Ist das Aufsitzen der Infanterie auf Panzerkampfwagen nicht eher ein Behelf? Jeder Panzer lenkt die Aufmerksamkeit und das Feuer auf sich. Unweigerlich! Da muss es verheerende Verluste gegeben haben. Die Russen hatten im Großen Vaterländischen Krieg keine Schützenpanzerwagen, wie der Deutsche. Um die Infantereie mit den schnellen T34 mithalten zu lassen, mussten die "armen Schweine" eben aufsitzen.
Genau da liegt wohl der entscheidende Punkt! Das Aufsitzen der Infanterie war keine wohl überlegte Maßnahme, die anderen Formen der Beweglichmachung vorzuziehen war, sondern ausschließlich aus der Not geboren: die Sowjets hatten keine geländegängigen Mannschaftstransportwagen, lediglich von den Amerikanern bekamen sie in begrenzter Zahl die sogenannten "Halftracks". Diese reichten aber nicht aus, um damit in größerem Maße mechanisierte Infanterieverbände aufzustellen. Eine eigene Produktion erfolgte während des Krieges wahrscheinlich aufgrund des enormen Bedarfs an Kampfpanzern nicht.
Nach dem Krieg nutzten die Sowjets allerdings die gemachten Erfahrungen, und entwickelten seit den späten 40er Jahren bis heute immer neue Generationen an Schützenpanzern und gepanzerten Mannschaftstransportwagen.
Das Aufsitzen der Infanterie hatte zwangsläufig verheerende Verluste zur Folge, wenn die Panzer auf große Entfernung bekämpft wurden. Es ist hier schon gesagt worden: die aufgesessene Infanterie ist vollkommen schutzlos gegen jede Splitterwirkung und Infanteriewaffenbeschuß. Wird das Fahrzeug von größeren Kalibern getroffen, betrifft das die Infanterie in der Regel noch stärker als die Besatzung im inneren. Übrigens ein Detail am Rande: auch Hohlladungen zerlegen sich mit Splitterwirkung. Nebenbei würde mich mal die wahrscheinlich nie näher betrachtete Frage interessieren, wieviele von den Rotarmisten da eigentlich während der Fahrt heruntergefallen sind und sich dabei alle Knochen gebrochen haben. Die Panzer fahren ja nicht immer auf einer völlig ebenen Strasse. Aus eigener Erfahrung weiß ich wie das ist, wenn so ein Panzer mit hoher Geschwindigkeit in ein Schlagloch fährt, dass der Fahrer zu spät erkannt hat. Ob es da immer allen Soldaten gelang, sich erfolgreich festzuhalten?
Dennoch war die Maßnahme zweckmäßig: die Panzer verfügten dann über eine begleitende Infanterie. Damit wurde die Gefahr der Bekämpfung durch Panzerabwehrhandwaffen natürlich deutlich verringert. Auch konnte sich die feindliche Infanterie nicht mehr einfach "überrollen" lassen, um dann nach dem Durchbruch weiter zu kämpfen.
Alles in allem war es aber mehr eine Not als eine Tugend.
Wer Interesse an Literatur dazu hat und ein bißchen Englisch kann:
The Red Army of the Great Patriotic War
Steven J. Zaloga (ein sehr bekannter Autor wenn es um Panzerkriegsführung allgemein und die Sowjets im speziellen geht)
Men-At-Arms 21
Osprey-Publishing
Der Teil zu der "mechanisierten Infanterie" ist allerdings nur ein kleiner Abschnitt, hauptsächlich werden Gliederung und Ausrüstung der Roten Armee als Ganzes behandelt.