Prompte Erringerung der Seemacht durch Landvölker

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PontifexMinimus

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Wieso konnten etwa die Römer, Vandalen und Araber als ausgesprochene Landmächte quasi im Handumdrehen gegen erfahrene Seemächte wie Karthago, das römische und byzantinische Reich die Oberhand gewinnen? Kaum, daß sie erstmals in See stachen, waren sie ihren Gegnern militärisch überlegen. Venezianer und Genuesen sowie später Portugiesen, Holländer und Engländer brauchten dagegen lange Zeiträume, um in der Seehierarchie an die Spitze vorzurücken.
 
Wieso konnten etwa die Römer, Vandalen und Araber als ausgesprochene Landmächte quasi im Handumdrehen gegen erfahrene Seemächte wie Karthago, das römische und byzantinische Reich die Oberhand gewinnen? Kaum, daß sie erstmals in See stachen, waren sie ihren Gegnern militärisch überlegen. Venezianer und Genuesen sowie später Portugiesen, Holländer und Engländer brauchten dagegen lange Zeiträume, um in der Seehierarchie an die Spitze vorzurücken.
Dass die Römer vor dem Ersten Punischen Krieg keine Flotte besessen hätten, ist eine Legende, die Titus Livius (glaube ich), in die Welt gesetzt hat, um den römischen Sieg größer erscheinen zu lassen: Die Römer haben die Karthager auf ihrem ureigenen Element besiegt, indem sie die Seeschlacht zur Landschlacht gemacht haben (womit ich den corvus nicht mit ins Reich der Legende verbannen will).

Dass die Araber keine Erfahrung in der Seefahrt gehabt hätten, stimmt auch nicht, schon Jahrhunderte vor der arabisch-islamischen Expansion betrieben die Araber Handel mit Ostafrika und Indien und dieser Handel lief nun mal über die See.
Zudem konnten sie sich der Seefahrer in den eroberten Gebieten (Großsyrien, Ägypten, Nordafrika...) bedienen. Die Leute hatten sich mit der Expansion ja nicht in Luft aufgelöst.

Die Vandalen hatten bis Belisars Feldzügen zunächst niemanden, der sich ihnen in den Weg stellte. Und auch diese haben mutmaßlich auf africanische Seeleute zurückgreifen können.
 
Dass die Römer vor dem Ersten Punischen Krieg keine Flotte besessen hätten, ist eine Legende, die Titus Livius (glaube ich), in die Welt gesetzt hat, um den römischen Sieg größer erscheinen zu lassen:
Das war Polybios (sofern er nicht seinerseits auf eine ältere Quelle zurückgriff).
Möglicherweise saß er selbst der römischen (Selbst-)Darstellung auf. Auf der Siegessäule des Konsuls Duilius (260 v. Chr.) wird zumindest suggeriert, er sei der erste gewesen, der eine Flotte aufgestellt und befehligt habe.

Livius' Darstellung des 1. Punischen Krieges ist ohnehin verloren.
 
Wieso konnten etwa die Römer, Vandalen und Araber als ausgesprochene Landmächte quasi im Handumdrehen gegen erfahrene Seemächte wie Karthago, das römische und byzantinische Reich die Oberhand gewinnen? Kaum, daß sie erstmals in See stachen, waren sie ihren Gegnern militärisch überlegen. Venezianer und Genuesen sowie später Portugiesen, Holländer und Engländer brauchten dagegen lange Zeiträume, um in der Seehierarchie an die Spitze vorzurücken.

Die Leistungen der Römer, sich auf dem ungewohnten Element zu versuchen und eine Kriegsflotte aufzustellen, waren schon beachtlich. Rom hat auf diesem Gebiet beachtliche Pionierleistungen erreicht. Aber so aus dem puren Nichts hatten die Römer im 1. Punischen Krieg die Flotte nicht aus dem Boden gestampft wie es spätere Überlieferung berichtete.

Die Römer haben aber auch einiges an Lehrgeld bezahlen müssen. Für lau war die nötige nautische Erfahrung nicht zu haben. Die Römer konnten zwar 256/55 unter Konsul Regulus nach Afrika übersetzen und Karthago bedrohen, aber dieses Unternehmen schlug nicht durch. Der Seekrieg brachte auch empfindliche Schlappen. Diese waren vor allem auf nautische Fehlleistungen zurückzuführen, Innerhalb von 5 Jahren gingen im 1. Punischen Krieg vier Flotten zugrunde. 249 v. Chr. gaben die Römer den offensiven Seekrieg wieder auf

Dass die Römer sich durchsetzen konnten, lag vor allem daran, dass auch Karthago angeschlagen war. Als die Römer 242 v. Chr. sich noch einmal zur Ausrüstung einer Flotte aufraffte, hatte Karthago nichts entgegenzusetzen, Die Niederlage bei Drepanum 241 v. Chr. kostete sie die letzte Flotte, mit der sie den Römern Paroli bieten konnten und zwang sie zum Friedensschluss, der sie nicht nur Kontributionen, sondern auch die Herrschaft über Sizilien kostete.
 
