Einheitsübersetzung - Sinn und Unsinn

C

Caecilia

Gast
Ehrlich gesagt weiß ich jetzt gar nicht ob das hier in das Thema passt. Ich hoffe es einfach mal.

Vorhin las ich im Buch Rut(h) und dort sagt Rut(h) zu ihrer Schwiegermutter Noomi in 1,16 in meiner Einheitsübersetzung:
Rut antwortete: Dränge mich nicht, dich zu verlassen und umzukehren. Wohin du gehst, dahin gehe auch ich, und wo du bleibst, da bleibe auch ich. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott.

Das klang für mich irgendwie...schlimm, eigenartig, komisch, sodaß ich die Zürcher Bibel genommen hab und da lese ich das so:

Ruth antwortete: Dringe nicht in mich, dass ich dich verlasse und von dir weg heimkehre. Wo du hingehst, da will auch ich hingehen, und wo du bleibst, da bleibe auch ich; dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott.

Seit 1980 liegt sie vor, die Einheitsübersetzung. Gerne setze ich mich hin und vergleich immer mal wieder die Texte ob und wie weit sie sich unterscheiden. Mir sind da schon einige Sachen untergekommen die mir nicht so gefallen wenn man die "alte" Version kennt.
Wenn ich die beiden Ruth-Texte so miteinander vegleiche, gefällt mir die "alte" Version eindeutig besser, das ist ein ganz anderer Sprachrhythmus.
Wie seht ihr das?
 
Du fragst also eigentlich weniger nach dem Sinn, als vielmehr nach der Ästhetik. Ich finde den Sprachduktus der Zürcher Bibel (also der Stelle, die Du zitierst) auch schöner, aber die EiÜ finde ich sinnvoller übersetzt, da der Duktus der ZB doch etwa veraltet ist. (<== hier komme ich also doch wieder zu Sinn und Unsinn) Die EiÜ richtet sich ja nicht an ein Expertenpublikum sondern will eine Bibel für alle sein. Für Kinder und Erwachsene, Laien und Experten, etc. Um diesen Anspruch gerecht zu werden (wenn eine Bibel das überhaupt kann) muss sie eben alltagssprachlich arbeiten. Sie steht damit beinahe in lutheranischer Tradition. Es wird immer behauptet, Luther sei der erste gewesen, der die Bibel ins Deutsche übertragen habe, was so nicht stimmt. Es gibt - die gotische Wulfila-Bibel ausgenommen - 14 [vierzehn] vorlutheranische Übersetzungen der Bibel ins Deutsche - aber diese Übersetzungen waren entweder schlecht, oder sprachlich so abgehoben, dass sie für die Allgemeinheit kaum eine Verbesserung gegenüber der Vulgata - der lateinischen Volksbibel - darstellten.
 
Das mit der Verständlichkeit und "Hinüberbringen" in unsere Zeit habe ich auch mal gehört. Ist auch verständlich, manches ist wirklich sprachlich überaltet und ich will ja nicht die gesamte EiÜ (gute Abkürzung) in Frage stellen.
(Hätte ich den Thread anders nennen sollen? Aber irgendwie passt es doch).
Weil wenn ich das hier so sehe:
Zürcher Bibel, 1 Buch Mose, 4,1:
Der Mensch aber wohnte seinem Weibe Eva bei, und sie ward schwanger und gebar den Kain.
Einheitsübersetzung, 1 Buch Mose, 4,1:
Adam erkannte Eva, seine Frau; sie wurde schwanger und gebar Kain.

Da frage ich mich dann schon welche Version verständlicher ist? (Also z.B. für junge Menschen die wissen wollen was Adam und Eva da so gemacht haben).
Da wäre es natürlich interessant weshalb aus dem beiwohnen ein erkennen wurde, neue Interpretation des ursprünglichen Wortes?
 
Einheitsübersetzung

Die Einheitsübersetzung (so genannt und ins Werk gesetzt als einheitliche Übersetzung der deutschsprachigen katholischen Diözesen, seit 1967 mit evangelischer Beteiligung erarbeitet, veröffentlicht 1980) ist im Neuen Testament und in den Psalmen "ökumenischer Text". Die Einheitsübersetzung kann in gemeinsamen evangelisch-katholischen Bibelkreisen einen guten Dienst tun und auch beim Bibelstudium evangelischer Gruppen neben der Lutherbibel mit Gewinn gelesen werden. Bei ökumenischen Gottesdiensten sollte sie neben der Lutherbibel verwendet werden.
Leider bereitet seit 2006 die katholische Kirche die Herausgabe einer überarbeiteten Fassung vor.

