japanische Streitkräfte: Kampf bis zum Tod, Mythos oder Wahrheit?

Papa_Leo schrieb:
Hm, wäre mal interessant, in einem Thread Beispiele von verbissenem Widerstand zu sammeln und zu untersuchen, ob sich die entscheidend für das Selbstbewusstsein bestimmter Volksgruppen ausgewirkt haben - was bei den Thermophylen ja nicht nur auf die Spartaner Auswirkungen hatte, sondern das wurde ja zum Vorbild an "Opfermut" für alle Armeen. Oder auch, wie daraus ein Mythos entstand (und es die heroische Aufopferung vielleicht auch gar nicht gab).

Mir fallen da auf Anhieb noch ein:
- Alamo (für die Texaner gaaaanz wichtig)
- Camerone (traditionsbildend für die französische Fremdenlegion)
- Rorke's Drift (wenn ich mich recht erinnere, gab es niemals vorher und nachher so viele Viktoria-Kreuze für einen einzigen Kampf)
- Langemarck
...
Kannst ja einen eröffnen!

Sehr interessant!
 
Nun, zu Japan,
um die opferbereitschaft der japanischen Soldaten zu verstehen, muss man die gesamte Geschichte Japans begreifen, denn oft genug kann ein europäer die beweggründe nicht richtig deuten. Auch wenn wir ebenfalls vereinzelt, die Mythen über Einheiten, die bis in den Tod kämpften haben, wie von Papa_Leo erwähnt Rorke´s Drift (hab zwar selbst noch nicht viel darüber erfahren, jedoch schließe ich von den "Victoria" Kreuzen auf England, für Fehler bitte ich um verständniss)
Nun zurück zum Thread:
Japan kapselte sich lange Zeit vom Rest der Welt ab, während wir in europa bereits in den "Türkenkriegen" waren, war in Japan durchaus noch das Mittelalter Lebendig, noch immer gab es den stand des Samurai, wenn gleich die Macht des Shogun schwand, und die des Teno, des Kaisers stieg. Daraus folgt, dass durch diese abkapselung in Japan sehr lange der alte Kult, der ehrenhafte Dienst an Shogun, Kaiser und Land, sowie die besondere Einstellung der Samurai zum Tode gehalten haben. Auch wenn der Stand der Samurai verschwunden war, hielt sich in den Japanischen Familien noch immer die erziehung auf das Ziel der Ehre und dem Dienst, vor allem in der Traditionsbewussten Armee kam es noch über den 2. Weltkrieg hinaus vor, dass Offiziere auf Grund einer Schande Sepuku (gemeinhin als Hara-Kiri; "Tod durch ausweiden") begingen. Ohne Zweifel haben die Japaner seit je her eine eigene Einstellung zur Ehre, während sie hier in Deutschland und anderen Europäischen Ländern kaum noch beachtung und schon gar keine bedeutung mehr findet, wird die Ehre in Japan noch immer hoch gehalten. Sinnbild sind nach wie vor die "Götterwind-Einheiten", die ja mit vollster absicht in den Tod gingen, wieder erwähnt überwiegend bis 1944 freiwillig, erst danach wurden auch Truppen eingezogen. Die Mythologie und der Glauben der Japaner lässt sich zu der Zeit wohl gut mit den in der Antike in europa vorherrschenden Glaube, des Keltischen Glaubens, all die Mythen über Wallhall, so hatten auch die Japaner einen Ort, wo nur die tapferen, jene im Kampf gestorbenen Krieger erreichen können.
Stellvertretend für den erbitterten Wiederstand der Japaner sind nicht allein die "Kamikaze" Truppen, sondern auch die Insel Iwo Jima und das Tarawa Atoll.
Ihr Glaube, ihre Mythen und ihre Traditinen haben es ihnen Ermöglicht bereitwillig für den Kaiser und ihre Ehre in den Tod zu gehen.

Zu Mythen:
-Heilige Schar in der Schlacht um Athen
-(wie oben Erwähnt) das Tarawa Atoll
mehr fallen mir auf anhieb nicht ein...

