Wieso schreibt Caesar dann von Germanen oder Galliern? Wieso nimmt sich Herodot die Zeit, bücherlang i-welche Völkerschaften aufzuzählen, wenns doch mit einem einfachen "Barbaren" getan wäre?
Nicht nur das, man machte sich auch schon Gedanken über Verwandtschaften bzw. Zugehörigkeiten zu größeren Einheiten. So wurde schon von antiken Autoren kontrovers diskutiert, ob die Bastarnen Germanen, Kelten oder Geten seien.
 
Nicht nur das, man machte sich auch schon Gedanken über Verwandtschaften bzw. Zugehörigkeiten zu größeren Einheiten. So wurde schon von antiken Autoren kontrovers diskutiert, ob die Bastarnen Germanen, Kelten oder Geten seien.

Da haben wir doch genau das Problem. Die Römischen und Griechischen Autoren und ihr Publikum betrieben eine eifrige Etikettierung, jeder bekam sein Schildchen. Und wir haben das lange Zeit kritiklos übernommen, diskutierten darüber, wo dieser oder jener "Stamm" "saß", selbst wenn es nur ein Kriegergrüppchen war.

Wir haben keinerlei Info darüber, ob die Bastarnen jemals etwas von "Germanen", "Kelten" oder "Geten" gehört hatten, wem sie sich zugehörig fühlten oder was auch sonst immer sie dachten. Dafür stülpen wir ihnen aber eine fremde Anschauung über, was sehr fragwürdig ist.
 
Über die Eigensicht des Bastarnen wissen wir nichts. Sehr wohl aber wissen wir, dass griechische und römische Autoren Kategorisierungen betrieben und diverse Völkerschaften als Kelten, Germanen, Geten, Daker, Illyrer, Thraker, Skythen oder was sonst noch einstuften. Nicht zu vergessen auch die Diskussionen darüber, ob die Makedonier und Epeiroten Griechen (Hellenen) waren. Ob all diese Etikettierungen zutreffend waren, ist eine andere Frage, aber es gab sie. Es gab also entgegen Deinem Beitrag #496 nicht einfach nur "Fremde", sondern man hat sie kategorisiert und versucht, Verwandtschaften und Abgrenzungen (auch gegenüber dem eigenen Volk) herauszuarbeiten.
 
Es gab also entgegen Deinem Beitrag #496 nicht einfach nur "Fremde", sondern man hat sie kategorisiert und versucht, Verwandtschaften und Abgrenzungen (auch gegenüber dem eigenen Volk) herauszuarbeiten.

Nicht "man" hat sie kategorisiert, die Römer haben sie kategorisiert. Und genau das ist der Vorwurf, dass wir römische Vorstellungen auf andere "Völker" übertragen.
Die Römer sind allerdings die einzigen - so weit wir wissen - die in jener Zeit so etwas wie einen Staat entwickelten, also offensichtlich andere (fortschrittlichere??) Auffassungen von einem Gemeinwesen und von Gesellschaften hatten als die anderen genannten Gruppierungen.
 
Doch so ein bisschen haben wir in Punkto Religion:

WP
Die vermutete Auflösung des „Keltischen Riegels“ durch die Römer und deren Versuch Germanien bis an die Elbe zu unterwerfen, führte zu neuen Impulsen, auch in der Religion (Runen, Wochentage). Das Opfermoor von Oberdorla wurde um 30 v. Chr. offenbar erstmals gewaltsam zerstört. Während der Römerzeit lösten sich die laut Tacitus bestehenden alten (kultischen) Stammesverbände der Irminonen, Istwäonen und Ingwäonen auf und wurden abgelöst durch Groß-Stämme wie Franken und Alamannen. Geiseln und germanische Krieger in römischen Diensten brachten neue religiöse Ideen mit (z. B. der Alamannenkönig Serapio, der nach dem ägyptischen Gott Serapis benannt ist).