Wo gemeinsame Texte ökumenisch verwendet werden, sollte auf sie zurückgegriffen werden.
 
Zürcher Bibel, 1 Buch Mose, 4,1:
Der Mensch aber wohnte seinem Weibe Eva bei, und sie ward schwanger und gebar den Kain.
Einheitsübersetzung, 1 Buch Mose, 4,1:
Adam erkannte Eva, seine Frau; sie wurde schwanger und gebar Kain.

Da frage ich mich dann schon welche Version verständlicher ist? (Also z.B. für junge Menschen die wissen wollen was Adam und Eva da so gemacht haben).
Da wäre es natürlich interessant weshalb aus dem beiwohnen ein erkennen wurde, neue Interpretation des ursprünglichen Wortes?


Der Begriff "erkennen" entspricht am ehesten dem hebräischen Text. Mit einer "neuen Interpretation" hat das nichts zu tun.
 
Danke Euch!
Das war auch ein interessanter link für mich Mercy.

hyokkose - ja, das ist es ja was mich zum Nachdenken bringt. Wann oder bis wann ist es sinnvoll etwas bis zum Exzess so gut es geht haargenau zu übersetzen ohne daß es seine (bekannte) Bedeutung verliert?
Wie weit kann man als Sprachwissenschaftler und Übersetzer jetzt in der Richtung gehen? Wie läuft das ab?
Wer entscheidet daß das erkennen besser geeignet ist als das beiwohnen ? Und wer entscheidet daß es aufgenommen wird? Weshalb?
Ich kann es nachvollziehen daß man die neuesten Entsprechungen, Übersetzungen (war von mir falsch ausgedrückt mit Interpretationen, aber das meinte ich) hernimmt. Hätte ich diesen Beruf hätte ich in der Richtung wohl auch keine Fragen.
Aber ich habe diesen Beruf nicht, und daher frage ich als Benutzer, Nutzer, emotionaler, interessierter Leser dieses für mich sehr spannenden Buches, der Bibel.
Muß es sein? Ganz naive Frage, aber ernst gemeint.
 
Danke Euch!
Das war auch ein interessanter link für mich Mercy.


Wer entscheidet daß das erkennen besser geeignet ist als das beiwohnen


Das Wort erkennen klingt für mich in Beziehung auf die Bibel viel vertrauter, als das Wort beiwohnen.
Ich unterstelle deshalb einfach mal, dass in den 60ern dies "Stand der Dinge" war.

Aber ich denke mal, dass Du von dieser kompetenten Stelle
die richtige Auskunft bekommen kannst.

Kannst die Antwort ja dann hier reinstellen, interessiert sicher nicht nur mich.
 

Versteh ich nur zu gut. Ich kenn jetzt zwar nicht die Originaltexte, aber soweit ich weiß soll Jesus von Gott immer als dem Vater im Himmel gesprochen haben, also ihn explizit männlich verstanden haben. Damit war er im durch und durch patriarchalischen Judentum sicher nicht allein.
Die weibliche Seite Gottes dürfte unterm Strich wohl doch Wunschdenken moderner, mitunter feministischer Theologinnen sein.

Aber warum sie dann ausgerechnet ein sprachlich an Babylon erinnerndes Bezeichnungswirrwarr entfachen mußten, die Texte im übrigen in bester Beamtendeutschgroßelangeweilekleinebiskeinephantasietradition schreiben mußten, versteh ich dennoch nicht.
 
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Das Wort erkennen klingt für mich in Beziehung auf die Bibel viel vertrauter, als das Wort beiwohnen.
Ich unterstelle deshalb einfach mal, dass in den 60ern dies "Stand der Dinge" war.

Aber ich denke mal, dass Du von dieser kompetenten Stelle

die richtige Auskunft bekommen kannst.

Kannst die Antwort ja dann hier reinstellen, interessiert sicher nicht nur mich.

