Protobulgaren Ursprung

Bei den Westgoten wurde das Connubiumverbot wichtig, um die konfessionelle Eigenständigkeit zu bewahren
Das dürfte auch für die Wandalen anzunehmen sein. Bei den Franken, die schon früh katholisch wurden, spielte ein Mischehenverbot hingegen keine Rolle. Ebensowenig bei den Burgundern, für die Konfessionsverschiedenheit anscheinend kein großes Problem war:
Die Burgunder scheinen mehrheitlich „homöisch“ (in der älteren Literatur meist als „Arianer“ bezeichnet) gewesen zu sein, während der Bischof und ein Teil der Königsfamilie wohl „katholisch“ (auch: „neunizänisch“) gewesen war. Allerdings waren die Differenzen weniger gravierend, als es gemeinhin angenommen wird
Theologische Änderung durch spätantike Bekehrungen

wobei es ursprünglich eine Auflage von Valentinian war, dass Goten keine Römer heiraten dürften, erst unter Alarich wurde dieses den Westgoten von den Römern auferlegte Heiratsverbot zum westgotischen Herrschaftsinstrument.
Oder schon unter Eurich; der Codex Euricianus ist ja nur fragmentarisch erhalten.
 
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Gotische Heiratsverbote haben nun weniger mit den Protobulgaren zu tun.
Entscheidender dürfte dort tatsächlich gewesen sein, dass die Zahl von Asparukhs Kriegern relativ gering war - laut Wiki gibt Michael der Syrer in seinem Geschichtswerk die Zahl mit 10.000 an, und dass die Beherrschung des Gebietes von vorneherein nur in Allianz mit den sieben slawischen Stämmen und den Severern möglich war. Es also von Anfang an einen slawischen Anteil in der Herrschaftschicht des bulgarischen Reiches gab.
Die spätere Übernahme des slawischen als Staatssprache und des Kyrillischen Alphabets unter Khan Boris wird auch als Akt der bewussten Abgrenzung zu Byzanz angesehen.
 
(das Japanisch kennt in der Tat eine eigene Männer- und Frauensprache, also Vokabular, das nur Frauen benutzen und Vokabular das nur Männer benutzen - aber das ist dennoch beides Japanisch - Sepiola wird mich hier ggf. korrigieren).

Wobei sich das im Japanischen vor allem auch über bestimmte Signalpartikel, also mehr grammatische Konstrukte/Mittel ausdrücken lässt.
Dürfe meiner Einschätzung nach insgesamt eine größere Rolle spielen, als geschlechterspezifisches Vokabular.


Demgegenüber liest man auch immer wieder die Zuschreibung, in der Hiragana im Gegensatz zu Katakana als Frauenschrift apostrophiert werden, was aber jedenfalls im heutigen Japanisch nicht der Fall ist, dort werden Katakana vor allem für Fremdworte genutzt und tauchen dementsprechend eher selten auf, während eine Kombination aus Hiragana und Kanji haupstächlich Verwendung findet.

*Offtopic Ende
 
Gotische Heiratsverbote haben nun weniger mit den Protobulgaren zu tun.
Entscheidender dürfte dort tatsächlich gewesen sein, dass die Zahl von Asparukhs Kriegern relativ gering war

Die Frage war ja:
Wie ist es möglich in weniger als 200 Jahre als Herrscher/ Reichsgründer eine Turksprache auf komplett Slawisch umzustellen? Das klingt als ob zB die Deutschen oder die Russen Polen erobern und dann irgendwann alle Polnisch reden würden…irgendwie ergibt das keinen Sinn. Wäre Dankbar wenn jemand seine Meinung teilt.
Und letztlich war es bei den Goten, Vandalen, Mandschu etc. auch nicht viel anders: Die Eroberer bildeten eine zahlenmäßig ziemlich dünne Minderheit; um sich langfristig behaupten zu können, war es wichtig, dass die alteingesessenen Eliten kooperierten.

Apropos Turksprache: Die Herrscher des Mogulreichs waren auch türkischstämmig, ihre Turksprache (das Tschagataische) scheinen sie schnell verlernt zu haben.
 
Apropos Turksprache: Die Herrscher des Mogulreichs waren auch türkischstämmig, ihre Turksprache (das Tschagataische) scheinen sie schnell verlernt zu haben.
Im Iran zieht sich die sprachliche Assimilierung von steppennomadischen Eroberern über ganze Herrrscherdynastien hinweg. Die Ghaznawiden, die Choresm-Schahs unter den Siyawuschiden/Afrighiden, Mamuniden und Altuntaschiden, die Timuriden sie alle bevorzugten Persisch als Herrschaftssprache gegenüber ihrer mongolischen oder turksprachigen Ursprungssprache. Inwiefern das auch auf die seldschukischen Herrscher in Persien zutrifft, weiß ich nicht - ich könnte es mir aber vorstellen.
 
