Seh ich kein Problem. Die alten steinzeitlichen Sprachen waren in ihrer Verbreitung eng regional begrenzt, hatten einen beschränkten Wortschatz, für viele Neuerungen in Handel und Technik keine Ausdrücke, wahrscheinlich kein vernünftiges Zahlensystem, vielleicht wenig Möglichkeiten Zeitabläufe darzustellen u.ä.
Warum sollten die nicht aussterben? Passiert heute doch auch ständig mit Dialekten.
Das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass man einen Anlass benötigt, um einen Sprache zu übernehmen. Da wird kein präkeltischer Britannier hingegangen sein und bestimmt haben: Hey, wir sollten anfangen Keltisch zu sprechen. Denn Sprache ist etwas, was man als Kind von den Eltern lernt. Und so wird Sprache immer weiter tradiert und verändert sich, durch den Einfluss einer anderen Sprache allenfalls allmählich. Wenn jetzt aber keine Kelten eingewandert sind, woher soll der Nutzen gekommen sein, deren Sprache zu übernehmen? Warum fanden die Römer ein keltisches Britannien vor, wenn dort keine Kelten einwanderten?
Du hast die Verbreitung des Lateinischen als Parallele angeführt. Aber auch das stimmt nicht. Denn während das Lateinische sich allmählich durch Eroberungen, Veteranensiedlungen in den neuen Provinzen, Gesetze, als Befehlssprache in der Legion im Laufe der Jahrhunderte verbreitete, also als Folge von Migration, schließt du das für das Keltische > Inselkeltische aus.
Kommen wir zu den Möglichkeiten, Zeitabläufe darzustellen:
In den semitischen Sprachen gibt es z.B. nur zwei Zeiten, eine perfektive und eine imperfektive. Die perfektive Form wird meist für Vergangenes verwendet, die imperfektive für Gegenwart und Zukunft. Wenn ich das mit dem Spanischen vergleiche, dort gibt es neben dem Präsens, welches eine imperfektive Zeitform ist, auch den Imperfecto, welches (wie das Deutsche Imperfekt auch, welches allerdings seine imperfektive Bedeutung weitgehend verloren hat), eben imperfektiv in der Vergangenheit ist: nicht abgeschlossene Handlung in der Vergangenheit. Warum wurden die semitischen Sprachen nicht von ihren Sprechern ersetzt, wenn es nur zwei Zeitformen gab, die nicht einmal deutlich machten, wann ein Geschehen geschah? Im Gegenteil, Sprecher des Lateinischen oder des Griechischen übernahmen sogar das Arabische? Das kann also kein plausibler Grund sein.
Um ein Zahlensystem weiterzuentwickeln, benötigt man auch nicht die Übernahme einer ganzen Sprache. Wir konnten doch auch die Null aus dem Arabischen übernehmen (wenn wir sie auch mit dem lateinischen Terminus für 'nichts' bezeichnen), ohne gleich die gesamte arabische Sprache zu lernen?
Nämliches gilt für Handelsgüter. Begriffe können in Form eines Adstrats in eine Sprache entlehnt werden, auch dafür muss nicht gleich die ganze Sprache übernommen werden. Nur mal so als Beispiel: Über die Bibel und über das Jiddische dürften schon eine ganze Menge
Semitismen sich im Deutschen befinden (
Ganove,
Schmiere stehen,
Guter Rutsch,
Tohuwabohu....), im Mittelalter kamen
Arabismen hinzu (
Zucker,
Alkohol...) und dann gibt es noch Finnougrismen im Deutschen, etwa der Dolmetscher. Selbst aus Sprachen, mit denen das Deutsche überhaupt keine Berührung hat, haben wir Lehnworte entnommen, man denke an
Orkan/Hurrican,
Kanu,
Mais, BBQ (
Karibisch),
Schokolade,
Tomate,
Kakao (
Aztekisch),
Tabu,
Kiwi (
Pazifisch),
Monsun (
Indisch (oder Arabisch?)),
Tsunami,
Kamikaze (
Japanisch).
Diese Lehnworte ändern nicht die Sprache, sie bereichern sie aber sie werden entlehnt weil sie notwendig sind, um etwas Neues zu bezeichnen oder etwas Altes zu präzisieren. Erst bei dauerhaftem Kontakt werden allmählich auch die Worte ersetzt, die man schon in der eigenen Sprache hat, z.B. ist es bei einigen seit Jahren in,
Familie durch
family zu ersetzen. Völlig albern, funktioniert aber in erster Linie deshalb, weil man ein Vorverständnis voraussetzen kann (hier sogar doppelt, weil
family und
Familie sich so nahe stehen): Die Mehrheitsbevölkerung hat Englisch seit der 5. oder 7. Klasse gelernt, inzwischen lernen viele Kinder es sogar schon in der Grundschule. Dies Situation lässt sich aber nicht auf die Antike oder Protogeschichte zurück projizieren.