Ich bin zwar nicht die kompetente Stelle, mache aber doch mal einen Einwurf: Wer weiß schon, worum es bei dem Erkennen wirklich geht, wenn es ihm nicht ausdrücklich in Worten gesagt wird, die auch in der Öffentlichkeit zu verwenden in den 60er Jahren Stand der Dinge wurde. Da ist Beiwohnen schon verständlicher, und doch noch jugendfrei genug. Die "amtlichen" Übersetzungen sind, soweit ich das beurteilen kann, ein schwieriger und nicht ganz konfliktfreier Abstimmungsprozess. Übersetzer die "für sich privat" tätig werden, können "machen, was sie wollen". Weil oben von Wirrwar die Rede war, will ich dazu auf Martin Buber hinweisen, der das berühmte Tohuwabohu mit Irrsal und Wirrsal übersetzte, weil das sowohl Sinn wie Klang gut wiedergibt.

Beiwohnung ist übrigens die Bezeichnung für den Vorgang, der seit etwa 100 Jahren im Bürgerlichen Gesetzbuch steht.
 
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Danke Repo für den link. Da muss ich mich erstmal durchwühlen und gegebenenfalls frag ich einfach mal an, danach mehr dazu. Ich meld mich dann.
 
Ich stelle das hier rein, auch wenn es mit der eigentlichen Fragestellung nicht viel zu tun hat. (Ist schon recht OT meine Frage).
Habe mir aus Israel etwas schicken lassen und um die Verpackung zu verschönern stand Folgendes drauf (was dort auch enthalten sein soll): HL 4,14

Zum Hohelied 4,14, da ist in der Zürcher Bibel zu lesen:
Narde und Safran, Gewürzrohr und Zimt, samt allerlei Weihrauchhölzern, Myrrhen und Aloe mit den allerbesten Balsamen.
In meiner Einheitsübersetzung:
Narde, Krokus, Gewürzrohr und Zimt, alle Weihrauchbäume, Myrrhe und Aloe, allerbester Balsam.

In meinem Fall hätte ich es jetzt gerne erklärter, was ist unter Gewürzrohr zu verstehen wenn es Zimt schon mal nicht sein kann? Hat da Jemand eine Idee?

Jetzt habe ich eben das hier gefunden, ist ja ein interessantes Buch (obwohl ich nicht weiß weshalb dort ein anderer Text zum Hohelied steht):
Bibelpflanzen.de - Gewürzrohr Cymbopogon -Arten
 
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Zum Hohelied 4,14, da ist in der Zürcher Bibel zu lesen:
Narde und Safran, Gewürzrohr und Zimt, samt allerlei Weihrauchhölzern, Myrrhen und Aloe mit den allerbesten Balsamen.
In meiner Einheitsübersetzung:
Narde, Krokus, Gewürzrohr und Zimt, alle Weihrauchbäume, Myrrhe und Aloe, allerbester Balsam.

In meinem Fall hätte ich es jetzt gerne erklärter, was ist unter Gewürzrohr zu verstehen wenn es Zimt schon mal nicht sein kann? Hat da Jemand eine Idee?

Jetzt habe ich eben das hier gefunden, ist ja ein interessantes Buch (obwohl ich nicht weiß weshalb dort ein anderer Text zum Hohelied steht):
Bibelpflanzen.de - Gewürzrohr Cymbopogon -Arten

Stimmt, Cymbopogon ... z.B. ist Zitronengras, auf der von Dir schon gefundenen Seite, eine Cymbopogon-Art (so wie Safran eine Krokusart ist). Manche meinen, Ingwergras als das biblische Gewürzrohr näher identifizieren zu können. Es gibt wiederum andere, die dahinter Cannabis vermuten.

Einen anderen Hohelied-Text sehe ich da aber nicht.
 
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Helma, den link hatte ich später gefunden, also hat sich die Frage eigentlich erledigt falls das Gewürzrohr damit wirklich erkannt ist.
Das ist so ein interessantes Thema finde ich.
Bin schon am Überlegen ob ich mir das Buch nicht mal besorgen soll.

Zum HL:
Hohelied 4,14
Wie Zimt und duftendes Gewürzrohr, wie beste Myrrhe strömte ich Wohlgeruch aus, wie Galbanum, Onyx und Stakte, wie Weihrauchwolken im heiligen Zelt.

Das meinte ich.
 
Helma, den link hatte ich später gefunden, also hat sich die Frage eigentlich erledigt falls das Gewürzrohr damit wirklich erkannt ist.
Das ist so ein interessantes Thema finde ich.
Bin schon am Überlegen ob ich mir das Buch nicht mal besorgen soll.

