Legitimation der römischen Kaiser

Kalliope

Neues Mitglied
Hallo

habe zufällig dieses tolle Forum gefunden und schon ein paar Antworten hier gefunden. Muss für eine Geschichteprüfung lernen, ohne Unterricht nur mit Fragen und Büchern/Internet.

Eine der Fragen auf die ich nicht wirklich eine Antwort gefunden habe ist

Wie erfolgte die Legitimation der „römischen Kaiser“?

Könntet ihr mir bitte dabei behilflich sein?

danke
 
Von welchem Zeitpunkt musst du ausgehen bzw. welche Kaiser sind deine Ankerpunkte? Die klassischen Kaiser des 1. und 2. Jhds? Die Soldatenkaiser des 3. Jhds.? Oder die späten Kaiser ab dem 4. Jhd.?
 
So genau steht das leider nicht aber ich schätze mal es wird sich um die klassischen Kaiser im 1 und 2 Jhds handeln. Die Frage davor behandelt das "Triumvirat“ und „Principat“
 
Fang doch mal beim ersten an. Wie hat er es denn geschafft den Römern die Republik zu verkaufen und selbst den Laden zu schmeißen?

Hilfreich ist hierfür Paul Zanker: "Augustus und die Macht der Bilder"

Was Legitimation angeht, hilft dir der alte Max Weber und seine Legitimitätsgeltung weiter.

Aus eigener Erfahrung weiss ich, das sich die beiden sehr gut verbinden lassen.
 
Das ist in der Tat eine sehr schwierige Frage.
Formell gesehen beruhte die Legitimation des Kaisertums auf dem Senat. Der römische Kaiser war schließlich, genau genommen, kein Monarch wie ein König, sondern das Prinzipat war ein Bündel an Kompetenzen wie der tribunicia potestas und dem imperium proconsulare, die vom Senat verliehen wurden.

In der Praxis sah es freilich etwas anders aus. Faktisch gesehen stützte sich der Kaiser in erster Linie auf das Militär. Der Senat konnte nicht viel mehr tun als den Kaiseranwärter, der das Militär hinter sich hatte, abzusegnen. Im 3. Jhdt. wurden dann die meisten Kaiser einfach von ihren Truppen zum Kaiser ausgerufen. Diese "Soldatenkaiser" versuchten zwar noch, eine Bestätigung durch den Senat zu erlangen, aber diese war bloß noch eine Formalität, die an ihrer Stellung in der Praxis nichts änderte.
 
Wir können uns ja überlegen was für Arten der Legitimierung von Herrschaft es gibt und welche, wann und aus welchem Grund und in welcher Form zur Anwendung kamen. Die Beschränkung auf nur einen Kaiser wäre sinnvoll da das Ganze sonst kein Ende nimmt.

Um mal den ersten Schritt zu tun.

"§ 2. Drei reine Typen legitimer Herrschaft

Es gibt drei reine Typen legitimer Herrschaft. Ihre Legitimitätsgeltung kann nämlich primär sein:
1. rationalen Charakters: auf dem Glauben an die Legalität gesatzter Ordnungen und des Anweisungsrechts der durch sie zur Ausübung der Herrschaft Berufenen ruhen (legale Herrschaft), – oder
2. traditionalen Charakters: auf dem Alltagsglauben an die Heiligkeit von jeher geltender Traditionen und die Legitimität der durch sie zur Autorität Berufenen ruhen (traditionale Herrschaft), – oder endlich
3. charismatischen Charakters: auf der außeralltäglichen Hingabe an die Heiligkeit oder die Heldenkraft oder die Vorbildlichkeit einer Person und der durch sie offenbarten oder geschaffenen Ordnungen (charismatische Herrschaft)."

Max Weber 1922: "Wirtschaft und Gesellschaft"
 
Danke für eure Antworten.
Ich denke so ein Überblick wie von Korinther sollte reichen. Da der Stoff über die gesammte Oberstufe geht kann nicht jede Frage so ausführlich beantwortet werden.
 
Neben der formalen Legitimation, die durch den Senat erfolgte, gab es auch die praktische durch die Bestimmung eines Nachfolgers, also durch quasimonarchische Struktur. Schon Augustus versuchte dies, und unter den Adoptivkaisern wurde das Prinzip, der Panegyricus vom jüngeren Plinius an Trajan unterstreicht das.
 