Die Römer haben aber auch einiges an Lehrgeld bezahlen müssen. Für lau war die nötige nautische Erfahrung nicht zu haben. Die Römer konnten zwar 256/55 unter Konsul Regulus nach Afrika übersetzen und Karthago bedrohen, aber dieses Unternehmen schlug nicht durch. Der Seekrieg brachte auch empfindliche Schlappen. Diese waren vor allem auf nautische Fehlleistungen zurückzuführen, Innerhalb von 5 Jahren gingen im 1. Punischen Krieg vier Flotten zugrunde. 249 v. Chr. gaben die Römer den offensiven Seekrieg wieder auf

Dass die Römer sich durchsetzen konnten, lag vor allem daran, dass auch Karthago angeschlagen war. Als die Römer 242 v. Chr. sich noch einmal zur Ausrüstung einer Flotte aufraffte, hatte Karthago nichts entgegenzusetzen, Die Niederlage bei Drepanum 241 v. Chr. kostete sie die letzte Flotte, mit der sie den Römern Paroli bieten konnten und zwang sie zum Friedensschluss, der sie nicht nur Kontributionen, sondern auch die Herrschaft über Sizilien kostete.
ich denke, da kommt auch zum Tragen, dass antike Kriegsschiffe schnell zu bauen waren und ohnehin keine lange Lebensdauer hatten. Solange man genügend Geld und Ressourcen hatte, konnte man auch nach schweren Niederlagen einfach immer neue Schiffe bauen. Vermutlich war da für die Römer auch eher das Problem, dass man auch erfahrene Besatzungen benötigte.

Der erste punische Krieg dauerte ja aber auch 23 Jahre; da hatte man eben auch viel Zeit Flotten zu bauen, Besatzungen auszubilden und generell Erfahrungen mit der Seekriegsführung zu sammeln.
 
Die Leistungen der Römer, sich auf dem ungewohnten Element zu versuchen und eine Kriegsflotte aufzustellen, waren schon beachtlich. Rom hat auf diesem Gebiet beachtliche Pionierleistungen erreicht. Aber so aus dem puren Nichts hatten die Römer im 1. Punischen Krieg die Flotte nicht aus dem Boden gestampft wie es spätere Überlieferung berichtete.

Welchen Grund gibt es denn, der Überlieferung zu mißtrauen, daß ein gestrandetes punisches Kriegsschiff als Modell für die erste Flotte diente? Sowas macht man ja nur, wenn man selbst überhaupt keine Erfahrung im Kriegsschiffbau hat.
 
Der erste punische Krieg dauerte ja aber auch 23 Jahre; da hatte man eben auch viel Zeit Flotten zu bauen, Besatzungen auszubilden und generell Erfahrungen mit der Seekriegsführung zu sammeln.

Die Römer haben im ersten punischen Krieg vier der fünf großen Seeschlachten gegen die Karthager gewonnen, darunter sofort die erste (Mylae 260 v. Chr., 256 Kap Ecnomus, 250 Panormus, 241 Ägatische Inseln). Die waren sofort militärisch überlegen nach Jahrhunderten der karthagischen Seedominanz. Ich finde, das ist erklärungsbedürftig, zumal der Corvus für die späteren Siege gar nicht mehr erwähnt wurde.
 
Dass die Araber keine Erfahrung in der Seefahrt gehabt hätten, stimmt auch nicht, schon Jahrhunderte vor der arabisch-islamischen Expansion betrieben die Araber Handel mit Ostafrika und Indien und dieser Handel lief nun mal über die See.

Ja, aber das waren doch die Südaraber, die bei der islamischen Expansion keine tragende Rolle gespielt haben und von denen auch kein Kriegsschiffeinsatz bekannt gewesen war, geschweige denn Erfahrung im Flottenkampf. Auch waren die Schiffe der Araber im Indischen Ozean ganz anders konstruiert (genäht statt genagelt oder Nut-und-Feder), so daß ein Input im Mittelmeer ohne konkrete Quellenhinweise für mich insgesamt unwahrscheinlich erscheint.

