Politisches Attentat - Vertretbar?

dss2

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Hallo! :winke:

Ich wollte euch über die Vertretbarkeit eines politischen Attentats befragen. Ist ein solches Attentat gerechtfertigt? Ihr könnt das gern in Verbindung mit der Geschichte bringen.

lg
dss2
 
In besonderen Situationen bestimmt. Denke mal nur an das gescheiterte Stauffenberg-Attentat auf Hitler am 20.Juli 1944.
 
Nicht vergessen darf man, dass Artikel 20 des Grundgesetzes das sog. "Widerstandsrecht" proklamiert. Es heißt in Absatz 4:

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Nach Auffassung vieler Staatsrechtler impliziert dies auch Widerstandsmaßnahmen bis hin zum Tyrannenmord.

Damit ist das politische Attentat verfassungsrechtlich festgeschrieben, jedoch nur in sehr engen Grenzen, "wenn andere Abhilfe nicht möglich ist".
 
Nun, politische Attentate änderten selten etwas an Machtstrukturen, zeitigten aber durch die Rache fürchterliche Folgen. Es gibt immer den Nachfolger!
Also , sinnloses Tun.
 
Hallo! :winke:

Ich wollte euch über die Vertretbarkeit eines politischen Attentats befragen. Ist ein solches Attentat gerechtfertigt? Ihr könnt das gern in Verbindung mit der Geschichte bringen.

lg
dss2


Eine hochinteressante und überaus vielschichtige Frage,die sich schon viele Gelehrte gestellt haben, ohne dabei zu einer endgültigen Antwort gekommen zu sein.

Thomas Hobbes verneinte die Frage und war der Ansicht, dass der Gesellschaftsvertrag kein Recht dazu ableitet, selbst wenn es sich um einen Gewaltherrscher handelt, während John Locke von einem Widerstandsrecht jedes Bürgers ausging.

Das Gelingen des Attentates vom 20. Juli 1944 hätte den Krieg verkürzt und zahlreichen Menschen das Leben gerettet, dennoch haben viele Verschwörer dabei ein überaus schlechtes Gewissen gehabt. Der Bruch des Treueeides gegenüber Hitler wog für manche Verschwörer ebenso schwer, wie die dabei notwendige Ermordung eines menschen und vielleicht anderer Menschen, die dabei in Mitleidenschaft gezogen werden mussten, nur weil sie gerade am falschen Ort waren.


Dennoch erscheint dieses attentat als notwendig und sei es auch nur darum, der Welt gezeigt zu haben, dass es deutschen Widerstand gab.


Betrachtet man allerdings den Terrorismus der 70er Jahre, so bin ich geneigt, @Wilfried beizupflichten, denn einen Gefallen hat die Baader/ Meinhof Gruppe der Demokratisierung in der BRD nicht getan, sondern im Gegenteil dazu beigetragen, dass sich das noch recht bescheidene BKA zu einer wie ein Krebsgeschwür wuchernden Behörde entwickeln konnte.
 
Die Frage der Vertretbarkeit eines Attentats kann nur an universelle Rechte von Menschen bzw. deren Unterdrückung gebunden sein.

Ein Teil dieser Rechte wurde im Rahmen der Aufklärung, Scorpio wies ja bereits auf zwei Vertreter hin, formuliert bzw. manifestierte sich in den Zielsetzungen der Französichen Revolution.

Aktuell kan man diese Vorstellung von unverbrüchlichen Menschenrechten im Rahmen der Grundrechtecharta widerfinden.

Grundrechtecharta

Sofern es historische Situationen gab, wie beispielsweise das absolutistische System der Romanows im ausgehenden 19. Jahrhundert in Russand, das durch eine Mißachtung dieser Grundrechte für die Mehrzahl der Bürger gekennzeichnet war, ergibt sich eine "legale" Begründung für ein politisch motiviertes Attentat.