Hauptquelle ist Tacitus, der in seiner Germania ausführlich über einige germanische Kulte berichtet. Die Hauptgottheiten benennt er nach antiker Gepflogenheit mit römischen Namen, es sind dies Mercurius, Mars, Hercules und Isis. Aber er kennt auch die kultische Umfahrt der Erdgöttin Nerthus bei den Angeln und Varinern, beschreibt den schauderhaften Kult des Regnator omnium deus („der allbeherrschende Gott“) bei den Semnonen und Sueben und berichtet, wie beim friesischen Hain der Baduhenna [28 n.Chr.] 900 römische Soldaten niedergemetzelt wurden.

Während der Römischen Kaiserzeit wurden auch die germanischen Wochentagnamen gebildet. Daraus kann die Existenz folgender westgermanischer Gottheiten für die Römerzeit als gesichert gelten: 1) Sol: *Sunna – 2) Luna – *Mâno 3) Mars: *Tîw oder *Þings – 4) Mercurius: *Wôðan – 5) Iuppiter: *Þonar – 6) Venus: *Frîja – 7) Für Saturnus wurde keine Entsprechung gefunden. Bemerkenswert ist, dass der germanische Donnergott *Þonar sonst mit dem römischen Helden und Halbgott Hercules gleichgesetzt wurde.

Okay, leider nur Stichwörter, Schlagwörter ohne eine klare Stoßrichtung, wohin man weiter forschen könnte.
 
Nicht "man" hat sie kategorisiert, die Römer haben sie kategorisiert.
Zumindest auch die Griechen haben kategorisiert. Wie es andere Völker, etwa die Karthager, hielten, wissen wir mangels erhaltenen Schriftguts nicht so genau. In gewisser Weise kategorisierten allerdings auch die Juden, indem sie Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den mythischen Stammvätern der verschiedensten Völkerschaften herstellten.

Die Römer sind allerdings die einzigen - so weit wir wissen - die in jener Zeit so etwas wie einen Staat entwickelten, also offensichtlich andere (fortschrittlichere??) Auffassungen von einem Gemeinwesen und von Gesellschaften hatten als die anderen genannten Gruppierungen.
Das hängt vom Staatsbegriff ab. Einen je ausgefeilteren man verwendet, um so leichter kann man natürlich die Existenz eines Staates verneinen. Ich halte es lieber mit dem völkerrechtlichen Staatsbegriff (einigermaßen umrissenes Staatsgebiet, Staatsvolk, souveräne Regierung mit effektiver Kontrolle über den wesentlichen Teil von Staatsgebiet und Staatsvolk). In diesem Sinne wüsste ich nicht, wieso etwa eine griechische Polis kein "Staat" gewesen sein sollte.
 
Guten Morgen,

ich hätte noch einen Einschub bzgl. germanisches Erbrecht.
Die oft genannten Zwistigkeiten zwischen und innerhalb der Segimer- und Segestes-Sippe - könnten die etwas mit dem altgermanischen Erbrecht zu tun haben?
Stichwort Primogenitur und v.a. in Norddeutschland praktizierte Erbfolge, dass nur der erstgeborene Sohn alle Besitztümer wie Hof und Rinder bekommt und die nachfolgenden Söhne mit anderen geringwertigeren Dingen abgespeist werden?
Motiv: alles in einer einzigen starken Hand zu belassen und einer Zersplitterung zwischen den Brüdern entgegenzuwirken.
Eine ungerechte Erbaufteilung. Einer, der Älteste, bekommt alles/viel und die anderen gucken in die Röhe, kann ja nur die Antriebsfeder nachfolgender Erbkämpfe mit z.T. tödlichem Ausgang sein.

Der Brudermörderstein Der Brudermörderstein von Imsen
Das traditionell norddeutsche Höferecht (war es in Süddeutschland grundlegend anders geregelt?) schien noch bis ins 18. Jhrdt ein handfestes Problem gewesen sein, welches auch in blutigen Tragödien enden konnte.
War es nicht lange Zeit so, dass die Zweit-, Drittgeborenen ihre Zukunft als Söldner, Priester etc. suchten oder in die Neue Welt auswanderten, weil in der Alten Welt der älteste Bruder auf dem Familienland hockte?