Die Betonung liegt auf "praktisch": Grundsätzlich stimmt das mit der Designierung von Nachfolgern natürlich, aber man sollte nicht übersehen, dass die Durchsetzbarkeit einer Nachfolgeregelung in erster Linie trotzdem davon abhing, ob das Militär (und, weniger wichtig, auch der Senat) sie und den designierten Nachfolger akzeptierten. Die Nachfolgeregelung eines Kaisers war also nicht viel mehr als eine Absichtserklärung, verbunden mit der Hoffnung auf eine praktische Umsetzbarkeit durch Anerkennung. Ein grundsätzliches Recht des Kaisers, seinen Nachfolger zu bestimmen, oder gar eine Erblichkeit des Kaisertums gab es nicht. Eine Denkweise wie in späteren Monarchien, dass nur Angehörige einer bestimmten Dynastie zur Herrschaft legitimiert seien und da obendrein in erster Linie der älteste Sohn des Monarchen oder (in Reichen mit Senioriatsverfassung) der älteste männliche Angehörige der Dynastie, gab es nicht. Der designierte Nachfolger konnte sich zwar darauf berufen, von seinem Vorgänger bestimmt worden zu sein, aber seinen Anspruch durchsetzen musste er selbst.
Beispiele für an Widerständen gescheiterte Nachfolgeregelungen waren die Adoption Pisos durch Galba; weder Pertinax Caesar, der Sohn von Kaiser Pertinax, noch Maximinus Caesar, der Sohn von Kaiser Maximinus Thrax, konnten sich nach dem Tod ihrer Väter durchsetzen.
 
War das nicht Augustus, er sich als "Primus Inter Pares" bezeichnete? Ist das nicht auch als Herrscherlegitimation zu verstehen?
 
Die Betonung liegt auf "praktisch": Grundsätzlich stimmt das mit der Designierung von Nachfolgern natürlich, aber man sollte nicht übersehen, dass die Durchsetzbarkeit einer Nachfolgeregelung in erster Linie trotzdem davon abhing, ob das Militär (und, weniger wichtig, auch der Senat) sie und den designierten Nachfolger akzeptierten. Die Nachfolgeregelung eines Kaisers war also nicht viel mehr als eine Absichtserklärung, verbunden mit der Hoffnung auf eine praktische Umsetzbarkeit durch Anerkennung. Ein grundsätzliches Recht des Kaisers, seinen Nachfolger zu bestimmen, oder gar eine Erblichkeit des Kaisertums gab es nicht. Eine Denkweise wie in späteren Monarchien, dass nur Angehörige einer bestimmten Dynastie zur Herrschaft legitimiert seien und da obendrein in erster Linie der älteste Sohn des Monarchen oder (in Reichen mit Senioriatsverfassung) der älteste männliche Angehörige der Dynastie, gab es nicht. Der designierte Nachfolger konnte sich zwar darauf berufen, von seinem Vorgänger bestimmt worden zu sein, aber seinen Anspruch durchsetzen musste er selbst.
Beispiele für an Widerständen gescheiterte Nachfolgeregelungen waren die Adoption Pisos durch Galba; weder Pertinax Caesar, der Sohn von Kaiser Pertinax, noch Maximinus Caesar, der Sohn von Kaiser Maximinus Thrax, konnten sich nach dem Tod ihrer Väter durchsetzen.

Ich hoffe, ich bin nicht anders als in Deinem Sinne verstanden worden. Natürlich mußte der Kaiser einiges tun, um seinen Kandidaten zu etablieren, und besonders in Krisenzeiten, wenn mehrere rivalisierende Prätendenten bereitstanden, war es sehr schwierig.
Aber gerade bei den Adoptivkaisern klappte die frühe Bestimmung eigentlich ganz gut, und auch beim julischen Haus war die Treue des Heeres ziemlich lange verläßlich.
 
Der Princeps, war ja keine geregelte Institution. Sondern eine verfassungswidrige Ansammlung republikanischer Ämter und Vollmachten; gewährt von einem willfährigen Senat. Augustus legte auch großen Wert darauf, die Republik wiederhergestellt zu haben (eine Farce). Zur Erlangung dieser Vollmachten stützte sich der Princeps anfangs im wesentlichen:

- auf seine umfangreiche Klientel
- sein riesiges vererbtes Privatvermögen
- die Treue der Legionen (und Prätorianer)

- später kam noch der Kaiserkult / Göttlichkeit hinzu

Man könnte auch sagen, daß Augustus mit republikanischen Mitteln eine Alleinherrschaft implementierte. Hätte er eine Chance für die Wiedereinführung des Königtums gesehen, wäre er sicher nicht diesen beschwerlichen Weg gegangen. Den Republikaner nimmt ihm aber wohl kaum einer ab, oder?

