Cicero "Über den Staat"

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Als vor die monarchische selbst wird noch die zu stellen sein, die eine gleichmäßige Mischung aus den drei besten Staatsformen darstellt. Drei Voraussetzungen sind dabei zu erfüllen: erstens, es muss in dem Staatswesen eine gewisse monarchische Spitze vorhanden sein, ferner eine zweite Kraft muss der Einfluss darstellen, der der politischen Führungsschicht zugemessen und zugewiesen ist, drittens gewisse Aufgabengebiete müssen dem Urteil und der Willensäußerung der großen Masse des Volkes vorbehalten bleiben. Eine solche Verfassung gewährleistet einmal ein hohes Maß von Ausgeglichenheit, auf das freie Menschen auf die Dauer kaum verzichten können, zum zweiten eine Sicherheit, weil jene drei Grundformen leicht in die gegenteiligen Missformen umschlagen können, so dass aus dem König ein Gewaltherrscher, aus dem Optimaten ein Parteiklüngel, aus der geordneten Demokratie ein durcheinander gewürfelter Haufe entsteht und sodann weil selbst diese Formen oft wieder mit neuen Formen wechseln. Dies kommt in einer verbundenen und maßvoll gemischten Verfassung in der Regel nur dann vor, wenn die leitenden Männer schwere Charakterfehler aufweisen …

Der Rot markierete Text deutet auf die schwächen der Mischverfassung hin ?
Daher ist die Monarchie als die beste Staatsform anzusehen-


Im Band 1 "Über den Staat" lässt sich also zusammengefasst sagen:

Die Ursache einer Staatsgründung liegt nach Cicero nicht in der Schwäche sondern im natürlichen, instinktiven Herdentrieb des Menschen.


Monarchie als die beste Staatsform


Kriterien an die Mischverfassung




Das sind die wesentlichen Punkte (Band 1) , oder? ;)
 
Also ich hatte den text neulich in geschichte behandelt...
Meiner Meinung nach sah Cicero die Monarchie nicht als beste Staatsform an, er verabscheute sie, da er auf der Seite des Senats stand und folglich dachte er das die bis dato bestehende Regierungs-/ Verfassungsform die Beste sei, allerdings auch Schwächen habe. Er wollte mit diesem Text auch Cäsars Diktatur kritisieren und den Adel auf seine Seite bringen.
Mit den Ursachen hast du aber Recht;)
Hoff mal ich konnte helfen.
lg Azazel
 
Vielen Dank



Die Römische Verfassung war eine Mischverfassung. Nur aus dem einfachen Grund , weil die Volksversammlung demokratisch war , die Konsulen monarchisch , und das Senat aristokratisch ?

Und wiederum wird erzählt , dass Rom keine Mischverfassung war !?

Was stimmt denn nun?



Gruß
 
Vielen Dank



Die Römische Verfassung war eine Mischverfassung. Nur aus dem einfachen Grund , weil die Volksversammlung demokratisch war , die Konsulen monarchisch , und das Senat aristokratisch ?

Und wiederum wird erzählt , dass Rom keine Mischverfassung war !?

Was stimmt denn nun?



Gruß

Also die römische Verfassung kannst du ohne weiteres als Mischverfassung bezeichnen. Die Gründe hierfür hast du ja vorhin genannt.
Bemerkenswert ist dennoch, dass dieser Verfassungstyp in der Antike von vielen Staatstheoretikern und Geschichtsschreibern als das Erfolgsmodell schlechthin dargestellt wurde, weil er die Vorzüge aller Regierungsformen scheinbar in sich vereint.
Dass die römische Verfassung trotzdem gravierende Schwächen hatte, ist bekannt.
 
"Bestimmt schrieb: "
Der Rot markierete Text deutet auf die schwächen der Mischverfassung hin ?

Ist es nicht viel mehr so, dass hier der Vorteil der Mischverfassung gegeben wird?
1) Hohes Maß an Ausgeglichenheit
2) Sicherheit
wobei ich auch sagen würde, dass die beiden Charakteristika interdependent sind, da die Sicherheit z.T. auf der Ausgeglichenheit beruht.
Wenn nur einer der Grundtypen da ist, z.B. die Monarchie, ist immer die Gefahr gegeben, dass dieser umschlägt, in diesem Fall in eine Tyrannis. Die Mischfassung wird als dem Einhalt gebietend angesehen, oder?