Zudem konnten sie sich der Seefahrer in den eroberten Gebieten (Großsyrien, Ägypten, Nordafrika...) bedienen. Die Leute hatten sich mit der Expansion ja nicht in Luft aufgelöst.

Ich denke, das ist der Hauptgrund. Die Kopten bildeten ja lange Zeit das Rückgrat der moslemischen Mittelmeerflotten. Allerdings lag die Kommandogewalt bei den arabischen Wüstenkrieger. Das die sofort ein maritimes Verständnis entwickelt haben und die richtigen taktischen, strategischen und logistischen Entscheidungen getroffen haben, ist erstaunlich.
 
ich denke, da kommt auch zum Tragen, dass antike Kriegsschiffe schnell zu bauen waren und ohnehin keine lange Lebensdauer hatten. Solange man genügend Geld und Ressourcen hatte, konnte man auch nach schweren Niederlagen einfach immer neue Schiffe bauen. Vermutlich war da für die Römer auch eher das Problem, dass man auch erfahrene Besatzungen benötigte.

Das dürfte für Rom eigentlich kein besonders großes Problem gewesen sein.
Der römische Machtbereich umfasste ja damals bereits mehr oder weniger ganz Mittel und Unteritalien. Also ein relativ dicht bevölkertes Gebiet, mit einer relativ langen Küstenlinie, entsprechend viele Einwohner dürfte es gehabt haben, die mit der Seefahrt grundsätzlich vertraut waren und die sich von zivilen Seefahrern zu Besatzungen der Kriegsschiffe umfunktionieren ließen.

Venezianer und Genuesen sowie später Portugiesen, Holländer und Engländer brauchten dagegen lange Zeiträume, um in der Seehierarchie an die Spitze vorzurücken.

Venedig, Genua, Pisa, Livorno und andere italienische Seestädte, waren Stadtstaaten mit zunächst sehr limitierten Ressourcen, weil sie zunächst, wenn überhaupt nur ein sehr kleines Hinterland kontrollierten.
Mit ein paar tausend Einwohnern und eigentlich ohne im großen Stil absolut notwendige Ressourcen wie Holz für den Schiffsbau zur Verfügung zu haben, baut man keine gewaltigen Kriegs- oder Handelsflotten auf.

Um das aufbauen zu können, mussten erstmal entsprechend Ressourcen erschlossen werden. Genua schaffte es sukzessive Ligurien unter Kontrolle zu bringen und sich auf Korsika festzusetzen, was eine gewisse Basis schuf, Venedig konnte sich am Anfang des 13. Jahrhunderts zunächst in Albanien und auf Kreta festsetzen und damit die ressourcentechnischen Grundlagen des "stato da mar" schaffen, die dann weitere Expansion ermöglichten.

Hinzu kommt, dass sich beide Akteure zunächst auch aus dem Schatten anderer Akteure heraus entwickeln mussten.

Neben lokaler Konkurrenz (toskanische Seestädte, Krichenstaat, Neapel-Sizilien) hatten sich diese beiden Akteure natrülich auch mit den Machtansprüchen der Römisch-Deutschen Kaiser und vor allem im Fall Venedigs auch des Byzantinischen Reiches in der Adria auseinander zu setzen.
Mit der zunehmenden Schwächung der Macht der Römisch-Deutschen Könige und Kaiser am Ende der Stauferzeit und danach, so wie dem weitgehenden Zusammenbruch des byzantinischen Machtbereichs im Zusammenhang mit dem 4. Kreuzzug und dem "Mongolensturm", der Mitte des 13. Jahrhunderts das Königreich Ungarn und Teile Kroatiens verwüstete, ergab sich ein Machtvakuum in Italien, der Adria und der Ägäis, dass diese beiden Akkteure, vor allem aber Venedig ausnutzen konnten und Venedig schafft es dann auch zu Beginn des 15. Jahrhunderts mehr oder weniger in Rekordzeit sich eine massive territoriale Basis in Oberitalien zu schaffen, die das ressourcentechnische Rückgrad der venezianischen Seemacht nochmal massiv stärkte.

Die Niederländer unterschätzt du brutal.

De facto erlebt der niederländische Schiffsbau bereits im Spätmittelalter einen massivenn Aufschwung und in kürzester Zeit dominieren niederländische Reeder das gesamte Transportgeschäft zwischen der Ostsee und Westeuropa.
Ein Großteil des Handels in diesem Gebiet bleibt im Spätmittelalter zwar noch in der Hand niederdeutscher/hansicher Kaufleute, die das Kapital stellen, aber der Transport wird schon im ausgehenden Mittelalter überwiegend von Schiffsraum aus den Niederlanden bestritten.