WP: Germanische Stammesrechte Germanische Stammesrechte – Wikipedia
Irgendwann wurden diese Dinge ja auch ins fränkische Recht aufgenommen. Aber was war davor? Gibt es überhaupt eine Vorstellung, wie diese Dinge um die Zeitenwende Christi Geburt geregelt waren?

Ich kenne mich in dieser Materie überhaupt nicht aus, vielleicht kann mich da jemand aufklären?
Das Thema wurde wahrscheinlich schon mal angeschnitten.

Vielen Dank!
 
Zuletzt bearbeitet:
WP: Germanische Stammesrechte Germanische Stammesrechte – Wikipedia
Irgendwann wurden diese Dinge ja auch ins fränkische Recht aufgenommen. Aber was war davor? Gibt es überhaupt eine Vorstellung, wie diese Dinge um die Zeitenwende Christi Geburt geregelt waren?
Du hast doch den passenden Wikipedia Artikel verlinkt, jetzt empfiehlt sich ihn zu lesen ;) Denn das beantwortet deine Frage:
von der Mitte des 5. bis ins 9. Jahrhundert entstanden sind.
Die im Überblick häufig als germanisches Recht aufgerufenen Kodizes repräsentieren in ihrem historischen Auftreten je einzelne germanische Stämme und Völker, diese wohnhaft an verschiedenen Orten und in verschiedenen Ländern. Insoweit kann kein germanisches Ur-Recht ausgemacht werden, bei dem alle Entwicklungen ihren Ausgangspunkt gehabt hätten, im Gegenteil sind zahlreiche scharfe Gegensätze zu konstatieren.
 
Die oft genannten Zwistigkeiten zwischen und innerhalb der Segimer- und Segestes-Sippe - könnten die etwas mit dem altgermanischen Erbrecht zu tun haben?
Erbrecht unterschied sich von Region zu Region. Wir haben Rechte, wonach nur der älteste Sohn erbte, oder wonach alle Kinder erbten oder zumindest alle Söhne. Da die frühsten überlieferten Revhte aus der VWZ stammen kennen wir das Recht der Cherusker nicht, wenn sie da überhaupt konzise verfuhren. In vorschriftlichen Gesellschaften ist es schwer sich auf kodifiziertes Recht oder Präzedenzfälle zu berufen.

Was nun den Streit zwischen Segestes und Arminius anbelangt: Segestes behauptet 15 n. Chr. gegenüber Germanicus, er habe habe Varus vor Arminius gewarnt. Glaubwürdig ist das nicht, denn sowohl verließ Segestes‘ Sohn Segimundus Ara ubiorum (Köln), um sich Arminius anzuschließen, als auch, dass man bei Segestes Beute aus der Varusschlacht fand, und so führt Segestes auch nur „jene Nacht“ als Zeugin für seine Warnung an (Tacitus) und Strabon bemerkt süffisant, dass Segestes auf der Ehrentribüne seine geliebten Verwandten (Sohn, Tochter, Enkel) an sich vorbeidefilieren sah.
Es gibt zwar hin und wieder Behauptungen, Segestes sei der Onkel von Arminius gewesen (und somit der Bruder von Arminius‘ Vater Segimer), aber davon wissen wir aus den antiken Quellen nix. Der Konflikt zwischen Arminius und Segestes scheint damit ausgebrochen zu sein, dass Segestes mit seiner Tochter anderes vorhatte, als sie Arminius zur Frau zu geben.
Auch bei Flavus und Arminius geht es nicht um Land: Sie werfen sich gegenseitig Verrät bzw. Romhörigkeit vor. Arminius Onkel Inguiomer ist zunächst romfreundlich, schließt sich dann Arminius an, um schließlich von diesem ins Lager des Marbod zu wechseln. Nach Erbstreitigkeiten sieht das alles nicht aus. Und in einer hochmobilen Gesellschaft, die schnell mal ihren Wohnort wechselt, muss man Landbesitz wohl auch nicht als allzu feste Größe sehen.
 
Ja, da habt Ihr beiden natürlich recht.
Ich hatte mir das (wieder mal :)) zu einfach gemacht und bin von einem einfachen Nord-Süd-Gefälle ausgegangen. Ich weiß gar nicht, wo ich das gelesen habe.
 
