Glaubwürdigkeit von Manstein

...Letztlich geht es bei Quellen immer darum, ob man ihnen vertrauen kann oder nicht. Und wenn man ihnen vertrauen kann oder nicht, geschiet dieses immer ohne Vorbehalte? Wenn ich ehrlich bin, dann halte ich Manstein für vertauenswürdiger als die Geschichten um Sokrates, der selber nur durch seine Schüler allen voran Platon (war dessen Leumund einwandfrei?) überliefert ist. ...


@Thristan

Sorry, aber man kann keinen Quellen vertrauen. Quellen müssen immer einer kritischen Würdigung unterzogen werden und, da wäre mit Verlaub, alle Nachkriegsaussagen Mansteins mir suspekt.

1. Ging es auch um seinen Kopf und da ist Lügen sogar erlaubt.
2. Setzte nach dem Ende des Krieges ein kollektiver Exculpationsmechanismus in Bezug auf die Kriegsverbrechen, aber auch die Verbrechen gegenüber Regimegegnern in Deutschland ein, der m.E. bis in die 1960'er Jahre anhielt.


O.T.

1931 hatte die Reichswehr 100.000 Soldaten und 15.000 Matrosen. Da gehörte dann ein Bataillonskommandeur schon zur militärischen Elite, soviele gab es da nicht. Die allgemeine Stellung von Offizieren in den Stäben war die, des Führungsgehilfen der jeweiligen Kommandeure und nur im Verhinderungsfall des Kommandeurs übernahm der Ia die Führung. Man sollte daher die militärische Stellung der Stabsoffiziere m.E. nicht unter- aber auch nicht überschätzen.

M.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Es ist sicher wissenschaftlich nicht unkorrekt, das zur Untermauerung eines Sachverhaltes mehr als eine Sekundärquelle in der Diskussion Verwendung findet. Das hat nichts mit vermischen zu tun.

Manstein war von Anfang an der Sache des Nationalsozialismus zugetan. Schon bei seiner ersten Begegnung mit Hitler war er von diesem stark beeindruckt. Dass die Nazis die Reichswehr/Wehrmacht massiv aufrüsten wollten, fand, trotz Versailler Vertrag, seine uneingeschränkte Zustimmung.

Kurz vor dem Überfall auf Polen hat Hitler auf dem Obersalzberg seine Generäle auf seine Ziele eingeschworen. Hitler führte aus, „Es gehe nicht um das Recht, sondern um Sieg. Daher dürfe es kein Mitleid, keine menschlichen Regungen geben. Eine der anwesenden Generale war Manstein, der keine Vernichtungsabsicht gegenüber der Bevölkerung, insbesondere der jüdischen, hatte entnehmen können.

Aus Mansteins Armeebefehl vom 20.November 1941 warb er direkt um Verständnis für „die Notwendigkeit der harten Sühne am Judentum, dem geistigen Träger des bolschewistischen Terrors.“

Anfang 1942 halfen Mansteins Truppen SS Gruppenführer Otto Ohlendorf auf der Krim beider Ermordung der Juden, in dem Fahrzeuge, Absperr- und Exekutionskommandos bereitgestellt wurden. Darüber hinaus wurde Ohlendorf ab und zu auch die Arbeit angenommen, in dem am deren Einsätze übernahm.

Nach der Rückeroberung von Eupatoria wurden, ebenfalls zu Beginn des Jahres 1942, 1200 gefangene Zivilisten durch Mansteins 11.Armee als angebliche Partisanen erschossen.

Nachdem Manstein dann im Juli 42 Sewastopol genommen hatte und die Krim somit erobert war, der ersehnte Marschallstab Wirklichkeit geworden war, übertrug Hitler die Einnahme und vollständige Zerstörung Leningrads.

Das ist in der Tat eine Entwicklung und zwar eine furchtbare.
 
Hallo und Guten Abend

@Turgot

Ich habe ein kleines Problem, vielleicht kannst du mir weiterhelfen. Es geht um das Buch von von Wrochem (Vernichtungskrieg und Geschichtspolitik).

Da du aus dem Buch zitierst, kannst du mir eventuell die Frage beantworten, wie oft von Wrochem in seinem Quellenverzeichnis aus Mansteins Büchern ("Verlorene Siege" und "Aus einem Soldatenleben") zitiert. Dann könnte ich mir den weg zur HSU Hamburg am Wochenende möglicherweise ersparen.