In Sachen Handelsdominanz fingen die niederländischen Provinzen bereits an eine massive Rolle zu spielen, bevor sie sich vereinigen und von Habsburg lossagen konnten, nicht unbedingt als genuin militärische Macht, die sich irgendwo ein überseeisches Imperium oder exklusive Handelskolonien aufgebaut hätte, aber als wirtschaftliche Akteure.
Auch danach legten die Niederländer, was Schiffbau und Handelsentwicklung angeht eine ziemlich erstaunliche Entwicklung hin, wenn man bedenkt, wie enorm Reich dieses Gebiet dadurch im Laufe des 17. Jahrhunderts wird, trotz Dauerauseinandersetzung , mit den größeren Nachbarn und trotz der internen Rivalität der einzelnen Admiralitäten.

Die wirtschaftliche Machtstellung die die Niederlande sukzessive vor allem in Ceylon und im indonesischen Archipel erreichten, so wie auch das absolute Monopol im Handel mit Japan, seit dem Begin des Tokugawa-Bakufus, sind durschaus eine äußerst beeindruckkende Leistung für ein Land mit einer relativ schmalen Ressourcenbasis und das in relativ kurzer Zeit.

Portugal brauchte vor allem deswegen einige Zeit um sich zu einer veritablen Seemacht zu entwickeln, weil es sich auf die Indien-Route um Afrika herum konzentrierte, anstatt zu versuchen auf den etablierten Handelsrouten mitzumischen. Das war der Versuch sich durch Konkurrenzvermeidung ein eigenes Geschäftsfeld zu schaffen.
Rein von seinen maritimen Kapazitäten her wäre Portugal sicherlich im 15. Jahrhundert in der Lage gewesen einen Teil des Handels auf den etablierten Routen an sich zu ziehen, aber das wurde nicht forciert.
Die Konzentration auf die außereuropäischen Gebiete hingegen war ein Unterfangen, dass zunächst erstmal teuer war und zu beginn wenig einbrachte.
Trotzdem schaffen es die Portugiesen allerdings im ausgehenden 15. und beginnenden 16. Jahrhundert relativ zügig sich zwischen Ostafrika und Indien festzusetzen und für annähernd 100 Jahre den Handel auf dem indischen Ozean zu dominieren.


England (oder jedenfalls große Teile davon) hat in Sachen Entwicklung einer Seemacht im Grunde genommen 2 große Hindernisse auf seinem Weg gehabt:

1. Sein Dauerkonflikt mit Frankreich und dem notorisch mit Frankreich alliierten Schottland.
2. Seine geographische Lage und ein mindestens zum Teil nicht besonders gut entwickeltes Gewerbe.

Der notorische Konflikt zwischen den englischen und französischen Königen wegen der Besitzungen der englischen Krone in der Normandie, in Aquitanien und der Guyenne musste den englischen Handel auf dem Kanal immer wieder beeinträchtigen und ein massives Hindernis darstellen.

Wir betrachten Großbritannien heute vor allem als Inselreich, dass als solches zur Seemacht prädestiniert war, dabei darf man allerdings nicht vergessen dass es das nicht immer schon war, sondern erst wurde, als im 15 und 16 Jahrhundert der Festlandbesitz der britischen Krone verloren ging.
Vorher war das englische Königreich durchaus auch eine festländische Macht und es wurden erhebliche Ressourcen aufgewendet um die Territorien auf dem Festland zu verteidigen und sich auf der britischen Hauptinsel selbst mit den Schotten auseinander zu setzen. Die Notwendigkeit die Landmacht auszubauen, band natürlich aber in gewissem Maße Ressourcen, die demeentsprechend nicht wie anderswo in den Ausbau maritimer Kapazitäten fließen konnten.

Das 2. Problem ist, das große Teile Englands, so wie Wales vor der Entdeckung Amerikas und bevor damit die Atlantikrouten relevant wurden, platt gesagt am A...... der Welt liegen, was den Handel betrifft.
Der europäische Handel lief vor allem entlang der kontinentalen Küste. Die südlichen Regionen Englands, Kent, Sussex, London, Teile von East Anglia, Essex, Hampshire, Dorset, Devon, Cornwall, vielleicht noch Gloucestershire und die Südküste von Wales lagen da vielleicht noch einigermaßen nah drann, aber der gesamte Norden Englands lag ein gutes Stück abseits der Europäischen Haupthandelsrouten, was für den Aufbau einer prosperierenden Wirtschaft nicht unbedingt besonders von Vorteil war.
Hinzu kommt, dass das englische Gewerbe in Sachen Produktionstechniken nicht unbedingt führend war. England übernimmt ab der FNZ eine starke Position im Textilgewerbe, aber im Mittelalter ist das Zentrum dieser Produktion zunächst vor allem in der Champagne (Champagne-Messen) und später in Flandern und Brabant und zunhemend Holland beheimatet.

