Gerade die von mir oben angesprochenen "untauglichen Maßnahmen", seien es Versuche Bündnisse auf Verhandlungsebe zu sprengen, oder die bewusste Herbeiführung von "Krisen" hat zum Schulterschluß der europäischen Mächte geführt, respektive haben diese ihre Probleme untereinander als weniger gravierend angesehen als ihre Probleme mit dem Reich. So ist auch der Ausgleich Russland-Grossbritannien von der deutschen Politik aktiv befördert worden. Das es u.U. keinen einzigen deutschen Diplomaten gab der das voraussah entschuldigt Bülows Politik keineswegs.
Ähem, von Entschuldigung ist hier auch nirgends die Rede gewesen. Bülow hat als Maßstab seiner Außenpolitik die Sicherheit des Reiches gesehen. Seine Fehler bzw. Fehleinschätzungen, sind nicht unbedingt seine Zielsetzngen als solches, sondern vielmehr in den Methoden und Mittel seiner auswärtigen Politik. Ich weiß nicht, ob überhaupt die inneren Voraussetzungen für eine geräuschlose Außenpoltik gegeben waren, denn die Einkreisungsphobie nahm im Laufe der Jahre eher zu und die Spielräume verengten sich immer weiter. Als Fehlleistungen lassen sich sicher die Marokkokrise und der Handelsvertrag mit Russland 1904, wo man die Russen quasi über den Tisch gezogen hat, klar ausmachen. Du übersiehst m.E. nach einfach die Zwänge, denen Bülow, insbesondere seine Außenpolitik, ausgesetzt waren.
Deinen Darstellungen zur Daily Telegraph Affaire kann ich nicht folgen
Seit dem Skandal um Eulenburg, wo nicht der Botschafter Österreich-Ungarns Szögyény annahm, das Bülow da seine Händer im Spiel hatte, wollte der Kaiser wieder Terrain zurückgewinnen. Bülow sei ihm zu große geworden. Das hatte dieser gegenüber Kriegsminister von Einem so geäußert.(1) Wilhelm II. integrierte beispielsweise gegen den amerikanischen Botschafter Hill, ohne dass das AA involviert gewesen wäre. Sein Gerede hinsichtlich eines Krieges, riefen in der Presse kein positives Echo in der Öffentlichkeit hervor. (2)
Bülow war von Wilhelms eigenwilligen Auftreten nicht begeistert. Und dann noch das sehr schlecht verlaufene Gespräch hinsichtlich der Flottenrüstung mit Hardinge. Angesichts all dieser Fakten und der schon erwähnen Einmischungen in die Personalpolitik des AA erscheint es gemäß der Dokumentation zur Dailey Teleraph Affäre von Peter Winzen, sehr wenig wahrscheinlich, das Bülow ausgerechnet diesen Text nicht gelesen haben soll. (3)
In der Reichstagssitzung vom 11.November häute sich dann auch die Kritik gegen Wilhelm und dessen persönliches Regiment. Bassermann verlangte gar, er berief sich auf den Protest im Reich, "daß nur einer die Politik des Reiches leiten möge, der verantwortliche Reichskanzler." (4)
Diese Rede erleichterte es Bülow in seiner Erklärung auf eine Verpflichtung des Kaisers Zurükhaltung zu beobachten und diese einige tage später auf diese Zusage zu verpflichten. (5)
Wenn man 1905 im Deutschen Reich noch nicht von einer militärischen Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Grossbritannien ausging, ist die bündnispolitische Absicherung mit Russland gegen Grossbritannien allein doch unnötig. Keine Probleme zwischen Deutschem Reich und Grossbritannien waren 1905 so gravierend dass sie zu einem Krieg hätten führen müssen, den Grossbritannien hätte beginnen sollen - denn nur dann wäre für Russland die Bündnispflicht gegeben
Für das Deutsche Reich ging es darum, eine wahrgenommene Einkreisung unbedingt zu verhindern. Frankreich war schon mit Russland verbunden. Die Entente war schon vom Potenzial her für das Deutsche Reich alles andere als vorteilhaft. Wenn diese, so wie es ja auch das erklärte Ziel der französischen Diplomatie war, vertieft werden würde, wie es auch geschah, dann waren die außenpolitischen perspektiven für das Deutsche Reich düster, zumal der drohende Schatten hinten Großbritannien, die USA, im Zweifelsfall diese unterstützen würden. Im Fernen Osten waren die Briten seit 1902 mit Japan verbunden. Man bnötigte wenigsten zur einer europäischen Flügelmacht/Weltmacht eine vertragliche Bindung, um den Albtraum eines denkbaren Zweifrontenkrieges nicht Wirklichkeit werden zu lassen.
Frankreich sollte den Abmachungen von Björkö beitreten und dann wäre Grobritannien isoliert gewesen.
Ein Ausgleich mit Großbritannien war zu der Zeit nicht denkbar. Dem standen schon Tirpitz und Wilhelm wegen der Flottenrüstung entgegen. Aber auch die Bagdabahn verdient hier Erwähung, da sich Großbritannien durch diese Projekt elementar bedroht fühlte. Des Weiteren übernahmen in Großbritannien die Liberalen die Rgierung und damit Sir Edward Grey das Foreign Office. Grey, war in den ersten Jahren seiner Amtszeit, gegenüber dem Deutschen Reich sehr negativ eingestellt. Auch die wichtigen Postenm beispielseweise die Btschafterposten in Petersburg, Paris und auch Berlin, warn durchweg mit Leuten besetzt, die dem Deutschen Reich sehr negativ gegenüberstanden und eine enge Koperation mit Frankreich und Rußland wünschten. Das wurde ja auch bekanntermaßen realisiert.
(1) Bülow, Denkwürdigkeiten, Bd.2, S.382
(2) HHStA Wien, MdÄ, PA III, Nr.1666, Berichte aus Berlin v. 07.03.1908
(3) Winzen, Das Kaiserreich am Abgrund. Die Dailey Telegrap Affäre und das Hale Interview von 1908, Darstellung und Dokumentation, S.9f
(4) Sten. Ber. RT,12.Leg.-Per.,I Session 1907-1907, S.5374
(5) Kanis, Deutsche Außenpolitik 1902-1914, S.278ff