Relativer Reichtum des mittelalterlichen Europas?

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GültigerNAme

Gast
War das Europa des Mittelalters eigentlich wohlhabend im Vergleich zu anderen Weltregionen wie Afrika, Asien (Indien, China) oder den Indio-Kulturen in Südamerika?
 
Vor ca. 20 Jahren las ich mal in einem Buch - ich hatte das aber nicht weiter verfolgt* -, dass vor 1700 der relative Reichtum in Europa nicht anders verteilt gewesen sei als in anderen Weltgegenden. Der damalige Moderator Hyokkose hat das damals nach meinen Literaturangaben versucht, weiter zu verfolgen.

*In dem Buch war das nur eine Randnotiz, die sich auf eine andere Veröffentlichung stützte, die wiederum nicht die Ursprungsinfo war.
 
Das renommierte Groningen Growth and Development Centre bietet auf unten stehender Webseite in Excel historische Einkommens-Schätzungen (ausgehend von Arbeiten Maddisons) für alle mögliche Länder. Je tiefer es in die Vergangenheit geht, desto lückenhafter sind die Angaben.
Maddison Project Database 2020

Für das Jahr 1000 n.Chr. soll demnach das jährliche Bruttoinlandsprodukt je Kopf in Preisen von 2011 in China 1225 US-Dollar betragen haben, in Großbritannien 1151, im Irak 1307 und in Ägypten 956 Dollar. Die Werte liegen im Vergleich zur heutigen Situation recht eng beieinander, sie haben bis zum 18. Jahrhundert in Europa und bis ins 20. Jahrhundert in Asien keinen positiven Trend.

Die Genauigkeit der Zahlenangaben soll sicher nur zeigen, dass da wirklich etwas gerechnet wurde; was im Einzelnen, müsste man sich mithilfe der Quellenangaben erschließen. Ich würde vermuten, dass da eine große Rolle spielt, wie viel grundlegende Konsumgüter, etwa Fleisch oder Kleidungsstoffe, sich Tagelöhner leisten konnten.
 
Vor ca. 20 Jahren las ich mal in einem Buch - ich hatte das aber nicht weiter verfolgt* -, dass vor 1700 der relative Reichtum in Europa nicht anders verteilt gewesen sei als in anderen Weltgegenden. Der damalige Moderator Hyokkose hat das damals nach meinen Literaturangaben versucht, weiter zu verfolgen.
Ohne Wasser auf Dions Mühle treiben zu wollen :rolleyes:, wäre in Europa nicht auch der Reichtum der Kirche zu bedenken?
 
Ohne Wasser auf Dions Mühle treiben zu wollen :rolleyes:, wäre in Europa nicht auch der Reichtum der Kirche zu bedenken?

Wenn man als Wohlstandsindikator das Bruttoinlandsprodukt nimmt, dann geht es um jährliche Produktion, nicht um Vermögen oder Kapitalstock. Für Großbritannien gibt es etwa Schätzungen der Produktion schon für das Mittelalter, für Landwirtschaft, für produzierendes Gewerbe einschließlich Bau, und für Dienstleistungen. Was die Kirche betrifft: Die Landwirtschaft etwa produzierte auch für die Mägen der Geistlichen, die auch persönliche Dienste beanspruchten. Ein spezifisch kirchlicher Beitrag zur Produktion war der Bau von Sakralgebäuden, und der findet in den vom Groninger Institut verwendeten Schätzungen des britischen Bruttoinlandsprodukts auch Berücksichtigung:
"For the medieval period, however, allowance has been made for church building, using data on the number of cathedral and abbey building
projects." (Broadberry, S.N., B. Campbell, A. Klein, M. Overton and B. van Leeuwen (2015), British Economic Growth 1270-1870 Cambridge: Cambridge University Press)
 
Für das Jahr 1000 n.Chr. soll demnach das jährliche Bruttoinlandsprodukt je Kopf in Preisen von 2011 in China 1225 US-Dollar betragen haben, in Großbritannien 1151, im Irak 1307 und in Ägypten 956 Dollar.
Also ganz ehrlich, das Bruttoinlandsprodukt von Gesellschaften errechnen zu wollen die einen extrem großen Teil ihrer Produktion und Dienstleistungen überhaupt nicht über Marktmechanismen vermittelten (womit sie im Sinne des BIP nicht erfassbar sind) halte ich für eine äußerst kreative und effiziente Art von Zeitverschwendung.