England hängt da lange Zeit hinterher. Nordengalnd als Region war zwar ein wichtiger Produzent von Wolle (Schafszucht gehörte zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen dieser Region), konnte aber in Sachen Verarbeitung zunächst nicht besonders gut konkurrieren und lieferte von dem her vor allem Rohstoffe.
Das kann man in dieser Form nicht völlig generalisieren, in Südengland mögen die Dinge etwas anders ausgesehen haben, aber vor allem Nordengland ist lange Zeit ein technisch nicht besonders gut entwickelter Rohstofflieferant, mit eher prekären Verkehrsverbindungen.

Und diese Kombination ist nicht besonders gut, wenn man Seemacht werden will, was erstmal ein massives Grundkapital benötigt, dass man aber, wenn man größtenteils Rohstoffe produziert nicht hat, weil die Gewinne zu großen Teilen beim veredelnden Gewerbe hängen bleiben.
Und wenn dann das, was an Gewinnen hängen bleibt, zunehemend noch abgeschöpft wird, weil davon irgendwelche Konflikte finanziert werden müssen, hilft das nicht unbedingt.

In dem Moment, in dem Englands Verwicklungen auf dem europäischen Festland ein Ende haben, und England verkehrstechnisch durch die Entdeckung Amerikas wegen der Atlantikrouten und auch der nordatlantischen Westwindzone auf einmal verkehrstechnisch massiv an Relevanz gewinnt, geht es mit der englischen Seemacht massiv bergauf.




Betrachtet man das von dieser Warte her, ist eigentlich durchaus nicht verwunderlich, dass Rom realtiv schnell eine Seemacht entwickeln konnte.

Das Reich hatte mit der Kontrolle über Mittel- und Süditalien eine ansehnliche Ressourcenbasis, es lag im Mittelmeer zentral, was verkehrstechnisch vorteihaft sein musste.
Es hatte zwar nicht unbedingt Zugang zu Luxuswaren aus dem Orient, aber Landwirtschaft und Handwerk waren doch immerhin so entwickelt, dass römische Produkte nach Norden, im westlichen mittelmeer und auch im adiratischen Raum Absatz fanden.


Da war eine gewisse Basis für eine Seemacht vor den punischen Kriegen bereits geschaffen.
 
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Wie schon oben beschrieben waren die Schiffe in der Antike relativ klein. Und sie waren noch relativ einfach gebaut. Gerade Kriegsschiffe wurden meist gerudert. Klar, die Rudermannschaft muss trainiert werden, aber das ist auch kein Hexenwerk.
Und die Städte des Latium hatten auch schon Fischer, also erfahrene Seeleute. Zum anderen war ja das römische Militär auch immer auf Bundesgenossen angewiesen. Ziemlich bekannt ist hier ja die Schwäche der römischen Reiterei. Und Spezialisierte Truppen wie die Balearischen Schleuderer.
Vor dem ersten Punischen Krieg hat sich Rom im Süden Italiens breit gemacht. Und davor die Etrusker unterworfen. Die Etrusker waren auch als Seefahrer bekannt, wenn auch nicht so sehr die Phönizier oder Katharger. Und der Süden Italiens war mit griechischen Kolonien besiedelt. Es gab also genug mit der Seefahrt vertraute Leute.
 
Wie schon oben beschrieben waren die Schiffe in der Antike relativ klein. Und sie waren noch relativ einfach gebaut. Gerade Kriegsschiffe wurden meist gerudert. Klar, die Rudermannschaft muss trainiert werden, aber das ist auch kein Hexenwerk.
Ich hatte 2009 mal die Gelegenheit, als die Victoria bei uns in der Stadt war, auf dieser zu rudern. Wir waren ein bunt zusammengewürfelter Haufen Leute, und dennoch haben wir uns recht schnell zurechtgefunden und innerhalb weniger Minuten haben wir das Boot über den See hin und her gejagt.
 