Danke im Voraus :winke:
 
Beide Titel sind im Literaturverzeichnis aufgeführt. Ich möchte jetzt aber nicht Seite für Seite durchblättern und zählen, wie oft Wrochem diese Titel zitiert hat.
 
@Turgot

Ich frage nur deshalb, weil du Eingangs fragtest:

"Hälst du Manstein für eine zuverlässige Quelle?" - Das war am Anfang deine Frage an mich.

Ich bin der Meinung, dass kommt immer darauf an, was man mit seinen Aussagen "beweisen" möchte. Will man wie von Wrochem seine Unmenschlichkeit unterstreichen (was wir beide sicher ähnlich sehen) oder ihn als Zeitzeugen (mit einem zweifelhaften Leumund) zu Wort kommen lassen.

Manches ist kontrovers und endet im Widerspruch, aber mir ging es nur darum zum Thema Donez-Kohle etwas Relevantes beizutragen.
 
"Hälst du Manstein für eine zuverlässige Quelle?" - Das war am Anfang deine Frage an mich.

Ich bin der Meinung, dass kommt immer darauf an, was man mit seinen Aussagen "beweisen" möchte.

Allerdings darf man Quellen nicht eine Art Steinbruch ansehen, aus denen man sich die passenden Argumente einfach herausklauben darf. Quellen müssen immer auch kontextualisiert werden, um ihren Aussagewert einschätzen zu können. Darauf habe ich gestern bereits hingewiesen, worauf dann silesia dankenswerterweise hier auch eine eben solche Kontextualisierung geliefert hat: http://www.geschichtsforum.de/661120-post20.html.

So geht das!
 
Meines Wissens entstand das Buch unmittelbar nach seiner vorzeitigen Haftentlassung.

Beim Lesen hatte ich den Eindruck, dass es Manstein darum ging, seinem Ruf als hervorragender Truppenführer gerecht zu werden. Wenn man mich nur hätte machen lassen - dieser Grundtenor zieht sich durch das ganze Buch.

Dass die Kämpfe an der Ostfront 1943/44 einen anderen Verlauf genommen hätten, wenn Hitler den Ratschlägen des Feldmarschalls gefolgt wäre, mag sein. Aber den Ausgang des Krieges hätte auch ein OB Ost von Manstein nicht ändern können.

Vor allem schien Manstein gar nicht zu begreifen, dass der Krieg gegen die Sowjetunion Hitlers 'eigentlicher Krieg' war. Die Auswirkungen der alliierten Luftangriffe auf das Reich unterschätzte der Feldmarschall; ob er wirklich mal 1943/44 eine zerbombte Stadt gesehen hat, möchte ich bezweifeln. Denn auch nach seiner Entlassung als Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Süd lebte er in Schlesien auf dem Gut seiner Ehefrau.

Verlorene Siege ist als Quelle von Bedeutung, weil hier deutlich wird, dass ein hoher Offizier in den fünfziger Jahren die Realität dieses Weltanschauungskrieges ausblenden wollte. Gleichzeitig wird Hitler für viele Fehlentscheidungen verantwortlich gemacht, obwohl Manstein ihm gewisse militärische Fähigkeiten attestiert. Die Wehrmacht war "sauber", der Russe "fanatisch", und Manstein befand sich "im Kampf mit Feind und Führung".

Und Ende März 1944 kam dann dieser Model. Manstein erhielt einen weiteren Orden, beobachtete von Schlesien aus den Niedergang des Reiches und eilte am Schluss nach Berlin, um sich wenigstens als einfacher Truppenkommandeur zur Verfügung zu stellen - vergeblich.

Dönitz soll Anfang Mai daran gedacht haben, von Manstein zum Chef des Oberkommandos der Wehrmacht zu machen, aber der Feldmarschall war nicht zu erreichen.
 
Vor allem schien Manstein gar nicht zu begreifen, dass der Krieg gegen die Sowjetunion Hitlers 'eigentlicher Krieg' war.
...
Verlorene Siege ist als Quelle von Bedeutung, weil hier deutlich wird, dass ein hoher Offizier in den fünfziger Jahren die Realität dieses Weltanschauungskrieges ausblenden wollte.