Wie genau gedenkt man damit die Arbeit und Produktivität von Subsistenzbauern, Sklaven, anderen Formen von unfreier Arbeit etc. zu berechnen?

Ohne Wasser auf Dions Mühle treiben zu wollen :rolleyes:, wäre in Europa nicht auch der Reichtum der Kirche zu bedenken?
Warum nur in Europa?
Das religiöse Institutionen große Vermögenswerte anhäuften, kam ja durchaus auch in anderen Weltgegenden vor.

Der Reichtum der Kirche generierte sich vorwiegend aus Schenkungen. Zumindest in der Neuzeit schöpfte die Kirche ihre Möglichkeiten oft nicht aus.
Wie genau meinst du das mit dem Nichtausschöpfen der Möglichkeiten?
Was die Kirche sicherlich nicht unbedingt besonders stark betrieb, war eine Effizienssteigerung ihrer Ländereien, zumal dass bei deren Umfag sicherlich schwierig umzusetzen gewesen wäre.
 
Wie genau meinst du das mit dem Nichtausschöpfen der Möglichkeiten?
Was die Kirche sicherlich nicht unbedingt besonders stark betrieb, war eine Effizienssteigerung ihrer Ländereien, zumal dass bei deren Umfag sicherlich schwierig umzusetzen gewesen wäre.
Teilweise ließ die Kirche ihre Ländereien brach liegen. Wobei natürlich auch hier eher von Einzelakteuren die Rede sein müsste: Diözesen, Klöster...
 
Ein spezifisch kirchlicher Beitrag zur Produktion war der Bau von Sakralgebäuden
Das würde ich mit Verweis darauf, dass in nicht wenigen Fällen, die Bürgerschaft einzelner Städte, nicht unbedingt die Kirche selbst Financiers größerer Kirchenbauten waren zurückweisen.
Hinzu kämen noch Eigenkirchen, Hauskapellen diverser Adliger etc. die zweifelsohne auch Sakralbauten waren und sind, deren Errichtung aber nicht auf die Kappe der Kirche(n) ging.
 
Also ganz ehrlich, das Bruttoinlandsprodukt von Gesellschaften errechnen zu wollen die einen extrem großen Teil ihrer Produktion und Dienstleistungen überhaupt nicht über Marktmechanismen vermittelten (womit sie im Sinne des BIP nicht erfassbar sind) halte ich für eine äußerst kreative und effiziente Art von Zeitverschwendung.
Das ist natürlich alles mit großer Vorsicht zu genießen. Andererseits: Löhne für Knechte und Mägde und Preise etwa für Grundnahrungsmittel sind aus dem Mittelalter schon überliefert, natürlich bruchstückhaft.
 
Teilweise ließ die Kirche ihre Ländereien brach liegen. Wobei natürlich auch hier eher von Einzelakteuren die Rede sein müsste: Diözesen, Klöster...
Ich erinnere mich, dass du im Hinblick auf die andalusische Latifundienwirtschaft mal so etwas geschreiben hattest, wobei meine Frage da wäre, war das einfach wirtschaftliches Desinteresse der Kirche, dass dazu führte, dass das brach liegen blieb oder spielten da auch Problematik, wie hohe Lohnkosten und große Modernisierungskosten eine Rolle?
Gerade in diesem Gebiet, kann ich mir durchaus vorstellen, dass z.B. Modernisierung von Be- und Entwässerung, sicherlich nicht ganz einfach und günstig ist.
 
Das ist natürlich alles mit großer Vorsicht zu genießen. Andererseits: Löhne für Knechte und Mägde und Preise etwa für Grundnahrungsmittel sind aus dem Mittelalter schon überliefert, natürlich bruchstückhaft.
Das größere Problem ist doch aber dass Subsistenzbauern und Unfreie, deren Arbeitsleistung über diese Methode gar nicht fassbar ist, je nach Gegend den weitüberwiegenden Teil der Bevölkerung ausmachten.

Lohnarbeit von Mägden und Knechten und ihre Kosten, wird man in den Städten gang gut erfassen können, auf landwirtschaftlichen Gütern bestand der Lohn nicht selten in Kost und Logis, wenn sie überhaupt als Formen freier Lohnarbeit, nicht etwa in Forem von Hand- und Spanndiensten, Gesindezwangdiensten u.ä. auftraten.
 