Dazu hätte ich aber dennoch ein Frage: Haben wir de facto wirklich eine Mischverfassung in der römsichen Republik, oder müssen wir diese eher als ein von Cicero kontruiertes Idealbild eines Staates ansehen?

beste Grüße!
 
Meiner Meinung nach sah Cicero die Monarchie nicht als beste Staatsform an, er verabscheute sie, da er auf der Seite des Senats stand und folglich dachte er das die bis dato bestehende Regierungs-/ Verfassungsform die Beste sei, allerdings auch Schwächen habe. Er wollte mit diesem Text auch Cäsars Diktatur kritisieren und den Adel auf seine Seite bringen.
Wobei das Werk allerdings noch vor Ausbruch des Bürgerkriegs und Caesars Diktatur entstand.

Dazu hätte ich aber dennoch ein Frage: Haben wir de facto wirklich eine Mischverfassung in der römsichen Republik, oder müssen wir diese eher als ein von Cicero kontruiertes Idealbild eines Staates ansehen?
Konstruiert hat dieses Bild der römischen Mischverfassung bereits Polybios.
Das monarchische Element kann ich in der römischen Verfassung allerdings nicht wirklich erkennen. Dass die Konsuln nur ein Jahr amtierten und obendrein einen Kollegen hatten, schränkte ihren "monarchischen" Charakter schon massiv ein, und auch die Kompetenzen der Konsuln wurden im Laufe der römischen Republiksgeschichte immer mehr eingeschränkt. Letztlich war die römische Republik lange Zeit eine Oligarchie mit ein paar (durch ungleiche Stimmgewichtung entwerteten) demokratischen Elementen, wobei letztere im Laufe der Zeit zunahmen (mit mehreren Rückschlägen), ohne jemals wirklich das Übergewicht zu erlangen. Außerdem wurden die demokratischen Elemente in der Praxis durch Klientelwesen und Wählerkauf massiv entwertet. Das mit der Ausgeglichenheit sehe ich auch mehr als Wunschdenken, in der Praxis tobte meist ein beinharter Machtkampf zwischen den oligarchischen und den demokratischen Elementen, der nicht selten auch gewaltsam ausgetragen wurde.
 
@ Ravenik: die Einwände, die du bezüglich des monarchischen Elementes gemacht hast, habe ich auch. Auch was das demokratische Element angeht, habe ich meine Zweifel. Die Volksversammlungen waren doch sowohl formal (kein Initiativrecht) als auch durch das gegebene Beziehungsgebinde sehr beschränkt (vielleicht ist das aber auch etwas zu modern gesehen. Dennoch würde ich dem Begriff "demokratisches Element" eher aber der Zeit der Gracchen zustimmen). Ich meine, dass man die römsiche Republik doch als eine typisch aristokratische Gesellschaft ansehen muss.

@ Azazel: Kann man wirklich das so absolut sagen, dass Cicero einen Monarchie verabscheute? Wenn ich recht sehe, dann teilt Cicero die Staatsformen in gute und schlechte ein. Unter den guten ist auch die Monarchie (regnum), die durch eine väterliche Fürsorge charakterisiert sein soll. Das ist ein tragendes Prinzip bei den Römern. Das Problem ist nur, dass die Macht zu sehr auf eine Person konzentriet ist und so missbraucht werden kann. Ähnlich ist es mit Aristokratie und der Demokratie: Sie sind in sich gut, können aber missbraucht werden. Weil aber alle drei die Gefahr in sich bergen in den jeweiligen Counterpart zu transformieren, ist die pragmatische Konsequenz eine Mischform aller drei guten Formen. Ein Missbrauch ist (bei einem Gleichgewicht aller drei Formen) zumindest sehr erschwert. Kann man nicht sagen, dass gerade daran die republik kaputt gegangen ist, indem das monarchische Element zu viel Gewicht bekommen hat?

ich stelle das einfach mal so in den Raum und bin gespannt, was die anderen dazu meinen.

Vale!
 
