Du glaubst aber nicht ernsthaft, dass du damit das Problem der umstrittenen Herkunft der Sumerer gelöst hast. Es ist höchstens eine weitere Hypothese.
Wo behaupte ich denn, dieses Problem "gelöst" zu haben, zumal es um die Herkunft der Sumerer in meinem von dir kommentierten Artikel doch gar nicht geht? Lediglich der vorausgehende kurze Bier-Artikel ist als beiläufiger Hinweis auf mögliche Herkunft zu verstehen, aber - wie darin schon gesagt - ohne jeden Anspruch auf "Lösung". Dass die Sumerer aus dem Iran kamen, wird von manchen Experten ohnehin behauptet, ich habe nur das Bier-Argument hinzugefügt.
Über die Religion vorsumerischer Völker oder Stämme können wir keine verlässliche Auskunft geben, da die Quellen viel zu dürftig sind.
Die Dürftigkeit der Quellen betone ich auch immer wieder, sie bedeutet aber nicht, dass wir überhaupt keine Schlüsse ziehen oder zumindest gut begründbare Thesen aufstellen dürfen. Wissenschaft erschöpft sich nicht in der Schwarzweißmalerei von Wissen und Nichtwissen, es gibt auch den Graubereich der Hypothesen, wobei die Grauwerte je nach Gewicht der Argumente von Fast-Schwarz bis fast Weiß reichen. Wichtig ist vor allem der Erklärungswert von Hypothesen, d.h. der Grad der Erklärbarkeit des Späteren, Gesicherten, durch das Frühere und Ungesicherte. Wer aus Angst vor Irrtum auf Hypothesen verzichtet, ist zwar auf der sicheren Seite, gehört aber nur zu den Mit- und Nachläufern der Wissenschaft, zu deren wichtigsten Strategien nun einmal auch die Hypothesenbildung gehört. Das gilt für Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft gleichermaßen. Sinn der Hypothesenbildung ist nicht nur die provisorische Erklärbarkeit des Gesicherten, sondern auch die Anregung zu weiterer Forschung.
Dazu auch:
Heuristik aus dem Lexikon - wissen.de | http://www.wissen.de/lexikon/heuristik
Heuristik ? Wikipedia
Was das sumerische Pantheon betrifft, so finden wir zahlreiche weibliche Gottheiten in wichtigen Funktionen. So die Göttin Nammu und die Erdgöttin Uras bei der Schöpfung, die Getreidegöttin Ninlil als Gemahlin des Luftgottes Enlil und auch die Unterweltsgöttin Ereskigal. Die Fruchtbarkeitsgöttin Inanna steht mit an der Spitze des sumerischen Götterhimmels.
Gut, dass du das hervorhebst, dann kann ich mir diese Arbeit ja sparen
Was ich im vorigen Artikel allzu lapidar ausdrückte, kann ich hier etwas verfeinern: Die frühesten weiblichen Gottheiten Sumers kann man - vor allem was die Liebes- und Fruchtbarkeitsgöttin Inanna betrifft - als Aneignungen von Göttinnen der Ubaid-Kultur ansehen, wie die Sumerer ja auch die Städte Ubaids übernommen hatten sowie deren Namen. Das "in" in "Inanna" ist wohl ein Kürzel von "nin" (Frau), das "anna" bedeutet Himmel. Laut Sumerologie ist "nin" (ein Namensteil bei vielen sumerischen Göttinnen) kein sumerisches Wort, sondern aus einer vorsumerischen Sprache entlehnt, also vermutlich aus der Sprache des eroberten Ubaid. Das weist darauf hin, dass die Sumerer in betreff Göttin nur unklare Vorstellungen hatten und dass sie ihre Göttinnen aus der unterworfenen Ubaidkultur übernahmen. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Sumerer zahlenmäßig gegenüber den Einheimischen vermutlich eine Minderheit bildeten und dass sie deswegen - und weil die Ubaidkultur ihrer eigenen zum Zeitpunkt der Unterwerfung hoch überlegen war (laut S.N. Kramer) - viele Merkmale der unterworfenen Kultur bestehen ließen.