Zum HL:
Hohelied 4,14
Wie Zimt und duftendes Gewürzrohr, wie beste Myrrhe strömte ich Wohlgeruch aus, wie Galbanum, Onyx und Stakte, wie Weihrauchwolken im heiligen Zelt.

Das meinte ich.

Das ist Sirach ... :winke:
(der Verweis auf die jeweiligen Bibelstellen steht unter den Texten, und der Verweis auf HL steht damit dummerweise über dem Sirachzitat)
Mach Dir nichts draus!
 
Tatsächlich, Asche auf mein Haupt, Du hast natürlich recht. Da habe ich wohl schräg geguckt.
 
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Wer entscheidet daß das erkennen besser geeignet ist als das beiwohnen ? Und wer entscheidet daß es aufgenommen wird? Weshalb?
Ich kann es nachvollziehen daß man die neuesten Entsprechungen, Übersetzungen (war von mir falsch ausgedrückt mit Interpretationen, aber das meinte ich) hernimmt. Hätte ich diesen Beruf hätte ich in der Richtung wohl auch keine Fragen.
Aber ich habe diesen Beruf nicht, und daher frage ich als Benutzer, Nutzer, emotionaler, interessierter Leser dieses für mich sehr spannenden Buches, der Bibel.
Muß es sein? Ganz naive Frage, aber ernst gemeint.

Hierzu ein Zitat meines Lieblings-Bibel-Übersetzers, der als "gelernter" Alttestamentler und Orientalist sein halbes Leben mit der Übersetzung des Neuen Testaments zugebracht hat.

"Wer um das biblische Wort ringt, hat seinen harten Kampf mit den Wörtern der zu übersetzenden wie der übersetzenden Sprache, letztlich mit dem Geist des wortmächtigen Menschen, der in den Sprachen auf seine Weise die Welt und ihre Wesen sieht, benamt, bewältigt ... Der Übersetzende weiß, daß sein Tun an der Inkommensurabilität der Sprachen scheitert, dem Nichterfahrenen sei empfohlen, sich von Ortega y Gasset über 'Elend und Glanz der Übersetzung' (Essay) belehren zu lassen. Was zu tun bleibt, was getan werden muß, das ist der Versuch, zu vermitteln, einen leidlichen Kompromiß, eine annähernde Verständigung zu erwirken. Dabei ist die zu übersetzende Sprache in possessione, ihr steht es zu, von der anderen das weiteste Entgegenkommen zu verlangen. Sie verpflichtet den Übersetzer, diesem Anspruch zu willen seine Muttersprache aufs heftigste um das Wort zu bedrängen, das er braucht, um das Wort gerade, das die sonst überreiche ihm karg zu weigern scheint. Vielleicht hat sie das Gebrauchte in der Fülle ihres Gebräuchlichen nicht oder es fehlt ihr ganz, daß sie es nicht einmal ihren Lieblingen zu geben wüßte, geschweige denn ihren Bettlern ... Versagen muß sie viel, so oft und so willig sie auch ihr Bestes gibt. Manchesmal, nur selten geschiehts, daß die Genötigte ein Wort gewährt, das sich nur schüchtern in den engeren Kreis ihrer allüblichen Wortkinder traut und fürchtet, als Fremdling verpönt zu werden, ein 'Neuwort' - man verüble es nicht, es wünscht nicht 'interessant' zu sein, und möchte nur schlicht seinen Dienst an Ort und Stelle tun... Der Sprachalltag ist nicht der allein zuständige Richter in dieser Sache, das Konventionaldeutsch - von Kundigen ist es gesagt - ein weithin versteppter Sprachboden..."

(Fridolin Stier)

Ich kenne Leute, die ihn (verstorben 1981 in Tübingen) noch erlebten, wenn er mit einem Wort "rang". Er habe dann wochenlang durch die Gegend tölpeln und Bekannte mit unvermittelten Fragen überfallen können: "Kann Jesus das Grimmen haben"? (zum Beispiel).

Auch wenn ich das inzwischen schon ganz abgegriffene, von ihm übersetzte Neue Testament heute wieder in die Hand nehme, entdecke ich in dem Text doch immer noch etwas Neues, Überraschendes ... als ob er mir sonst abgehoben erscheinende Dinge mit seiner Sprache wieder auf den Boden stellen würde.
 
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