@ Ravenik: die Einwände, die du bezüglich des monarchischen Elementes gemacht hast, habe ich auch. Auch was das demokratische Element angeht, habe ich meine Zweifel. Die Volksversammlungen waren doch sowohl formal (kein Initiativrecht) als auch durch das gegebene Beziehungsgebinde sehr beschränkt (vielleicht ist das aber auch etwas zu modern gesehen. Dennoch würde ich dem Begriff "demokratisches Element" eher aber der Zeit der Gracchen zustimmen). Ich meine, dass man die römsiche Republik doch als eine typisch aristokratische Gesellschaft ansehen muss.
Es stellt sich tatsächlich die Frage, ab wann man von "demokratisch" sprechen kann. Mangel an Initiativrecht, Zensusstruktur etc., das waren auch Merkmale vieler Parlamente des 19. Jhdts., vielfach bis ins 20. Jhdt. hinein. Die Entwicklung zu Parlamentarismus und Wahlrecht nach heutigem Zuschnitt erfolgte oft fließend, indem das Parlament immer mehr Rechte erhielt und das Wahlrecht immer allgemeiner und gleicher wurde. Wenn wir heutige Maßstäbe anlegen würden, müsste man der römischen Republik jeglichen demokratischen Charakter absprechen; wenn wir uns damit begnügen, dass auch die breiten Massen bestimmte Mitwirkungsrechte hatten, sieht es besser aus.
Eine grundlegende Änderung kann ich ab der Zeit der Gracchen nicht erkennen. Faktisch wirkte sich aber aus, dass sich die Volkstribunen ihrer Möglichkeiten wieder bewusst wurden, nachdem sie seit Mitte des 4. Jhdts. großteils eher zurückhaltend agiert hatten, und auch das Concilium Plebis wieder bedeutender wurde, das aber freilich den Schönheitsfehler hatte, dass die Patrizier ausgeschlossen waren.

Kann man nicht sagen, dass gerade daran die republik kaputt gegangen ist, indem das monarchische Element zu viel Gewicht bekommen hat?
Wo siehst Du eine Stärkung des monarchischen Elements? Die Diktaturen von Sulla und Caesar waren doch Ausnahmeerscheinungen. Die Konsuln hatten im Laufe der Geschichte immer weniger Macht.
Wenn man die Ursachen vereinfachend auf Fehlentwicklungen der drei Elemente herunterbrechen will, dann würde ich sagen, dass die Republik an der Inkompatibilität des oligarchischen und des demokratischen Elements gescheitert ist sowie daran, dass das demokratische Element von einzelnen Oligarchen instrumentalisiert und korrumpiert wurde, um ihre eigene Position gegenüber ihren Mitoligarchen auszubauen. Gerade der "ausgleichende Charakter" der Mischverfassung wurde der Republik letztlich zum Verhängnis, indem das demokratische Element ehrgeizigen Angehörigen der Oligarchie die Möglichkeit bot, sich der Demokratie zu bedienen, um die Macht ihrer Mitoligarchen zu schwächen und selbst alternativ mit Hilfe des Volkes zu regieren, statt sich in die Oligarchie einzufügen.
Allerdings ist das auch eine sehr vereinfachende Darstellung, die vor allem einen wichtigen Punkt außer Acht lässt, nämlich dass eine Verfassung, egal ob Oligarchie oder Demokratie, immer nur so gut und stark sein kann wie sie vom Volk akzeptiert wird. Wenn die Massen bereit sind, gegen die "legitime" Führung zu ziehen, und die verfassungsmäßige Führung nicht in der Lage ist, die Massen notfalls gewaltsam niederzuhalten, ist jede Verfassungsordnung zum Scheitern verurteilt.
 
Danke für deine Antwort!

wenn wir uns damit begnügen, dass auch die breiten Massen bestimmte Mitwirkungsrechte hatten, sieht es besser aus

Bei dem Grad des politischen Mitwirkens in der Republik, fällt es uns wahrscheinlich sehr schwer das als "demokratisch" gelten zu lassen. Die Masse hatte natürlich das Recht zwischen bestimmten Anwärtern auf Beamtenstellen zu wählen, oder auch über Gesetze abzustimmen, oder über Krieg und Frieden. Dennoch war es i.d.R. der Magistrat, der ja den Versammlungen vorstand, der den Willen des Volkes "bestimmte/interpretierte". Dieser wiederum vom Senat abhängig war. Es scheint mir doch so der Fall zu sein, dass weder das monarchische Element, noch das demokratische Element wirkliches Gewicht hatten.