Gruß
White Wolf
 
Mir fällt noch besonders ein der alcasar (spanisch,bürgerkrieg ),
glaube die nazi´s würden auch stalingrad dazu rechnen ,glaube so hat es Göring oder Göbbels im reichspalast 43 in einer rede bezeichnet ,
Der Ritt der 500 bei bakalava im krimkrieg ,1854
Gen. Custer und das Massaker vom Little Big Horn ,1872 ?
Die Geschichte der 47 Ronin ,
Alesia ,Römer /Gallier,
 
Immer langsam mit Vergleichen.
Während wir bei den Japanern ein Kollektiv dieser Geisteshaltung vorfinden, unabhängig seiner Abstammung, die keineswegs im zweiten Wk ausschließlich auf die Samurai zurückzuführen ist.

Alle hier ansonsten aufgeführten Staaten weisen in der Masse Gegenbeispiele auf, in denen sich Einzelne oder ganze Einheiten ergaben, zurückzogen oder auflösten.
Bei den Japanern ist das Verhältnis umgekehrt.

Beginnen wir dabei etwa bei den Thermophylen und Camerone: hier ging es nicht um beispielhaftes Verhalten der Völker oder Volksgruppen. Griechen wie Makedonen wie auch frz. Armee lieferten gerade um ihre Zeiten herum genug Beispiele einer Kapitulation (denken wir nur an 1870/71, oder die Übergabe an Alexander diverser Städte).

Einige der hier genannten Beispiele sind als Einzelbeispiele korrekt, also dem Gedanken, bis in den Tod zu gehen, wenn sie, wie oben erklärt, auch nicht exemplarisch sind, wie dies Iwo Jima hingegen ist.
Thermophylae, Camerone, Rorkes Drift (eingeschränkt), Alamo, das sind Einzebeispiele von Opferbeitschaft, also Männer (und manchmal Frauen) die wissentlich den Tod hinnahmen und keine oder nur geringste Hoffnung auf Überleben haben konnten (wobei es der Besatzung von Alamo erst im Laufe des Gefechtes klar wurde).

Die leichte Brigade im Krimkrieg, Langemarck, Alesia, little Big Horn sind Beispiele von Schlachten, die mit dem klaren Ziel verliefen zu gewinnen, und die erst im Verlauf auf ein Versagen hinausliefen, welches dann viele Tote kostete. Es ist eine was wäre wenn Frage, wie diese Männer reagierten, hätte man ihnen gesagt, dass sie keine Aussicht auf Erfolg besaßen und mit hoher Wahrscheinlichkeit sterben würden.
So erfolgte die Niederlage der Kelten in Alesia kurz nach dem völligen Versagen ihrer Rettungskräfte, und Custers Männer bekamen nie die Chance sich zu ergeben (was man wohl auch von Rorkes Drift sagen kann).


Ein wichtiges Gegeneispiel: Dien Bien Phu. Die Kommandantur war bereit, die Fremdenlegion und ihre Fallschirmjäger in eine aussichtslose Lage zu werfen, die Zahlen am Ende der Schlacht sprechen für sich.
Von ca. 16 - 17000 Franzosen und Hilfskräften ergaben sich zwischen rund 11000.
 
Ashigaru schrieb:
@ Kyros: na ja, heutzutage dürften sich wohl keine japanischen Soldaten mehr irgendwo verschanzen... selbst die jüngeren von ihnen gehen stramm auf die 80 zu.

Das Weltbild und die Einstellung der Japaner zum Tode wird für uns Europäer nie sehr verständlich sein, da uns Hingabe und Opferbereitschaft im Dienst (auch wenn uns der Job 0 % Saß macht) schon immer schwer fielen.

Da ist es egal, wie alt man ist. Es wird bis zum Ende der Befehl ausgeführt, auch wenn er lautet: "Setze dich auf einen Stuhl und warte auf einen Mann mit Blumenstrauß." (gab es nie) Der Tenno hätte theoretisch jeden Befehl geben können, aber er war aufrichtig und hat seine Landselute zumeist nicht zu Albernheiten missbraucht, wie ich es gerade witzig darstellen wollte, sondern gab ihnen z.B. den einfachen Befehl auf einer Insel zu bleiben.

MfG
Tokugawa
 
Tokugawa schrieb:
nie) Der Tenno hätte theoretisch jeden Befehl geben können, aber er war aufrichtig und hat seine Landselute zumeist nicht zu Albernheiten missbraucht, wie ich es gerade witzig darstellen wollte, sondern gab ihnen z.B. den einfachen Befehl auf einer Insel zu bleiben.
Bevor das hier weiter so stehen bleibt: die Rolle des Tenno Hirohito darf nicht überspitzt werden. Normalerweise griff er nicht in die Kriegsführung und Politik ein, auch wenn das meiste in seinem Namen geschah. Oftmals gingen seinen Aktionen auch bewußte Anträge voran, wie etwa die Kapitulation, bei der er im Vorfeld gebeten wurde, zu entscheiden was nun passieren solle.
 
