Dass Nero Rom in Brand gesetzt hat schreiben weder Tacitus noch Sueton. Tacitus lässt lediglich durchblicken, dass es "böse Gerüchte "gab, und dass auch Hilfsmaßnahmen des Kaisers, Spenden und Gelübde diese Gerüchte nicht zum Schweigen bringen konnten und Nero schlicht einen Sündenbock brauchte-den er in der christlichen Gemeinde fand.
Tacitus, Annales XV. 44:
Et haec quidam humanis consiliis providebantur. mox petita dias piacula aditique Sybillae libri, ex quibus supplicantm Volcano et Cereri Proserpinaque. Ac propitiata Juno per matronas, primum in Capitolio, deinde apud proxium mare, unde hausta aqua templum et simulacrum deae perspersum est: et sellisterna ac pervigilia celebravere feminae, quibus mariti erant, sed non ope humana, non largitionibus principis aut deum placamentis decebat infamia quin iussum incendium crederetur, ergo abolendo rumori Nero subdidit reos et quaesitissimis poenis affecit, quos per flagitia invisos vulgus Chrestianos apellabat. Auctor nominis eius Christus Tiberio imperitante per procuratorem Pontium Pilatum, suplicio affectus erat.
Diese fürsorglichen Maßnahmen waren jedenfalls das Ergebnis menschlicher Planung. Dann suchte man nach Sühnemitteln für die Götter und befragte die sibyllinischen Bücher. Nach ihrer Weisung wurden Gebete für Juno, Ceres und Proserpina gerichtet, und Juno wurde durch die Matronen versöhnt, zuerst auf dem Kapitol, dann an der nächstgelegenen Seite des Meeres. Mit dem dort geschöpften Wasser besprengte man Tempel und Götterbild. Auch feierte Frauen, deren , deren Ehemänner noch lebten, Speiseopfer und nächtliche Feste. Aber nicht durch menschliche Hilfeleistung, nicht durch Spenden des Kaisers oder die Maßnahmen zur Beschwichtigung der Götter ließ sich das böse Gerücht unterdrücken. Man glaubte vielmehr fest daran: befohlen worden sei der Brand. Daher schob Nero, um dem Gerede ein Ende zu machen, andere als Schuldige vor, die wegen ihrer Schandtaten verhasst, vom Volk Chrestianer genannt wurden. Der Mann, von dem sich det Name herleitet, Christus, war unter der Herrschaft des Tiberius auf Veranlassung des Prokurators Pontius Pilatus hingerichtet worden."
Sueton schreibt nicht viel über den Brand und die Christenverfolgung. Erwähnt nur, dass Nero mit Todesstrafen gegen Christen vorging und zwar im Zusammenhang mit lobenswerten Regierungsmaßnahmen.
Brandkatastrophen waren durchaus nicht selten in Rom. Immer wieder wurde Rom durch Feuersbrünste in Mitleidenschaft gezogen. Im Jahre 79 wurde Rom von einer ähnlich verheerenden Feuersbrust ähnlich zerstört, ohne dass von Brandstiftung die Rede war. Eine gezielte Brandstiftung in einer antiken Stadt ließ sich kaum kontrollieren, das Risiko, dass der Brand sich ungezielt ausbreitet ausbreitet, auf Stadtviertel überspringt, wo ein Brand nicht erwünscht ist, ist viel zu groß. Es fehlt auch ein plausibles Motiv: Weil Rom im Sommer stinkt, als pyrotechnischen Special- Effekt bei einem Life-Konzert die Metropole des Reiches abzufackeln, Kulisse für eine Trojade-das ist doch einfach nur krank! Nero hatte, wenn man denn den Quellen einigermaßen vertrauen kann, ein feines Gespür für die Volksgunst, wollte beim Volk geliebt werden. Ein Virtuose, dem der Beifall der Menge anscheinend viel bedeutet hat, kann es sich doch nicht leisten, ausgerechnet sein Publikum umzubringen, auch wenn die Römer ein "Scheißpublikum" waren-aus Neros Sicht. Immer gemeine Pamphlete und Parodien auf Lager, mit diesem Vorurteil, dass man nicht selbst auftreten darf, ein Publikum spottlustig und anspruchsvoll- aber ein anderes gab es eben nicht. Als der Brand ausbrach, war Nero in Antium. Er reiste zurück, zeigte als Krisenmanager durchaus Kompetenz. So weit, dass sie Nero wirklich der mutwilligen Brandstiftung bezichtigen, gehen die antiken Historiographen nicht-zumindest nicht Tacitus und Sueton. Was sie tun, ist zu berichten, dass Neros Ruf so miserabel ist, dass man ihm so etwas zutraute und zu kritisieren, dass Nero aus dem Brand Nutzen zog, sich auf zerstörtem Baugrund ein Prunkschloss-die Domus aurea bauen ließ.
Ausdrücklich bezichtigt Henryk Sienkewiecz in seinem Roman "Quo Vadis", Nero der Brandstiftung, lässt durchblicken, dass Tigellinus auf Neros Befehl den Brand Roms legte, um Baugrund für seine Neropolis zu gewinnen. Nero rezitiert aus seiner Trojade und das Volk ist empört. Petronius wagt es, das Volk zu beschwichtigen und verspricht Spiele- aber gebraucht wird ein Sündenbock. In Quo Vadis sind es Juden, die Poppäa auf die Christen aufmerksam machen, die dann Nero die Christengemeinde als Sündenböcke vorschlägt, worauf Nero natürlich eingeht.
Sienkiewicz erhielt u. a. für Quo Vadis den Literaturnobelpreis, und man merkt dem Werk schon an, dass der Autor die Klassiker, Tacitus, Sueton, Plinius und Petronius gut kannte, aber der Roman war natürlich ein fiktives Werk, und das Sittengemälde, das Sienkiewicz vom neronischen Rom bildet die Vorstellungen des 19. Jahrhunderts, bildet Sienkiewicz Bild- dem Vergnügen an der Lektüre tut das keinen Abbruch.