Ich habe die Gracchen (d.h. ab 133 v.Chr.) angeführt, weil wir hier, meines Wissens, das erste mal ein Aufkommen einer "popularen Politik" haben, d.h. eine Minderheit im Senat drückt ihren Willen gegen den des Senats mit Hilfe der Volksversammlung (concilium plebis) durch. Ich meine, dass das Volk hier in einem gewissen Sinn wirklich Gewicht bekommt, indem in der politischen Willensbildung, die sonst unter den Nobilis stattfand, ein neuer Faktor hinzu gezogen wird: das Volk (zumindest der Teil, der auch in den Volksversammlungen vertreten war). Allerdings kann man das auch als eine reine Instrumentalisierung ansehen und somit hinterfragen, ob das "demokratische Element" wirklich mehr Gewicht bekam (s.o.).

Zum "monarchischen Element":

Das "monarchische Element" wird typischerweise in dem Konsulen gesehen. Zwar sind es, wie schon bemerkt, zwei, aber ich würde das dennoch gelten lassen. Die Konsuln waren größte Zeit der Republik an den Senat gebunden und durch ihn kontrolliert. Mit zunehmender Expansion und damit eng verbundenen Agrar- und Heeresreformen war es nun möglich, dass sich einige Potentate wie Sulla und Cäsar außerhalb der aristokratischen Gesellschaft stellen konnten. Sie ruhten, dank ihres Militärclientels, in sich selber und nicht mehr länger in der "auctoritas senatus". Wie sehen doch, dass diese Männer dank ihrer Macht eine Politik gegen den Senat machen konnte. Im Prinzip ist es dasselbe Prinzip wie bei den Gracchen: Ti. Gracchus hat sich Macht verschaffen indem er eine populare (d.h. am Volk orientierte) Politik gefahren ist. Versprechungen bzw. bestimmte Gesetzesvorschläge haben, zumindest für eine Zeit, das Volk hinter ihn gebracht. Bei Sulla et al. ist das Heer an ihren Feldheern gebunden, von dem sie Beute und Land bekommen. Dazu kommt ein weiteres Element: die Gewalt. Sulla und Co hatten nicht das consilium plebis hinter sich, sondern ein Heer. Dagegen konnte der Senat noch weniger ankommen, was er ja bei den Gracchen noch konnte.

Ich glaube nicht, dass wir diese Männer als eine Ausnahmeerscheinung ansehen können, sondern als einen Übergang in das Principat. Sie waren faktisch Alleinherrscher, um nicht Könige zu sagen.
Den Untergang der Republik würde ich in dem Zusammengang weniger in der Kompatibilität verschiedener Herrschaftsformen sehen, als in der weitläufigen Expansion der Republik und einer politischen Ordnung die auf persönlicher Kommunikation und Beziehungen aufbaut.
 
Deinen Ausführungen zum "monarchischen Element" stimme ich zu, aber die Betonung liegt auf den Wörtern "außerhalb" und "faktisch": Die von Dir beschriebenen Vorgänge spielten sich großteils außerhalb der verfassungsmäßigen Ordnung ab. Es wurde also nicht das "monarchische Element" in der Mischverfassung gestärkt, sondern die verfassungsmäßige Ordnung wurde ausgehebelt, indem einzelne Männer dem Staat, gestützt auf ihre Truppen oder ihre Anhängerschar, den Willen aufzuzwingen versuchten und teilweise auch konnten. Es entstand somit ein neues, extralegales monarchisches Element. (Das monarchische Element in der Verfassung wäre gestärkt worden, wenn z. B. das Konsulat wieder aufgewertet worden wäre.)

Bei dem Grad des politischen Mitwirkens in der Republik, fällt es uns wahrscheinlich sehr schwer das als "demokratisch" gelten zu lassen. Die Masse hatte natürlich das Recht zwischen bestimmten Anwärtern auf Beamtenstellen zu wählen, oder auch über Gesetze abzustimmen, oder über Krieg und Frieden. Dennoch war es i.d.R. der Magistrat, der ja den Versammlungen vorstand, der den Willen des Volkes "bestimmte/interpretierte". Dieser wiederum vom Senat abhängig war.
Die Hauptprobleme waren die Stimmgewichtung und das Initiativrecht. Die Konsuln, Censoren und Praetoren wurden von den nach Klassen organisierten Comitia Centuriata gewählt, sodass die Reichen weit überproportional vertreten waren. Aber auch in den Comitia Tributa herrschte keine Gleichheit der Stimmgewichte, sondern die ländlichen tribus waren klar überrepräsentiert.

