Eine der ältesten Synagogen Norddeutschlands in Detmold entdeckt

tegula

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Bis vor kurzem waren in Detmold zwei Synagogenbauten bekannt. 1742 baute man in der Exterstraße eine Scheune für die entsprechenden Zwecke um. Erstmals durfte die jüdische Gemeinde ein eigenes Gebäude besitzen, denn bis dato war Juden der Erwerb einer Immobile durch den Landesherren untersagt. Der Bau durfte aber an keiner Straßenfront stehen und stellt daher ein rückwärtiges Hofgebäude dar. Er ist als Alte Synagoge bis heute erhalten. Erst 1907 entstand ein repräsentativer Bau an der Lortzingstraße, der in der Reichsprogromnacht 1938 wie so viele andere Synagogen Opfer der Flammen wurde.

Vor wenigen Jahren ist es nun gelungen, in Detmold ein drittes jüdisches Gotteshaus in Gestalt einer Hofsynagoge nachzuweisen. Das bescheidene Gebäude steht in der Bruchmauerstraße 37, ist aber als Hinterhaus zu einem Grundstück in der Krummen Straße 28 zu werten. Der Fachwerkbau ist 1988 als Gartenhaus unter Denkmalschutz gestellt worden, bevor die Wissenschaft jüngst seinen historischen Wert als älteste Detmolder Synagoge erkannte. Die Bauforschung konnte dabei alle notwendigen Merkmale eines jüdischen Bethauses nachweisen und es dendrochronologisch auf das Jahr 1633 datieren.

Der Eigentümer möchte den Bau nun gegen den Willen der Denkmalpflege abreißen und Parkplätze errichten. Ich habe die Vorgänge hier skizziert: Die Entdeckung einer Hofsynagoge in Detmold

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Der Eigentümer möchte den Bau nun gegen den Willen der Denkmalpflege abreißen und Parkplätze errichten. Ich habe die Vorgänge hier skizziert: Die Entdeckung einer Hofsynagoge in Detmold

Wenn das stimmt, was du über den Eigentümer schreibst, dann befürchte ich, dass dem Gebäude keine Zukunft beschieden ist. Der absichtliche Verfall von Bausubstanz hat ja auch anderswo System und wenn da neben Aussichten auf Profit auch noch Antisemitismus hinzukommt, sehe ich da wenig Hoffnung für einen Erhalt. (Und vermutlich gibt es da auch wenig rechtliche Handhabe gegen ein Nichtstun des Eigentümers, oder?)
 
Der Bau einer Synagoge scheint allerdings tatsächlich nicht gut in die Zeit um 1633 zu passen:

Der 1614 erfolgten Vertreibung aller jüd. Familien aus Lippe gehörten neben den Führern der Judenschaft, Isaak und Israel, 3 Schutzjuden aus Detmold an. Einer der Vertriebenen, Nathan, erhielt ein Geleit für Goslar und 1625 für Altona. [...] 1651 gewährte Graf Johann Bernhard Jacob Heilwart und Philipp Simon für 3 Jahre das Geleit in Detmold und genehmigte ihnen, mit Schlachten oder „sonst ihre jüdische Hantierung“ den Lebensunterhalt zu verdienen; sie mussten dafür jährlich jeder 10 Rtlr. an die gräfliche Kammer zahlen. Die ersten nach der Vertreibung gewährten Neuvergeleitungen galten nur für kurze Zeiträume und die Höhe der Schutzgelder differierte stark. 1667 siedelte Salomon Jacob aus Lemgo nach Detmold um, wohin schon zuvor sein Schwiegersohn Arnd Jacob gezogen war. Gegen die zunehmende Ansiedlung jüd. Familien opponierten sowohl die Zünfte als auch der Magistrat der Stadt.
https://www.lwl.org/hiko-download/OA_DT/Detmold_(van_Faassen)_353-371.pdf
 
Wenn das stimmt, was du über den Eigentümer schreibst, dann befürchte ich, dass dem Gebäude keine Zukunft beschieden ist.
Ich befürchte auch, dass das Gebäude eher zusammenbricht, als dass eine Lösung gefunden wird. Ob hier Antisemitismus als Motiv die treibende Kraft spielt, mag ich nicht beurteilen. Zumindest ist es aber eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber jüdischem Kulturgut. Und offensichtlich die Absicht, mit dem Grundstück ohne Rücksicht auf Verluste Geld zu machen, indem dort ein Parkplatz errichtet werden soll.
 
