Ich möchte die Ausführungen von Lili noch um den einen oder anderen Aspekt ergänzen.
Da in England die Industrialisierung bereits mit dem Ende des 18. Jahrhunderts einsetzte, waren die englischen Waren in Europa sehr begehrt, da sie den Qualitätsstandard der einheimischen Waren bei weitem übertrafen. Deshalb darf, wie von Lili bereits ausgeführt, Kontinentaleuropa als wichtiger Markt gelten. Das spiegelt sich auch in der Entwicklung der Markenzeichens "Made in Germany" wider. Die deutsche Industrie fing mitte des 19. Jh. an, englische Produkte zu kopieren. Diese entsprachen aber überhaupt nicht der Qualität der Originalprodukte, also führte man die Kennzeichnung "Made in Germany" ein, um die Kunden vor der minderen Qualität der deutschen Erzeugnisse zu warnen. Dies blieb aber nicht lange so, bald sollte das noch heute gebräuchliche Kennzeichen zu dem Inbegriff für Qualität avancieren.
Eine extrem wichtige Rolle in spielt in diesem Zusammenhang die Kolonialisierung. Durch die Annektion der Kolonien konnte man nicht nur auf einen erheblichen Rohstoffvorrat zurückgreifen, man schuf sich gleichzeitig einen Markt für Fertigprodukte. Durch die Beherrschung der Kolonien konnten zusätlich die Transaktionskosten gesenkt werden, da Zollschranken und Einfuhrbeschränkungen entfielen. Zudem konnten durch die weitere Entwicklung der Dampfmaschine die Transportkosten gesenkt werden, da Dampfschiffe und die Eisenbahn größere Gütermengen noch schneller transportieren konnten.
Betrachtet man die Kolonien, so spielt das Welthandelsdreieck eine wichtige Rolle. Betrachtet man hier die Beziehung zwischen England, Amerika und Afrika sieht man folgenden Zusammenhang: In Afrka wurden Sklaven gefangen und an die amerikanischen Kolonien verkauft. In diesen wurde dann mit Hilfe dieser Sklaven Baumwolle auf den Plantagen produziert. Diese wiederum verschiffte man nach England, wo sie dann weiterverarbeitet und als teuere Fertigprodukte verkauft wurde, unter anderem auch an die afrikanischen Kolonien, die wiederum die Sklaven beschafften... Ein ähnliches Beispiel kann man für die Zuckergewinnung, wie
hier dargestellt aufmachen.
Dieses Handelsdreieck hatte entscheidende Vorteile für den Aufschwung der englischen Industrie v.a. der Textilindustrie. Man verfügte über einen erweiterten Markt und günstige Rohstoffe. Zudem verdiente man an jedem dieser Transaktionsschritte mit, sei es direkt über Beteiligungen oder indirekt über Steuern.
Wichtig ist, dass diese Zusammenhänge immer vor dem Hintergrund der Industrialisierung bzw. der industriellen Revolution zu sehen sind. Diese Entwicklung veränderte das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben in Europa grundlegend und ist der Ausgangspunkt für die Möglichkeit überhaupt neue Märkte im großen Stil zu erschließen, da eine landwirtschaftlich geprägte Gesellschaft in aller Regel zu geringe Überschüsse erwirtschaftet um damit im großen Stil Handel zu treiben, das gilt insbesondere für die englische Landwirtschaft. Zudem war das merkantilistische System aus der Zeit des Absolutismus nicht gerade exportfreundlich durch extreme Einfuhrbeschränkungen und Zölle.
(wichtigste Quelle für meine Ausführungen: Noll, Bernd Prof. Dr. (ohne Jahr): Wirtschafts- und Sozialgeschichte I. Vom Feudalzeitalter bis zum Ausbruch des 1. Weltkrieges (1914). Nichthektographiertes Vorlesungsskript an der FH Pforzheim.)