Ich habe die Gracchen (d.h. ab 133 v.Chr.) angeführt, weil wir hier, meines Wissens, das erste mal ein Aufkommen einer "popularen Politik" haben, d.h. eine Minderheit im Senat drückt ihren Willen gegen den des Senats mit Hilfe der Volksversammlung (concilium plebis) durch. Ich meine, dass das Volk hier in einem gewissen Sinn wirklich Gewicht bekommt, indem in der politischen Willensbildung, die sonst unter den Nobilis stattfand, ein neuer Faktor hinzu gezogen wird: das Volk (zumindest der Teil, der auch in den Volksversammlungen vertreten war).
Allerdings darf man nicht vergessen, dass im concilium plebis die Patrizier nicht vertreten waren, es wurde also erst wieder ein Teil der Bevölkerung diskriminiert. Es war somit auch keine echte Volksvertretung.
Dass ein Teil des Senats sich mithilfe des Volkes durchsetzte, kam auch schon früher vor. Z. B. war der Senat zu Beginn es Ersten Punischen Krieges gespalten, ob man auf Sizilien intervenieren sollte, aber die Kriegsbefürworter setzten sich mithilfe des Volkes durch.
Aber Du hast recht, mit den Gracchen gewann diese Methode massiv an Bedeutung.
 
Ja, du hast Recht (bezüglich dem "monarchischen Elementes"). Ich glaube, wir haben da das selbe gemeint. Es ist aber besser zu sagen, wie du es auch tust, dass
die verfassungsmäßige Ordnung [...]ausgehebelt
wurde. Damit wird klar, dass das nicht konform mit der verfassungsmäßigen Ordnung lief. Wenn man sagt, dass das "monarchische Element" gestärkt wurde, kann das missverstanden werden.

sodass die Reichen weit überproportional vertreten waren
Ich stimme dir zu, ergänze nur: Einteilung der comitia centuriata in Reiter (18 Centurien), Schwerbewaffnete (80 Centurien) und Leichtbewaffnete (95 Centurien)(ich vernachlässige ein mal, dass die Leichtbewaffneten später noch einmal unterteilt werden, aber das, meine ich, ändert nichts an der Sache). Reiter und Schwerbewaffnete machen damit schon 98 Centurien aus. Weiterhin galt das Prärogativrecht: Die Reiter und Schwerbewaffneten haben vor den Leichtbewaffneten abgestimmt. Was erstere sagten, war maßgeben, da es als Ohmen gesehen wurde.

Daneben sehe ich noch zwei weitere Faktoren, die die Volksversammlung geschwächt haben: Die Expansion des Herrschaftsinnenraum und das Sakralrecht. Ersteres hatte zur Folge, dass die Volksversammlungen immer weniger die römischen Bürger repräsentierte. Man muss sich in dem Zusammenhang fragen, wer denn (gerade am Ende der Republik) wirklich noch in der Stadt war.

Ad Sakralrecht: Wir haben in der Republik eine enge Verbindung zwischen politischen Bereich und sakralem (Stichworte: Pax deorum, Zeichen, Sühnung). Das Auspicium konnte von den Magistraten durchgeführt werden und wurde später auch instrumentalisiert und "missbraucht". So ein Zeichen (fiepen einer Maus, Blitze), gesehen durch einen Magistraten konnte eine VV sofort auflösen.

beste Grüße
 
Nachtrag zur Mischverfassung: Die Römer sahen die Mischverfassung u.a. als einen Grund an, warum die Republik so lange angedauert hat und eine Ursache für die Größe der Römer gewesen sei.
Bleicken schreibt dazu:
Selbst wenn man einmal unterstellen würde, dass alle staatlichen Ordnungen sich auf drei Typen reduzieren lassen würden und die aus diesen Typen gemischte Ordnung durch die damit bewirkte Balance aller denkbaren gesellschaftlichen Kräfte dauerhaft oder zumindest dauerhafter gemacht würde, wir man einwenden müssen, dass die römische Republik einen aristokratische Ordnung und also gerade keine Mischverfassung war

Dann noch was: Was siehst du als den Unterschied zwischen Aristokratie und Oligarchie an? Ist es nicht der, dass die Aristokratie eine mehr oder weniger akzeptierte Herrschaft der Wenigen ist, und die Oligarchie eine an sich gerissene Herrschaft? In dem Sinne können man ja nicht im Zusammenhang mit der römischen Republik von einer Oligarchie reden, denn den Römern war die Herrschaft der Vornehmen ganz natürlich.
 
Nur den Römern?

