Aus einem Interview der FAZ
, geführt von deren Englandkorrespondentin Gina Thomas
, mit der britischen Althistorikerin Mary Beard:
Es scheint eine Art Revisionismus zu geben. Zum Beispiel in Bezug auf Nero.
Nero war bestimmt nicht so übel, wie er oft dargestellt worden ist. Es gibt unter Gelehrten eine lange Tradition, die etwa so funktioniert: Caligula ist als großer Bösewicht in die Geschichte eingegangen, ich werde nachweisen, dass es sich hier um ein Missverständnis handelt. Man kann dasselbe mit Nero oder Domitian machen. Diskussionen über Hintergründe des Ansehens einzelner Kaiser sind meiner Ansicht nach fruchtlos. Mich interessiert, wie der Ruf entstanden ist und wie wir damit umgegangen sind. Die Grundregel lautet: Wenn Kaiser ermordet werden – lassen wir Julius Cäsar beiseite, weil er ein Fall für sich ist –, werden sie schlecht benotet.
Und warum?
Es ist folgerichtig zu behaupten, dass schlechte Kaiser einem Attentat zum Opfer fallen, weil sie schlecht waren. Man kann aber genauso gut argumentieren, dass jeder ermordete Kaiser von seinem Nachfolger schlecht gemacht werden muss, um die Tat zu legitimieren. So kommt es, dass Kaiser wegen ihrer Ermordung genauso schlecht bewertet werden wie Kaiser, die ermordet wurden, weil sie schlecht waren.
Mary Beard im Gespräch: Nero war besser als sein Ruf
(Die Überschrift hat mit dem Inhalt des Interviews relativ wenig zu tun, wenn man 1/6 des Interviews sich überhaupt mit Nero befasst.)
Ich musste bei dem Interview an
@Ravenik denken, der ja oft ein gewisses Unbehagen äußert, weil Historiker oft das Gegenteil zu schreiben scheinen, von dem, was die antiken Quellenn überliefert, welches Mary Beard ganz nett in Worte kleidet:
Es gibt unter Gelehrten eine lange Tradition, die etwa so funktioniert: Caligula ist als großer Bösewicht in die Geschichte eingegangen, ich werde nachweisen, dass es sich hier um ein Missverständnis handelt.
Für diesen Thread finde ich dagegen diese Passage wichtig:
Die Grundregel lautet: Wenn Kaiser ermordet werden [...] werden sie schlecht benotet. [...] Es ist folgerichtig zu behaupten, dass schlechte Kaiser einem Attentat zum Opfer fallen, weil sie schlecht waren. Man kann aber genauso gut argumentieren, dass jeder ermordete Kaiser von seinem Nachfolger schlecht gemacht werden muss, um die Tat zu legitimieren. So kommt es, dass Kaiser wegen ihrer Ermordung genauso schlecht bewertet werden wie Kaiser, die ermordet wurden, weil sie schlecht waren.