War das Europa des Mittelalters eigentlich wohlhabend im Vergleich zu anderen Weltregionen
Da das Mittelalter je nach Definition etwa 1.000 Jahre dauert, schlage ich vor, diese Epoche in sinnvolle Abschnitte zu unterteilen. Welches Jahrhundert interessiert dich denn besonders?

Beim Begriff Europa im Mittelalter stellt sich die Frage, ob wir Konstantinopel dazu zählen möchten. Bis zu ihrer Plünderung (1204) dürfte die Stadt die mit Abstand größte und auch reichste Stadt des mittelalterlichen Europas gewesen sein (vorausgesetzt wir lassen K. als mittelalterliche europäische Stadt gelten.). Welche Region Europas möchten wir diskutieren?

Auch Wohlstand bedarf einer Definition. Welche Bevölkerungsschicht interessiert dich?
 
Vielversprechend scheint mit die Frage nach dem Urbanisierungsgrad von Regionen in einem zeitlichen Betrachtungsfenster zu sein. Denn in den Städten gibt es Handel, Handwerk, Bürgertum, Geldhäuser, Bildungseinrichtungen, Hospitäler etc. und das werte ich als Zeichen von Wohlstand.
 
Also ganz ehrlich, das Bruttoinlandsprodukt von Gesellschaften errechnen zu wollen die einen extrem großen Teil ihrer Produktion und Dienstleistungen überhaupt nicht über Marktmechanismen vermittelten (womit sie im Sinne des BIP nicht erfassbar sind) halte ich für eine äußerst kreative und effiziente Art von Zeitverschwendung.
Das dachte ich auch gerade.
Zumal bereits zahlreiche Analysen existieren, die anhand des Steueraufkommens und indirekter Marker wie Bautätigkeit, militärischer Potenz usw. ein hinreichend genaues Bild des Wohlstands mittelalterlicher Gesellschaften vermitteln (zumindest ab dem Hochmittelalter). Es fragt sich auch, ob es überhaupt sinnvoll ist, den Wohlstand unterschiedlicher Weltgegenden vor Beginn der Globalisierung vergleichen zu wollen.
 
Das Wirtschaftssystem war in Europa über so eine lange Zeitspanne (Mittelalter) weder zeitlich noch räumlich einheitlich. Ein wichtiger Begriff ist vermutlich der des Feudalismus. Ein Feudalsystem ist kein besonders effektives Wirtschaftssystem, weil es im wesentlichen auf Subsistenz ausgelegt ist und Überschüsse eher nur "zufällig" erwirtschaftet. Daran konnten auch die landwirtschaftlichen Reformen (Dreifelderwirtschaft etc.) der Karolingerzeit qualitativ nichts ändern.

Für das 8. bis 12. Jahrhundert würde ich die reichste und prächtigste Stadt der Welt eher außerhalb Europas verorten. In Bagdad. Über den fernen Osten und Indien weiß ich nichts, aber sehr wahrscheinlich gab es auch dort Städte mit >1 Mio EW. In Europa konnten Konstantinopel (wenn wir es als europäisch gelten lassen) und Córdoba mithalten.

Diese beiden Städte waren vermutlich die einzigen, die in Europa in diesem Zeitraum >100k EW hatten. Selbst Aachen als Residenzstadt hatte nur einige Zehntausend. Paris könnte Ende des 12. Jhdt. die 100k Grenze überschritten haben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das größere Problem ist doch aber dass Subsistenzbauern und Unfreie, deren Arbeitsleistung über diese Methode gar nicht fassbar ist, je nach Gegend den weitüberwiegenden Teil der Bevölkerung ausmachten.
Prinzipiell gibt es zwei Methoden, das Inlandsprodukt zu ermitteln: durch Messung der Einkommen oder des Outputs. Aus beiden Rechnungen sollte in etwa das Gleiche herauskommen. Hat man zu wenig Infromation über die Einkommen, etwa weil keine Löhne gezahlt wurden, bleibt die Messung des Outputs. Und solange die Güter gegeneinander getauscht wurden, kann man mithilfe von Preisen den Wert der verschiedenen produzierten Güter zusammenrechnen.

Übrigens meinen ja manche Leute, auch das für die Gegenwart ermittelte Bruttoinlandsprodukt sei ein künstliches Konstrukt und sage nichts aus, man solle lieber beschreiben, wie es den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen materiell so geht. Ich finde aber, man lernt nicht nur durch die Zeichnung immer detalreicherer Bilder, sondern auch durch das Bemühen darum, die Wirklichkeit einer Gesellschaft auf möglichst wenige Nenner zu bringen; was das Matrielle betrifft, vielleicht nur auf einen einzigen wie das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf.
Bei allen Schwierigkeiten.
 