War es nicht genau dieses fragile Konstrukt der Legitimation, das in der Folge zu Bürgerkriegen und mehr führte und damit als ein Grundstein für fortgesetztes Chaos und den Verfall des römischen Reiches angesehen werden kann? Der gute alte Mommsen soll mal gesagt haben, daß der Untergang des römischen Reiches bereits im 2ten Jhdt. v Chr begann. Da gabs noch gar keinen Kaiser. Er spielt da wohl auf die verpasste Landreform an, die auch kein Princeps je mehr in Angriff genommen hat, womit die Umverteilung des Kapitals ihren verhängnisvollen Lauf nahm. Vielleicht meint er auch die Heeresreform des Marius, die mit das Ende der Republik und letztendlich den Weg in die viel späteren Militärdiktaturen ebnete. Die mangelhafte Legitimation der Kaiser kam dann etwas später, wie auch das Einstellen der Expansionspolitik. Aber das führt jetzt zu weit.
 
Zuletzt bearbeitet:
War es nicht genau dieses fragile Konstrukt der Legitimation, das in der Folge zu Bürgerkriegen und mehr führte und damit als ein Grundstein für fortgesetztes Chaos und den Verfall des römischen Reiches angesehen werden kann?
Das sehe ich genau andersherum. Dieses Konstrukt war in der Praxis alles andere als fragil, sondern sorgte dafür, dass es jemanden gab, der genug Macht hatte, um all die widerstreitenden Interessen im Reich im Zaum zu halten, und von den meisten Römern offenbar akzeptiert wurde. Verglichen mit den letzten hundert Jahren der Republik war das Kaiserreich in seinen ersten beiden Jahrhunderten politisch überaus stabil. Die Kaiser sorgten durch ihre mehrjährigen Regierungszeiten auch für eine weitgehende Stabilität und Kontinuität in der Regierungsführung. Zu größeren Bürgerkriegen kam es allenfalls dann, wenn es keinen designierten Nachfolger gab oder sich ein neuer Kaiser nicht durchsetzen konnte. Umsturzversuche während der Regierung eines etablierten Kaisers konnten in der Regel ohne große Mühe niedergeschlagen werden. In den ersten beiden Jahrhunderten gab es nur 68/69 sowie 193-197 Bürgerkriege, die Rom und das Reich tatsächlich arg in Mitleidenschaft zogen.

Der gute alte Mommsen soll mal gesagt haben, daß der Untergang des römischen Reiches bereits im 2ten Jhdt. v Chr begann. Da gabs noch gar keinen Kaiser. Er spielt da wohl auf die verpasste Landreform an, die auch kein Princeps je mehr in Angriff genommen hat, womit die Umverteilung des Kapitals ihren verhängnisvollen Lauf nahm.
Das war allerdings vor allem in der späten Republik ein Problem. Dann wurde das soziale Problem durch das Berufsheer, die Anlage von Veteranenkolonien und die staatliche Versorgung der Bedürftigen einigermaßen unter Kontrolle gehalten. Bei den Umstürzen der Kaiserzeit spielte die Plebs nur selten eine Rolle.
 
Darf ich eine Brücke zwischen Euch schlagen: das Konstrukt der Legitimation war in der Tat fragil, es basierte ja darauf, daß alle mitmachten bei der Selbsttäuschung. Die Praxis und Ausübung der Herrschaft war fest begründet und sicher.
 
Ich glaube nicht, dass sich die Masse der Römer viele Gedanken über das Konstrukt der Legitimation gemacht hat. Dieses Konstrukt war nur anfangs nötig, weil Augustus nicht riskieren konnte oder wollte, offen eine Dictatur oder gar Monarchie zu errichten, sondern nach Wegen suchte, um seine faktische Alleinherrschaft in einer Weise, die den Römern erträglich schien, zu legalisieren und zu institutionalisieren. Aber spätestens ab der Herrschaft des Tiberius war wohl so ziemlich jedem klar, dass auch in Zukunft auf Lebenszeit regierende Principes das Sagen haben würden. Insofern lag keine Selbsttäuschung mehr vor. Dass das Konstrukt und der schöne Schein beibehalten wurden, lag wohl einerseits daran, dass es keinen wirklichen Grund (außer allenfalls das Nachfolgeproblem) für eine offizielle Änderung gab, zum anderen daran, dass die Römer prinzipiell nicht sehr neuerungsfreudig waren, sondern meist versuchten, neuen Herausforderungen durch eine Modifikation traditioneller Einrichtungen zu begegnen.
Fragil war das Konstrukt in der Praxis vor allem bei der Nachfolgeregelung.
 
