Nochmal zurück zu Rommels operativen Fähigkeiten, insbesondere hinsichtlich der Logistik.
Bereits die Diskussionen vom Februar 1941 ließen an der Verstärkung des Sperrverbandes mit Panzern erkennen, dass "die Abwehr offensiv geführt werden" sollte (zB KTB Halder 1.2.41: Verteidigung durch angriffskräftigen Verband, der die durch Vormarsch geschwächten britischen Truppen zerschlägt) . In der Weisung OKW vom 3.4.41, Hitlers Anordnung: Hauptaufgabe des DAK bleibt es vorerst, erreichte Stellungen zu sichern und möglichst starke britische Kräfte zu binden (Halder, KTB 3.4.41).
Unter diesen Umständen startete Rommel seine April-Offensive, drang schnell vor und warf die tatsächlich schwachen britischen Truppen (Anfang April auf 4 Divisionen in der Cyrenaika geschätzt) mit seinen noch schwächeren Truppen zurück. Dem schnellem Vormarsch folgte das ernüchternde Liegenbleiben vor der Festung Tobruk, ohne realistische Möglichkeiten zu ihrer Erstürmung. Trotzdem läßt Rommel mit der Festung im Rücken bis zur ägyptischen Grenze vormarschieren.
Nun zeigten sich bereits drastische Versorgungsengpässe. Halder notiert unter 11.4.41 nach Gespräch mit Wagner: "Rommel fordert Unsinniges an. Für die Erfüllung muss Barbarossa maßgebend bleiben." (Parallel lief auch noch der Balkan-Feldzug). Am 12.4. wurde Bardia, kurz vor der Grenze, zurückerobert.
Doch Rommels utopische Pläne reichten weiter, er stand hier auch offenbar in Kontakt mit Hitler. Halder berichtet unter 13.4., Hitler erwäge für die weiteren Vormarschpläne Rommels ein zusätzliches motorisiertes Regiment (Anm: von der Kräftezufuhr eine völlig absurde Diskussion über niemals ausreichende Stärken) zuzuführen. OKH habe dieses abgelehnt, und sehe keine Möglichkeit, Nordafrika weitere Truppen zuzuführen. Die Truppenverstärkungen seien auch "kraftfahrtmäßig und betriebsstoffmäßig nicht zu machen". Ohne stärksten Lufteinsatz seien Operationen in Nordafrika nicht zu führen, mit dem Vordringen nach Ägypten werde der englische Widerstand immer stärker werden. Dies sind alles sehr realistische Einschätzungen des OKH.
Rommel schien das wenig zu beeindrucken, allein das Luftargument schien ihn zu beunruhigen. Im OKH wurde dann am 14.4. vermerkt: "Rommel will von Sollum über Marsa Matruk gegen Suez. Reichsmarschall (Göring) will Fliegerkräfte dazu geben (Anm.: wo er die hernehmen wollte, wird wohl ein ungelöstes Rätsel bleiben).
Abends entschied Hitler die Auseinandersetzung (Halder, KTB 14.4.41): "Entscheidung des Führers über die Anträge Rommel: Es kommt darauf an, jetzt in Gegend Sollum erst eine ausreichende breite Basis auszubauen (einschließlich Shiwa). Darüber hinaus nur Raids."
Dies ist ein Stopp-Befehl, der allerdings wiederum die entscheidende Größe "Tobruk" verkannte. Wenige Tage zuvor hatte die Marine gewarnt, dass die Nachschubversorgung Nordafrika nicht auf Dauer sichergestellt werden könne.
Rommels Ernüchterung kam einen Tag später, die Fügung in die Realitäten:
"Rommel meldet, dass er in Tobruk hartnäckigen Widerstand findet und nicht durchkommt. Anscheinend starke eingeschlossene Kräfte, die von See ... unterstützt werden. (Anm.: sollte das nun tatsächlich eine Überraschung gewesen sein, die gesamte Operation Rommels auf Tobruk/Bardia diente der Einschließung rückfließender Kräfte bei Tobruk und Bardia?) Er muss die beiden italienischen Divisionen zur Verdichtung der Einschließungslinie einsetzen. Außerdem wird er von Ägypten her auch auf der Landseite angegriffen. Nun meldet er selbst, dass seine Kräfte nicht ausreichen, um die "beispiellos günstige" (Anm: zynische Anführungszeichen stammen vom genervten Halder) Gesamtlage ausnützen zu können. Diesen Eindruck hatten wir hier in der Ferne schon länger."
(Halder KTB 15.4.1941).
Die deutliche Abqualifizierung der operativen Fähigkeiten des Kommandeurs muss man nicht kommentieren.