Ich würde das etwas anders formulieren:

Den Charakter dieses "eigentlichen Kriegs" hatte Manstein bei der Heeresgruppe Süd, speziell der Krim begriffen: Vernichtungskrieg, Völkermord.

Das "Ausblenden" ist daher eine bewusste, gezielte Täuschung der Nachkriegs-Öffentlichkeit und das Basteln einer Legende.
 
1. Beim Lesen hatte ich den Eindruck, dass es Manstein darum ging, seinem Ruf als hervorragender Truppenführer gerecht zu werden. Wenn man mich nur hätte machen lassen - dieser Grundtenor zieht sich durch das ganze Buch.

2. Vor allem schien Manstein gar nicht zu begreifen, dass der Krieg gegen die Sowjetunion Hitlers 'eigentlicher Krieg' war.

Im letzten großen Kriegsverbrecherverfahren wurde Mannstein zu 18 Jahren verurteilt (vgl. Reichel, S. 116). Es wurden ihm unter anderem eine Durchführungsverordnung zum "Kommissarbefehl" vorgehalten.

Er wurde 1953 vorzeitig aus der Haft entlassen, aus gesundheitlichen Gründen und lebte bis zu seinem 86 Lebensjahr bis 1973 weiter.

Die Diskussion um Manstein stand unter dem "Stern", als aktuelle Konfliktlinie des heißen "Kalten Krieges", des Korea-Krieges und der von Churchill beschworenen "Schicksalsgemeinschaft" mit Westdeutschland.

Vor diesem Hintergrund argumente die Presse, allen voran Paul Sethe von der FAZ, dass es für einen deutschen Soldaten nicht erträglich sei, den Soldatenrock im Zuge der Wiederbewaffnung anzuziehen, sofern wichtige Repräsentaten der ehemaligen Wehrmacht (Manstein und Kesselring) noch wegen Kriegsverbrechen, "ungerechtfertigter Weise", da sie nur ihren Dienst am Vaterland getan haben, in Gefangeschaft waren (vgl. Frei, S. 198).

In diesem Sinne war die politische Formel gegenüber den West-Alliierten, Soldaten gegen Rehabilitierung der WM-Offiziere. Es gab ein direktes Junktim! und dieses war Adenauer und allen!! Politikern in der BRD bewußt und auch konsensual zwischen CDU und SPD so gemeinsam getragen! Unterstützt auch aus dem Umfeld der Kirchen.

Vor diesem Hintergrund ist m.E. die Arbeit von Manstein einzuschätzen.

Vergangenheitspolitik: die Anfänge der Bundesrepublik und die NS ... - Norbert Frei - Google Books

Vergangenheitsbewältigung in Deutschland: die Auseinandersetzung mit der NS ... - Peter Reichel - Google Books

Als generelles Problem für die Funktionseliten bei Frei in folgendem Buch dargestellt:

Karrieren im Zwielicht - Norbert Frei - Google Books

Bei Müller findet sich eine Problematisierung der Rolle von Halder, der in ähnliche Weise wie Manstein und Guderian für den "Nachkriegs-Mythos" einer "sauberen" lediglich militärisch agierenden WM gewirkt hat.

Der Feind steht im Osten: Hitlers geheime Pläne für einen Krieg gegen die ... - Rolf-Dieter Müller - Google Books

Der Kontext der Kriegsverbrecherprozesse zur Wiederbewaffnung der Bundewehr findet sich hier bei Large als "kurze" Zusammenfassung
Germans to the Front: West German Rearmament in the Adenauer Era - David Clay Large - Google Books

Und ausführlicher hier im "Original" beim MGFA
Anfänge Westdeutscher Sicherheitspolitik 1945-1956: 4 Bde.: Amazon.de: Militärgeschichtliches Forschungsamt: Bücher

Zu 2: Doch das war der höheren Generalität durchaus klar. Und sie hatte auch im weitesten Sinne eine Bedrohungsvorstellung durch die UdSSR, definiert durch einen tiefsitzenden Anti-Kommunismus in Kombination mit der Angst vor dem "Untergang des Abendlandes". Es geht dabei gar nicht um die reale Einschätzung, sondern nur um die kollektive Wahrnehmung der Situation Deutschlands durch die höheren Offiziere der WM um 1940.

