Kriegsanlaesse und eigentliche Gruende

immer so

Neues Mitglied
Ich habe gerade etwas in "Die USA haben den Angriff auf Pearl Harbour provoziert" gelesen. siehe den link
http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=7940&page=4

Ob nun beabsichtigt oder nicht, langfristig hatten doch die Konsequenzen dieses Ereignisses fuer die USA weitaus mehr Vorteile, als Nachteile. (...)

In jedem Fall war es fuer sie besser, auf diese Weise offensichtlich unfreiwillig in den pazifischen Konflikt hineingezogen zu werden, denn etwa als Aggressor zu gelten.
Dass die USA in jenem Raum ihre Interessen hatten, steht wohl fest, man denke nur an die Phillippinen, eine amerikanische Kolonie. (...)


Aber interessant ist, wie oft in der Geschichte doch kleinere oder eher nebensaechliche Zwischenfaelle als Kriegsanlaesse oder zur Begruendung politischer Aggression herangezogen wurden. Wobei diese Ereignisse zudem oft recht undurchsichtig waren.

Da wir bereits bei den USA sind, nur die Stichworte "Tonkin-Zwischenfall", bei dem "nordvietnamesische Torpedoangriffe" als Vorwand fuer den Vietnamkrieg herhalten mussten.

Dann die Explosion eines amerikanischen Kriegsschiffes im Hafen von Havanna, welche der Ausloeser fuer den spanisch-amerikanischen Krieg von 1899 war - ein Zwischenfall, der meines Wissens auch nicht aufgeklaert worden ist. Die Folge diese Krieges waren u.a. der Verlust spanischer Kolonien im Pazifik an die USA.

Die Besetzung Irans 1941 durch Sowjetunion und Grossbritannien scheint auch eher von vornherein Absicht gewesen zu sein, als nur letzter Ausweg vor einer iranisch - deutschen Allianz.

Ansonsten fallen mir gerade nur Beispiele aus wesentlich frueheren Zeiten ein, z.B. aus der Zeit der Punischen Kriege.

Was meint Ihr so?

Gruss, immer so!
 
Das nennt man wohl "Eskalationsstufen". Bei Übertreten der Gewaltschwelle folgt i.d.R. das, was man Krieg nennt.

Pearl Harbor hatte ja ein langes Vorspiel. Es gab bis zuletzt Unterredungen, zu welchem Preis Amerika bereit wäre, die Handelsrestriktionen gegenüber Japan aufzuheben. Als diese Verhandlungen scheiterten, entschied sich Japan zum Angriff. Die Antwort Amerikas war dabei eigentlich abzusehen.
 
Zu den Vorteilen von Amerika wegen dem japanischen Angriff ist der Vergleich mit dem Dampfkessel sehr treffend (keine Ahnung wo ich das ufgeschnappt habe, vielleicht weis einer von euch wer das sagte!?).

Amerika ist wie ein riesiger Dampfkessel, wenn man unter ihm Feuer macht kommt er so richtig in die Gänge.

und das war im Fall 2. Weltkrieg ja auch so!!!


Ob allerdings der vorhin genannte Tonkin-Zwischenfall in Vietnam wirklich stattgefunden hat ist meines Wissens auch nicht definitiv bewiesen. Da es keine Untersuchung einer internationalen Komission gab, bzw. keine Ausländischen Zeugen!
 
Jo,dazu der passende link:

http://de.wikipedia.org/wiki/Tonkin-Zwischenfall


Fuer die Suche nach Kontinuitaeten im politischen Handeln ist die Parallele zur roemischen Republik interessant:

Die Roemer suchten vor Kriegsbeginn immer nach einem guten Anlass, der ihr aggressives Handeln gerechtfertigt erscheinen liess, angeblich, um die Goetter nicht zu erzuernen. Einen Sinn fuer pragmatisches Handeln duerfen wir ihnen wohl auch unterstellen, denn vor den Voelkern und Staaten des Mittelmeerraumes sahen die roemischem Motive dann auch besser aus.
(vgl. dazu Richard Harris, Roman Imperialism)
Die wahren Gruende verschleierten sie, wie selbst Rom zugeneigte Zeitgenossen bemerkten (z.B. der Historiker Polybios)

ver-, die machen gerade zu hier,

Gruss, immer so!
 
immer so schrieb:
Fuer die Suche nach Kontinuitaeten im politischen Handeln ...

In Deinem Sinne ein Muster der Kriegslegitimation zu suchen, ist soziologisch oder anthropologisch interessant (d.h., in welchen Situationen Menschen im Allgemeinen zur Gewalt greifen), viel mehr steckt dahinter aber nicht.

Wenn Du Dir Nachbarschaftsstreitigkeiten etwa ansiehst, wirst Du feststellen, dass kleinere oder eher nebensaechliche Zwischenfaelle als Kriegsanlaesse oder zur Begruendung [von] Aggression herangezogen werden.

Frage: Was lernen wir daraus?
 
Pope schrieb:
In Deinem Sinne ein Muster der Kriegslegitimation zu suchen, ist soziologisch oder anthropologisch interessant (d.h., in welchen Situationen Menschen im Allgemeinen zur Gewalt greifen), viel mehr steckt dahinter aber nicht.

Wenn Du Dir Nachbarschaftsstreitigkeiten etwa ansiehst, wirst Du feststellen, dass kleinere oder eher nebensaechliche Zwischenfaelle als Kriegsanlaesse oder zur Begruendung [von] Aggression herangezogen werden.

Frage: Was lernen wir daraus?