Ich weiß nun nicht ob ich dich in allen Punkten klar verstehe, ich habe die Postings in meinem jetzigen "Freitag Abend Zustand" auch nur kurz überflogen, allerdings ist es nicht so, dass in der späten Republik es ganz natürlich war, dass die Regierenden aus Männern bestand die durch ihre Herkunft/Klassenzugehörigkeit/Ehre/Virtus/Vorfahren was auch immer besser für Ämter geeignet waren als andere? Ob dies nur von der relativ abgeschlossenen Klasse der Nobilität oder auch vom Volk so empfunden wurde ist natürlich der springende Punkt.

Was Bleicken angeht, bzw dein Zitat seinerseits

ich sträube mich immer noch dagegen den Begriff "Verfassung" nach heutiger Konnotation für das gesetzliche "Rahmenwerk" welches durch Gewohnheitsrecht und strenge Verhaltens- Sittenregeln zusammengeknotet wurde der späten Republik zu verwenden aber das ist wohl eher eine Bezeichnungsfrage

Wobei.. ich sehe gerade genau meinen ersten Punkt hast du selbst herausgearbeitet *facepalm* verzeiht mir meine Dopplungen.

Ich beschäftige mich gerade privater Natur (d.h. aus reinem Interesse und ohne Unidruck) mit der Übergangszeit späte Republik / Principat, und kaue mich deswegen auch durch allerlei Aufsätze von Herrn Kienast. Insbesondere interessieren mich hier seine Ansichten zur "langsamen" Ablösung der Republik durch das Prinzipat, seiner Meinung nach kann man erst um ca 14 n. von "wirklicher" Principatszeit reden. Allerdings bin ich noch nicht so weit durchgestiegen, dass ich die 3 unterschiedlichen Forschungsmeinungen (Mommsen/Wickert - Castritius - Kienast) zu diesem Thema wirklich treffen wiedergeben könnte.

Nach diesem Exkurs meine eigentliche Frage:

Glaubt ihr dem Volk war der Umstand, dass es wenig Macht innerhalb der Comitien ausüben konnte bewusst, bzw wichtig? Da der Wahlmodus meines Wissens lange Zeit nach heutiger Sicht "ungleich" war, oder war die Überzeugung, dass eine, der Ordnung halber, an aus gewissen Gründen hierfür geeignete Personen, delegierte Regierung normal/gut sei?

Ich hoffe man versteht nun was ich meine, wenn nicht schaue ich morgen Abend oder später, nachdem mein Koffein wirkt und den Teufel in der Blutbahn hinreichend bekämpft wieder hier herein
 
Dann noch was: Was siehst du als den Unterschied zwischen Aristokratie und Oligarchie an? Ist es nicht der, dass die Aristokratie eine mehr oder weniger akzeptierte Herrschaft der Wenigen ist, und die Oligarchie eine an sich gerissene Herrschaft? In dem Sinne können man ja nicht im Zusammenhang mit der römischen Republik von einer Oligarchie reden, denn den Römern war die Herrschaft der Vornehmen ganz natürlich.
Zum Begriffspaar Aristokratie - Oligarchie gibt es zwei Auffassungen.

Die erste besagt, dass es zu jeder Herrschaftsform zwei Ausprägungen gibt, von denen die zweite eine Entartung der ersten darstellt:
Herrschaft eines einzelnen: Monarchie - Tyrannis/Diktatur
Herrschaft einer Gruppe: Aristokratie - Oligarchie
Herrschaft des Volkes: Demokratie - Ochlokratie (Pöbelherrschaft)

Die zweite besagt, dass man zwischen Staatsform und Regierungsform unterscheiden muss, wobei die Regierungsform besagt, wie ein Staat wirklich regiert wird, während die Staatsform etwas über die offizielle Organisation und das Staatsoberhaupt besagt:
Monarchie - Tyrannis/Diktatur
Aristokratie - Oligarchie
Republik - Demokratie
Diese Paare müssen sich in der Praxis nicht entsprechen. Z. B. ist Großbritannien eine Monarchie und Demokratie, andererseits sind viele Republiken Diktaturen.
 
