Los der Zivilbevölkerung unter sowjetischer Besatzung

Hat eigentlich einer nähere Infos zu Treuenbrietzen?
Anfang Mai 1945

Ich meine jetzt nicht die Ermordung der italienischen "Fremdarbeiter".
Heute stand dazu ein interessanter Artikel in der Zeitung:
Geschichte - Das groe Tabu von Treuenbrietzen - Berlin - Printarchiv - Berliner Morgenpost
Obwohl man zwar weiß, daß es im Krieg grausam zugeht, erschüttern einen die Details doch immer wieder.
:hmpf:

Edit:
Über eine Äußerung in dem Artikel würde ich gern eine Diskussion anstoßen.
Ingeborg Grabow meinte hier:
"Wer Rache übt, kann sich nicht als Befreier feiern lassen, auch wenn er mitgeholfen hat, diesen unseligen Krieg zu beenden."
Ich würde ihr sogar zustimmen, vorausgesetzt, es wird systematisch Rache geübt (also Affekthandlungen einzelner Soldaten würde ich dabei ausnehmen), was im Falle von Treuenbrietzen gegeben zu sein scheint.
Was meint ihr dazu?
 
Zuletzt bearbeitet:
Hat keiner meine Frage gesehen?

Doch, schon, aber eine ethisch-moralische Betrachtung halte ich aus mehreren Gründen für schwierig:

1. Wer ist "wer", der als Befreier bezeichnet werden soll? Ein Volk, ein Staat, eine politische Führung?

2. Die Sowjetunion 1945 läßt sich überdies nicht vom Stalinismus abstrahieren, der vom Kriegsausbruch an, über die aggressive Machtpolitik gegenüber Polen, Finnland, Baltikum und Rumänien einen Teil der Kriegsschuld trägt, der nur schwer zu bewerten ist.

3. Andererseits wäre ein Sieg der Demokratien wohl schwer vorstellbar, wenn der zweite Diktator und Massenmörder im Osten in "Totaler Kriegsführung" unter unglaublichen Opfern, auch Verbrechen gegen das eigene Volk, nicht 1941/42 standgehalten hätte. Was ist also mit der Motivation des Befreiers, etwa im November 1941?

Verbrechen - auch systematische - in Deutschland 1944/45 reihen sich eher in eine Linie mit entsprechenden früheren Vorgängen.
 
Edit:
Über eine Äußerung in dem Artikel würde ich gern eine Diskussion anstoßen.
Ingeborg Grabow meinte hier:

Ich würde ihr sogar zustimmen, vorausgesetzt, es wird systematisch Rache geübt (also Affekthandlungen einzelner Soldaten würde ich dabei ausnehmen), was im Falle von Treuenbrietzen gegeben zu sein scheint.
Was meint ihr dazu?

Ich finde jede Legitimation von Rache fragwürdig, da man immer das Problem haben wird, dass Racheaktionen seltenst die wirklich Schuldigen treffen, die haben sich meist schon abgesetzt. Das sieht man schon an den Nürnbergern Prozessen, in denen eine wirklich kleine Zahl von "Hauptverbrechern" angeklagt wurde, da sich die meisten durch Flucht oder Selbstmord dem Prozess entzogen (auch wenn dieser kaum als Rache gelten kann, aber er zeigt das Problem der Fassbarkeit von wirklich Schuldigen). Zumal Strafaktionen immer wieder ausarten, wie jedes beliebige Beispiel seit der Antike zeigt.

Bei Rache hat man doch gleichzeitig immer das Problem, dass man sich auf eine Stufe mit dem ursprünglichen Täter stellt. Aber wie silesia schon sagte, sind solche ethisch-moralische Dinge sehr schwer wirklich zu bewerten.
 
"Wer Rache übt, kann sich nicht als Befreier feiern lassen, auch wenn er mitgeholfen hat, diesen unseligen Krieg zu beenden."

Was meint ihr dazu?

Ich meine das diese Serie "60 Jahre nach Kriegsende" in einigen Punkten ausgesprochen fragwürdig ist.

