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Im Klartext: Ein Kriegseintritt Italiens auf Seite der Mittelmächte war unrealistisch. Das Maximum dessen, was zu erreichen gewesen wäre, war die Neutralität.
... Rom war außenpolitisch zu jener Zeit weitestgehend isoliert.
silesia schrieb:Andererseits war (auch) die "verspätete" Nation Italien territorial keinesfalls saturiert. Die italienischen kolonialen Ambitionen waren so Ausgangspunkt von Krisen, und an der Nordgrenze sah man den Nationalstaat nicht in den endgültigen Grenzen.
Zwischen Österreich und Italien gab es schon vor dem Weltkrieg gewisse Spannungen, gehörte doch "Italia Irredenta", das unbefreite Italien zur Donaumonarchie. Der österreichische Generalstabschef Franz Conrad von Hötzendorff propagierte bereits um 1912 einen Präventivkrieg gegen Italien.
Auf den ersten Blick halte ich die Verbindungen innerhalb der Mittelmächte für deutlich stärker als die z.B. nach England (z.B. zur Königsfamilie). Bedenkt man dann noch die vielfältigen Möglichkeiten des Adels innerhalb der Diplomatie oder auch in den Armeen, so kommt mir der historische Ablauf recht "logisch" vor.
Wie sieht es in diesem Zusammenhang mit Frankreich aus? Kam nicht zur Abneigung gegen die napoleonischen Einquartierungen bei der Bevölkerung noch die großflächige Entmachtung des alten französischen Adels?
Von den großen Gegnern der Mittelmächte dürften die Verbindungen nach Russland noch die stärksten gewesen sein. Allerdings verlor der russische Adel (und damit auch der Teil mit deutschen Wurzeln) zunehmend an Macht und Einfluss, so dass die Unterordnung unter die Staatsraison wichtiger als in anderen Ländern war.
Genau. Erwähnenswert ist vielleicht auch noch König Konstantin I. von Griechenland, der auch aus deutschem Adel stammte und Kaiser Wilhelms II. Schwager war. Er bezog eine wohlwollende Neutralität den Mittelmächten gegenüber, stand aber im Dauerkonflikt mit seinem liberalen und der Entente zugeneigten Premierminister Venizelos. Konstantin musste Ende 1915 die Anlandung eines starken britisch-französischen Expeditionskorps' im neutralen Griechenland (Saloniki) tolerieren, und wurde 1917 zur Abdankung gezwungen. Danach eröffneten die Alliierten von Griechenland aus eine neue Front gegen Bulgarien auf dem Balkan.YoungArkas schrieb:Das würde ich so nicht sagen, immerhin war Wilhelm II. Enkel von Queen Victoria. Es gab auf höchster Ebene also durchaus enge Verbindungen. In Rumänien herrschte sogar ein Seitenspross der Hohenzollern und trotzdem trat das land gegen die Mittelmächte in den Krieg ein.
Ö-U hat sich an diesen Artikel nicht gehalten. Weder 1908 in der bosnischen Annexionskrise noch 1914 in der Julikrise. Insbesondere die fehlende Konsultation und die nur schleppend und unzureichend gewährte Kompensation 1908 (Stichpunkt Albanien) und die daraus resultierende Vertragsverletzung durch Ö-U beeinträchtigte die Beziehungen zu Italien wesentlich und höhlte den Dreibund weiter aus.„Österreich-Ungarn und Italien, die nur im Auge haben, den territorialen status quo im Orient solange wie möglich aufrechtzuerhalten, verpflichten sich, ihren Einfluss dahin anzuwenden, dass sie jeder Gebietsveränderung entgegenwirken, die die eine oder andere Unterschriftsmacht des gegenwärtigen Vertrages schädigen könnte. Sie werden sich zu diesem Zwecke alle Nachrichten mitteilen, die geeignet sind, sich wechselseitig über ihre eigenen Pläne sowie über die anderer Mächte zu unterrichten. Indes soll in dem Falle, wo infolge der Ereignisse die Aufrechterhaltung des status quo in den Gebieten des Balkans oder der ottomanischen Küsten und Inseln in der Adria und im Ägäischen Meer unmöglich würde, und wo, sei es infolge des Verhaltens einer dritten Macht, sei es auf andere Weise, Österreich-Ungarn oder Italien sich gezwungen sähen, ihn durch eine zeitweilige oder dauernde Besetzung ihrerseits zu ersetzen, diese Besetzung nur nach einem vorherigen Abkommen zwischen den beiden Mächten stattfindet, das auf dem Grundsätze einer wechselseitigen Entschädigung für jeden territorialen oder anderen Vorteil beruht, den jede von ihnen über den gegenwärtigen status quo hinaus erhielte, und das den wohlbegründeten Interessen und Ansprüchen der beiden Parteien Genüge zu leisten hätte.“
Mit seinen Ausgleichsbemühungen hatte Frankreich schließlich für Italien die Angewiesenheit auf den Dreibund nach und nach beseitigt, während es das DR und Ö-U waren, die ihrerseits Italien jedweder Gründe beraubt haben, der Allianz noch weiter anzugehören.In dem Falle, wo Italien ohne unmittelbare Herausforderung seinerseits aus irgendeinem Grunde von Frankreich angegriffen werden sollte, sollen die beiden anderen vertragschließenden Parteien gehalten sein, der angegriffenen Partei mit allen ihren Kräften Hilfe und Beistand zu leisten. Diese gleiche Verpflichtung soll Italien im Falle eines nicht unmittelbar herausgeforderten Angriffs Frankreichs gegen Deutschland obliegen.
