Führt Arbeit zum Menschen?

Themistokles

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Die Theorie von Engels zur Menschwerdung durch Arbeit wurde bereits mit dem Argument „Engels’ und Marx’ gesellschaftliche Prognosen sind nicht eingetroffen, also werden sie auch sonst geirrt haben“ abgefertigt worden. Ich dachte mir, dass man die Theorie durchaus ausführlicher diskutieren könnte und habe mir „Anteil der Arbeit an der Menschwerdung des Affen“ durchgelesen. Der Anfang des Textes würde heutigen Erkenntnissen bestimmt nicht standhalten, da er lamarckistisch formuliert ist und der Begriff Arbeit nicht vordefiniert wird und daher sehr schwammig ist. Mal bezeichnet er Werkzeugherstellung, mal nahezu alle Tätigkeiten zur Umweltgestaltung. Auf Arbeit wird die Entwicklung der Sinne zurückgeführt (mit Vergleichen aus einer unterschätzten Tierwelt) und da Arbeit in Gemeinschaft stattfindet, man sich gegenseitig hilft/austauscht ist sie auch für Sprachentwicklung verantwortlich. Denn Sprache wird laut Engels erst bei arbeitenden Wesen notwendig, während Tiere ihrer nicht brauchen. Ein Punkt, der jedoch mMn sehr gut beschrieben wurde, ist dass der Mensch sich Jagdwerkzeuge erst erarbeiten muss, wodurch er sich neue Nahrungsquellen erschließt und Fleisch als nährstoffreiche und einfach zu verwertende (im Sinne von schneller verdaulich als viele pflanzliche Produkte) Ernährungsgrundlage gewinnt. Die Rolle einer zunehmend auf Fleisch ausgerichtete Ernährung wird auch heute noch betont.
Inzwischen wird Klar, dass es (entgegen dem Titel) weniger um die Entstehung der biologischen Spezies Mensch als vielmehr um die Entwicklung von Gesellschaft geht und die höhere Bedeutung von körperlicher Tätigkeit im Vergleich zu dem Denken (Er wollte ja auch seinen Materialismus begründen). Dabei wird auch deutlich, dass er als wesentlichen Unterschied zwischen Mensch und Tier sieht, dass erstere die Umwelt sehr viel planmäßiger und bewusster umformt. Zur Erklärung der körperlichen Unterschiede Homo Erectus – Homo Sapiens wie es in DDR-Schulbüchern passierte taugt sie kaum. Zur frage, wie sich aufrechter Gang entwickelte, äußert sich Engels nicht, denn er braucht die freie Hand gesetzt, da sie Vorraussetzung seiner Argumentationsgrundlage, der arbeit, ist. Den Text gibt es hier zum nachlesen: http://www.mlwerke.de/me/me20/me20_444.htm

Als ich mal im Ethikbuch blätterte entdeckte ich einen anderen Text von einem der beiden, in dem erklärt wurde, dass durch arbeit der Mensch sich eine Alternative zu Natur, die Zivilisation, schaffen konnte, in der ein völlig anderer Selektionsdruck herrscht. Eine Art die Feuer machen kann und Steinklingen hat braucht kein Fell oder Krallen zu entwickeln.
 
Themistokles schrieb:
.., dass durch Arbeit der Mensch sich eine Alternative zu Natur, die Zivilisation, schaffen konnte, in der ein völlig anderer Selektionsdruck herrscht.

Es wäre eine interessante Frage, worin - in Bezug auf die Selektion - der Unterschied zwischen einer sozialen und einer natürlichen Umgebung besteht und welche Auswirkungen er hat.

Viele unserer im Laufe der Evolution erworbenen Verhaltensweisen führen uns ja in der "Zivilisation" in die Irre, bescheren uns also einen Selektionsnachteil (z.B. Ausschüttung von Blutgerinnungsfaktoren bei Angst bringt Vorteile beim Angriff eines Säbelzahntigers, führt aber bei Angst vorm Chef zu Herzinfarkt.)

Da nicht mehr soviel gestorben wird wie früher, findet weniger Auslese durch Tod statt. Die sexuelle Auslese durch Partnerwahl und die soziale durch mehr oder weniger Kinder kriegen spielt sicher eine größere Rolle als früher.


P.S.: In dem Text manifestiert Engels durch seinen langweiligen Stil sein Menschenbild, indem er nicht dem Autor die Bringschuld, sondern dem Leser die Holschuld zum Verständnis des Textes zuweist. Darwin hat ihn gerichtet !
 
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