Dazu als Kontrapunkt mal ein paar Zitate von Ilja Ehrenburg die den einen oder anderen Leser vielleicht überraschen werden:

„Die Männer der Roten Armee wollen die Kinderschlächter töten, nicht aber die Kinder der Kinderschlächter. Denkt immer daran: Wir sind keine Deutschen!"

„Der sowjetische Soldat wird keine deutschen Frauen belästigen. Der sowjetische Soldat wird keine deutsche Frau schänden, noch wird er irgendeine intime Beziehung mit ihr unterhalten. Er ist über sie erhaben. Er verachtet sie dafür, dass sie die Frau eines Schlächters ist. Der sowjetische Soldat wird an der deutschen Frau schweigend vorbeigehen.“

"Unser Volk will keine Rache. Nicht dazu haben wir unsere jungen Männer erzogen, dass sie auf das Niveau hitlerschen Handelns herabsinken. Niemals werden Rotarmisten deutsche Kinder ermorden, deutsche Frauen schänden oder die Bibliothek von Marburg in Brand stecken. Rache ist Rede in gleicher Sprache. Aber wir haben keine gemeinsame Sprache mit den Faschisten."

Gab es Rache?

Natürlich. Nachdem was die Wehrmacht in Russland so getrieben hat ist es aber eigentlich umgekehrt sehr erstaunlich, daß nicht viel mehr geschehen ist. Es wurden in der Sowjetunion um die 10 Millionen Zivilisten ermordet, weitere Millionen Sowjetbürger wurden nach Deutschland in die Sklaverei verschleppt und auch dort millionenweise getötet. Es gab in der Sowjetunion Vergewaltigungen russischer Frauen durch Wehrmachtssoldaten in einer Anzahl die in der Kriegsgeschichte einzigartig ist.

Was mich insbesondere stört ist die heute weitverbreitet angenommene Exklusivität des russischen Vorgehens in Osteuropa. Auch in der französischen Besatzungszone gab es sehr viele Vergewaltigungen durch französische Soldaten, dazu kann ich aus meiner persönlichen Familiengeschichte beisteuern, das in der Region wo meine Familie herstammt massenweise durch Franzosen vergewaltigt wurde.

Demgegenüber ist es Fakt, daß die Zahlen der Opfer im Bereich des Sowjetischen Vorgehens wie sie heute noch Verwendung finden einfach nicht stimmen. Weder gab es bei den Vertreibungen so viele Tote noch gab es so viele Vergewaltigungen wie es oft angegeben wird.

Angesichts der insgesamt im Osten um die 500 000 Toten frage zumindest ich mich, warum die tatsächlichen Opferzahlen so gering sind? Meiner Ansicht nach wollten sehr viel mehr russische Soldaten Rache als tatsächlich ausgebüt wurde. Verhindert wurde dies durch die extrem brutale Disziplin der Roten Armee, die private Racheakte zu verhindern suchte.

Ich finde es erstaunlich, daß selbst im deutschen Wikipedia und bei der Bundeszentrale für Politische Bildung immer noch die Zahlen der Abteilung Fremde Heere Ost Verwendung finden die auf von Gehlen initiierten Propaganda Märchen beruhen.

Sehr wenig bekannt und geschichtswissenschaftlich in Deutschland ignoriert ist dann der Fakt, daß in der Not nach der Eroberung sich viele deutsche Frauen prostituierten, vor allem für Lebensmittel. Eine NKWD Bericht kommt zu dem Schluß, daß käuflicher Sex in den deutschen Gebieten so leicht verfügbar und günstig sei, daß primär aufgrund dessen keine Vergewaltigungen mehr statt fünden.

Für Vergewaltigung deutscher Frauen gab es in der Roten Armee die Todesstrafe und diese wurde auch in sehr vielen Fällen vollstreckt womit die Vergewaltigungen schon bei der Eroberung Berlins drastisch nachließen bzw aufhörten. In der deutschen Wehrmacht gab es keine Todesstrafe für das grenzenlose Vergewaltigen und Niedermetzeln russischer Zivilbevölkerung... und auch in der französischen Armee gab es keine Strafe für die Taten französischer Soldaten gegen deutsche Frauen.
 
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