Ein grundsätzlich berechtigter Einwand. Allerdings sehe ich keinen eklatanten Widerspruch zwischen dem französisch-italienischen Abkommen 1902 und dem Dreibundvertrag, denn auch dieses Abkommen war defensiv ausgerichtet und verlangte lediglich italienische Neutralität für den Fall, dass Frankreich angegriffen wurde oder selber aufgrund einer direkten Provokation angriff. Da gem. des Dreibundvertrages Italien gegenüber DR und Ö-U auch nur zur direkten Hilfestellung bei einem unprovozierten Angriff und im Übrigen zur Neutralität verpflichtet war, kommen sich die Verträge hier nicht in die Quere. Problematisch ist natürlich die Auslegung der "direkten Provokation", aber diese Formulierung war auch schon Bestandteil des Dreibundvertrages und insofern von vornherein der Auslegung der Vertragsparteien unterworfen. Insofern kann ich in dem Abkommen noch keine Erledigung des Dreibundvertrages erkennen - jedenfalls gerade dann nicht, wenn derselbe als Defensivvertrag verstanden wird.Die Ausgleichsbemühungen waren auch von Italien ausgegangen, denn dieser war dringend aus wirtschaftlichen Gründen für Italien sehr notwendig.
Italien hatte bereits im Jahre 1902 mit Frankreich ein geheimes Abkommen geschlossen, in dem es sich verpflichtete, bei Angriff einer dritten Macht, neutral zu bleiben. Ob das noch dem geist des Dreibundes entsprach, darf bezweifelt werden. Genau genommen war zu diesem Zeitpunkt der Dreibund bereits erledigt.
Zumindest in seiner ursprünglichen Fassung scheint mir der Dreibundvertrag für Italien doch im Wesentlichen als Schutz vor Frankreich gedient zu haben. Die prominente Stellung der entsprechenden Klausel gleich in Art. 2 scheint das zu stützen. Wenn ich Afflerbach richtig in Erinnerung habe, so ging dieser wohl davon aus, dass diese Defensivvertragslösung mit klarer Spitze gegen Frankreich eher aus der Tatsache geboren war, dass man sich sonst auf keinen Vertragsinhalt einigen konnte. Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, verabsäumte es hier die diplomatische Vertretung Ö-Us sogar, eine gegenseitige Territorialitätsgarantie zu vereinbaren (was Ö-U eben gegen Forderung auf das Trentino und Triest abgesichert hätte). Wie auch immer der Vertrag zustande kam, so war bis 1896 mE der im Wesentlichen defensive Charakter auch von italienischer Seite nicht in Frage gestellt.Der Dreibund sollte für Italien bei der Durchsetzung seiner kolonialen Aspirationen nützlich sein. Man verkannte in Rom einfach den rein defensiven Charakter des Dreibundes, aber das interessierte die italienischen Politiker wenig. Gradmesser war das Ausmaß der Unterstützungsleistung für Italien
DerGreif schrieb:Dass Italien darüber hinaus auch vermehrt auf Unterstützung in Kolonialfragen hoffte, ist durchaus zutreffend, fällt mE aber nicht so sehr ins Gewicht, wenn man sich die Gesamtentwickung des Vertrages und den Beziehungen der Parteien untereinander anschaut.
So stellte auch das DR aufgrund des Vertrages Erwartungen an Italien, die deutlich über ein reines - wie im Vertrag festgeschriebenes - Defensivbündnis hinausgingen. Ich erinnere hier nur an die Algeciras-Konferenz, wo Italien Deutschland die Unterstützung versagte, was bei dem DR doch recht negative Reaktionen auslöste, obwohl es eine explizite vertragliche Verpflichtung Italiens zu einer solchen Hilfestellung gar nicht gab.
