Das halte ich für eine ziemlich gewagte These. Bevor die Johanniter auf Malta ansässig wurden, gingen die Bewohner der Region schon dem Seeraub, verbunden mit Sklavenjagden nach. 1516 eroberte Oruc und Chaireddin Barbarossa Algier und machten es zum Stützpunkt ihrer Raubzüge. Die Johanniter bekamen die Insel Malta erst 1530 von Karl V. Zuvor hatten sie , als sie noch auf Rhodos saßen, besonders den Handel mit Ägypten gestört. Folglich hätten nach dieser These die Ägypter ebenfalls zum Seeraub übergegangen sein müssen. Auch als sie auf Malta ihren Sitz hatten, gingen ihre Karawanen (Raubzüge) hauptsächlich ins östliche Mittelmeer.
Als sich Michael Heberer 1580 an Bord einer Maltesergaleere befand kaperten sie osmanische Handelsschiffe unmittelbar vor der Küste Alexandrias. Auch die große Galeone des Obereunuchen Süleimans wurde von Romegas vor der griechischen Küste gekapert. Bei diesem Raubzug schoss der Johanniter auch noch ein Schiff ,mit dem Beylerbey von Kairo und der Amme der Sultanstochter an Bord leck und nahm die vornehme Pilgergesellschaft in Geiselhaft.Das geschah direkt vor der Küste Kleinasiens und nicht im westlichen Mittelmeer.
Die Flotte der Malteserritter war im Vergleich zu denen der Barbareskenkorsaren winzig . Meist bestand sie nur aus 5 bis 6 Galeeren und 2 größeren Seglern ,die häufig nicht vor der nordafrikanischen Küste zu finden waren, da sie jedes Jahr, wochenlang in der Ägäis unterwegs waren. Das hätte keinen Seehandel in Algier, Oran ,Tunis oder Tripolis zum Erliegen gebracht. 1551 verwüstete Turgut Rais Malta und verschleppte die geamte Bevölkerung der Insel Gozo in die Sklaverei. Das war möglich, weil die Flotte der Ritter nicht zur Verfügung stand.
Sie war gerade auf Karawane im Osten. Die Bevölkerung Marokkos hatte kaum Berührung mit den Malteserrittern ,trotzdem betrieben sie im Atlantik exzessiven Seeraub.
Die These war nicht, dass deswegen in Nordafrika Korsaren aufgetaucht wären, sondern dass die Korsaren von Malta die restliche Schifffahrt von dort zum erliegen brachten. Die Schiffe der regulären Ordensflotte waren auch nicht die einzigen die von Malta aus operierten.
Der Kaperkrieg im Mittelmeer war eigentlich schon immer vorhanden, von allen Seiten. Die Grenzen zwischen der Handelsschiffahrt und dem Korsarentum waren fliessend so wie auch zwischen diesem und dem Piratentum. In mittelalterlichen Texten (12-13. Jahrhundert) beschweren sich spanische Quellen überwiegend über italienische Kaperer (meistens Genuesen), Katalanische und Kastilische Schiffe betrieben aber oft genug das selbe Gewerbe. Nordafrikanische werden zu diesem Zeitpunkt selten erwähnt. Diese wurden erst später zum Hauptproblem.
Malta selbst war bereits vor der Ansiedlung der Johanniter ein berüchtigtes Korsaren und Piratennest. Heinrich von Malta (Enrico Piscatore) war bereits im 13. Jahrhundert den Genuesen und Venezianern ein Dorn im Auge und besetzte sogar zeitweilig die Küste Kretas bis ihn die Venzianer vertrieben.
Zwischen dem 13. und dem 15. Jahrhundert wuchs die Wichtigkeit dieses "Wirtschaftszweiges" auf Malta. Die Lokalen Authoritäten waren im 15. Jahrhundert deshalb sogar besorgt, dass durch diese Aktivität die männliche Bevölkerung zu starke Verluste erlitt. Die Kaperbriefe wurden von Sizilien aus erteilt, unter dessen Hoheit Malta damals noch lag und auf Grund der Bitten des lokalen Magistrats wegen dieser Befürchtungen, wurden sie zeitweilig limitiert und es wurde überhaupt verboten auf fremden Kaperschiffen anzuwerben.
Die Maltesischen Korsaren kooperierten auch bereits vor 1530 mit den Johannitern, als diese noch ihren Sitz auf Rhodos hatten. Um 1465 kooperierte ein gewisser "Michele da Malta" mit dem Orden in der Ägäis. Irgendwann schlug er über die Stränge und kaperte zu viele Schiffe von Ländern, die mit dem Orden in Frieden waren. Sein Schiff wurde vom Orden aufgebracht und Michele im Kampf getötet.