Der 1. Römisch-karthagische Vertrag aus der Frühzeit der Republik demonstriert, dass die Römer bereits zu dieser Zeit (zumindest zivile) Seefahrt betrieben haben müssen, da er Regelungen für römische Seefahrer, vor allem Händler, enthielt. (Es sei denn, man würde annehmen, dass er nach einer bloßen Schablone für alle Fälle, aber ohne aktuelle tatsächliche Relevanz, abgeschlossen wurde, so wie Karthago auch mit anderen Städten vor allem Etruriens Verträge schloss.)

Verglichen mit Etruskern, Griechen und Karthagern spielte Rom zu dieser Zeit in der Seefahrt dennoch noch eine allenfalls untergeordnete Rolle und beteiligte sich allem Anschein nach auch nicht an den maritimen Auseinandersetzungen dieser Mächte. Roms Hafen Ostia wurde der Überlieferung nach zwar bereits in der Königszeit (von König Ancus Marcius) gegründet, der archäologische Befund weist aber eher erst ins 4. Jhdt. v. Chr.

Wichtigstes Handelsgut Roms der frühen Republik dürfte das Salz gewesen sein, das an der Küste gewonnen wurde, allerdings wurde es wohl eher ins Landesinnere gehandelt.

Die römische Überlieferung selbst, die für die Königszeit und die ersten beiden Jahrhunderte der Republik freilich nur mit großer Vorsicht zu genießen ist, weist nur fallweise auf maritime Aktivitäten hin.
Immerhin wurden (Livius zufolge) bereits 311 v. Chr. zwei „duumviri navales“, die sich um das Marinewesen, die Ausrüstung und Instandhaltung der Flotte, zu kümmern hatten, eingesetzt. Allerdings erscheint fraglich, ob es sich dabei bereits um eine permanente Einrichtung handelte.
 
Welchen Grund gibt es denn, der Überlieferung zu mißtrauen, daß ein gestrandetes punisches Kriegsschiff als Modell für die erste Flotte diente? Sowas macht man ja nur, wenn man selbst überhaupt keine Erfahrung im Kriegsschiffbau hat.

Ich stelle ja die Pionierleistungen der römischen Flotte gar nicht in Frage. Eine große römische Marinetradition gab es vor dem I. Punischen Krieg nicht, ich halte es auch nicht für unwahrscheinlich, dass man Marinetechnik kopierte von den Karthagern.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass Rom vor dem 1. Punischen Krieg bestenfalls einige Küstenfahrzeuge besaß. Dennoch muss Rom auch schon früher einige Schiffe besessen haben, die als Patrouillen-Fahrzeuge Flüsse und Küsten sicherten. 338 v. Chr. gelang den Römern immerhin ein nicht unbedeutender Seesieg über die Stadt Antium. Also völlig aus dem Nichts werden auch die Römer ihre Kriegsflotte im 1. Punischen Krieg nicht aus dem Boden gestampft haben.

Dennoch war es eine beachtliche Leistung, dass die römische Flotte der Seemacht Karthago Paroli bieten und mehrere Seeschlachten für sich entscheiden konnten. Mit dem Corvus wurde die Seekriegstaktik revolutioniert.

Doch nautische Erfahrung konnte man nicht so einfach ersetzen, und den beachtlichen Seesiegen der Römer standen eben auch eine reihe von Schiffsbrüchen und -Katastrophen gegenüber.

In einem anderen Thread hat, wenn ich mich recht erinnere, der User @Ravenik vermutet, dass bei manchen Schiffskatastrophen der Corvus so etwas vielleicht sogar begünstigt hat, denn die Konstruktion der Enterbrücken beeinflusste das seeverhalten der Schiffe.
 
In einem anderen Thread hat, wenn ich mich recht erinnere, der User @Ravenik vermutet, dass bei manchen Schiffskatastrophen der Corvus so etwas vielleicht sogar begünstigt hat, denn die Konstruktion der Enterbrücken beeinflusste das seeverhalten der Schiffe.
 
