Hallo miteinander!
Da ich bereits bei meinem ersten Thema sehr hilfreiche Denkanstöße erhalten habe, möchte ich im Folgenden auch mein zweites Geschichtsthema mit Euch teilen.
Hierbei handelt es sich um die Rolle der Frau in der DDR, unter Berücksichtigung der Leitfrage "war Gleichberechtigung nur ein Mythos?".
Wenn jemand etwas dazu beizutragen hat, wäre ich dankbar wenn dieser sein Wissen mit mir teilen würde.
Grüße,
Klaus
Die Fragestellung suggeriert, dass die Frage mit ja oder nein zu beantworten ist. Welche Gesellschaft könnte von sich sagen, dass sie totale Gleichberechtigung verwirklicht habe, dass Männer und Frauen in allen sozialen Millieus, auf allen politischen, wirtschaftlichen, religiösen und sozialen Bereichen die gleichen Chancen haben, den gleichen Lohn bekommen. Das war natürlich in der DDR nicht der Fall. In der Bundesrepublik musste eine Frau in der Adenauerzeit wenn sie berufstätig sein wollte, eine schriftliche Erlaubnis des Ehemannes vorlegen. Der § 218, der Abtreibung verbot wurde in der Bundesrepublik weitaus rigider angewendet, als in den Ostblockstaaten. 1988 musste sich ein Frauenarzt in Memmingen vor Gericht verantworten wegen Schwangerschaftsabbrüchen. Er wurde zu 2 1/2 Jahren Haft verurteilt, was zu einer erhitzten Debatte um den § 218 führte.
Um bei der Ausgangsfrage zu einer differenzierten Antwort zu gelangen, muss man sie in den Kontext der Frauen-Emanzipationsbewegung stellen, die kurz vor dem 1. Weltkrieg begann. Im Weltkrieg mussten auf allen Seiten Frauen ihren Mann stehen, was ihnen in den meisten Staaten nach dem Krieg das Wahlrecht brachte. Der Nationalsozialismus hatte ein extrem konservatives Frauenbild und propagierte die Mutterrolle, die deutsche Frau rauchte nicht, aber diese schon damals antiquierten Geschlechterrollen ließen sich in Realität kaum umsetzen, erst recht nicht, als mit dem Krieg Frauen Männer in Betrieben ersetzen mussten.
Diese Vorgeschichte und die unterschiedliche Entwicklung der Frauenrechtsbewegung in den beiden deutschen Staaten muss man kennen und im Blick behalten. Um zu differenzierten Antworten zu kommen, muss man die Frauenrechtsbewegung in der Bundesrepublik mit anderen europäischen Staaten und Ostblockstaaten vergleichen.
Eine öffentliche Diskussion über Frauenrechte, über Benachteiligung in Betrieben, über unterschiedliche Löhne, über Abtreibung und § 218 war in der DDR nicht möglich. Die Frau wurde für gleichberechtigt erklärt, so wie man die DDR einfach für antifaschistisch und für den besseren deutschen Staat erklärte. Im real existierenden Sozialismus stellten sich solche Fragen nicht, da der real existierende Sozialismus sie ein für alle mal gelöst hatte oder bald lösen würde (oder auch nicht).
So gesehen ist die Frage schnell beantwortet, die Gleichberechtigung der Frau war in der DDR ebenso wenig verwirklicht wie dort eine geschichtliche Aufarbeitung der NS-Vergangenheit stattgefunden hat. Dennoch gibt es durchaus Bereiche wie Schwangerschaftsabbruch, wo der Vergleich der beiden deutschen Staaten keineswegs eindeutig zugunsten der Bundesrepublik ausfällt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Memminger_Prozess