Hygiene zwischen Mittelalter und 19. Jhd.

Gelati

Neues Mitglied
Ich schreibe diese Frage ins dieses Forum, obwohl ich registriert bin. Ich mache das aus dem Grund, weil ich nicht weiß, wo ich es hätte einordnen sollen und es mein erster Beitrag ist.
Ich schreibe an einem Zeitungsbericht über Seife und damit zusammenhängend auch über Hygiene in den verschiedenen Epochen. Ich habe soweit alle Informationen gesammelt, nur der Zeitraum zwischen Mittelalter und 19. Jhd. gibt mir Rätsel auf.
Einerseits lese ich immer wieder die üblichen Märchen über mangelnde Hygiene, Trockenwäsche, Parfum und Puder, Flohfallen, etc. Ich habe sogar ein Zitat des franz. Hygieniker Bailly, der schreibt "Die weiße Leibwäsche, die den Körper reinigt, macht die Körpersäfte flüssiger und bewirkt, dass die (…) fetthaltigen Stoffe leichter ausgeschwitzt werden und sich in der weißen Wäsche festsetzen“. Das hat er im Jahr 1785 geschrieben. Hier lese ich nun, dass Louis XIV schon Seife produzieren ließ und sich gerne badete. Der lebte ja vor Bailly. Fand da ein ein mehrmaliger Wertewandel statt? Ich blicke da nicht so richtig durch, will aber auch keine Halbwahrheiten verbreiten. Warum wurden die Badeanstalten im MA abgeschafft? Nur wegen der Pest oder auch wegen der Sittlichkeit? Wie wurde es mit Hygiene zwischen MA und Louis XIV gehandhabt? Im Jahr 1801 wurde die Empfehlung gegeben, wenigstens alle paar Wochen in Seifenwasser zu baden. Aber dazwischen sind ja noch so ein paar Jährchen :grübel: Und die geben mir Rätsel auf. Kann mir jemand weiterhelfen?
 
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...die ich auch gelesen habe! Aber sie beantworten meine Frage nicht. Es geht ja nicht ums MA, sondern um die Epochen nach dem MA bis zum 19. Jhd.
 
Du kanntest meinen Beitrag ja schon höchstwahrscheinlich: http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=181199&postcount=9
Mehr kann man kaum dazu sagen, da ich ansonsten höchstens noch etwas zum fürhen 19.Jh. sagen könnte. Man wusch sich damals wie heute, außer wenn eine Notsituation (finanzielle Schwierigkeiten) es vereitelte. Für das 18.Jh. lässt sich sagen, dass mangelnde Körperpflege schon wie heute zu Nasenrümpfen bei Reich wie Arm führte.
 
...die ich auch gelesen habe! Aber sie beantworten meine Frage nicht. Es geht ja nicht ums MA, sondern um die Epochen nach dem MA bis zum 19. Jhd.

Es geht mit Verlaub um Menschen.
Wer hat dir denn diesen Unsinn eingeredet?
Es wird immer wieder propagiert, das ja alle Menschen im Mittelalter unsauber waren. Blödsinn.die waren auch nicht anders, als heute. Wenn ich mich dreckig fühle, wasche ich mich. Und Wasser gab es schon vor den Menschen.
 
Was ist eine Epoche ohne Menschen? Also wenn ich von Epoche spreche im Bezug auf die Hygiene, dann sollte ja wohl klar sein, dass ich auch von den Menschen spreche und nicht von Tieren oder Pflanzen. Verstehe deinen Einwand nicht ganz...
Wie gesagt, um das MA geht es hier NICHT! Ich weiß, dass das MA weitaus hygienischer war, als alle denken. Es geht aber um die Zeit danach, über die ich sehr widersprüchliche Informationen bekomme und bevor ich das ungefiltert weitergebe an den Leser, wollte ich mich hier umhören, ob mir einer sagen kann, wie es denn tatsächlich NACH dem MA mit der Hygiene war. Dass Menschen sich schon immer mit Wasser reinigten, stimmt nicht. Warum gab es wohl sonst die Sitte, sich mit einem Tuch zu reinigen oder eben die Sitte, die weiße Leibwäsche als Reinigung zu verstehen.
 
@Gelati

Schau doch mal hier vorbei:

http://http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=4095&highlight=toiletten+versailles

http://de.wikipedia.org/wiki/Badekultur

Grundsätzlich wurde die Leibwäsche eigentlich als Fortschritt empfunden, da man nicht mehr so intensiv mit dem Miasmen-verseuchten Wasser in Kontakt kam. Verstärkt wurde die Wäsche wie irre geschruppt und eingeseift.

Völlig falsch ist aber die Vorstellung, dass man sich in der Frühen Neuzeit nicht gewaschen hätte. Gesicht, Hände und Füße wusch man mehrmals am Tag. Tägliches Baden vermied man, da man es für gesundheitsschädlich hielt. Sehr wohl badete man aber gelegentlich. Besonders Heilbäder und Kräuterbäder zu therapeutischen Zwecken waren sehr verbreitet. Auch sehr beliebt war das Baden in Flüßen und heißen Quellen. Auch Badehäuser und Schwitzbadanstallten sind zahlreich vorhanden, auch wenn es nicht so viele Bäder mehr gab wie im MA. Aber gegeben und genutzt wurden sie weiterhin.