Bei den Cheruskern/Hirschleuten ist das nicht ganz so klar. Herusker < hersk/hirsk > Hirsch, skandinavisch hjorte/hjarte u.ä. Vom historiolinguistischen Standpunkt her absolut plausibel diese Herleitung. Ob sie deswegen stimmt, steht auf einem anderen Blatt.

Verschiedentlich wurde darauf hingewiesen, dass das Suffix -usk- im Germanischen eigentlich nicht vorkommt. Von daher wäre auch eine nichtgermanische Herkunft zu erwägen, es muss ja nicht Hans Kuhns "Nordwestblock" sein...

"Die Erklärung des Suffixes von Cherusci aus dem Germanischen ist völlig unbefriedigend : die angenommene Synkope von *herut-isk 'hirschisch' > *herut-sk- ist ohne Parallelen, ebenso die Vermutung Muchs, es sei von germ. *herut-ska- auszugehen."​

https://www.persee.fr/renderPage/ri..._0048-8151_1966_num_18_2_T1_0110_0000_710.jpg

Norbert Wagner* hält es für möglich, dass der Cheruskername aus dem Keltischen stammt:

"Die südlichen Nachbarn der Cherusci , die Chatti , führen einen ursprünglich keltischen Namen, der die germanische Lautverschiebung erfuhr. Das veranlaßt dazu, dies auch bei den Cherusci in Betracht zu ziehen.
[...]
Mit jenem Suffix -usko- ergibt dies als Stammesnamen *Ḱeir-usko- > kelt. *Kēruskoi , welches durch die Lautverschiebung zu germ. *Xêruskõz , lat.-germ. <Cheruscī> , *[Chēruscī| wird. Dies wäre dann in etwa auszulegen als ,die Dunkelfarbigen', was wohl am einfachsten als Bezug auf eine charakteristische Farbe in ihrer Stammestracht zu deuten wäre."​

Die Deutung halte ich nicht für sehr überzeugend.

* Lemovii, Helvecones*, Batavi, Βατίνοι, Chamavi, Cherusci - Stammesnamen zwischen
Germanen und Kelten, in: Historische Sprachforschung 128 (2015)
 
Guten Morgen,

bitte entschuldigt, dass ich dieses Thema noch einmal aufnehme aber es erscheint mir so nebulös, diffus und überhaupt nicht greifbar, so dass ich Euch gerne noch einmal über Euren Wissensstand konsulieren möchte.

Ich habe hier etwas aus einer nicht validen/reputablen Quelle gefunden aber in Ermangelung von Alternativen nimmt man ja so einiges:
Gode Vorsteher eines 'Hof' war, was vermutlich nicht auf einen richtigen "Tempel" hinweist, sondern einen üblichen Bauernhof, auf dem auch heilige Feste abgehalten wurden.
Asentreu - Priester

Bitte auch nicht an dem Begriff Gode|Gudon stören lassen, der aus einem anderen Kulturkreis stammt, es könnte bei den Kontinentalgermanen auch der Name XYZ sein, soll jetzt eher nebensächlich sein.
Egal, was noch in diesem Text steht und wie man dazu steht aber das ist doch genau das, was El Quijote und andere auch sagten, oder?
Es gab bei den Germanen keine Priesterkaste, keine keltischen Druiden, keine Erbfolge von Priestern, die allein diese Funktion ausführten.

Es war also ein Sterblicher, ein Großbauer, ein Fürstensohn oder wer auch immer, der durch Zufall, Eingebung oder was auch immer dazu kam, auf einmal in Verbindung zur Götterwelt zu treten.
Ein Alleinstellungsmerkmal, die ihn von den anderen unterschied und die ihn dazu befähigte, auf einmal Kult-/Ritualleiter zu sein.