Das sehe ich genau andersherum. Dieses Konstrukt war in der Praxis alles andere als fragil, sondern sorgte dafür, dass es jemanden gab, der genug Macht hatte, um all die widerstreitenden Interessen im Reich im Zaum zu halten, und von den meisten Römern offenbar akzeptiert wurde.

Es geht wie schon gesagt wurde um die Fragilität der Nachfolgeregelung mangels Legitimation. In der weiteren Entwicklung blieb von den oben genannten Säulen zumindest bei der Nachfolge meist nur noch eine übrig: die Legionen. damit endete das Prinzipat folgerichtig in einer Militärdiktatur mit verheerenden Folgen für die Volkswirtschaft. Auch wurden bereits im frühen Prinzipat geradezu paranoid auf Loyalität bei Militär und Verwaltung geachtet, was sicher nicht optimal war. Daher war Legitimation wichtig, auch wenn der normale Bürger sich darum keinen Kopp machte.

Das war allerdings vor allem in der späten Republik ein Problem. Dann wurde das soziale Problem durch das Berufsheer, die Anlage von Veteranenkolonien und die staatliche Versorgung der Bedürftigen einigermaßen unter Kontrolle gehalten. Bei den Umstürzen der Kaiserzeit spielte die Plebs nur selten eine Rolle.

Es geht mir nicht um den republikanischen konflikt mit der plebs. den hat man gelöst durch sozialhilfe und veteranenversorgung anderen orts. obwohl der ager publicus wohl zielführender gewesen wäre. es geht mir um die folgen für die imperiale volkswirtschaft infolge einer zunehmenden umverteilung des kapitals, das nochzudem unterbesteuert war. angefangen bzw. zementiert wurde dies mit der ausgebliebenen Landreform.
 
Zuletzt bearbeitet:
damit endete das Prinzipat folgerichtig in einer Militärdiktatur mit verheerenden Folgen für die Volkswirtschaft.

Inwiefern?

Auch wurden bereits im frühen Prinzipat geradezu paranoid auf Loyalität bei Militär und Verwaltung geachtet, was sicher nicht optimal war.

Was ist an Loyalität nicht optimal?
Und waren nicht in der gesamten Zeit seiner Existenz das starke Militär und die loyale Verwaltung die tragenden Säulen der römischen Großmacht?
 
Nun, ist es nicht so, daß irgendwann die Säule "Legion" ein Übergewicht bekam bei der Nachfolgeregelung? Interessant ist die Frage, warum kam es zu diesem Übergewicht und wie hätte man es politisch vermeiden können. War es nicht schon unter Tiberius, als erstmal eine Rheinlegion seinen Legaten zum Kaiser ausrief? Der Kaiser hatte allerdings damals noch leichtes Spiel damit.

Die Soldatenkaiser erkannten dann ihre Abhängigkeit von den Legionen und erhöhten die Soldzahlungen signifikant. Ebenso erwartete man von jedem neuen Kaiser große Geschenke an die Soldaten und ein solcher Wechsel passierte nun sehr häufig. Insgesamt wuchs der Verteidigungshaushalt enorm an.

Auch diese militärische "Nachfolgeregelung" war keinesfalls stabil sondern mündete oft in aufwendige Bürgerkriege, die die Volkswirtschaft weiter belasteten. Auch durch Requirierung, Plünderung und Mord an der Zivilbevölkerung. Nicht nur bei einem Wechsel sondern auch während der Amtszeit gegen aufkommende Usurpatoren.

Dem wird oft entgegengehalten, daß es im 3ten Jahrhundert immer noch zu Bautätigkeit kam und auch die Bevölkerung gewachsen sein soll. Auch sind Militärausgaben im Grundsatz nix Negatives, wie die Gemeinden, deren Bundeswehrstandorte gerade geschlossen werden, bestätigen werden. Allerdings wissen wir auch, daß ein notorischer überzogener Militärhaushalt eine Volkswirtschaft überlastet.