In diesem Sinne wurde dann der Angriff auf die UdSSR in einem indirekten Sinne als "Präventivkrieg" durchaus wahrgenommen, z.B. durch Kesselring. Obwohl sich in einem direkten Sinne das OKW und OKH durchaus bewußt, dass es keinen aktuellen Anlaß gab, einen Angriff durch die UdSSR zu befürchten (vgl. Aussagen bei Liddel Hart)

Deutsche Generale des 2. Weltkriegs: Aussagen, Aufzeichnungen und Gespräche - Sir Basil Henry Liddell Hart - Google Books

Es war eher die Wahrnehmung einer grundsätzlichen Inkompatibilität des nationalsozialistischen Deutschland und der sowjetischen UdSSR. Auch verstärkt durch die Propaganda beider Seiten. In dieser Haltung mag man auch eine Spätfolge des Sozialdarwinismus sehen und auch die unmittelbar aufgegangene Saat der Ideologie von Hitler zum Kampf der Rassen.

Und vor diesem Hintergrund ergab sich durchaus auch eine ideologische Übereinstimmung von Hitler zum Wertesystem seiner höchsten Generale.
 
Zuletzt bearbeitet:
Silesia und thanepower stimme ich zu: Manstein wusste schon von Verbrechen hinter der Front.

1943 wurde Manstein von seinem Adjutanten Stahlberg über die Erschießung von Juden informiert. Oberst Finckh hätte ihm davon berichtet.

Manstein wies das zuerst als unsinnig zurück und meinte zu Stahlberg, er verbäte sich solche Gerüchte oder der Oberst möge ihm Meldung machen. Am nächsten Tag wurde der Generalstabsoffizier zum Vortrag befohlen. Danach passierte nichts (vgl. Alexander Stahlberg, Die verdammte Pflicht. Erinnerungen 1932 bis 1945, 4. Auflage, Berlin, Frankfurt/M. 1994, S. 341-344).
 
1943? Und er gibt sich überrascht?

Ende November 1941 gibt Manstein als OB des AOK11 eine Befehl heraus, der dem berüchtigten Reichenau-Befehl zum Weltanschauungskrieg- und Vernichtungskrieg gleicht.

Danach schritten die Mordkommandos der Einsatzgruppe D zur Tat, wie in den übrigen Teilen der Südfront. Die Krim, komplett unter AOK-Führung, war ein begrenztes Terrain, in den Vorgängen überschaubar für das AOK bis ins letzte Dorf, wie die Partisanenaktionen zeigen.

Schliesslich: Im Juli 1942 hat er vom FHQ ausserdem den Räumungsbefehl für die Krim mit Deportation und Vernichtungsbefehl für 700.000 Menschen erhalten (bleiben sollten nur Volksdeutsche und Krimtartaren). Den Befehl hat er als logistische Unmöglichkeit geblockt, nicht aus Widerstand, sondern aus der aktuellen (Verlegungs-) Lage für das AOK 11 heraus. Der OB Manstein war hier nicht nur "Briefadresse" einer ungeheuren "Germanisierungspolitik" im Osten (vgl. die Publikation: Die Krim unter deutscher Herrschaft 1941-44).

Als militärischen Führer musste ihm nun spätestens klar sein, dass es hier nicht nur um die Ermordung einzelner ging, sondern die Wehrmacht einen Genozid im Rücken der Front abdeckte.

Da bedurfte es keines Adjutanten, der angeblich überraschend über Exekutionen berichtet, die in Mansteins direkter Umgebung seit 18 Monaten passierten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei Müller findet sich eine Problematisierung der Rolle von Halder, der in ähnliche Weise wie Manstein und Guderian für den "Nachkriegs-Mythos" einer "sauberen" lediglich militärisch agierenden WM gewirkt hat.

Zu dem Unterstrichenen habe ich zufällig das hier gefunden, Zitat:

"Anruf GenOb Guderian [bei Ia/HG Mitte, 12.8.1944]:
...
OKH legt auf Einsatz dieser Waffen ... zur restlosen Zerstörung der Stadt [Warschau] besonderen Wert."
 

Anhänge

  • 1414.jpg
    1414.jpg
    23,2 KB · Aufrufe: 638
Zurück
Oben