Köbis17 schrieb:
Die Politiker und Militärs hatten also durch das Wettrüsten zur See die Bevölkerung, also die innenpolitische Lage in den Strudel des Wettrüstens und des Wettstreits unter den Völkern eingebracht der sich in extremen Nationalismus äußerte und zudem eine wichtige Komponete für den Volkskrieg war, und wollten nun auf außenpolitischer Ebene diese Wettrüsten zur See stoppen? Wie passt das zusammen und wie sollte dies funktionieren?
Gute Frage und nicht einfach zu beantworten. Ich will es versuchen.
In Deutschland gab es, nach dem desaströsen Ausgang der Krise um Marokko Teil 2, in der Reichsleitung zwei Fraktionen, die sich gegenüberstanden. Auf der einen Seiten standen Wilhelm und Tirpitz und auf der anderen Bethmann und das AA.
Tirpitz wollte den Ausgang der Marokkokrise wieder einmal für den Flottenbau instrumentalisieren und gleich eine entsprechende Flottennovelle im Reichstag einbringen. Wilhelm billigte dieses Vorgehen. Tirpitz und Wilhelm wollten jetzt erst recht den Flottenbau forcieren, damit Großbritannien endlich "kommen würde."
Bethmann und das AA waren sich wohl darüber im Klaren, das sie die Flottennovelle nicht mehr würden verhaindern können, aber der Novelle sollte wenigstens die Zähne gezogen werden. Bethmann wollte von seiner Politik gegenüber Großbritannien noch retten, was zu retten war. Er hatte nämlich von Metternicht, deutscher Botschafter in London, Informationen dahingehend erhalten, das eine neue Flottenovelle nicht den Beziehungen zwischen beiden Ländern dienlich sei.
Aber auch die Lage im Inneren gab hinlänglich Gründe für einen Stopp oder zumindest einer Beschränkung des Flottenbaus her. Denn Deutschland befand sich wirtschaftlich auf Talfahrt. Es herrschte eine große Arbeitslosigkeit. Die "einfachen" Menschen in Deutschland hatten ganz andere Sorgen und Nöte, beispielsweise um die Brotpreise, die Sorge um den Arbeitsplatz, echte Existenzängste halt, als die Flottenaufrüstung und einen Krieg gegen England.
Des Weiteren war das Deutsche Reich knapp an Kapital, denn die ausländischen Kapitalmärkte und Börsen waren nicht mehr so weiteres bereit, vor allem wenn sie meinten das eigene nationale Interessen tangiert wurden, Kapital bereit zu stellen. Dafür hat schon die britische Regierung im Verbund mit der mächtigen Londoner Börse gesorgt.
Albert Ballin, deutscher Reeder, und Sir Ernest Cassel , ein britischer Bänker,ist es dann in dieser Situtation gelungen, der britischen Regierung die enormen wirtschaftliche Vorteile der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Großbritannien und Deutschland überzeugend darzustellen. Auch in Großbritannien wurde das irrsiniige Wettrüsten als ruinös betrachtet. Die britische Regierung machte der deutschen also ein entsprechendes Angebot. Lord Haldane wurde beauftrag dies der deutschen Reichsleitung vorzustellen. Wilhelm hat glatt abgelehnt. Im Oktober 1913, als Churchill erneut eine Einigung ablehnte, fühlte sich Wilhelm in seiner Politik des ständigen Aufrüstens bestätigt und feierte dies als Sieg von Tirpitz. Wo das ganz denn hinführte, ist ja bekannt.