Damenbekleidung - 1770er Jahre Frankreich

Am liebsten würde ich selber mal für einen Tag so eine Robe tragen, um mich noch besser in meine Antagonistin hineinversetzen zu können :)
Eigentlich kein Problem...

Habe ich dich richtig verstanden, dass man die Robe à la francaise eher vorne mit Häkchen /Schnürung geschlossen hat, anstatt einen Stecker vorne zu tragen, oder bezog sich das jetzt auf das "Bettjäckchen"?
Ups, das war wohl etwas misverständlich formuliert von mir. Die Robes à la francaises hatten eigentlich immer einen Stecker, der mit Stecknadeln befestigt war (ab den späten 70ern gab es sie auch mit geschlossenem Leib und mit Haken und Ösen)
Ich stell hier mal ganz eitel ein Bildchen von mir rein in so einem Kleid und ein zeitgenössisches Gemälde zum Vergleich:
http://www.costumeantique.de/data/kostuem/rokoko/1756_Joshua_Reynolds_-_Young_Woman.jpg
http://farm4.static.flickr.com/3233/2920479287_558b069b3f.jpg


Die Bettjäckchen/Manteau de lit wurden wie eine Art Wickeljacke getragen und einfach vorn mit ein paar Stecknadeln zugemacht:

http://www.costumeantique.de/data/kostuem/rokoko/1765ca_Jan_Jozef_Horemans_-_Teatime.jpg (die Frau im Vordergrund mit der gelben Jacke)
http://farm4.static.flickr.com/3248/2318158777_ae1131e617.jpg


Und meintest du hier:
(Zitat) "...wobei die bemalte Indische Seide so teuer wie Seide war!"
vielleicht bemalte indische Baumwolle?
Hoppla, :pfeif: natürlich meinte ich Baumwolle...

Hat man (Ich rede jetzt von adeligen Damen) eigentlich immer Poschen unter seinen Kleidern getragen, auch wenn man nur zuhause war? Gab es keine Alltagskleidung ohne Poschen, wo man einfach nur Unterrock + Rock unter der Robe trug?
Wie Brissotin schon schrieb, es gab auch Polster, die wurden aber nicht unter Francaisen getragen sondern nur unter Anglaisen/Polonaisen (eine Polonaise ist eine hochgeraffte Anglaise) und unter den Röcken von Jäckchen
Hier ist nur ein wattierter, gesteppter Unterrock drunter, der bringt schon recht viel Volumen:
http://farm4.static.flickr.com/3265/3403502883_95058170b0.jpg
http://farm4.static.flickr.com/3544/3403503123_6b2e6d0fa4.jpg

Ich stell mir das furchtbar unbequem und unpraktisch vor, beim Sitzen oder Bücken.
Eine Dame muss sich nicht bücken.
Beim Sitzen ist das nicht unbequem, die Pochen kann man ja wie eine Zieharmonika zusammen falten wenn man in einem Lehnstuhl sitzt. Unpraktisch sind höchstens die großen Paniers (bis zu 160cm Durchmesser), aber die gab es in den 1770ern zunehmend nurnoch im höfischen Bereich (wobei es auch Bilder aus den 70ern/80ern gibt auf denen Damen in solchen Trümmern spazieren gehen!)


Zum Thema "Freizeitbekleidung". Es gab auch hochgeschlossene Jacken, in England nannte man sie "Brunswick" (fragt nicht was die Jacken mit Braunsschweig zu tun haben sollen...)
http://www.costumeantique.de/data/kostuem/rokoko/1767_Pompeo_Batoni_-_Lady_Mary_Fox.jpg
 
Eigentlich kein Problem...

Der Briso ist scheints zu beneiden.
Meinen Respekt und meine Hochachtung nach Freiburg
(Ist er eigentlich für die leere Pulle neben dem Heizkörper verantwortlich?)

TT:
Ich denke mal, diese "Roben" waren schweinisch teuer, und werden dementsprechend viele Jahre in Benutzung gewesen sein.
Wie ist man vorgegangen, wenn die Dame schlanker/korpulenter wurde?
Secondhandshop oder umgearbeitet?
 
