräftigere Pferde.

Aber unterschätz die Aufprallwucht die ein voll gerüsteter Reiter selbst auf so einem scheinbar kleinen Pferd entwickeln kann. Nicht zu vergessen der psychologische Effeckt auf den Verteidiger, wenn er eine ganze Wand Reiter auf sich zu gallopieren sieht.
 
Wie hat denn so ein kleines Pferd einen schwer gepanzerten Kataphrakten plus Reiter und seine Rüstung tragen können ? Wie bei den Seleukiden z.B. ?
Oder waren das andere Pferde ?

Für die Antike mögen dies andere genauer ausführen - ich kann mich wie geschrieben nur auf die Ausgrabungen des Museum of London beziehen, wo die römischen Pferde lediglich Vergleichsmaßstab sind -, aber die Dimensionen der Knochen (größte Länge in Relation zum geringsten Durchmesser) durchschnittlicher Pferde der Epochen Roman und Medieval entsprechen etwa denen des zum Vergleich angeführten modernen Pferdes, welches als "farm horse... clearly a heavy working horse" charakterisiert wird und seine zeitlichen Vorgänger lediglich im Stockmaß leicht überragt (15 ¾ Hand, ergo knapp 1,60 m).

Für die mittelalterlichen Streitrösser kann ich zudem sagen, daß deren heutige Abkömmlinge die folgenden Typen sind, so daß wir daraus auch heute noch recht gut auf Kriegspferde schwergepanzerter Kavallerie der Vormoderne schließen können:
Ardenner - Nachkomme des französischen Solutre (beides Kaltblut)
Schwarzer Friese - Nachkomme des Friesenkaltblut (Kaltblut; der Schwarze Friese ist ein schweres Warmblut aufgrund späterer Einkreuzungen mit Andalusiern)
Andalusier (schweres Warmblut)
Percheron (Kaltblut)
Daneben ist noch das Great Horse Of England zu nennen, als dessen Nachfahre oftmals fälschlicherweise das Shire Horse angesehen wird, dessen Statur ihm zum Verwechseln ähnlich ist
Verweise dazu:
Das Pferd im Mittelalter (westliches Europa) - Beitrag #8
Das Pferd im Mittelalter (westliches Europa) - Beitrag #22

Nicht die Größe der Pferde ist also für den Einsatz in schwergepanzerter Kavallerie mit Lanzen entscheidend, sondern die Statur, welche es möglich macht, auch schwerere Reiter zu tragen.
Sprich: Mit einem Araberpferd kann man als Panzerreiter diesbezüglich nicht allzu viel anfangen - das wäre eher etwas zum Vorreiten zu festlichen Anlässen, wenn man ehedem ungerüstet unterwegs ist...

PS: Ich bitte darum, mir den Ausflug ins europäische Mittelalter nachzusehen; dies sollte in diesem Kontext die Vorstellung bzgl. der Pferde im Kriegseinsatz unterstreichen...
 
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Erfunden wurde der Steigbügel von den östlichen Reitervölkern.
Die Skythen sollen ihn schon im 3.Jhdt. v.Chr. benutzt haben ( nicht als Metallbügel,
sondern als Lederschlaufe, der Metallbügel soll von den Awaren stammen).
Der Steigbügel ermöglicht das Stehen beim Reiten, welches den Schuss mit dem Bogen
nach hinten erheblich erleichtert.
Da die römische Reiterei ( nicht spätere angeworbene Reitertruppen) das Bogenschiessen vom Pferd nicht ausübte, waren die Steigbügel auch nicht notwendig.
Ob der Steigbügel für den Kampf mit der eingelegten Lanze notwendig war, dazu können unsere Mittelalterspezialisten sicher mehr sagen. Laut Junkelmann kann man auch im römischen Hörnchensattel mit eingelegter Lanze kämpfen ( Die Reiter Roms Band III).
 
Zur Größe von Pferden habe ich noch ein paar Angaben für verschiedene Pferderassen gefunden.

In der Ukraine wurden Skelette domestizierter Pferde gefunden, die 6000 Jahre zurück reichen und vom wild lebenden Przewalski nicht zu unterscheiden sind. Das Przewalski hat ein Stockmaß von etwa 120 bis 140 cm. Vermutlich im ersten vorchristlichen Jahrtausend sind aus dem Przewalski und anderen Züchtungen neue Kreuzungen entstanden, die von Steppenvölkern genutzt wurden. Dazu zählen das Akhal-Teke (durschnittliches Stockmaß 150 cm), Buryat (140 cm) und Altai (130 cm). Wie man sieht, liegen die Größen in der gleichen Spanne, die timotheus für Pferde aus späteren Epochen recherchiert hat.

Warum sollte ausgerechnet die schwere Kavallerie zu Alexanders Zeiten kleinere Pferde geritten haben, wenn es viel früher schon größere Züchtungen gab? Solange es keine gegenteiligen Funde gibt, klingt das für mich sehr unwahrscheinlich.

Der älteste mir bekannte Hinweis auf Steigbügel stellt ein Halsreif aus dem Kul Oba Grab dar, der auf 400 bis 350 v. Chr. datiert wird. Der Halsreif ist mit zwei Reiterfiguren verziert, die soetwas wie Schlaufen um die Schuhe habe könnten, die Steigbügel in Lederschlaufenform darstellen könnten. Aber diese Interpretation ist sehr strittig.
 
Ob der Steigbügel für den Kampf mit der eingelegten Lanze notwendig war, dazu können unsere Mittelalterspezialisten sicher mehr sagen. Laut Junkelmann kann man auch im römischen Hörnchensattel mit eingelegter Lanze kämpfen ( Die Reiter Roms Band III).

Da liegt Junkelmann vollkommen richtig; der Steigbügel ist dafür nicht zwingend notwendig. Cataphractii/Clibanarii hatten bspw. keine Steigbügel (bzw. nutzten sie diese erst in der sassanidischen Spätphase) - auch wenn sie nicht mit eingelegter Lanze, aber immerhin u.a. mit einer Stoßlanze kämpften.
Vgl. dazu History of Iran: Sassanian Army
Sassanian Army schrieb:
... Since the Sassanian horseman lacked the stirrup, he used a war saddle which, like the medieval type, had a cantle at the back and two guard clamps curving across the top of the rider's thighs enabling him thereby to stay in the saddle especially during violent contact in battle...
Wiewohl ich mir dabei erlaube, mich selbst zu zitieren:
Allgemeine Anmerkung zum Steigbügel: Sein Nutzen liegt bekanntlich nicht nur in dem zum Aufsteigen aufs Pferd - denn das ist auch bereits mit ledernen Steigschlaufen u.ä. möglich (welche die Römer mW in der Spätantike kannten) -, sondern v.a. auch darin, daß seitlicher Halt gegeben ist (was die Stabilität erhöht).
Das bedeutet: der Steigbügel erhöht die Stabilität bzw. gewährleistet letztendlich maximale Stabilität. Dies ist schlußendlich für den Kampf mit eingelegter Lanze ein erheblicher Vorteil (eben wegen der erhöhten Stabilität), aber eben nicht zwingend dafür notwendig.
 
In der Ukraine wurden Skelette domestizierter Pferde gefunden, die 6000 Jahre zurück reichen

Ich hoffe, Du beziehst Dich nicht auf den Pferdezahn von Dereivka. Der taugt wohl kaum als Beleg, denn die Datierung läßt sich nach neueren Erkenntnissen nicht mehr aufrechterhalten. Die Funde stammen wohl erst aus dem 7. und 6. Jahrhundert v. Chr.

Dereivka was originally thought to be a Eneolithic (or Copper Age) village in the Dneiper Valley of the Ukraine, dated 3380-4570 BC, excavated by Dmitriy Yakolevich Telegin of the Russian Academy of Sciences in the 1980s.
The site contained what Telegin interpreted as the earliest evidence yet for the domestication of the horse, based on evidence of bit wear on the horse teeth. In recent years, other researchers such as Marsha Levine have argued that the evidence at Dereivka only indicates hunting of wild horses; but most of the animal bones from the earlier excavations has been discarded.
Update: Recent redating of Dereivka has placed this site as much later, the Scythian period of the 6th and 7th centuries BC.
Sources

See the article on horse domestication for more information
Levine, Marsha A. 1999 Botai and the origins of horse domestication. Journal of Anthropological Archaeology 18(1):29-78.


Dereivka - What is Dereivka
 
Eingelegte Lanze…
Kommt eigentlich nicht vor dem Hochmittelalter vor
Vorher wurde diese über Kopf geführt oder Zweihändig bei den östlichen Panzerreitern.
 
Das wäre demnach Welsh Pony Section A mit einem Stockmaß von max. 1,22 m.
Ich habe soeben noch einmal die Vergleichsmaße der Pferde verschiedener Epochen im von mir bereits im vorigen Beitrag angeführten Buch nachgeschlagen:
Roman -> von ca. 1,20 bis ca. 1,40 m (plus ein Ausreißer nach unten mit ca. 1,10 m)
Medieval -> von ca. 1,20 bis ca. 1,50 m (plus ein Ausreißer nach unten mit ca. 1,10 m und ein Ausreißer nach oben mit ca. 1,60 m)

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Allgemeine Anmerkung zum Steigbügel: Sein Nutzen liegt bekanntlich nicht nur in dem zum Aufsteigen aufs Pferd - denn das ist auch bereits mit ledernen Steigschlaufen u.ä. möglich (welche die Römer mW in der Spätantike kannten) -, sondern v.a. auch darin, daß seitlicher Halt gegeben ist (was die Stabilität erhöht).



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Der Steigbügel ist auch bei Distanzritten eine große Hilfe, da man den Trab nicht aussitzen muss und die Beine weniger leicht ermüden. Junkelmann berichtet darüber eingehend in seinem Buch "Die Reiter Roms Bd. 1". Junkelmann und seine Crew benutzten Steigschlaufen, und wenn ich mich recht erinnere, gibt er auch Bild- und Literaturhinweise, dass Steigschlaufen von den Römern verwendet wurden.
 
Die eingelegte Lanze kannten schon die Römer. Es gibt Reliefs die das zeigen. Da es damals aber keine so schwer gerüstete Gegner gab, wie im Mittelalter war die eingelegte Lanze aber oftmals schlicht unnötig.

Steuigbügel helfen übrigens kaum bis gar nicht bei einem Angriff mit eingelegter Lanze. Mittelalterliche Abbildungenzeigen die Reiter sogar mit nach vorne gestreckten Beinen. Sollte der Steugbügel aber Stabilisierend helfen, dann hätten sie die Beine nach hinten anwinkeln müssen um den Aufprall abfangen zu können.
 
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