Hallo Pope,
ich glaube, wir haben uns da vielleicht etwas missverstanden. Meine Absicht war es, wiederholt auftretenden Handlungsstrukturen in der Politik bzw. der politischen Geschichte nachzugehen, und nicht etwa, herauszufinden, warum Menschen im allgemeinen gewalttaetig werden.

"Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte?"

- Ich denke, aus der Geschichte "lernen", heisst, sich z.B. politische Handlungsmuster bewusst zu machen. Wenn diese wiederholt auftreten, mit aehnlichen Ergebnissen, und das in unterschiedlichen Gesellschaften (da waeren wir bei der Soziologie, nicht mein Feld), koennen wir doch daraus unsere Schluesse fuer gegenwaertige und zukuenftige Ereignisse ziehen, die so oder aehnlich ablaufen. Die Kriegsanlaesse sind hierbei nur ein Hinweis, jedoch besser erkennbar, als die eigentlichen Gruende - wie gesagt.

Wenn wir uns ansehen, was der offizielle Kriegsgrund oder wohl eher der Anlass fuer den Irakkrieg war - finden wir das Muster wieder.
Grob: 1. eigentliche, zunaechst nicht sicher bekannte Ursache
2. Erklaerung der offiziellen Gruende fuer einen moeglichen Krieg (Anlass) seitens des Aggressors mit Ultimatum etc.
3. (planmaessige) Nichterfuellung der gestellten Bedingungen durch den gegnerischen Staat (Anlass bzw. angeblicher Kriegsgrund ist nun gegeben)
4. aus 3. folgt Krieg

Ich denke, es ist schon wichtig, zu erkennen, wann ein solcher Fall wieder eingetreten sein koennte. Fuer friedenserhaltende Massnahmen z.B. oder auch nur, um dem moeglichen Aggressor nicht auch noch Recht zu geben.

Das mit den Nachbarn fand ich uebrigens kein schlechtes Beispiel, daran hatte ich gar nicht gedacht. Wahrscheinlich sind politische Verwicklungen manchmal auch gar nicht so komplex, wie wir immer denken. Es braucht nur zwei dumme und maechtige Staats"maenner".

so ungefaehr...
Gruss! immer so
 
immer so schrieb:
Hallo Pope,
ich glaube, wir haben uns da vielleicht etwas missverstanden. Meine Absicht war es, wiederholt auftretenden Handlungsstrukturen in der Politik bzw. der politischen Geschichte nachzugehen, und nicht etwa, herauszufinden, warum Menschen im allgemeinen gewalttaetig werden.

Nun, Du suchst Dir aber auch Beispiele heraus, die Du passend findest, oder? Erstelle mal eine Liste der Kriege des 19. oder 20. Jahrhunderts und wie sie begonnen haben - dann werden sich bestimmte Muster feststellen lassen, klar. Aber aus 2-3 Einzelbeispielen zu schliessen, ist Willkuer.

Des weiterern gab es ja auch Situationen, die einem Kriegsgrund entsprachen, die aber dann nicht zum Krieg gefuehrt haben. Was mir sagt, dass es keine Zwangslaeufigkeit gibt.

Man sollte sich vielleicht man Literatur zur Konfliktforschung ansehen. Dann koennen wir vielleicht gezielter eroertern, welche Situationen, Motivationen und Eskalationen in kriegerische Auseinandersetzung muenden.

:winke:
 
Pope schrieb:
Nun, Du suchst Dir aber auch Beispiele heraus, die Du passend findest, oder? Erstelle mal eine Liste der Kriege des 19. oder 20. Jahrhunderts und wie sie begonnen haben - dann werden sich bestimmte Muster feststellen lassen, klar. Aber aus 2-3 Einzelbeispielen zu schliessen, ist Willkuer.

Man sollte sich vielleicht man Literatur zur Konfliktforschung ansehen. Dann koennen wir vielleicht gezielter eroertern, welche Situationen, Motivationen und Eskalationen in kriegerische Auseinandersetzung muenden. :winke:

Es ist so, dass ich fuer dieses eine von moeglichen Handlungsmustern Beispiele gefunden habe, und eine generelle Kontinuitaet finden wollte, und nicht nur fuer ein Jahrhundert oder auch einen bestimmten Staat. Es ist dies das Verhalten von politischen (Gross)Maechten (Rom, USA, ...?), die ihren Macht- und Einflussbereich ausweiten wollen.
Deswegen gehoert gesellschaftliches Konfliktpotential u.a. nicht hier hinein.

Natuerlich sind das Beispiele, die zu diesem Handlungsmuster passen; der Begriff Willkuer ist hier unangebracht, da es hierbei nur um eine moegliche Handlungsweise geht, nicht um die einzige!

Ein weiteres, willkuerliches Beispiel also:
Wenn ich mich nicht taeusche, war die Politik Friedrichs II. von Preussen gegenueber Oesterreich ganz aehnlich jenem Muster: Auf recht fadenscheinigen Erbschaftsanspruechen aufbauend, verlangte er von Kaiserin Maria Theresia die Provinz Schlesien, darauf bauend, dass das Kaiserreich fuer einen Krieg nicht ausreichend geruestet sein wuerde. Nach der Ablehnung dieser Forderung marschierte das preussische Heer in Schlesien ein. (...)

Fuer mehr geordnete Beispiele steht mir hier z.Z. keine entsprechende Literatur zur Verfuegung, und so hoffe ich, dass wir zusammen etwas weiter kommen, das waere schoen.

Gruss, immer so
 
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