338 v. Chr. gelang den Römern immerhin ein nicht unbedeutender Seesieg über die Stadt Antium.
Dieser ominöse Seesieg über Antium 338 v. Chr., der in der Sekundärliteratur gerne erwähnt wird, ist für mich anhand der Quellen nicht nachvollziehbar.
Bei Livius (8,14) steht lediglich, dass die Römer die Kriegsflotte (die laut Florus aus gerade einmal sechs Schiffen bestand) von Antium beschlagnahmten. (Mit einem Teil der Schiffsschnäbel wurde die danach „Rostra“ benannte Rednerbühne auf dem Forum geschmückt.) Besiegt wurden die Antiaten zuvor jedoch zu Lande.
Auch sonst finde ich keine Quelle, in der von einer Seeschlacht die Rede wäre.
In einem anderen Thread hat, wenn ich mich recht erinnere, der User @Ravenik vermutet, dass bei manchen Schiffskatastrophen der Corvus so etwas vielleicht sogar begünstigt hat, denn die Konstruktion der Enterbrücken beeinflusste das seeverhalten der Schiffe.
Es gibt aber auch die Ansicht, dass das nicht stimmen könne, weil die Enterbrücken bei Nichtgebrauch zerlegt und unter Deck transportiert wurden.
 

Ich beschäftige mich nicht schwerpunktmäßig mit Marinegeschichte, und ich zitierte etwas, an das ich mich nur vage, vom Hörensagen aus einem anderen Thread erinnere.

Im Grunde ging es mir nur darum, dass auch effektive Innovationen nicht nautische Erfahrung und durch langjährige Praxis erworbene Erfahrungswerte nicht ersetzen konnten, dass auch die Römer einiges an Lehrgeld zahlen mussten, was sich ja auch in Schiffskatastrophen zeigte, unter denen die Römer ja auch zu leiden hatten.

Gut, den Corvus mochte man demontieren können, dass aber Aufbauten, Deckkastelle o.ä. was für den Enterkampf nützlich war, sich möglicherweise auf die Wendigkeit eines Schiffs oder auch auf seine Segeleigenschaften auswirken könnte halte ich durchaus nicht für völlig abwegig.
 
Sehe ich genauso (daher die Verlinkung auf meinen Beitrag in dem Corvus-Thread, auch wenn die Vorschau einen Beitrag von Riothamus anzeigt), und bezweifle auch etwas, dass die damaligen Kriegsschiffe unter Deck den Stauraum besaßen, der für eine Einlagerung notwendig gewesen wäre. Auf Deck gelagert und besonders aufgebaut verlagert das Ding den Schwerpunkt des Schiffes nach oben, was mE negativ für die Seegängigkeit sein müsste.
 
Eine römische Flotte muss es schon vor dem 1. Punischen Krieg gegeben haben. Es gibt z.B. den Vertrag zwischen Rom und Tarent 303 v.Chr. der es römischen Schiffen verbietet, in den Hafen von Tarent einzulaufen. Schiffe und deren Aktivitäten (Handel? Piraterie? Kriegsmarine?), die zu einem Konflikt führten, der vertraglicher Regelung bedurfte, muss es daher schon zuvor gegeben haben. Auslöser für den Pyrrhischen Krieg war dann 282 v.Chr. der Angriff auf eine römische Flotte (!) in Tarent, das infolge den Pyrrhos zu Hilfe ruft, der um, 280 mit seiner Invasionsarmee nach Italien übersetzt. Als Folge dieses Krieges eroberten die Römer Unteritalien und erlangten Kontrolle u.a. auch über die bedeutenden Hafenstädte von Tarent und Brundisium. Ich nehme an, dass es dort ausreichend viele erfahrene Schiffbauer, Werften, Navigatoren, Seeleute etc. gab, dass Rom binnen weniger Jahre eine schlagkräftige Kriegsmarine aufbauen konnte.

Von welchem Handels- und Kriegshafen aus die Römer vor dem Pyrrhischen Krieg in Tarent operiert haben könnten, ist mir ein Rätsel. Von Ostia oder anderen Häfen an der thyrennischen Küste aus? Dann hätten sie durch die Straße von Messina müssen, um in die Adria zu gelangen, ein weiter und gefährlicher Weg. Meines Wissens haben die Römer um das Jahr 300 v.Chr. keine Fußbreit Land an der Adriaküste kontrolliert und daher ist es auszuschließen, dass sie einen Hafen an der Adria gehabt haben könnten, mitten im Feindesland, und ohne sichere Landverbindung. Die Kriege gegen Samniten, Etrusker, Senonen, Griechen etc. waren noch nicht fertig ausgefochten. Es gab auch keine Römerstraße von Rom an die Adria.

Griechen, Epiroten und Illyrer (falls man die Liburner diesen zurechnet) kontrollierten den Verkehr zwischen den beiden Küsten der Adria, die physisch nur eine Erweiterung und Bucht des Ionischen Meeres darstellt. Von z.B. Apollonia nach Tarent konnte man unter optimalen Bedingungen diretissima binnen eines Tages übersetzen. Das war für die oben genannten Seefahrernationen ein Klacks.
 