Der Inanna-Tempel in Uruk war das Zentrum der lokalen Wirtschaftspolitik. Die Dominanz dieser Göttin im sumerischen Glauben zeigt sich u.a. darin, dass ihr unter allen Göttern die meisten Tempel gewidmet waren, und zwar in 13 sumerischen Städten. Andere Götter und Göttinnen genossen nicht diese universale Verehrung, am ehesten noch Enlil. Inanna war also prädestiniert dafür, die erste Großreichsgöttin zu werden, was unter dem Akkadier Sargon dann auch geschah, indem er bzw. seine Priesterschaft die urakkadische Kriegsgöttin Ischtar mit der sumerischen Inanna zu dem paradoxen Typus einer "Göttin der Liebe und des Kriegs" verschmolz. In dieser neuen Gestalt war Inanna die mächtigste Göttin des akkadischen Großreichs, und Sargon dankte ihr öffentlich für seine Siege, statt einem männlichen Gott. Zugleich war sie im Rahmen der "Heiligen Hochzeit", wie sie von den Königen der Ur-III-Zeit sowie der Isin-Zeit praktiziert wurde, die Königsmacherin, denn der König wurde erst ein solcher durch die sexuelle Vereinigung mit Inanna (wahrscheinlich durch eine Hohepriesterin repräsentiert).
Darin zeigt sich das Beharrungsvermögen der prähistorischen Vorstellung von einer allmächtigen weiblichen Gottheit. Obwohl in der sozialen Realität Sumers und Akkads längst der Mann das Sagen über die Frau hatte und Götter wie An und Enlil formal an der Spitze des Pantheons standen, bewahrte die religiöse Praxis noch lange die Überreste des alten Muttergöttin-Glaubens, wobei sich deren diverse Aspekte auf verschiedene sumerische Göttinnen verteilt hatten (du hast einige dieser Göttinnen schon genannt).
Es kann also also keine Rede davon sein, dass weibliche Gottheiten bei den Sumerern unterrepräsentiert waren.
Auch das habe ich mit keiner Silbe auch nur angedeutet. Ich debattiere wirklich gerne mit dir, habe aber die Bitte, mir keine Äußerungen unterzuschieben, die ich nicht gemacht habe. Ich hatte nur betont, dass die Sumerer ein größeres Gewicht auf männliche Götter legten als die Bewohner der Ubaid-Kultur und dass diese Götter teilweise sehr kriegerisch waren. Beides trifft auch zu.
Die Sumerer waren weder besonders kriegerisch noch besonders unkriegerisch...
Dass die Sumerer überaus kriegerisch waren, ist z.B. Samuel N. Kramers entschiedene Auffassung, und er war einer der größten Sumerologen des 20. Jh. Ich hätte das vielleicht erwähnen sollen, jetzt ist´s geschehen. Neben den Indoeuropäern, welche Europa im 4. Jt. eroberten, waren es die Sumerer, welche als erstes Volk überhaupt Krieg führte und Menschen in größerer Anzahl systematisch tötete.
Die Ubaid-Kultur kannte dagegen überhaupt keine Waffen außer denen für die Tierjagd. Wie kann man da behaupten, die Sumerer seien in puncto Gewaltanwendung durchschnittlich gewesen (was du oben ja sinngemäß andeutest?)
Die zahlreichen Stadtstaaten bekämpften sich häufig und es ging dabei - wie das bei solchen politischen Systemen üblich ist - um Machterweiterung. Das ist aber nun keine spezielle Eigenart der Sumerer, sondern fand auch in nachfolgenden mesopotamischen bzw. babylonischen Kulturen statt.
Eben - in den
nachfolgenden Kulturen. Diese waren durch die sumerische Kultur natürlich wesentlich geprägt, das ist doch klar. Auf der sumerischen Kriegskultur basieren alle folgenden Kulturen Mesopotamiens, also auch deren kriegerische Aspekte. Es gab im 4. Jt., als die Sumerer Ubaid eroberten, im orientalischen Umfeld aber kein anderes Volk mit kriegerischer Gesinnung.
Wie friedlich oder unfriedlich die Bevölkerungsgruppen der schriftlosen Halaf-, Samarra oder Obed-Kulturen waren, können wir überhaupt nicht sagen.
Das können wir durchaus, denn die Archäologen haben weder Kriegswaffen noch Nachweise für kriegerische Handlungen in jenen Kulturen finden können. Daraus ist zu schließen, dass sie unkriegerisch waren.