Hygiene spielte in der Frühen Neuzeit eine sehr große Rolle. Aber das Verständnis von Hygiene war anders als heute. Unser Hygieneverständnis ist von Bakterien und Viren bestimmt. Sowas war damals aber noch völlig unbekannt. Damals spielte optische Sauberkeit und guter Geruch die Hauptrolle: Es sollte prächtig und gepflegt aussehen sowie auch riechen.
 
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Den Thread über die Versailler Toiletten habe ich gelesen und ich fand ihn sehr interessant. Da sieht man mal, wie die Leute falsch liegen können mit ihren Annahmen. Und dass Louis XIV sich nicht gewaschen hätte...tsss...gerade er, der sich Seifensieder aus aller Welt nach Frankreich holte und das Reinheitsgebot für Seife erfand.
Danke dir noch für die Information, Louis le Grand.
 
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Grüezi Gelati

Zur Geschichte des Badens kenne ich ein umfassendes Buch. Das Buch erschein bereits 1863 und gewährt so auch einen Einblick ins 19.Jahrhundert. Ich finde die Geschichte der Kalt- und Heilbäder besonders spannend.

„Geschichte der Balneologie, Hyfroposie und Pegologie oder des Gebrauchs des Wassers zu religiösen, diätischen und medicinischen Zwecken“. Das Buch findest du in http://books.google.ch/


Gruss
Pelzer


.
 
Nettes Zitat S. 190:

... trugen die aus den Gästen gebildeten Badegerichte wohl mehr zur Erheiterung als zur Zucht bei. Frauen, fruchtbare wie unfruchtbare, hatten immer den Ruf ...
 
Der Thread erinnert mich an manche Führung, die ich in historischer Kleidung schon mitgemacht habe, wobei dann der Schlossführer erzählte, dass sie es im 18.Jh. mit der Hygiene noch nicht so gehabt hätten. Das begegnete uns sogar in Bayreuth im Park der Eremitage, dabei waren die Badeurlaube der Markgräfin Wilhelmine beispielsweise sehr bekannt. Man nahm an, dass durch Bäder die Fruchtbarkeit auch der Frauen wieder verbessert werden könnte. Wie die Gemahlin Karl VI. unternahm daher auch Wilhelmine diese Bäder, da der erhoffte Erbe ausblieb.
Man kann sich vorstellen wie wir bei so steifen und festen Beharrungen auf den Mangel an Hygiene uns der Mund offen bleibt, schließlich identifizert man sich schon manchmal mit den Menschen von einst.

Mal kurz noch etwas zu dem Thema, dass die Menschen schon viel von Reinlichkeit hielten, bzw. ihnen der Zusammenhang zwischen gesundheitlichen und anderen Problemen und mangelnde Hygiene durchaus bewusst war.
...Schell [preuß. Leutnant und Trencks Begleiter nach dessen Flucht aus der Haft in der Festung Glatz] wurde aber täglich elender. Seine Wunden heilten langsam und kosteten überall Geld. Die Kälte war ihm auch schädlich und weil er ohnedies kein Liebhaber der Reinlichkeit war, blieb sein Leib eine wirklich fruchtbare Pflanzschule aller möglichen Gattungen polnischer Läuse. ...
aus "Das merkwürdige und abenteuerliche Leben des Friedrich Freiherrn von der Trenck ... - von ihm selbst erzählt" (Berlin 1985 nach dem Original aus dem 18.Jh. (1792))

Neben den von Louis le Grand erwähnten Badehäusern, gab es auch Badeschiffe (siehe Encyclopédie von Diderot, wo man übrigens auch Badewannen und Badezubehör anschauen kann).
Eine der Hauptursachen für das noch lange im 20.Jh. vorherrschende und sich noch ins 21.Jh. rettende Fehlurteil über die Unreinlichkeit im 18.Jh. beruht wohl auf der einerseits einsetzenden und ungeahnten Ausmaßes annehmenden Badekultur des 19.Jh., welche schon im Empire aufkam, zum anderen, da man mit dem 18.Jh. eher die Perücken als die Bäder (wie auch eines in meiner Heimatstadt aus dem 17.Jh. existierte) in Verbindung bringt. Die Perücken wie auch das eigene Haar wurden mit Haarpudern versehen, deren Hauptbestandteil Mehl war und man kann sich ausrechnen, dass dies Ungeziefer anlockte, vor allem da eine umfassende Pflege dieser Perücken schwierig war. Das eigene Haar wurde, wenn man nicht Perücke trug, mit einer Pomade behandelt, dass die Frisur hielt und das Puder haften blieb. Dennoch hatten manche, wie Talleyrand bis ins hohe Alter erstaunlich viele eigene Haare.
 
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