"Setze dich auf einen Stuhl und warte auf einen Mann mit Blumenstrauß."

dafür hätt ich dich jetzt gern besternt, kleiner :bussi:

lasst euch bitte nicht stören

aber, tokugawa, wie wäre der:
Tenno: "Setzt euch auf eine Insel und wartet auf ein Schiff von Holland Blumenmarkt! :D
(der smiley ist übrigens nach einem portrait kaiser hirohitos)
 
Zuletzt bearbeitet:
Das hier schreibe ich, um meine Theorie zu bestärken, und um meinen anonymen, negativen Bewerter zu ärgern :evil::

Was Tib,Gabinius schreibt, dass der Tenno keine wirklich richtige Rolle om Kroeg spielte ist absolut korrekt. Was hier jedoch zähltt ist, wie schon von einigen anderen gesagt, die Mentalität der Japaner.
Ihre lebende Gottheit, der Kaiser, war für sie das höchste Wesen, dem man unbedingten Gehorsam zu leisten hatte.

Man schaue nur eine Seite zurück, und man wird zwei Links finden die die Aussage bestätigen werden, dass japanische Soldaten sich zum Teil heute noch auf den Inseln vergraben.
 
Kyros der Große schrieb:
Ihre lebende Gottheit, der Kaiser, war für sie das höchste Wesen, dem man unbedingten Gehorsam zu leisten hatte.

Man schaue nur eine Seite zurück, und man wird zwei Links finden die die Aussage bestätigen werden, dass japanische Soldaten sich zum Teil heute noch auf den Inseln vergraben.
Meinst du diese beiden Links:
Kyros der Große schrieb:
Dann sei dir die Lektüre dieser Links mal ans Herz gelegt:
Zitat aus dem 2. Link schrieb:
Die Angst vor dem Kriegsgericht hat sie von einer Rückkehr abgehalten.
Sehr kaisertreu klingt das nicht; schließlich versteckten sie sich vor Freund und Feind in den Bergen von Mindanao. Diese beiden Veteranen sind eher dazu geeignet, deine These zu widerlegen.
 
Was die Japaner im Kampf bestärkte waren die Werte der Samurai-Ära, kurz bushido. Es gibt bei den Japanern den Begriff giri, den westliche Übersetzer gerne als Pflicht und Verpfichtung wiedergeben. Er bedeutet aber vielmehr eine innere Verpflichtung, also aus eigenem Antrieb, eigentlich ist er für westliche Menschen fast gar nicht zu übersetzen. Kapitulation galt, wie schon erwähnt als unehrenhaft. Es haben sich etliche Japaner nach dem Krieg umgebracht, weil sie die Schande der durch Hirohito vollzogenen Kapitulation nicht überleben wollten. Die japanische Geschichte ist überhaupt von solchen Taten voll. Zu behaupten alle Japaner hätten ihre Ehre über ihr Leben gestellt wäre natürlich völlig falsch. Auch Japaner haben Angst zu sterben.

Die schlechte Behandlung amerikanischer Gefangener rührt i.d.R. von der o.a. Einstellung, daß Kapitulation ehrlos macht. Die schlechte Behandlung von Japanern durch Amerikaner war bloßer Rassismus. Allerdings gab es solchen auch auf japanischer Seite. So hieß es: Die Christen sind aus Dreck gemacht, die Japaner aber stammen von der Sonne (Amaterasu) ab.
 
beorna schrieb:
Was die Japaner im Kampf bestärkte waren die Werte der Samurai-Ära, kurz bushido.
Da muß ich jetzt leider widersprechen.

Der Weg des Samurai war schon beendet, 1877 versuchten sie ein letztes mal sich zu zeigen und gingen (in der für uns interessanten, militärischen Hinsicht) danach in der Gesellschaft mehr oder weniger auf, auch wenn Bushido weiterlebte. Die Neudefinition dieses Begriffes wurde aber 1899 durch Nitobe Inazô eingeleitet. Dieser westlich erzogene Quäker veröffentlichte das berühmte "Bushidô, die Seele Japans". Darin werden einige Faktoren variiert und von einem Wertesystem der Elite zu einer, wie es Wolfgang Schwentker ausdrückt, Zivilreligion. Waren die Samurai an ihr kompliziertes System durch ihren Stand gebunden und konnten darin Spielräume durch Intelligenz und einen Rückzug erwägen, so galt dies nun nicht mehr. Dies nur um eine der diversen Veränderungen aufzuzeigen.
Auch wurde Bushido insbesondere während des Krieges gegen Rußland durch Manipulation der Regierung verändert. Hier tauchte erstmals (!) der Begriff des patriotischen Einsatzes zusammen mit meiyo no senshi, also dem ehrenhaften Tod auf dem Schlachtfeld auf.