allerdings ist es nicht so, dass in der späten Republik es ganz natürlich war, dass die Regierenden aus Männern bestand die durch ihre Herkunft/Klassenzugehörigkeit/Ehre/Virtus/Vorfahren was auch immer besser für Ämter geeignet waren als andere? Ob dies nur von der relativ abgeschlossenen Klasse der Nobilität oder auch vom Volk so empfunden wurde ist natürlich der springende Punkt.
Das ist er in der Tat. Es ist meist so, dass die vom Herrschaftssystem Begünstigten meinen (oder zumindest offiziell propagieren), das müsse so sein, weil nur sie zum Regieren geeignet seien, oder weil es aufgrund ihrer Abstammung, ihres Besitzes, ihrer Ausbildung, ihres was auch immer, legitim sei, dass sie das Sagen hätten etc., während nicht nur sie selbst, sondern der ganze Staat dem Untergang geweiht sei, wenn auch die breite Masse an der Macht beteiligt würde. Auch in der römischen Republik war es immer so: In der frühen Republik empfanden die Patrizier es als natürlich, dass sie die alleinige Macht innehatten, und später behauptete dann eben die Senatsaristokratie, dass ihr die Macht gebühre und nur der Senat zum vernünftigen Regieren fähig sei.

Glaubt ihr dem Volk war der Umstand, dass es wenig Macht innerhalb der Comitien ausüben konnte bewusst, bzw wichtig? Da der Wahlmodus meines Wissens lange Zeit nach heutiger Sicht "ungleich" war, oder war die Überzeugung, dass eine, der Ordnung halber, an aus gewissen Gründen hierfür geeignete Personen, delegierte Regierung normal/gut sei?
Tja, da haben wir natürlich das Problem, dass wir kaum authentische Zeugnisse von den politisch Benachteiligten selbst haben. Auf der einen Seite könnte man sagen, die Ständekämpfe der Frühzeit zeigten, dass die Massen sich ihrer Benachteiligung bewusst waren und diese aktiv bekämpften. Auf der anderen Seite könnte man sagen, dass das Abflauen der Ständekämpfe im 3. Jhdt. v. Chr. zeigt, dass es den (plebejischen) Massen nur um eine weitgehende rechtliche Gleichstellung mit den Patriziern sowie um einen Schutz vor diesen ging, aber nicht um eine prinzipielle Umgestaltung des politischen Systems, und sie daher zufrieden waren, als ihre Diskriminierung weitgehend beseitigt war. Auffällig ist immerhin, dass - sofern ich nicht etwas übersehe - es anscheinend auch in der späten Republik von Seiten der Popularen keine größeren Bestrebungen zu einer Reform der Comitien gab, sondern sie den Weg der direkten Auseinandersetzung suchten oder sich auf das concilium plebis stützten: In den Centuriatscomitien wurden nur ein paar Mal die Gewichtungen hin und her verschoben, aber die Klassenstruktur nicht prinzipiell geändert. Letztlich war dem Volk wohl eher eine Besserung seiner materiellen Situation wichtig als politische Reformen des Stimmrechts.
 
Exakt diesen Eindruck hatte ich auch.. ein Schelm wer parallelen zur heutigen Wohlstandsgesellschaft zieht.... ;)

Auch im Hinblick auf die spätere Kaiserzeit, in welcher Spiele die einzige Form politischer "Partizipation" (im Sinne von offen Meinung zeigen können, wenn auch nur bezogen auf den edlen "Sport") ist diese Betrachtung interessant, hier gab es, verbessere mich wenn ich falsch liege, keine größeren Bestrebungend es Volkes mehr etwas zu ändern, außer unzähliger Beschwerdebriefe an den Kaiser aus der Provinz das die jeweilige Verwaltung nur Unfug treibt
 
Das sehe ich auch so. Es scheint eher so gewesen zu sein, dass die Masse des Volkes im Kaiser seinen Beschützer sah, der seine Interessen gegenüber dem Senat und der sonstigen Oberschicht wahrt. Es ist wohl auch kein Zufall, dass die meisten Verschwörungen (sofern sie nicht persönliche Hintergründe hatten) von der Oberschicht ausgingen und nicht etwa wie im 19./20. Jhdt. z. B. von irgendwelchen Anarchisten.
 
ich stimme Ravenik auch zu, wenn er sagt,
dass es den (plebejischen) Massen nur um eine weitgehende rechtliche Gleichstellung mit den Patriziern sowie um einen Schutz vor diesen ging, aber nicht um eine prinzipielle Umgestaltung des politischen Systems

Dass die Vornehmen regieren, war für die Römer ganz natürlich und wurde eigentlich in der ganzen Republik im Prinzip nicht beklagt. Die Legitimationsbasis dafür war die erbrachte Leistung für das Gemeinwesen - in deren Zusammenhang der Einzelne dignitas und auctoritas hatte (als eine Reflexion der Leistung). Die Ständekämpfe entstanden ja aus einer dahingehenden veränderten Situation heraus, dass man eine veränderte Kampfesweise hatte (Phalanx statt adlige Einzelkämpfe) und nun auch einige wirtschaftlich aufstrebende Plebejer als Schwerbewaffnete eine Legitimation zur Partizipation an der Herrschaft bekamen. Es geht also, wie bereits gesagt, nur um eine Partizipation, nicht aber um eine generelle Änderung der inneren sozialen Struktur an sich.

