Eyre Crowe im britischen Foreign Office

Es hat viele Gelgenheiten gegeben, bei denen wir angenehm mit Deutschland gearbeitet haben und nicht wenige Fälle, in denen uns seine Unterstützung uns nützlich war.

Es hat andere Fälle gegeben, in denen Deutschland äußerst aufreizend war, manchmal unbewusst, manchmal mit Absicht. Die Deutschen sind sehr gerissene Geschäftsleute und haben sich den Spitznamen les Juifs de la diplomatie.

Das deutsche Auswärtige Amt bekennt sich zu der traditionellen Anschauung über das Verhandeln, daß, wenn man ein Ziel erreichen will, eine der wirksamsten Methoden darin besteht zu zeigen, wie höchst unangenehm man sich machen kann. […]

Auf der anderen Seite ist es unleugbar, daß wir bisweilen gezwungen waren, zur Verteidigung britischer Interessen eine Haltung einzunehmen, die für die deutschen Ambitionen sher unbequem war. Und in den letzten Jahren haben, während die britische Regierung ruhig und versöhnlich blieb, die hiesige Presse und öffentliche Meinung ernstlich störend dem entgegengewirkt, daß wir so viel zusammenarbeiteten, als sonst wünschenwert gewesen wäre. Es ist durchaus natürlich, das der deutsche Botschafter, der bessere tage gesehen hat, dies ziemlich bitter empfindet.“

Hervorhebungen in diesem und den vorherigen Beitrag durch mich.
 
Ein kurzer Rückblick zu der britischen Außenpolitik.

Schon der fähige Lord Salisbury hatte bei Gelegenheit in Bezug auf Forderungen Robertsons nach einer Expeditionstreitmacht und entsprechenden Verpflichtungen gegenüber Frankreich eine unmissverständliche Absage erteilt, „ Our treaty obligations will follow our national inclinations and not precede them.“ (1) Bis zuletzt lehnte Salisbury dies ab. Seinen Nachfolgern gab er mit auf dem Weg, Gruppierungen zu meiden, sich aber gleichwohl mit aller Kraft für die Stabilität und den Status Quo unter den Großmächten zu engagieren.

Salisbury warnte ausdrücklich davor, bei der englischen Russlandpolitik weltpolitisches mit der südosteuropäischen Peripherie zu vermengen. Ein allgemeiner ein auch diese Zone einschließender Brückenschlag der Flügelmächte, so Salisbury bereits im Jahre 1901, werde alle anderen Mächte in eine inferiore Stellung rücken und das System schließlich überfordern. (2)

Wenige Jahre später hatte die liberalen Imperialisten Asquith und Grey da weitaus weniger Bedenken über die Rückwirkungen einer anglo-russischen Verbindung. Die Meerengen wurde in der Konvention zwar nicht ausdrücklich erwähnt, aber sie wurde schon besprochen. Grey hatte in der Annexionskrise den russischen Griff zwar für den Augenblick abgelehnt, aber die Zustimmung perspektivisch in Aussicht gestellt.

Lansdowne hatte noch beim Abschluß der Abmachung mit Tokio auf das Beispiel der Mittelmeerentente hingewiesen. Beim Bündnis war es prinzipiell um eine Eindämmung Russlands gegangen.

Balfour ging es primär um die kontinentale Stabilität. Sein Anliegen war es, dass das Deutsch Reich nicht zwischen Frankreich und Russland zerrrieben werden dürfe. (3) Als größte Gefahr für das Empire und den internationalen Frieden erkannten Balfour und Lansdowne das Status Quo feindlich Russland, insbesondere nach dessen Bündnis mit Frankreich.


(1) Williamson, Stratey, S.21

(2) Langer, Imperialismus, S.755

(3) Balfour, Memorandum vom 12.12.1901 zitiert nach Bourney, Foreign Policy, Nr. 139
 
Bemerkenswert an Crowe seinen berühmten Memorandum ist, die Art wie es Deutschland als Einzelproblem behandelt, ohne jedoch sich mit Russland zu beschäftigen oder die europäische Lage als Ganzes zu übersehen. So kurz nach dem japanischen Sieg vielleicht verständlich. Eine Einschätzung 1907 bis 1912 jedenfalls konnte eigentlich nicht mehr die gleiche Gültigkeit haben. Und hier wäre eine Möglichkeit gewesen eine beweglichere auswärtige Politik zu betreiben, als sie Sir Edward und seine Gefolgsleute im Foreign Office tatsächlich betrieben haben.
 
Zurück
Oben