Gotische Heiratsverbote haben nun weniger mit den Protobulgaren zu tun.
Auf den ersten Blick klingt das plausibel.
Aber auf einen zweiten Blick bietet es sich dann doch an, die Entwicklungen in den auf weströmischem Territorium (gewaltsam) etablierten Reichsgründungen als Vergleich heranzuziehen. Diese fanden infolge der Schwäche der westlichen Reichshälfte früher statt und hatten einen weniger mächtigen Gegner. Anfangs versuchten die neuen Militäreliten, sich in die weströmische Militäraristokratie zu integrieren (legten Wert auf römische Titel, Übertritt zum Christentum (mal quasi oppositionell arianisch, mal "katholisch"), später agierten sie auf eigene Rechnung. Hierbei zeigte sich, dass sie ein paar Generationen lang "Parallelgesellschaften" entwickelten: z.B. (west)gotisches Recht für "Westgoten", römisches Recht für eroberte/beherrschte Provinzialrömer*). Diese soziale (und cum grano salis ethnische) Trennung enthielt zeitweilig auch ein Eheverbot zwischen "Eroberern und Eroberten"; obendrein, wie @El Quijote gezeigt hat, spielten konfessionelle Schranken (die damals hochpolitisch waren) eine Rolle in diesem Eheverbot. Allen gemeinsam war die demographische Schieflage "Eroberer/Minorität vs Eroberte/Majorität", die irgendwie ausgeglichen werden musste.
Der zweite Blick nun auf die barbarischen "Reichsgründungen" auf oströmischem/byzantinischem Territorium zeigt: da etablierten sich nicht so viele wie im "Westen" und "der Osten" ging nicht unter, wurde nicht barbarisch transformiert und gestückelt. Zu den wenigen, welche die Kraft aufbrachten, sich auf oströmischem Territorium festzusetzen, gehören die (Proto)Bulgaren. Jetzt gibt es eigentlich keinen zwingenden Grund, die Beobachtungen bzgl der Entwicklungen bei den früheren Reichsgründungen völlig zu vergessen - im Gegenteil, sie bieten sich an, um nach Parallelen aber auch Unterschieden Ausschau zu halten.
Mir scheinen bzgl. des ersten (donau)bulgarischen Reichs folgende Parallelen vorzuliegen:
- demografische Schieflage: anfangs dominiert eine protobulgarische Militärelite provinzialrömische und eingesickerte slawische (siehe slawische Landnahme) Majorität, später auf der Herrschaftsebene protobulgarischer und (süd?)slawischer Adel
- Christianisierung als Politikum: die Entscheidung fällt letztlich zugunsten der oströmischen Kirche, wohl auch, weil sich die päpstliche Seite ungeschickt verhalten hatte. Hier wird zugleich Distanz und "nachbarschaftliche Nähe" zu Byzanz sichtbar.
- ethnisch/soziale Differenzen:
speziell der protobulgarische Adel zettelte einen Aufstand gegen die Christianisierung an
dazu #8 - - dass dieser Aufstand partout die heidnische protobulgarische Tradition re-etablieren wollte, deutet darauf hin, dass sich mindestens ein Großteil des protobulgarischen Adels zur Zeit von König Boris I / König Michael, also im späten 9. Jh., als eigene ethnische Gruppe wahrnahm und sich für berechtigt hielt, die politische Ausrichtung zu ändern. Die drastische Reaktion auf diesen Aufstand belegt, wie ernst Michael diese Angelegenheit nahm.

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*) auch bei den Franken spielten sich Krisen ab, welche die ethnischen Differenzen betrafen: die fränkischen Eroberer meuterten, als sie ebenso besteuert werden sollten wie die Eroberten (irgendwo bei Gregor wird das erwähnt)
 
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noch was eigentümliches zum Sprachgebrauch der Protobulgaren:
Vielmehr konnte Byzanz die Oberhoheit über die Balkanslawen immer nur örtlich und zeitlich begrenzt in eine faktische Herrschaft verwandeln. Dennoch bewahrten einige Städte entlang der Donau und ihrer Nebenflüsse in Moesien ihren römischen Charakter noch bis zum Einfall der Protobulgaren, eines Turkvolkes, im Jahr 679 und standen bis zu diesem Zeitpunkt weiterhin unter byzantinischer Herrschaft. Der Umstand, dass die Protobulgaren zunächst als Amts- und Verwaltungssprache eine Art derangiertes Griechisch nutzten, zeigt, dass es auch nach 679 römische Bevölkerung und Verwaltungsstrukturen in Moesien gab. Erst in der Folge verschmolzen die Reste der römischen Bevölkerung mit den Slawen und Protobulgaren, was heute noch unter anderem an Orts- und Gewässernamen, zum Beispiel Niš/Naissus, Jantra/Iatrus, Ossam/Asamus, Iskar/Oescus, und an fehlenden Zerstörungsschichten ehemaliger römischer Siedlungen ablesbar ist. Diese Verschmelzung erfolgte unter der Herrschaft der Protobulgaren und war somit dem byzantinischen Zugriff entzogen. Die Konsequenz war eine Slawisierung, weshalb das heutige Bulgarisch den slawischen Sprachen angehört.
aus https://de.wikipedia.org/wiki/Landnahme_der_Slawen_auf_dem_Balkan
(ich will damit keine Detaildiskussion über die verworrene spätvölkerwanderungszeitliche "slawische Landnahme" auf dem Balkan anzetteln; uns genügt, dass in den aus vielerlei Gründen nicht flächendeckend militärisch geschützten byzantinischen Landgebieten seit dem 6. Jh. slawische Bevölkerung einsickerte (teils gewaltsam, teils geduldet, teils begrüßt (z.B. als Grenztruppen zusammen mit den Anten) und diese hatte mal awarische, mal eigene, mal byzantinische und ab 679 protobulgarische Oberhoheit) - - in Sachen Sprache(n) waren die Protobulgaren offenbar recht polyglott: sie hatten ihre eigene, verwendeten griechisch und dann (wegen der demographischen Majorität) eben auch "altbulgarisch/altkirchenslawisch".
 
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