Nach dem der Orden sich auf Malta niederliess, übernahm er vom Vizekönig von Sizilien die Hoheit auch über die dortigen Korsaren.
Neben der eigenen Kriegsflotte der Johanniter und deren regelmäßigen "Karawanen" konnten Ritter des Ordens auf eigene Rechnung eine Kaperfahrt durchführen, mussten jedoch einen relativ hohen Anteil der Beute abtreten. (Nach Paul Cassar -"The maltese corsairs"- 3/4 des Gewinns. "Private" Korsaren mit Kaperbrief des Ordens mussten dagegen eine Steuer von 9% der Beute zahlen.
Unter Großmeister Pietro del Monte (1568-72) wurden strenge Regeln für die Privaten Unternehmungen aufgestellt. Ab 1605 gab es eine eigene Institution die sich um alle Belange des Kaperkrieges kümmerte, die Kaperbriefe ausgab, die Beute und die Sklaven taxierte (die Ordensflotte hatte ein Vorkaufsrecht auf männliche ruderfähige Gefangene) und die zu entrichtenden Steueranteile festlegte. Die lokalen Freibeuter konnten sich sogar Waffen vom Orden ausleihen, mussten diese aber im Verlustfall ersetzen.
Auf der anderen Seite gab es jedoch auch Verpflichtungen mit der Ordensflotte zu kooperieren bzw. für die maltesischen Seeleute ggfs. als Ruderer oder Mannschaften zur Verfügung zu stehen.
Gelegentlich hat der Orden bestimte Anweisung aus politischen Situationen heraus erteilt: So wurde 1647 es verboten, in der Nähe der Küsten des heiligen Landes zu operieren, da die Osmanen an der dortigen Christlichen Bevölkerung reppressalien ausübten, für Angriffe auf türkische Schiffe vor diesen Küsten. 1673 gab es auch ein Verbot, französische Schiffe nach türkischen Handelswaren zu Durchsuchen.
Wie oben erwähnt, galten grundsätzlich alle muslimische Schiffe als legale Beute. Juden und Ihre Güter sollten nach Papstlichen Anweisungen respektiert werden, wurden es jedoch nicht immer. Christen die mit den Muslimen handelten wurden gelegentlich aufgebracht, Venedig reagierte darauf jedoch sehr energisch und der Orden musste deswegen mehrfach Reparationen zahlen. Die Griechen sollten ebenfalls eigentlich in Ruhe gelassen werden, wurden aber als osmanische Untertanen oft aufgebracht.
Britische Schiffe galten dagegen ausdrücklich als zulässige Beute. 1581, 1604 und 1664 gab es mehrere Zwischenfälle die mit der Kaperung britischer Schiffe endete.
Der Umfang dieser Aktivitäten war beachtlich. Zwischen 1650 und 1660 fuhren jährlich durchschnittlich 30 private Korsaren mit Kaperbriefen des Ordens. Wenn keine Schiffe zu erbeuten waren, ist man auf Sklavenfang an den Küsten ausgewichen. Malta war in bestimmten Perioden angeblich der größte Sklavenmarkt der Christenheit.
Welche Gewinne sich daraus ergaben kann man an den gewaltigen Bauten sehen, die vom Orden damit errichtet wurden. Eizelne Ordensmitglieder wie Tigne und Chambray, die selber auf "Karawane" gewesen sind und dabei ihr Vermögen machten oder vergrößerten, spendeten ganze Forts.
Laut Cassar, gingen türkische Händler, auf Grund des Riskos der durch die Maltesischen Korsaren und den Kriegsschiffen des Ordens ausging darauf über, nicht mehr Ihre Waren auf eigenen Schiffen zu versenden sondern an solche von neutralen Nationen zu betreuen. Dieses waren häufig Franzosen, da dieses Land den größten Einfluss auf den Orden hatte.
Dass die einträglicheren Raubzüge im östlichen Mittelmeer stattfanden, ist kein Widerspruch, da die dortige Seefahrt nie zum kompletten erliegen kam. Händler die weiter westlich nach Nordafrika wollten muss jedoch auch die Anfahrtswege der Kaperer die in den Osten wiollten durchqueren und waren somit länger in deren Reichweite. Marokko war dadurch indirekt auch betroffen da es vom Rest abgeschnitten wurde. Dort gab es noch eine andere Ursache, auf die ich getrennt eingehen werde.