Der Dreibund sollte für Italien bei der Durchsetzung seiner kolonialen Aspirationen nützlich sein. Man verkannte in Rom einfach den rein defensiven Charakter des Dreibundes, aber das interessierte die italienischen Politiker wenig. Gradmesser war das Ausmaß der Unterstützungsleistung für Italien
In der Konsequenz führten die italienischen Eroberungen zu den Balkankriegen von 1912/1913, wo der europäische Teil des Osmanischen Reichs verteilt wurde und Ö.-U. in Serbien ein Feind erwuchs, der Anspruch auf die Vertretung aller Slawen, auch der in Bosnien anmeldete. Zusammenfassend nutzte der Verbleib Italiens im Dreibund nur den Mächten der Entente und schadete letztlich dem Dreibund.
So beschrieben in: Christopher Clark: Die Schlafwandler, DVA 2013,
Lohnenswerter Buchtip von Turgot, merci!
Der Greif schrieb:5. Ich würde tatsächlich meinen, dass 1914 der Vertrag bereits aufgrund der oben angeführten Umstände ausgehöhlt war.
Ein grundsätzlich berechtigter Einwand. Allerdings sehe ich keinen eklatanten Widerspruch zwischen dem französisch-italienischen Abkommen 1902 und dem Dreibundvertrag, denn auch dieses Abkommen war defensiv ausgerichtet und verlangte lediglich italienische Neutralität für den Fall, dass Frankreich angegriffen wurde oder selber aufgrund einer direkten Provokation angriff. Da gem. des Dreibundvertrages Italien gegenüber DR und Ö-U auch nur zur direkten Hilfestellung bei einem unprovozierten Angriff und im Übrigen zur Neutralität verpflichtet war, kommen sich die Verträge hier nicht in die Quere. Problematisch ist natürlich die Auslegung der "direkten Provokation", aber diese Formulierung war auch schon Bestandteil des Dreibundvertrages und insofern von vornherein der Auslegung der Vertragsparteien unterworfen. Insofern kann ich in dem Abkommen noch keine Erledigung des Dreibundvertrages erkennen - jedenfalls gerade dann nicht, wenn derselbe als Defensivvertrag verstanden wird.
Richtig ist natürlich, dass mit diesem Abkommen sich die Situation zwischen Frankreich und Italien entspannt hatte und dessen Angewiesenheit auf den Dreibund zum Schutz vor einem französischen Angriff nicht mehr so dringend war.
Zumindest in seiner ursprünglichen Fassung scheint mir der Dreibundvertrag für Italien doch im Wesentlichen als Schutz vor Frankreich gedient zu haben. Die prominente Stellung der entsprechenden Klausel gleich in Art. 2 scheint das zu stützen. Wenn ich Afflerbach richtig in Erinnerung habe, so ging dieser wohl davon aus, dass diese Defensivvertragslösung mit klarer Spitze gegen Frankreich eher aus der Tatsache geboren war, dass man sich sonst auf keinen Vertragsinhalt einigen konnte. Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, verabsäumte es hier die diplomatische Vertretung Ö-Us sogar, eine gegenseitige Territorialitätsgarantie zu vereinbaren (was Ö-U eben gegen Forderung auf das Trentino und Triest abgesichert hätte). Wie auch immer der Vertrag zustande kam, so war bis 1896 mE der im Wesentlichen defensive Charakter auch von italienischer Seite nicht in Frage gestellt.
Mit der Erneuerung (entweder 1887 oder 1891, ich erinnere mich da an Widersprüche in der Sekundärliteratur) haben dann sowohl Italien als auch Ö-U imperialistische, über die reine Verteidigung hinausgehende Momente mit in den Vertrag gebracht, eben den oben schon zitierten Art. 7. Also bereits ab diesem Zeitpunkt - und zwar im beiderseitigen Einvernehmen - war der Vertrag für Ö-U und Italien kein reiner Defensivvertrag mehr.
Dass Italien darüber hinaus auch vermehrt auf Unterstützung in Kolonialfragen hoffte, ist durchaus zutreffend, fällt mE aber nicht so sehr ins Gewicht, wenn man sich die Gesamtentwickung des Vertrages und den Beziehungen der Parteien untereinander anschaut.
So stellte auch das DR aufgrund des Vertrages Erwartungen an Italien, die deutlich über ein reines - wie im Vertrag festgeschriebenes - Defensivbündnis hinausgingen. Ich erinnere hier nur an die Algeciras-Konferenz, wo Italien Deutschland die Unterstützung versagte, was bei dem DR doch recht negative Reaktionen auslöste, obwohl es eine explizite vertragliche Verpflichtung Italiens zu einer solchen Hilfestellung gar nicht gab. Auf der anderen Seite hatte aber Ö-U sehr reale sich aus Art. 7 ergebende Vertragspflichten verletzt und das mehrfach.
Ähnliches hattest Du ja auch schon in deinem guten Beitrag Nr. 21 herausgearbeitet.
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