Sicher erscheint es äußerst zynisch, in diesem Zusammenhang von "demokratisch" zu sprechen, macht dann aber dennoch Sinn, wenn man an das Scheitern der attischen Demokratie oder den Terror der Französischen Revolution denkt. Am Ende ist dann ja auch Hitler, anders als sein früheres Vorbild Mussolini, durch demokratische Wahlen zum Reichskanzler gewählt worden.
Zu diesen "demokratischen Wahlen" kam es allerdings durch eine Kette von undemokratischen, illegitemen Machenschaften, Absprachen etc. Dies sollte nicht vergessen werden, liest man von "demokratischen Wahlen" im Vergleich mit früheren Wahlen i.d. Weimarer Rep.
So organisierten sich die Nazis durch " Wahlen " , in denen es keine Auswahl gab ,den Nationalismus der Leute, in dem sie grundsätzliche Zustimmung von unten für die Vorhaben von oben einfordern.
Die Nationalsozialisten hielten sich also zumeist an die Wahlordnung der Weimarer Republik. Das bedeutet: Formaljuristisch wurde geheim gewählt und das Wahlgeheimnis durfte scheinbar nicht gebrochen werden. Zudem gab es theoretisch keine Wahlpflicht, in der Praxis hingegen einen Zwang zur Wahl zu gehen: „Wahlrecht ist Wahlpflicht! Es darf sich niemand ausschließen, keiner darf seine staatsbürgerliche Pflicht versäumen!“ - so Gauleiter Hinrich Lohse im August 1934. Kein Interesse hatten die Nationalsozialisten dagegen daran, das Verfahren für Volksbegehren und Volksentscheide der Weimarer Republik zu übernehmen. Schon am 14. Juni 1933 erließen sie ein „Gesetz über Volksabstimmung“. Dieses machte es möglich, neben Gesetzen nun auch über Maßnahmen der Regierung abzustimmen. Zudem wurde das 50-Prozent-Quorum gestrichen, damit genügte eine einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Faktisch wurden Volksabstimmungen eingesetzt, um die scheinbare oder tatsächliche Einheit zwischen der NS-Führung und der von ihr propagierten Volksgemeinschaft zu demonstrieren.
http://www.geschichte-s-h.de/vonabisz/wahlen-1933-bis-1938.htm
Im Sinne Nietzsches , der in der Herrschaft der Massen eine demokratische Überwindung der von ihm geforderten Überwindung der Herrenrassenmetalität sieht, würde sich heutzutage jemand wie H. Heine sicher im Hinblick auf die "demokrat. Wahlen" der Weimarer-Endzeit zu der eher zynischen Sicht anschließen : "
Die dümmsten Kälber, wählen ihre Metzger selber " , während die Kälber hier die sich demokrat. wähnend-wählende dt.Volksgemeinschaft im rassischen Sinn der Nazis wären, die eine Wahl, aber keine Auswahl hatte--diese wurde wie o.g. rechtzeitig durch undemokrat. Machenschaften ihrer Führerschicht aus dem Weg geräumt.
Insofern kann ich die Semantik von Angrivarier in Hinblick auf die Ausführungen zu " Masse. Pöbel + deren "demokratischen Ausformungen " in der Nazizeit nachvollziehen. Die philosophisch-ideolog. versierten Nazi-Demagogen haben sich genau diesen Aspekt der scheinbaren "Herrschaft der Volksgemeinschaft " zu Nutze gemacht und jeweils Brauchbares der angesprochenen Geistesgrößen für ihr System herausgefiltert um den Anschein einer Volksdemokratie nach demokr. Wahlen zu wahren.
Allen Gewaltherrschaften, ob im Verlauf der franz. Revolution oder der braunen Diktatur ,geht eine Instrumentalisierung der im Volk aus verschiedenen Gründen vorhandenen Agression gegen vermeintl. Veruracher ihrer" schlechten Situation " vorraus. Die Sündenböcke werden entsprechend ausgemacht und vernichtet, das Volk , jeder Einzelne, bekommt ein Ventil für die ideologisierte
Agression. Diese führt zwangsläufig zur physischen Gewaltbereitschaft, bzw. dessen Abtreten an "demokrat. gewählte " Vollstrecker.
Da ist viel Nietzsche drin, aber von einem System Nietsche darf sicher nicht gesprochen werden, von ihm selbst stammt das Zitat ,daß "
der Wille zum System immer schon ein Stück Unaufrichtigkeit enthält-eben, weil man damit die Vielfalt des Lebendigen gewaltsam vereinfacht"
Zur These Angrivariers, daß es sich im Sinne Nietzsches bei der Herrschaft des Pöbels und der Nationalsozialisten um demokrat. Ausformungen gehandelt haben könne, wäre mein Fazit daher ; Nein, denn bezogen auf o.g. Zitat Nietzsches kann ich das nicht erkennen.