Interessant ist in diesem Zusammenhang vielleicht auch noch die Situation im Bundesgenossensystem. Der Bundesgenossenkrieg (91-88 v.Chr.) brach genau deshalb aus, weil die Bünder sich zunehmend als Römer fühlten aber rechtlich zurückgesetzt waren. Man wollte das römische Bürgerrecht haben und das damit in Verbindung stehende politische Recht, wie gering und passiv dies auch immer gewesen sein mochte. Mir scheint das doch ein Hinweis darauf zu sein, dass man diese Macht als sehr wichtig empfand.
 
Ich weiß nicht ob es aus Prinzip um die Macht ging oder vielmehr darum, dass wie Patercellus es schildert (die Stelle müsste ich hier noch heraussuchen), die römischen Bürger geringschätzig auf sie herabblickten obwohl sie für Rom genau so viel leisteten wie die Römer, im militärischen Sinne, also eher um eine Standesanpassung, mit der natürlich eine rechtliche Höherstufung einherging aber ob diese so wichtig war ist natürlich die Frage
 
Dass die Vornehmen regieren, war für die Römer ganz natürlich und wurde eigentlich in der ganzen Republik im Prinzip nicht beklagt. Die Legitimationsbasis dafür war die erbrachte Leistung für das Gemeinwesen - in deren Zusammenhang der Einzelne dignitas und auctoritas hatte (als eine Reflexion der Leistung).
Wobei wir natürlich das Problem haben, dass die Zeugnisse, die diese Denkweise ausdrücken, normalerweise von den Profiteuren des Systems stammen. Ob der "kleine Mann" das auch so sah, ist eine andere Frage.
Im Prinzip handelte des sich um ein in sich geschlossenes System: Normalerweise bekamen nur Personen mit entsprechender Herkunft und Vermögen überhaupt die Chance, etwas für das Gemeinwesen zu leisten. Bezeichnend ist doch, dass es nur relativ wenige Homines novi gab, also Männer aus bis dahin unbedeutenden Familien, die trotzdem Karriere machten. Aber auch diese Homines novi stammten normalerweise nicht aus der Unterschicht, sondern zumindest aus Ritterfamilien, die ihren Söhnen somit eine passable Ausbildung ermöglichen und ihre Karriere finanzieren konnten. (Lediglich zur Quaestur und zum Volkstribunat brachten es mitunter auch Menschen unbedeutender Herkunft, wenn sie das Glück hatten, Kontakte zu einem mächtigen Politiker zu haben, der ein paar Ämter mit ihm loyalen Männern besetzen wollte und daher ihre Kandidatur förderte.)
Ein kleiner Garküchenbetreiber aus der Subura hatte faktisch keine Chance, eine große politische Karriere zu machen und somit etwas für das Gemeinwesen zu leisten - und das führte dazu, dass er auch nicht als "würdig" angesehen wurde. Ob er sich darüber beklagte, wissen wir nicht. Und wenn er sich nicht beklagte, lag es vielleicht auch nur daran, dass er es als "natürlich" ansah, dass die Ämter Ehrenämter waren und die Kandidaten für ihre Wahl dem Volk etwas bieten mussten, und er akzeptierte, dass er das nicht konnte.

Die Ständekämpfe entstanden ja aus einer dahingehenden veränderten Situation heraus, dass man eine veränderte Kampfesweise hatte (Phalanx statt adlige Einzelkämpfe) und nun auch einige wirtschaftlich aufstrebende Plebejer als Schwerbewaffnete eine Legitimation zur Partizipation an der Herrschaft bekamen.
Damit wäre ich vorsichtig. Wir wissen weder über die Entwicklung des frührömischen Kriegswesens noch über die Anfänge der Ständekämpfe wirklich genug, um solch explizite Aussagen treffen zu können.
 
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