WP: Germanische Religion
Die Germanische Religion ist ein Sammelbegriff für die polytheistischen religiösen Kulte und Riten der germanischen Stämme und Völker seit der jüngeren Bronzezeit bis zum ausgehenden Frühmittelalter. Die Religion ist von der germanischen Mythologie zu unterscheiden.
Der Unterschied zwischen Religion und Mythologie ist mir nicht klar. Für mich ist das gleichbedeutend. Ein germanischer Bauer erklärt sich übernatürliche Phänomene, für die er aufgrund seiner Erfahrung keine Erklärung hat, mit göttlichen Erscheinungen.
Und der Priester übersetzt das für ihn. Wir müssen ein Pferd opfern, damit Gott XYZ besänftigt ist und Deine Kühe wieder kalben.

Wie aus dem klassischen Griechenland bekannt, gibt es seit jeher Menschen, die sehr stark das Übernatürliche in ihren Lebensvollzug einbeziehen, und andere, die von all dem nichts halten (Näheres im Artikel Nordgermanische Religion), und dazwischen allerlei Mischformen, die zwar den Volksglauben ablehnen, gleichwohl aber „sicherheitshalber“ Amulette unter der Türschwelle vergraben und aus Gründen der gesellschaftlichen Reputation und des Gruppenzwangs an den Kultfesten teilnehmen. Hier werden die Vorstellungen derjenigen behandelt, die an das Übernatürliche glaubten und ihre Lebensweise danach richteten.
Was heißt das? Der Bauer will vermeiden, dass die Mäuse seinen Getreidevorrat für den Winter wegfressen und vergräbt an der Türschwelle ein Hühnerbein, weil der Priester ihm gesagt hat, dass das vor Nagerfrass schützt.

Zentrale religiöse Praxis war das Opfer. Geopfert wurden Tiere, seltener Menschen, außerdem Waffen und andere wertvolle Gebrauchsgegenstände. In Friedenszeiten fand das religiöse Leben seinen Ausdruck in diversen Kultfesten. Der Charakter und die Ausprägung dieser Kultfeste wurde von der Art und Größe der politischen Gemeinschaft bestimmt. Zu dieser Zeit bedeutete politische Gemeinschaft zugleich religiöser Bezirk, und es gab keine Trennung zwischen Politik und Kult.

Ich weiß, euch hängt dieses Thema wahrscheinlich schon zum Hals raus. Wir hatten schon mehr als genug darüber geredet. Doch es hat weitaus mehr Fragen als Antworten geliefert.
Vielleicht fehlen mir auch die richtigen Schlagwörter oder vielleicht auch Analogien zu heutigen Ethnien, um das gedanklich nachvollziehen, wie es damals wohl gewesen sein könnte.
Für mich ergibt das alles überhaupt keinen Sinn.
Von Euch wurde ja gesagt, dass der germanische Bauer ein knallharter Realist sein musste. Hatte er eine Missernte, die vielleicht auch durch Bewirtschaftungsfehler hervorgerufen wurde, dann musste seine Familie hungern und vielleicht mussten dann auch Menschen sterben.
Also hat er doch gar keine Zeit dafür, übergeordnete Mächte anzurufen oder den Priester befragen, wie er sich richtig verhalten sollte oder was denn gottgefällig wäre, um dies oder jenes Ziel zu erreichen.

Wenn man die heutigen Landwirte nimmt.
Die müssen knallharte Realisten sein, Weltmarktpreis für Weizen, Investition Erntemaschine, etc. Da bleibt nicht viel Zeit/Muße für Träumereien.
Und doch können diese Landwirte treue Kirchgänger am Sonntag sein. Also Realalltag (Fungizide ausbringen, Geburtshilfe bei Kälber, der neuste Fischgrätenmelkstand) und sobald Freiraum da ist, Zeit und Muße für den Glauben.
Ja, ich weiß, so kommen wir eh nicht weiter.
 
Einen müden Erklärungsversuch habe ich:

Die sogenannten "Götter" der Rhein-Weser-Germanen/Kontinentalgermanen waren keine übernatürlichen Wesen, die in einer spirituellen Welt lebten, sondern waren die durch Erzählungen überhöhten Stammväter/Ahnen wie Tuisto, Mannus, etc., die im Laufe der Narrative künstlich überhöht wurden.
Also durchaus menschliche Wesen, denen nach ihrem Tod nach x Generationen übernatürliche Fähigkeiten zugeschrieben wurden.
Und die germanischen Priester waren keine Geistlichen, sondern eben diese Stammväter zu Lebzeiten, die nach ihrem Tode dann geistig überhöht wurden.
Könnte das sein oder ist das Bullshit?
 