Diese Manipulation zeigte sich aber gleich doppelt erfolglos. Weder gelang es eben in jenem Zeitraum diesen Gedanken einzupflanzen (was später anders aussah) noch ging vom einfachen Soldaten auch nur das geringste Interesse an den Samuraiwerten aus.
Weder das Hagakure noch das Heihô Kaden Sho fand Beachtung oder Leserschaften und die Identifikation mit dem alten Schwertadel wurde Schlichtweg abgelehnt.

In unserem westlichen Blick erscheint also die Nähe der Samurai zur Opferbeitschaft der Soldaten sehr logisch. Aber weder war dies ein bestehendes Faktum, noch die einzige Motivation.

Nach dem Warum hatten wir ja ursprünglich schon gefragt und die Antwort lautete "Gefangenschaft bedeutet Schande".
Während dies durch die Samurai 100 Jahre früher noch als bestehender Wert gelebt wurde bedeutete dies für den Soldaten und insbesondere für die hier schon angeführten Kamikazees einen sozialen Druck. Die Überlebenden Kamikazees sind in ihren heute endlich geführten Dialogen auch keineswegs fanatisch. Die meisten Berichten von einer Verzweiflung und einem absoluten mangel an Todesbereitschaft. Die geistige Einstellung, die hinter den Samurai stand, die Essenz des Bushidô, jeden Tag als letzten anzusehen usw. fehlte diesen Männern meist völlig. Zwang, Druck und psychologische Unterdrückung stellten bei den Fliegern diesen Willen her, wenn sie ihn nicht von selbst an den Tag legten.
Und so findet man auch unter den Fliegern kaum einen, der aus den ehemaligen Samuraiständen kommt. Das liegt zum einen an der Ablehnung, sie galt nicht als ehrenhaftes und erstrebenswerte Waffengattung, zum anderen aber auch an der Einstellung im Geiste.

Alles in allem ist es vermessen von uns Europäern, wenn wir meinen den Geist der Samurai zu verstehen. Selbst die Japaner haben damit ihre Probleme, und diese sind ihren Vorfahren doch eindeutig näher als wir und können deren Gedanken im Original besser verfolgen als wir mit unseren Übersetzungen.

Noch ein Zitat von Schwentker:
Vor dem Hintergrund der nationalistisch-militärischen Aneignung des bushidô vor und während des Krieges überrascht es nicht, daß der Ehrenkodex der Samurai nach 1945 diskreditiert war.


Bleibt festzustellen, dass bushidô eine Rolle spielte, jedoch wäre die Behauptung der Geist der Samurai wäre verantwortlich für die Opferbereitschaft des Volkes falsch. Diese bezogen sich kaum bis gar nicht auf die Samurai, noch heute findet sich bei Inoues "Geschichte Japans" nicht ein Wort auf die Relation zwischen Samurai, bushidô und 2. Wk, der verfremdete bushidô hingegen hinterließ einen sozialen Druck, dem die Soldaten Folge leisteten, wenn sie nicht von diesem "Kult" eingenommen waren. Das Verhältnis von "Überzeugten" und "Gepressten" läßt sich schwerlich feststellen.
 
Zuletzt bearbeitet:
beorna schrieb:
Zu behaupten alle Japaner hätten ihre Ehre über ihr Leben gestellt wäre natürlich völlig falsch. Auch Japaner haben Angst zu sterben.
Wenn du dies zitiert hättest, wären unsere Meinungen sicher näher beieinander, Tib. Gabinius.
Du hast mit deinen Aussagen sicherlich Recht. Ich wollte auch nicht behaupten die Japaner hätte sich alle gemäß dem bushido verhalten. Ich sprach lediglich vom "Geist des bushido" bzw. den Werten der Samurai-Ära, der/die in der Gesellschaft, wie du richtig schreibst, wieder hochgehalten und instrumentalisiert wurde(n).
 
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