Ich glaube, die hatten in der Renaissance schon eine ganze Menge Ahnung von der Antike. Im 15. Jahrhundert fand meines Wissens nach eine über den arabischen und byzantinischen Raum starke Rezeption des Griechischen statt. Antike griechische Autoren, die bislang immer nur in lateinischer Übersetzung gelesen worden waren, wurden wieder im griechischen Original gelesen. Auch im medizinischen Bereich kam über diese Schiene viel Wissen nach Europa.
Es war ja die Zeit der Eroberung Konstantinopels durch die Türken und Europa erlebte eine intensive Beschäftigung mit dem Orient. Beispielsweise hatte Papst Pius II. vergeblicherweise zum Kreuzzug aufgerufen, zu dem niemand kam, aber auch in intellektueller Hinsicht beschäftigte man sich mit dem Orient und damit auch dem Griechischen. (Mir ist klar, dass Griechenland nicht Orient ist, aber der Osten war aus antiker Tradition Griechisch). Papst Sixtus IV., nach dem die Sixtina benannt ist und der den unteren Freskenzyklus in Auftrag gegeben hatte, war auch ein sehr starker Förderer der humanistischen Bildung. Ganz interessant ist auf seiner Grabplatte die Kombination der Allegorien von Theologie und Philosophie. Philosophie wurde zunächst als etwas Heidnisches verstanden und erlebte daher gegenüber der Theologie eine ablehnende Abwertung. Es galt nicht als schicklich sich als Theologe mit Philosophie zu beschäftigen. Im Zeitalter von Sixtus IV. scheint sich das allerdings bereits zu ändern. Zwar sitzen beide Allegorien noch Rücken an Rücken, also voneinander abgewandt, gewissermaßen im Gegensatz, aber die Theologie blickt sich zur Philosphie um und deutet damit den sich auch in der Geisteswissenschaft ablesbaren Wandel an.
Die ganzen Renaissance-Werke von der Skulptur bis zur Malerei wären ohne ein Studium der Antike und ihrer Kunst und ihrer Techniken nicht denkbar. Einer der Lieblingsschriftsteller von Michelangelo soll beispielsweise Heraklit gewesen sein, weshalb Raffael ihn in der Schule von Athen in den Stanzen auch als Heraklit vereweigt hat.
Auch Päpste wie beispielsweise Alexander VI. und Julius II. hießen nicht zufällig so, wie sie hießen, sondern sahen sich in der Nachfolge der antiken Namensträger.
Also man hatte wirklich viel Ahnung von der Antike. Man darf sich das mit der Renaissance vielleicht auch nicht ganz sooo umwälzend vorstellen. Auch im "dunkeln Mittelalter" gab es bei näherer Betrachtung ständig eine Menge von dem, was man aus der Antike ableiten konnte.