Na ja, Riefenstahl hat keine Propagandafilme drehen müssen, um der Deportation oder Exekution zu entgehen, ein Vergleich von Riefenstahl mit Sally Perel ist daher, meiner Meinung nach, unpassend. In Speers Entwurf zu Germania nahmen ihre geplanten Studios geradezu monströse Ausmaße an. Sie konnte übrigens durchaus nach dem Krieg Filme drehen, so hatte sie einen Streifen über den Sklavenhandel gedreht, der allerdings nicht erfolgreich war. Kameraleute waren damals offenbar noch eher selten, und sie bekam von Hitler sogar Präferenz vor Goebbels, der nicht viel von ihr hielt und von dem sie behauptete, dass er ihr unter den Rock gegriffen hatte. Für ihre Filme kommandierte man ganze SA Kohorten als Statisten ab, für ihren Film "Tiefland", der in Spanien spielte, bekam sie Roma aus einem KZ.
Nach dem Krieg war es natürlich nicht mehr so üppig. Mit bescheideneren Mitteln zu arbeiten oder sich auf etwas anderes zu konzentrieren, als ästhetische Männerkörper, damit kam sie nicht so ganz zurecht. Mit den Meisterwerken des Realismus von Regisseuren wie Vittorio de Sica oder den Meistern des "film noir" hatte sich Riefenstahls Stil überlebt, ebenso wie auch der Stil der Wagnerinszenierungen von Winifred Wagner überlebt war. Die spielte bei den Neuinszenierungen von Sohn Wieland auch die Beleidigte.
Die "Ästhetik des Faschismus", "White Power", das hatte sich überlebt, war in den 50er und 60er Jahren längst antiquiert, und Leni Riefenstahl sah sich vor allem auch deshalb ungerecht verfolgt, weil sie nicht in der Lage war, ihren Stil zu ändern, sich neuen Zeiten und geistigen Strömungen zu öffnen oder neue künstlerische Akzente zu setzen.
Riefenstahl konnte sich dem faschistischen Deutschland meisterhaft anpassen, sie konnte, als Verführte meisterhaft verführen. Sie konnte diesem erbärmlichen, kleinbürgerlichen, provinziellen, spießigen und korruptem Regime eine Gloriole des Großartigen verleihen. Sie konnte Kleinbürger und SA Männer als griechische Heroen erscheinen lassen. Sie konnte den Gefreiten zum Casar machen. Sie konnte die Stadt der Reichsparteitage in einen "Wald des Jubels" verwandeln. Sie war die Meisterin der "Ästhetik des Faschismus", eine große Künstlerin in ihrem Fach, und es war sozusagen Ihre Tragik, dass sie sich in der Diktatur anpassen und neue Akzente setzen konnte,
in der Demokratie aber, konnte sie das nicht. Einem System, das von der Gleichheit der Menschen ausging, mangelte offensichtlich die Ästhetik.
Riefenstahl wollte gerne Filme drehen und konnte es nicht mehr, das war der Punkt- wo sie vermutlich ihre Sicht der Realität entwickelte und sich als Verfolgte und Benachteiligte sah.
Dass sie vom Faschismus begeistert war und großartige Propagandafilme gedreht hat, hätte sie vermutlich zugeben können, niemals aber, dass sie den eigenen Ruhm überlebt hatte. Das konnte sie sich niemals eingestehen, und das muß sie sehr verbittert haben.
So gesehen hat sie am Ende für ihre Filme durchaus hart gebüßt, denn sie hätte gerne weiter Filme gedreht, aber hatte nicht die Gelegenheit dazu.
"Triumph des Willens" und "Fest der Völker" werden aber als Meilensteine der Filmgeschichte ebenso bestehen bleiben wie das Bürgerkriegsepos Von John Griffith, "Birth of a Nation" dass die Schwarzen zum Ursprung allen Übels erklärt und den Ku Klux Klan verherrlicht. Man wird allerdings diese Filme sozusagen im Giftschrank halten, was eigentlich schade ist.
In einer anderen Diskussion schrieb El Quichote etwas sehr gutes zu "Birth of a Nation": El Quichote sagte, dass der Film streckenweise unfreiwillig komische Züge für ihn habe.
Das wird vermutlich auch mit Riefenstahls "Triumph des Willens" auf Dauer der Fall sein. Nicht weil das handwerkliche veraltet erscheint, sondern weil die rassistische Ideologie, die dahinter steht ebenso anachronistisch anmutet, wie die rassistische Ideologie von "Birth of a Nation"