Im Grunde wird mir das ganze Ausmaß der damaligen Ziele Bonapartes klarer und dass Bonaparte 1802 bei seinem Weg zur Monarchie, bei allen Widersprüchen zwischen den zwei Männern, in Talleyrand einen verlässlichen Partner hatte.
Das ist nicht zu bestreiten.
Talleyrand war immer für die Monarchie. Das geht auch aus einem Memorandum hervor, welches er kurz vor seinem Rücktritt 1799 an das Direktorium richtete:
"Der wirkliche Grund, der keine Macht zur Ruhe kommen lässt, dessen Auswirkungen man unmöglich verheimlichen kann, liegt in dem Argwohn, den allen Regierungen Europas die französische Revolution und die Errichtung der Republik erregt hat." [1]
"Während der dem 18. Brumaire folgenden Monate teilte er die Bewunderung und die Begeisterung Frankreichs für den großen Führer, der es verstand, mit ebensoviel Energie wie Geschicklichkeit die Partein zu versöhnen, überall Ordnung zu schaffen ... Tägliche Zusammenarbeit mit Bonaparte gab ihm die Möglichkeit, ihn genauer kennen zu lernen." [2]
Die Zusammenarbeit der beiden war nicht nur auf offizielle Termine beschränkt. Die Herzogin von Abrantès berichtet in ihren Memoiren von einem Ball während des Konsulates:
„M. de Talleyrand war auch unter den Gästen. Nachdem der Erste Konsul sich aufs freundlichste mit uns unterhalten hatte, knüpfte er im Schlafzimmer meiner Mutter ein Gespräch mit M. de Talleyrand an, das ohne Unterbrechung drei Viertelstunden dauerte.“ [3]
2 Seiten weiter:
„Der erste Konsul plauderte noch immer mit M. de Talleyrand und beachtete uns nicht.“ [4]
Aber:
"Am 6. Mai 1800 reiste der Erste Konsul nach Italien ab. Wiederum war er allen Wechselfällen des Krieges preisgegeben. Wäre er bei Marengo getötet worden, wie Joubert bei Novi, so war in Frankreich kein anderer Führer da als Camcacérès, ein reiner Lückenbüßer. Seinem Stern vertrauend hatte Bonaparte keine Vorkehrungen für die Zukunft getroffen. Sieyès, Fouché, Talleyrand und Cambacérès kamen im geheimen zusammen, meistens in der Tuilerie, einem Landhause Talleyrands in Auteuil." [5]
Nun, die Möglichkeit einer verirrten Kugel berechtigt, besser zwingt Realpolitiker, über die Nachfolge nachzudenken.
"Die Siegesnachricht von Marengo übte auf Talleyrand einen entscheidenden Einfluß aus, und nun entschloss er sich, dem Mann, den ihm die Ereignisse aufzwangen, auf den Thron der Bourbonen zu verhelfen. Zweifellos erinnerte er sich des Voltaireschen Verses:
Der erste, der König wurde, war ein glücklicher Soldat." [6]
"Talleyrand tat in Übereinstimmung mit Lucien und gegen den Willen Josephines und Fouchés sein möglichstes, Bonaparte dahin zu beeinflussen, sein Regime als Erbmonarchie weiterzuführen. Von dem Augenblick an, wo Bonaparte Konsul auf Lebenszeit wurde, dann später während des Kaiserreiches spielte Talleyrand in der Innen- wie Außenpolitik neben dem Ersten Konsul eine bedeutende Rolle. "Herr von Talleyrand", bemerkte Bourienne, "dessen Anschauungen nur monarchistisch sein konnten, sondiert die Kabinette Europas ... Er wollte zwei Kammern nach den Ideen der Gesetzgebenden Versammlung wie in England einführen." Napoleon legte keinen großen Wert auf seine Vorschläge. Aber 1814 sagte er zu Caulaincourt: "Talleyrand ist einer von denen, die am meisten dazu beigetragen haben, meine Dynastie fest zu begründen." [7]
Grüße
excideuil
[1] Dard, Émile: „Napoleon und Talleyrand“, Verlag Emil Roth, Gießen, Berlin, 1938, Seite 78
[2] [1] Seite 83
[3]
Abrantès: „Memoiren der Herzogin von Abrantès“, eingeleitet und herausgegeben von Albert Ollivier, K.F. Koehler Verlag, Stuttgart, 1961, Seite 93
[4] [3] Seite 95
[5] [1] Seite 83
[6] [1] Seite 84
[7] [1] Seiten 90-91