Die Römer waren sehr geschickt in der Aneignung der für die jeweiligen Reviere erforderlichen Technik. Als Beispiele fallen mir die Liburnie für die östliche Adria ein, und die (über Winter) gebauten Landungsschiffe für Caesars zweite Britannien Expedition, die angeblich den Segelschiffen der dortigen Veneter nachgebaut waren.

Daher sehe ich drei Erfolgsfaktoren für den raschen Aufstieg Roms zur Seemacht:
1. die Aneignung der Ressourcen eroberter Seefahrervölker
2. Adaption der Technik und Taktik erfolgreicher Seemächte
3. Eroberung der günstig gelegenen Hafenstädte

Allzu große vorausschauende Strategie oder deren Ableitung aus geografischem Wissen war wohl gar nicht erforderlich. Erobert man eine reiche und große Hafenstadt, dann hat man höchstwahrscheinlich ohne große vorangehende Analyse eine strategisch günstige Lage erwischt und sich zusätzlich die Ressourcen einverleibt. Auf diese Weise kann eine Landmacht binnen kurzer Zeit zur Seemacht werden.
 
Allzu große vorausschauende Strategie oder deren Ableitung aus geografischem Wissen war wohl gar nicht erforderlich. Erobert man eine reiche und große Hafenstadt, dann hat man höchstwahrscheinlich ohne große vorangehende Analyse eine strategisch günstige Lage erwischt und sich zusätzlich die Ressourcen einverleibt. Auf diese Weise kann eine Landmacht binnen kurzer Zeit zur Seemacht werden.
Dem würde ich etwas widersprechen wollen. Eine Hafenstadt in den eignen Besitz zu bringen, kann einen wirtsschaftlichen Wendepunkt bedeuten, wenn der Akteur dadurch von anderen Akteure zollpolitisch unabhängig oder sogar fähig wird einen Teil des fremden Handes auf den eigenen Hafen als Stapel- und Umschlagplatz umzuleiten.

Um wirklich eine beachtliche Flotte auzubauen, benötigt man aber vor allem eine lange Küstenlinie und das aus 2 Gründen:

Die Schiffsbau-Kapazitäten, was Anlagen für den Schiffbau und Material betrifft in einer Stadt oder ein paar wenigen reichen nicht hin um den vorhandenen Flottenbestand, ohne weiteres extrem expansiv auzuweiten und mal von den Ressourcenfragen abgesehen, macht es auch wenig Sinn das kurzfristig aus dem Boden zu stampfen, wenn man es längerfristig nicht auslasten kann, hinzu kommt die Personalproblematik. Man müsste natürlich Heerscharen von Arbeitern ansiedeln, die dann nach Abschluss der Flottenrüstung beschäftigungslos wären, zumal wenn man nicht gedenkt eine solche Flotte dauerhaft zu unterhalten (Kostenfrage).

Außerdem benötigt man idealer Weise genügend Personal, dass grundsätzlich mit dem Schiffbau vertraut ist und Seeleute, die die Besatzungen stellen können.
Beides hat man, wenn man eine lange Küstenlinie hat, deren Bewohner immer schon Fischerei und lokalen Kleinhandel betrieben haben.
Schiffbauer, die sich mit kleineren Handelsschiffen oder Fischerbooten beschäftigt haben, besitzen zwar keine Erfahrung im Bau von Kriegschiffen, sehr wohl aber Qualitfikationen in Schlüsseltechniken, wie dem Abdichten von Schiffen und Wissen darüber welche Form man einem Seefahrzeug, was den Rumpf betrifft geben muss, damit dass auf dem Wasser einigermaßen stabil ist.
Lokale Kleinhändler und Fischer haben zwar keine Kampferfahrung, wissen aber zumindest, grundsätzlich, wie man ein Seefahrzeug nutzt, welche Technikenn beim Segeln oder Rudern funktionieren und was man besser nicht versuchen sollte, außerdem kennen sie zumindest die lokalen See- und Küstengebiete gut.

Hat man eine entsprechend besiedelte längere Küstenlinie, dann hat man das Potential eine größere Handels- oder auch Kriegsflotte ziemlich schnell zu realisieren.
at man demgegenüber nur einen größeren Hafen (groß ist in der Zeit, da es noch keine wirklichen Megacities gibt realtiv), bei aber vergleichbar kurzer Küstenlinie, funktioniert das nicht.

Das war selbst im deutsch-britischen Flottenwettrüsten vor dem 1. Weltkrieg noch ein entscheidender Faktor.
 
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