Ich habe hier etwas aus einer nicht validen/reputablen Quelle gefunden aber in Ermangelung von Alternativen nimmt man ja so einiges:
Scheint dir das wirklich als sinnvolle Strategie? (Das ist keine Bewertung der nämlichen Seite, wobei ich diese bei allem „wissenschaftlichen“ Anstrich für antiaufklärerisch halte*).

Egal, was noch in diesem Text steht und wie man dazu steht aber das ist doch genau das, was El Quijote und andere auch sagten, oder?
Es gab bei den Germanen keine Priesterkaste, keine keltischen Druiden, keine Erbfolge von Priestern, die allein diese Funktion ausführten.
Wo habe ich was genau gesagt, worauf du dich jetzt beziehst?

Von Euch wurde ja gesagt, dass der germanische Bauer ein knallharter Realist sein musste. Hatte er eine Missernte, die vielleicht auch durch Bewirtschaftungsfehler hervorgerufen wurde, dann musste seine Familie hungern und vielleicht mussten dann auch Menschen sterben.
Also hat er doch gar keine Zeit dafür, übergeordnete Mächte anzurufen oder den Priester befragen, wie er sich richtig verhalten sollte oder was denn gottgefällig wäre, um dies oder jenes Ziel zu erreichen.
Da spricht der in einer weitgehend atheistischen oder agnostischen Welt Sozialisierte. Für jemanden, der in einer Welt sozialisiert wurde, in der es für Naturphänomene keine wissenschaftlichen Erklärungen gab, für den war es durchaus rational, sich an übernatürliche Kräfte zu wenden.


*und nicht nur das.
 
Hallo Quijote,
es ging mir um eine mögliche "Priesterkaste", erblicher Priestertitel ... dachte, es käme von Dir. Wenn ich mich da getäuscht habe, bitte streichen, sorry.

er in einer weitgehend atheistischen oder agnostischen Welt Sozialisierte
Exakt das ist das Problem. Also komme ich an die Vorstellungswelt nicht einmal im Ansatz heran.
 
Wir haben keine neueren zeitgenössische Quellen, und an dem vorliegenden archäologischem Substrat lässt sich nur weniges schlüssig folgern.

Es bleibt dabei: die Cherusker sind eine Chimäre. Von wann bis wann wurden sie überhaupt namentlich erwähnt?
Sind sie unter Umständen gar das Bielefeld der niedersächsischen Archäologie?
 
Na schön, dann nennen wir sie doch ganz einfach die damaligen Bewohner des südlichen Niedersachsens, die keinen Eigennamen hatten. :))

Wahrscheinlich waren die Flusstäler von Weser und Leine auch vollkommen unbewohnt und die Römer jagten da irgendwelchen Geistern hinterher, die sich aber nie materialisierten.
 
Nun, die Cherusker werden mit den Clades variana erwähnt und werden ab 88 n. Chr. als von den Chatten unterworfen erklärt (was machen die eigentlich so weit im Norden?). Meine Quelle dazu ist allerdings lediglich Wikipedia, hinsichtlich Chariomerus.

Kalkriese ist eher im Gebiet der Angrivarier, später gibt es die Namenskontinuität zu den Engern und deren Aufgehen in den Sachsen.
Natürlich waren die Landschaften im heutigen Südniedersachsen bewohnt, wenn auch weniger im Bereich der sumpfigen Weserniederung selbst.

In ihrer Kontinuität sind die Cherusker aber eher eine Randerscheinung, archäologisch und sprachlich nicht fassbar.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es kann natürlich auch sein dass ich mich da gewaltig verhaspele, und Du recht hast.

Die Frage ist, wie wir Volksstämme abgrenzen können wenn sie sich über ihr Selbstverständnis definierten und wir so wenig eindeutig ihnen zuzuordnendes archäologisches Material haben. Und wenn dann diese Volksstämme auch noch ihr Siedlungsgebiet verlagerten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben