Die Araber begannen schon in der Endphase des Osmanischen Reiches und während der kolonialistisch-mandatistischen Epoche zwischen grob 1918 und den 1950ern nach einer eigenen politischen Identität zu suchen. Der Islam kam als politischer Faktor aus zwei Gründen damals nicht zur Geltung. Zum einen waren die politischen Eliten so säkular wie in Europa auch, fünf Mal am Tag beteten die unteren Schichten. Zum anderen waren die Türken, von denen die Araber sich jetzt lösten, ebenfalls Muslime. Schlimmer: der Sultan war als Kalif sogar geistlicher Führer gewesen.
Also suchte man das Heil in der Nation. Allerdings bestand das Problem, das Arabertum und Islam kaum trennbar sind. Der arabische Nationalismus versuchte nun das Konstrukt, alle arabisch Sprechenden einzubinden und den Islam eher als Kultur denn als Religion zu verstehen. Damit war eine Brücke zu den nicht-islamischen Arabern geschlagen. Und damit wurde der arabische Nationalismus (AN) für Minderheiten attraktiv. Protagonisten des AN waren daher oft Christen: Zuraiq, Rabath oder Al-Husri.
Auf dieser Welle ritt auch Michel Aflaq, syrischer Christ und Gründer der Ba´th. Er forderte darüber hinaus, dass der Arabische Nationalismus panarabisch und revolutionär (also sozialistische) sein müsse.
Dieses etwas gezwungene Konstrukt der Identität von Nation, Kultur und Religion (plus einem schwach definierten Sozialismus) gab Minderheiten natürlich viele Möglichkeiten zur Eingliederung in eine eigentlich abweisende Umwelt und sogar zum Aufstieg.
Wobei man das Minderheitenthema differenziert betrachten muss. Die Sunniten im Irak, die dort die Ba´th dominierten, sind ja keine Minderheit, sondern eine von drei starken Volksgruppen (Sunniten, Schiiten, Kurden). Die Nasseristen in Ägypten sind vor allem Sunniten und damit Teil der religiösen Mehrheit. Die Alawiten in Syrien sind allerdings tatsächlich eine religiöse Minderheit.
In der Ba´th sammelten sich eher alle Aufstiegswilligen. Die Zusammensetzung der Partei entspricht im Wesentlichen der von Armeen in starren Gesellschaften: auch dort sammeln sich (unterhalb der Erb-Positionen ganz oben) häufig Ehrgeizige, die in festgefahrenen Zivilgesellschaften wenig Chancen haben. In Arabien waren das die mittelständische, städtische Intelligenz und die Minderheiten. Nicht zu vergessen Abenteurer wie Saddam Hussein, die in der Zivilgesellschaft schlicht nicht zu gebrauchen waren. Die Symbiose zwischen Armee und Ba´th ist also kein Zufall.
Das hat sich über die Jahre nicht geändert. Ich würde mal sagen, dass nicht unbedingt die Ba´th an Attraktivität für ihre ursprünglichen Zielgruppen verloren hat. Aber alle, die nicht von der Partei profitierten, haben das im Laufe der Jahre und beschleunigt durch Internet u.ä. irgendwann mal gemerkt.
Dazu kommt natürlich der (Wieder-)Aufstieg eines politischen und intoleranten Islam.
Also kurz und knapp auf deine Fragen:
- Attraktivität s.o.
- Der Minderheitenansatz ist nicht falsch, schau aber nicht nur auf offensichtliche Ausgrenzungsmerkmale wie Religion
- Die Zustimmung geht auch wegen der besseren Informationsmöglichkeiten der Ausgeschlossenen zurück
- vor allem aber, weil die bestehenden Regime im Irak, Syrien, Ägypten den Ehrgeizigen keinen Zugang zu den Fleischtöpfen mehr gewährten oder gewähren. Womit sie ihre Kernkompetenz verloren haben!
PS: ich habe mich weitgehend auf Ba´th beschränkt. Im Grunde gilt das o.a. aber auch für Nasseristen, pakistanische Nationalisten, Kemalisten etc.,