Der andere Aspekt, die Frage der Effektivität von derartigen Handlungen, ist sicherlich nicht vordergründig an dem Eleminieren von politischen Strukturen durch Töten eines seiner Repräsentaten zu messen.

Ein Attentat ist in der Regel, sofern überhaupt eine mittel- bzw. langfristige Strategie damit verbunden wird, ein Instrument der Destabilisierung des politischen Systems. Und bereits eine Intensivierung von polizeistaatlichen Instrumenten wird bereits in diesem Kontext als "Destabiliserung" interpretiert.

In der Regel wird dabi angenommen, dass der Repressionsapparat sich auch auf die "Nicht-terroristischen" Gesellschaftskreise ausdehnt und so die politischen Widersprüche in einem politischen System dynamisiert.

In diesem Sinne dient das Attentat für "Berufs-Revolutionäre" als Katalysator auf dem Weg zu einer allgemeinen Revolution bzw. Volksaufstand. In diesem Sinne definiert sich der Revolutionär als "revolutionäre Avantgarde".
 
Überaus schwierig zu beantworten, da es auf die Sichtweise ankommt - der Mann, der auf Kennedy schoß (jetzt mal Verschwörungstheorien außen vor gelassen) sah in seiner Tat eine richtige Tat...
Im Endeffekt schließe ich mich aber Jacobum an, der mit seinen Ausführungen des Art 20 (4) GG das Widerstandsrecht treffend beschrieb!
 
Wobei das Wiederstandsrecht doch ein Witz ist, in einem Land wo im großen und ganzen nur Staatsbedinstete Waffen tragen können.

Man kann von den US Waffengesetzen halten was man will, nur sind die Konsequenter.
 
Käme halt der nächste Irre an die Macht im Nazistaat kein großer Unterschied.

Für die Mehrzahl der ungarischen Juden und für die hohe Zahl von Soldaten, die noch in den letzten Kriegstagen sinnlos verheizt wurden, hätte es wohl schon einen Unterschied ausgemacht.

Was das sinnlose Verheizen und die Exekution von Deserteuren und "verrätern" betrifft, war die Wehrmacht allerdings vielfach eher noch rücksichtsloser, als die SS.
 
Jeder Anschlag kann zu unschuldigen Opfern führen, sollte zum Beispiel eine Bombe verwendet werden! Ist es moralisch zu vertreten Unschuldige zu opfern um eine größere menge Menschen zu retten? Ich denke das es gegen die Verfassung ist so etwas zu tun.
Entführte Passagierflugzeuge die sich in ein AKW stürzen wollen, sollten doch mal abgeschossen werden dürfen. Das sollte doch im Antiterrorgesetz stehen. Das Bundesverfassungsgericht hat geurteilt, das mann nicht unschuldiges Leben opfern kann um anderes Leben zu retten. So habe ich es jedenfals noch in Erinnerung.
 
Für die Mehrzahl der ungarischen Juden und für die hohe Zahl von Soldaten, die noch in den letzten Kriegstagen sinnlos verheizt wurden, hätte es wohl schon einen Unterschied ausgemacht.

Was das sinnlose Verheizen und die Exekution von Deserteuren und "verrätern" betrifft, war die Wehrmacht allerdings vielfach eher noch rücksichtsloser, als die SS.


Mit Hitlers Tod wäre der Krieg zu ende gewesen?????

Wohl kaum soviel Macht hatte nicht mal Hitler. Göbbels, Göhring hätten weitergekämpft und Juden vernichtet.
 
Deswegen ja auch Operation Walküre um diese Herren zu verhaften.
Ich glaube auch dass die Schließung der KZ's zu den Zielen der Attentäter gehörte, Frieden hätte es aber wohl trotzdem nicht gegeben, dass wollten die Allierten nach der Konferrenz von Teheran und die Verschwörer zumindest in Bezug auf die Sowjetunion nicht
 
Die Frage ist, ob der Putsch am Ende wirklich geglückt wäre! Klar der Anfang sah gut aus, aber wieviele Nationalsozialisten hätten den neuen Machthabern den Gehorsam verweigert. Vieleicht hätte es auch einen Bürgerkrieg gegeben.