Ich will die Leistungen der Soldatenkaiser hier nicht schmälern. Sie haben das Reich in hervorragender Weise erfolgreich verteidigt, trotz all der widrigen Umstände. Es geht mir darum, daß es in der komplexen Struktur der Ursachen des Niedergangs des RR neben den üblicherweise genannten aussenpolitischen und wirtschaftlichen Gründen eben auch systemimmanente ursachen im politischen System gab, die schon sehr früh gelegt wurden, auch wenn sie in den "glorreichen" Tagen des Prinzipats noch nicht offensichtlich virulent waren. Das fragile Konstukt der Legitimation könnte hier eine dieser politischen Ursachen sein.

Was ist an Loyalität nicht optimal?
Und waren nicht in der gesamten Zeit seiner Existenz das starke Militär und die loyale Verwaltung die tragenden Säulen der römischen Großmacht?

Ich will die Loyalität nicht negativ überbewerten. Aber war es denn eine Loyalität mit dem Staat oder eine mit der Person? Ganz im Sinne des romischen Patronatsystems war der Princeps nicht der Staat sondern als Milliardär unter Millionären der größte Patron. Staaten haben immer recht stabil funktioniert, wenn die Spitze austauschbar war. Obwohl sich auch im niederen Beamtentum Ägyptens bei einem Kaiserwechsel wohl eher wenig getan hat.

Führte diese Loyalität zu einer Person und nicht dem Staat als solches nicht zu suboptimalen Entscheidungen? Gerade bei der Besetzung der Legionslegaten. Auch wurden Legionen zunehmend so verteilt, daß Usurpatoren keine Chance hatten, was nicht kongruent sein musste mit militärischer Notwendigkeit. Eine weitere erfolgreiche Expansionspolitik hätte größere Verbände erfordert und damit im sicheren Fall immer den persönlichen Oberbefehl des Kaisers. War dies mit ein Grund, warum Expansion nach Augustus nur in Maßen erfolgte? Wie oft haben Kaiser in unfähige potentielle Nachfolger investiert oder sind fahige ermordet worden, so daß diese Investitionen verpufften?

Große Teile des Staatshaushaltes wurden ganz im Sinne des Patronats der kaiserlichen Klientel zu Teil. Zum einen die Masse der volkswirtschaftlich unproduktiven Sozialhilfeempfänger in Rom, die ich aber nicht überbewerten möchte. Zum anderen aber auch den treuen Adel, der in weiten Teilen nicht weniger unproduktiv und unbesteuert war. Auch wurde der Adel, oder sagen wir besser die Intelligentia des gesamten Reiches, in Teilen bewusst von der politischen Macht ferngehalten und so ihre Leistungsfähigkeit nicht genutzt. Wenn Loyalität zur täglichen Paranoia wird und neben suboptimalen Entscheidungen auch enorme Kosten im volkswirtschaftlichen Bereich vorwiegend im unproduktiven Bereich verursacht, dann sehe ich sehr wohl eine Mitverantwortung in der Art, wie Loyalität gehandhabt wurde, an dem langfristigen wirtschaftlichen Niedergang und punktuell kurzfristigen Miserfolgen.

Abschliessend stelle ich mir die Frage, was man in diesem System der Alleinherrschaft mit republikanischen Mitteln hätte verändern müssen, um die permanente Bedrohung eines Militärputsches und auch, wenn auch weniger, von innen durch den Adel zu vermeiden. Es gab ja durchaus andere Staaten in der Geschichte mit großem stehenden Heer, die dieses Problem nicht hatten oder es zumindest besser im Griff haben. Ein Augustus verstand es auf dem Klavier dieses hochkomplexen republikanischen Sonderkonstrukts des Prinzipats virtuos zu spielen. Nur waren seine Nachfolger nicht alle so genial wie er.

Ich sage auch nicht, daß das System schlecht war. 500 Jahre sind eine großartige Leistung. Aber am Ende hat es versagt; auch aus politischen Gründen. Und begonnen hat es nicht erst in Adrianopel.

PS: ich versuche gerade krampfhaft, nicht auszuschweifen und mich auf das Problem der Legitimation als Element des politschen Systems zu beschränken. Was der Komplexität des Themas nicht ganz gerecht wird. Eine breitere Diskussion zum Untergang wird ja bereits in einem anderen Thread geführt. Wenn ein Mod meint, einige Posts verschieben zu müssen, solls mir recht sein.
 
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