Prinzipiell gibt es zwei Methoden, das Inlandsprodukt zu ermitteln: durch Messung der Einkommen oder des Outputs.
Prinzipiell gibt es keine Methode im Rahmen des Inlandsproduktes Leistungen zu erfassen, die nicht über Marktmechanismen vermittelt wurden und die dementsprechend nirgendwo in den Büchern stehen.

Wie viele Leistungen im Rahmen irgendwelcher Frohndienste, die nirgendwo ordentlich abgerechnet wurden, tatsächlich erbracht worden sind, lässt sich über das BIP genau so wenig erfassen, wie, wie viel ein Subsistenzbauer an Nahrungsmitteln produzierte, sofern er die nirgendwo zum Markt brachte, sondern mit samt Familie selbst verkonsumierte.
Hat man zu wenig Infromation über die Einkommen, etwa weil keine Löhne gezahlt wurden, bleibt die Messung des Outputs.
Die im Fall, dass dieser Output weitgehend selbst konsumiert und nicht über Märkte abgewickelt wurde, allerdings auch ausfällt.

Und solange die Güter gegeneinander getauscht wurden, kann man mithilfe von Preisen den Wert der verschiedenen produzierten Güter zusammenrechnen.
Nur wenn das über Kaufleute und Märkte abgewickelt wurde, die darüber Buch geführt haben. Wenn irgendwo in Hintertupfingen, Bauer X dem nicht zünftigen Schmied Y 2 Sack Getreide oder eine Ziege dafür überlassen hat, dass der ihm seine Werkzeuge wieder richtet, taucht das aber in keiner Aufzeichnung auf.

Die Aufzeichnungen aus den Marktstädten mögen einigermaßen brauchbare Bilder bieten, aber man sollte doch bitte seinen, dass das nur einen Teil der Bevölkerung betraf und auch, dass die Preise sich in den Ballungszentren durchaus massiv von denen im ländlichen Raum unterscheiden konntenn, gerade was Nahrungsmittel angeht, bei denen die Städte, wenn sie groß genug wurden immer Defizite aufwiesen.

Übrigens meinen ja manche Leute, auch das für die Gegenwart ermittelte Bruttoinlandsprodukt sei ein künstliches Konstrukt und sage nichts aus, man solle lieber beschreiben, wie es den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen materiell so geht.
Man kann ja machen, was man will.
Ich hab ja nichts dagegen, dass irgenndjemand versucht mittelalterliche Bruttoinlandsprodukte zu berechnen. Ich hab aucht nichts dagegen, wenn jemand versucht auf seinem Fahrrad zum Mond zu radeln. Ich halte eben beides für Unsinn.
Für ein wirklich aussagekräftigs BIP-Modell für das Mittelalter fehlt meines Erachtens einfach die Datenbasis.
Die ist in diversen Weltregionen heute noch so dünn, dass die Aussagekraft dieser Zahlen eher gering sein kann.

Wie an anderer Stelle schon dargelegt: Dass BIP ist ein guter Indikator zur Bestimmung der Wirtschaftsleistung von Gesellschaften, die eine Kultur besitzen, die darauf hinaus läuft, Probleme tendenziell mit Geld zu lösen und ihre Bedüfnisse über Marktmechanismen abzuwickeln, bzw. die Güter, die zu ihrer Befriedigung notwendig sind, darüber zu konsumieren.
In einer Gsellschaft, die nach anderen Sozialkonventionen funktioniert, in der Güter und Leistungen nicht über Märkte, sondern Klientelverhältnisse u.ä abgewickelt werden, die nur zu einem geeringen Maße monetarisiert ist, etc. taugt diese Methode nichts.
 
Wikipedia bietet eine Liste der größten Städte der Welt, die auf Grundlage von Schätzungen von Historikern erstellt wurde.
Liste der größten Städte (historisch)

Beispielsweise für das Jahr 1000
1. Bagdad
2. Kaifeng (China)
3. Konstantinopel
4. Córdoba
5. Angkor (heutiges Kambodscha)
6. Kairo
7. Samarkand (heutiges Usbekistan)
8. Kyoto
9. Nischapur (heutiger Iran)
10. Al-Hasa (heutiges Saudi Arabien)

Nach Kontinenten ausgewertet: 7* Asien, 2* Europa, 1*Afrika

Ich meine, dass aus dem Vorhandensein von großen Städten darauf geschlossen werden kann, dass ein funktionierender Staat, ein effizientes Verwaltungssystem, ein produktives Wirtschaftssystem, Handel, Gewerbe, Wissenschaft, Bildung, Infrastruktur, arbeitsteilige Gesellschaft etc. vorhanden waren. All dies werte ich als Indikator für Wohlstand.