Der Bau einer Synagoge scheint allerdings tatsächlich nicht gut in die Zeit um 1633 zu passen:
Ich gehe schon davon aus, dass die Bauhistoriker dort zuverlässig gearbeitet haben und keine wiederverwendeten Hölzer beprobt wurden. Insofern muss man davon ausgehen, dass die ich Detmold schon vor dem Geleit von 1651 wieder Juden angesiedelt haben. Ich kenne nicht der Umfang der Quellenlage, aber immerhin befinden wir uns hier mitten im 30jährigen Krieg, so dass das eine oder andere verloren gegangen sein könnte. Zumindest können wir aus der Nichtexistenz bestimmter Quellen zuverlässig ausschließen, dass Juden 20 Jahre nach ihrer Vertreibung wieder in Detmold anwesend waren.
 
War Detmold nicht ab 1634 besetzt? Das Holz kann ja schon eher geschlagen worden sein, bzw. wird es ja nicht gleich verbaut, wodurch zwar das Fälldatum feststeht, das Datum des Baus aber nur annähernd.
 
Ich gehe schon davon aus, dass die Bauhistoriker dort zuverlässig gearbeitet haben und keine wiederverwendeten Hölzer beprobt wurden. Insofern muss man davon ausgehen, dass die ich Detmold schon vor dem Geleit von 1651 wieder Juden angesiedelt haben. Ich kenne nicht der Umfang der Quellenlage, aber immerhin befinden wir uns hier mitten im 30jährigen Krieg, so dass das eine oder andere verloren gegangen sein könnte. Zumindest können wir aus der Nichtexistenz bestimmter Quellen zuverlässig ausschließen, dass Juden 20 Jahre nach ihrer Vertreibung wieder in Detmold anwesend waren.

In deinem Blog schreibst du ja:

Die Bauforschung konnte dabei alle notwendigen Merkmale eines jüdischen Bethauses nachweisen und es dendrochronologisch auf das Jahr 1633 datieren. Archivalien weisen es spätestens 1723 als Synagoge aus, doch ist davon auszugehen, dass es bereits zu diesem Zwecke errichtet wurde. Die Gemeinde hatte es entsprechend des Verbots für jüdischen Immobilienbesitz angemietet.​

Zwischen dem Bau und der Ersterwähnung als Synagoge liegen also 90 Jahre. Muss es also sein, dass der Bau von Anfang an als Synagoge angelegt war? Gibt es dafür härtere Indizien?
 
Zwischen dem Bau und der Ersterwähnung als Synagoge liegen also 90 Jahre. Muss es also sein, dass der Bau von Anfang an als Synagoge angelegt war? Gibt es dafür härtere Indizien?
Es sind sogar mehr als Indizien. Die entsprechende Fachliteratur zu den Baubefunden ist in meinem Artikel angegeben. Ein Aufsatz davon ist auch online zugänglich: https://www.sanktlamberti.de/wp-content/uploads/2022/04/Kretzschmar-Artikel.pdf

Darin heißt es:

Die ursprüngliche Gestalt und Raumstruktur des Gebäudes ist nicht nur nachweisbar, sondern in wesentlichen Teilen noch erhalten. Der Fachwerkbau war offensichtlich im Inneren nicht weiter unterteilt. Nach den Baubefunden kann es sich nicht um ein Wohngebäude gehandelt haben, da weder notwendige Feuerstellen noch raumtrennende Strukturen festzustellen sind. Auch dürfte es kein Wirtschaftsgebäude eines bürgerlichen Anwesens gewesen sein, da nur eine kleinformatige Erschließung in der Nordwand, aber kein Ausgang zum südlich anschließenden Garten bestand. Dass das Gebäude seit dem frühen 18. Jahrhundert nachweislich als Synagoge diente, spricht dafür, dass es schon als Synagoge errichtet worden ist.
 
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