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Ich denke mal, diese "Roben" waren schweinisch teuer, und werden dementsprechend viele Jahre in Benutzung gewesen sein.
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Wie ist man vorgegangen, wenn die Dame schlanker/korpulenter wurde?
Secondhandshop oder umgearbeitet?
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Das hängt vom Stand ab.
Die Superreichen gaben ihre, ohnehin nur selten getragenen Roben dann gern der Kirche, die dann selber daraus was machen konnte. (So tat das z.B. Maria Theresia, von welcher ich noch kein erhaltenes Originalkleid gesehen habe.)
Viele Damen von Stand gaben ihr abgetragenen Kleider an die Dienstbotinnen ab, welche bisweilen sogar recht beharrlich auf dieses Privileg bestanden. Waren die Roben zu sehr ausgeziert, so mussten die Dienstbotinnen einen Teil der Pracht entfernen, damit sie diese Roben selbst tragen durften, um nicht gegen die Konventionen (in den Zeiten der letzten Kleiderordnungen) zu verstoßen.

Es kam aber auch vor, dass die Damen so sparsam waren oder gezwungenermaßen die Kleider lange Jahre tragen mussten.
Dann fielen die Damen damit aber auch z.B., wenn sie auf die Oberen 10.000 trafen, auf, da sie ja dann zwangsläufig hinter der Zeit waren. Auch wenn es für den Laien vielleicht nicht auf Anhieb erkennbar ist, aber auch die Francaisen machten einen bestimmten Wandel über die Jahrzehnte mit. Und selbst wenn sich nicht Details wie Ärmelverzierungen oder Besatz an den Kanten wandelten, so wurde doch immer wieder ein anderer Stoff modisch.
Dass über die altmodischen Damen getratscht wurde, war schon damals so.
Manchen war das auch selber vornherein peinlich. Mir fällt da z.B. Wilhelmine von Bayreuth ein, die etwas abschätzig von den altmodischen Kleidern spricht, welche sie noch bei Hofe zu Berlin tragen musste, weil ihre Mutter das so haben wollte. Bezeichnenderweise änderte sich dann auch ein bisschen, als Elisabeth Christine sozusagen dem weiblichen Hof vorstand.

2.
Relativ viel konnte man zu der Zeit abfangen, als es die Stecker gab. Da waren die Kleider ja vorn relativ verstellbar. Man steckte sie einfach weiter oder enger. Obendrein gab es bei der Robe à la Francaise im Rücken eine verdeckte Schnürung mit welcher man auch etwas regulieren konnte. Mit den späteren Kleidern, welche keine Schnürung im Rücken und keinen Stecker vorn hatten, war das schon schwieriger. Grundsätzlich sieht man aber bei den erhaltenen Kleidern der Damen wie Herren nicht selten Abänderungen, wo dann v.a. unter den Armen, aber auch in anderen Bereichen angestückelt wurde. Ob dies an den Trägern selbst lag oder vorgenommen wurde, als das Kleid in zweite oder dritte Hände überging, lässt sich freilich heute nicht so oft zweifelsfrei sagen.
Ob man sich leisten konnte bei Gewichtsschwankungen das Teil einfach wegzugeben, hängt natürlich vom persönlichen Geldbeutel ab. An Kleidern der absoluten Créme de la Créme, also Herzöge, Königskinder etc., sind mir jedenfalls noch nicht so sehr Änderungen aufgefallen. Und das ist schon aussagekräftig.
Wenn man sich bei diesen Reichen aber die Juwelengarnituren (oft abnehmbar und an andere Kleider anfügbar) anschaut, spielten Stoffpreise oder gar Schneiderpreise keine so große Rolle. Ausnahmen bilden da sicherlich silberdurchwirkte und aufwändig goldbestickte Kleider für Damen wie Herren. Bei jenen kannte man schon eher den Wert und ich kenne auch einige von Königen, welche extrem abgewetzt waren, da man sich offensichtlich lange selber auftrug, wohl auch als so ziemlich aller Glanz schon dahin war.
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke Briso.

Wie muss man sich das Preis-Niveau dieser "Staatskleider" vorstellen?

OT: Ich kenne aus 1807 den Fall eines zum Offizier ernannten Sergeanten, dessen Offiziersausrüstung, Pferde und Uniformen, den Vater, einen Handwerker, in die Gant trieben.
Der Sohn wurde Kriegsheld und Major, der Vater beendete seine Tage als städtischer Torwächter.

TT: Jedenfalls habe ich von dem her Grund zur Annahme, dass diese Roben immense Summen verschlangen.
 
Danke Briso.

Wie muss man sich das Preis-Niveau dieser "Staatskleider" vorstellen?
Gestern habe ich mal nachgeschaut. Ein Hochzeitskleid, folgendermaßen beschrieben
"Ein Drap d'argent Robe Cour gemacht und mit Silbern spitze und dito bouquets gantz garniert."
einer Königin schlug mit 341 rdl. zu Buche.
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"Det Elegante Liv - fra Frederik 5.s hof" Rosenborg, 2007
S. 60/62
 
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