Der Aufstand der Armja Krajowa richtete sich militärisch gegen die deutschen Besatzer, politisch jedoch gegen Stalin und die Exilregierung von sowjetischen Gnaden, das sogenannte "Lubliner Komitee" Der in London sitzenden Exilregierung unter dem Vorsitz von Stanislaw Mikolajczk war im Sommer 1944 bewußt, dass die Rote Armee in absehbarer Zeit Warschau und ganz Polen besetzen würde. Um dieser Entwicklung zuvor zukommen, eröffnete die Armja Krajowa unter Tadeusz Bor-Komorowski auf Anweisung der Londoner Exilregierung am 01.08.1944 den Warschauer Aufstand.
Betreffend den Warschauer Aufstand schrieb Stalin am 07.08.1944 an Churchill: "Diese Londoner Exilregierung stürzt die Bevölkerung Warschaus in unermeßliches Unglück. Ich kann es nicht verstehen, daß diese Abenteurer nicht wenigstens ihre Aktionen mit der Roten Armee abgesprochen haben." In einem späteren Schreiben schlägt Stalin noch schärfere Töne an: "Früher oder später wird die Wahrheit über die Handvoll machthungriger Verbrecher, die das Warschauer Abenteuer begonnen haben, bekannt werden. Diese Elemente haben die Leichtgkäubigkeit der Einwohner Warschaus mißbraucht und praktisch unbewaffnete Menschen den deutschen Kanonen, Panzern und Flugzeugen ausgeliefert."
Nach dem Krieg haben Bor-Komorowski und Mikolajczk den Sowjets erbitterte Vorwürfe gemacht und sie bezichtigt, die Armja Krajowa und ganz Warschau absichtlich der totalen Vernichtung preisgegeben zu haben. Mikolajczk schreibt in seinem Buch The Rape Of Poland: "Kein Zweifel, es lag in der Hand der Sowjets, dreihunderttausend Polen vor der Vernichtung zu bewahren, wenn sie es nur gewollt hätten. Warschau wurde aus rein politischen Gründen der Vernichtung preisgegeben."
Zweifellos war es ganz im Sinne Stalins und des Lubliner Komitees, dass die Armja Krajowa von den Deutschen militärisch vernichtet und die Londoner Exilregierung damit politisch ausgeschaltet wurde. Dabei war Stalin bereit, ganz Warschau der totalen Vernichtung preiszugeben. Der von Mikolajczk erhobene Vorwurf, die Sowjets hätten es in der Hand gehabt, Warschau vor der Vernichtung zu bewahren, hält einer Überprüfung allerdings nicht statt. Nach Auswertung deutscher und sowjetischer Quellen ist es äußerst fraglich, ob die Rote Armee im August / September 1944 entscheidend in den Warschauer Aufstand hätte eingreifen können.
Gneisenau