Die Bedingungslose Kapitulation hätte auch bei einem geglückten Putsch bestand gehabt.
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Aber nach mal zur Frage ob ein Politisches Attentat vertretbar ist. Das kommt ja auch immer darauf an, von welchen Standpunkt aus mann es sieht.
Wäre es Vertretbar gewesen ei Attentat auf Bush zu machen, um hunderttausende Menschenleben zu retten?
 
Die NSDAP kontrolierte noch immer den Staat. Die SS war von oben bis unten nazionalsozialistisch interniert. Einzig und allein die Wehrmacht hätte sich dagegen aussprechen können oder das Volk in seiner Gesammtheit.

Ist das wahrscheinlich wenn wir uns den erbitterten Wiederstand bis zuletzt anschauen.
 
Die NSDAP kontrolierte noch immer den Staat. Die SS war von oben bis unten nazionalsozialistisch interniert. Einzig und allein die Wehrmacht hätte sich dagegen aussprechen können oder das Volk in seiner Gesammtheit.
Ist das wahrscheinlich wenn wir uns den erbitterten Wiederstand bis zuletzt anschauen.

Mit einem Waffenstillstand an der Westfront - wie von den Verschwörern beabsichtigt und vorbereitet - wäre der Krieg jedenfalls schnell zu Ende gewesen. In Paris wurden am 20. Juli bereits 2000 Mann SS/SD verhaftet.
 
Eine hochinteressante und überaus vielschichtige Frage,die sich schon viele Gelehrte gestellt haben, ohne dabei zu einer endgültigen Antwort gekommen zu sein.

Ich denke auch, daß die Frage unter unterschiedlichen Standpunkten auch unterschiedlich bewertet werden würde. Philosophisch, christlich-moralisch oder politisch. Und selbst im Letzteren ist der Erfolg fraglich, wie Scorpio und Wilfried schon ausführten. Eine einfache, allgemeingültige Antwort wird es wohl nicht geben.

In der Geschichte zeigte sich aber mehrfach, daß einfach kein anderer Ausweg gesehen wurde und die Täter daher darauf hofften: "Der Zweck heiligt die Mittel".
 
Es gibt in der Geschichte genug Beispiele, wo durch ein erfolgreiches Attentat bestehende Entwicklungen auf den Kopf gestellt wurden. Egal ob ein blutiger Tyrann oder ein aufgeklärter Monarch beseitigt wurde, ein einfaches Weiterso mag es dann nur in gefestigten Demokratien geben.
Fast alle bedeutenden Persönlichkeiten der Geschichte waren Attentaten oder Attentatsversuchen ausgesetzt. Was wäre wenn z.B. Lincoln schon 1860 erschossen worden oder man Napoleon als 1. Konsul beseitigt hätte?
Deshalb bin ich überzeugt, dass ein geglücktes Hitler-Attentat Konsequenzen gehabt hätte. Der Landser des Frühjahres 1945 leistete doch nicht als fanatischer Nazi noch Widerstand gegen die Alliierten. Ihn trieb die Angst um sich, seine Familie und Heimat um. Deshalb gab es im Westen nach der Rheinforcierung kaum noch Kämpfe, während im Osten noch die letzte Patrone verschossen wurde. Das leitete die Verschwörer des 20. Juli an: Im Westen aufmachen und Frieden schließen, im Osten wehren und die Sowjets nicht ins Land lassen. Sie waren schließlich überwiegend Adlige und keine Kommunisten.

Nein, mit einem toten Adolf Hitler wäre es imho doch alles etwas anders, auf jeden Fall besser für Deutschland gelaufen.
 
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