Aus dem Fehlen größerer Städte (z.B. >50k EW) kann man dennoch nicht schließen, dass eine Region nicht wohlhabend war, denn die oben genannten "Wohlstandsindikatoren" können vollständig oder zumindest teilweise auch in kleineren Städten vorhanden gewesen sein. Z.B. frühe Universitätsgründungen in Padua und Salamanca, Dom zu Speyer, Textilindustrie in Flandern, das im Vgl. mit den Top 10 kleine Venedig als See- und Handelsmacht etc.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich meine, dass aus dem Vorhandensein von großen Städten darauf geschlossen werden kann, dass ein funktionierender Staat, ein effizientes Verwaltungssystem, ein produktives Wirtschaftssystem, Handel, Gewerbe, Wissenschaft, Bildung, Infrastruktur, arbeitsteilige Gesellschaft etc. vorhanden waren. All dies werte ich als Indikator für Wohlstand.
Das in jedem Fall.
Was ich allerdings nicht sehe, ist ein daraus resultierendes, tatsächliches Vergleichskriterium, weil schon die Grundlagen, auf denen diese Städte standen völlig unterschiedliche waren.

Im Fall Kairo oder Bagdad, lagen diese beiden Städte einfach an den einzigen größeren Handelsrouten innrhalb der nährern Umgebung.
Wenn man relativ gewaltige Flussysteme wie den Nil oder das Euphrat-Tiges-System hat, die mehr oder minder von Natur aus als gewaltige Autobahnen einen Großteil des Handelsverkehrs der umliegenden Ländern an sich ziehen, ist es vollkommen natürlichdass da große Stapel und Handelsplätze entstehen, spätestens da, wo der Handel in irgendeiner Form umgeschlagen werden muss, weil irgendwelche Hindernisse im Wasserweg, die zu umgehen sind, weil von Fluss- auf Seeschhiffe umgeladen werden muss oder sich der Fluss in einem weitverzweigten Delta aufteilt, welches man als auswärtiger Händler ohne ortskundige Führer und Lotsen so einfach nicht befahren kann.

Insofern halte ich es für schwierig, wenn man einfach an Hand der Größe der Städte daraus schließen wollte, dass Region X wohlhabender gewesen wäre als Y.

Aus dem Fehlen größerer Städte (z.B. >50k EW) kann man dennoch nicht schließen, dass eine Region nicht wohlhabend war, denn die oben genannten "Wohlstandsindikatoren" können vollständig oder zumindest teilweise auch in kleineren Städten vorhanden gewesen sein. Z.B. frühe Universitätsgründungen in Padua und Salamanca, Dom zu Speyer, Textilindustrie in Flandern, das im Vgl. mit den Top 10 kleine Venedig als See- und Handelsmacht etc.
Wie gesagt, größere Städte haben zumeist auch etwas mit geographischen Gegebenheiten zu tun, die mehr oder minder ohne menschliches zutun vorgezeichnet sind, oder sich in anderen Fällen auch einfach aus der jeweiligen Grenzgeographie heraus entwickelt haben können.

Beispiele für ersteres sind genannt, ein Beispiel für letzteres, wären etwa St. Petersburg, Göteborg, Triest und andere Städte (auch wenn das nicht unbedingt DIE Mega-Metropolen sind), die vor allem deswegen einigermaßen groß geworden sind, weil die jeweiligen Herrscher ein Interesse an der Entwicklung eigener Verkehrswege hatten um Zollproblematiken zu umgehen.

Solche Phänomene hat man natürlich viel, in tendenziell kleinräumig organisierten Gebieten, wie Europa und lange Zeit auch Indien.
Wenn Herrschaften kleinräumig organisiert sind und damit die Kosten für Zölle tendenziell hoch und obendrein jeder Regionalherrscher versucht von den vorhandenen Handelsströmen etwas abzuzweigen, führt das naturgemäß zu deren Zersprlitterung und der enstehung mehrerer kleinerer Zentren nebeneinander, aber der Entstehung von Megacities ist das eher hinderlich.
 
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