alenga schrieb:
Einen Hinweis auf das Nicht-Nomadentum der Juden habe ich leider in deinem Link nicht gefunden. Habe ich etwas überlsen? Die Juden waren also keine Nomaden? Dann habe ich wohl voreilige Schlüsse aus meinen fraglos unvollständigen Bibel- und Geschichtskenntnissen gezogen.
Deinen Bibelkentnisse in allen Ehren, da scheinst du wirklich was überlesen zu haben. Denn immerhin waren sie doch recht stämmig. Um nur zwei ihrer Stationen zu nennen, in Ägypten und danach im "gelobten Land". Das sie zwei oder dreimal "umzogen", bedeutet nicht, dass sie nomadisch lebten. Sobald "ihr" Gott sie erreichte und ihnen Regeln und einen Flecken zu Leben verschaffte wurden sie seßhaft, was bedeutet, dass die Juden seßhaft sind.
Ich habe das immer so wahrgenommen, dass es gerade durch ihre Abschottung nach Außen zu dem immer ausgeprägteren Absolutheitsanspruch und den Glauben an ihren "Erlösergott" gekommen ist. Und wenn man an die eigene elitäre Stellung einmal glaubt, dann will man auch niemanden mehr missionieren, sondern alles für sich allein haben - nach all der Pein die man darum auf Erden erleiden musste.
Auch wieder etwas falsch verstanden. Wenn ein Volk "gefangen" oder "versklavt" ist, heißt dies nicht, dass es isoliert wird. Es wird genauso in den Tagesablauf eingebunden, wird genauso soziale Kontakte und Umgang pflegen wie andere Menschen auch. Letztlich ist es, grausig genug, der Wert des jeweiligen Menschen der sinkt, sowie sein ansehen und oft auch sein Arbeitsbereich.
Letzterer Abschnitt würde auch auf andere Völker paßen, die meinten die Blüte der Menscheheit zu sein...
Lag es daran, dass die Römer "intolerant" waren? Oder lag es daran, dass die Juden sich strikt weigerten auch nur einen einzigen Gott neben Jahwe zu "tolerieren"?
Um genau zu sein, weder noch. Unter Claudius etwa wurden die Juden mehrfach aufgefordert, wenigstens Büsten des Kaisers aufzustellen und anzubeten. Diese waren bereit "für" den Kaiser zu beten, aber nicht zu ihm.
Dies führte dann zu weiteren Konflikten.
Du kannst also nicht von einer Weigerung oder einer Sperrung einer einzigen Seite sprechen. Für die Römer wäre es keine Bedrohung gewesen, wenn die Barträger in ihrem Osten nicht den jeweiligen Kaiser anbeteten, solange sie ihm treue Untertanen blieben. Aber das reichte ihnen nicht.
Letztlich ist es mangelnde Kompatibilität, die dabei zu Konflikten werden muß. Griechen wie Römer nahmen fremde Gottheiten zwar auf, aber sie veränderten sie, ließen sie nicht in ihrer eigentlichen Form zurück. Normalerweise war dies, aufgrund der großen Ähnlichkeit, kein allzu sozial aufwühlender Akt, sondern ein schleichender Prozeß. Bei einer Monotheistischen Religion ist das aber nicht möglich. Das Volk kann nicht lernen, dass ihr einziger Gott in seinem Charakter einem der römischen / griechischen entspricht und dann irgendwann die Unterschiede wegfallen lassen und den Namen verwenden und letztlich vergessen, dass es mal anders war. Denn bei einem einzigen Gott gibt es keine Zuordnung, kein Ressort.
Ja, aber war der Anspruch jemals so absolut vor den Exiljuden?
Kann man so sagen, allerdings. Zwar verboten die polytheistischen Religionen keine anderen Götter (damit würden sie sich ja ins eigene Fleisch schneiden), aber ihre Ressorts waren klar vergeben, ihre Zuständigkeit geographisch wie völkerkundlich geregelt, die Hierarchie geklärt.
Und die kleine Episode über den Zwang der Staatsreligion spricht ebenfalls Bände.
Witzigerweise lieferst du selbst ein gutes Beispiel. Kaum war die einzige Macht Tod, die hinter einem bestimmten Monotheismus steht, schon wird mit Kraft und Gewalt alles ausgemerzt, was diesen "falschen" Gott belegen könnte. Und das, obwohl auch der ägyptische Polytheismus sich gerne so richtig was zusammen bastelt.
Ocatvian schließlich war nicht Ziel meines Exkurses, sondern die Tatsache, wie das Volk sich fühlt. Bei beiden Beispielen geht es darum, wie abgestoßen das Volk von den fremden und exotischen Religionen ist. Wenn dies nicht auf Intoleranz hinweist.
Liest du dir dann die Quellen etwa über die Germanen von Tacitus durch, wirst du feststellen, dass der Ton etwa so lautet: "Mars, den sie xy nennen,..." Es handelt sich also auch nicht um Akzeptanz, sondern ganz einfach um einen Vergleich.
Nicht in der christlichen Religion, sondern in den Kirchen liegt ein potential, dass immer wieder zu Konflikten führt.
So haben Christen in dem von dir aufgeführten Beispiel des 30jährigen Krieges kein Problem mit einem neuen Gott. Die Problematik besteht in der Ablehnung anderer Riten, einer veränderten Grundhaltung, die, im Detail betrachtet sich nur an den Konstrukten der klerikalen Verehrung festmacht.
Gleiches findet sich im Islam.
So wie du bei Ocatvian sofort auf politisches nutzen der Religion geschlußfolgert hast, zu Recht oder Unrecht sei dahin gestellt, so kann man auch in Sachen Kreuzzüge einen anderen Hintergrund erkennen. Ob dies für eine Diskussion über Toleranz des Poly- und Intoleranz des Monotheismus von Belang ist? Ich glaube nicht.
Und dann rutschen wir ab auf eine Diskussion nur noch über Toleranz und Intoleranz, beides Begriffe, die keinesfalls zwangsläufig mit Religion verknüpft sind.
Letztlich hat etwa auch der größte Ausdruck von Intoleranz in Europa, die Verfolgungen im zweiten Weltkrieg, nicht viel mit Religion zu tun. Hier wurde extra ein "wissenschaftlicher" Hintergrund gebildet.