Nicht nur das. Die Reparationszahlungen drückten zwar, waren aber nicht so belastend, dass dafür beispielsweise die Notenpresse angeworfen wurde.
Das ist gleich in zweierlei Hinsicht makroökonomisch falsch.
Erstens - unmittelbar - waren die finanziellen Reparationen auf Außenwert- bzw. Goldwertbasis der Mark zu regulieren. Der Anwurf der Notenpresse im Inland würde an dieser Situation im Großen und Ganzen nullkommanichts verändern. Die gedankliche Verkettung der Tragfähigkeit der finanziellen Reparationslasten mit der deutschen Notenpresse ist also schon dem Grunde nach unsinnig.
Zweitens - mittelbar - waren die
Sachleistungsverpflichtungen als Teil der Reparationen ein Faktor der Staatsfinanzierung. Dieser (kleinere!) Teil der Reparationen hatte durchaus Einfluss auf die Staatsausgaben, also Etatwirkung. Damit ging er (als kleinerer Teil der Schuldenlast der gesamten Kriegsfinanzierung 1914/18!) in die gesamten "Kriegsfolgelasten" des Reiches ein. Für die Gesamtfinanzierung des Reiches wurde sehr wohl (in kleinerem Umfang 1919/22) die Notenbank (neben in Anspruch genommen, da lediglich Einnahmendeckungen von <30 bis rd. 45% (1921) in den vier Haushalten vorlagen. Bereits diese strukturellen Schieflagen führten zwischen Juli und Dezember 1922 ungefähr zu einer Versiebenfachung des Geldumlaufs und zum Zusammenbruch der Kapitalmarktfinanzierung des Staatsdefizits (es konnten Ende 1922 nur noch 7% des Finanzbedarfs am Markt drei plaziert werden).
Quelle: zusammenfassende Darstellung, in: Deutsche Bundesbank, Währung und Wirtschaft in Deutschland 1876/1975
Eine Randbemerkung: ich halte nichts davon, hier ökonomische Kausalketten in den Raum zu werfen, ohne einen Blick in den Forschungsstand der wirtschaftshistorischen Literatur bzw. ökonometrische Modelldiskussionen geworfen zu haben. Die Ereignisse sind zu komplex, als das man so etwas mal eben aus der Hand und eigengestrickt verstehen könnte.
Richtig, die Inflation began mit dem Ersten Weltkrieg, aber aus dem Ruder lief sie erst 1923 so richtig. Such den Thread von meine Beitrag "Bestimmungen des Versailler Vertrags", da habe ich die FUnktionsweise der Inflation erklärt.
Die Feinheiten einer Phasenunterscheidung bis zur Hyperinflation (was wohl mit "aus dem Ruder" gemeint war) sind vor dem Hintergrund der strukturellen Probleme des Reiches 1919/22 zu vernachlässigen. Die umlaufende
Geldmenge verzwanzigfachte sich bereits zwischen Januar 192
2 und Dezember 192
2, der Außenwert der Mark in Relation zum US$
kollabierte zwischen Juni und Dezember um das knapp 16-fache, was in das Preisniveau der deutschen Binnenwirtschaft voll durchschlug mit einer
Inflationsrate von 1.370% zwischen Juli und Dezember 1922.
Dies alles führt dazu, dass man die Ruhrbesetzung 1923 allenfalls als "Gnadenstoß"* und zeitliche Verkürzung eines bereits unaufhaltsam laufenden Prozesses bis zum "Schnitt" bezeichnen kann.
Zu den Kausalketten Wages/Strikes/Inflation: hier die Wirkungen (bzw. "Funktionsweise der Inflation") befriedigend zu erklären, hieße, den jahrzehntelangen Streit zwischen Keynsianern und Monetaristen plus ihrer Ableger aufzulösen**. Das wiederum wäre angesichts der Hinweise von Keynes und Hansen bis Samuelson und Friedman nobelpreisverdächtig. Wie die Datenlage zu 1919/22 andererseits zeigt, kann man diesen Aspekt für die Nachkriegsinflation vernachlässigen.
*Bresciani-Turroni, The Economics of Inflation, diverse Statistiken zum Verlauf.
** statt vieler: Leeson, Keynsian Misjudgments about Strikes and Inflation.