Hier möchte ich nochmal anmerken, dass Schwerter NIE dafür gedacht waren, im Sinne einer heutigen "Parade" geführt zu werden. Solche Blockaktionen zerstören selbst eine meisterhaft geschmiedete Klinge innerhalb weniger Schläge!
Ich denke, Gloife, du weißt das, möchte das hier aber nochmal ausdrücklich erwähnen.
Adventures in Edge Bashing
Ein uralter Beitrag, ich erlaube mir trotzdem, darauf zu antworten:
"Nie dafür gedacht", entspricht nach meiner Ansicht nicht den Tatsachen. Zahlreiche Fechtbücher (prominent etwa der Talhoffer) illustrieren, dass man sehr wohl mit dem Schwert parierte. Schon aus dem simplen Grund, dass offene Feldschlachten in allen Zeiten, da das Schwert die primäre Waffe jedenfalls eines Teiles der Krieger bildete, die Ausnahme darstellten. Nicht immer trug man also Schutzwaffen, nicht immer war man mit einem Schild, oder zumindest einem Buckler, gewappnet.
In zivilem Kontext war man dies gar so gut wie nie. Es bestand daher die Notwendigkeit, gegebenenfalls parieren zu können. Wahr ist, dass nur wenige historische Techniken dafür bekannt sind, weil nahezu jeder Kampfstil auch den Versuch unternahm, die Stabilität der Waffe zu erhalten, und ein Ausweichen weniger Gefahr für die Hände des Trägers bot als eine Parade. Mit anderen Worten: Man wusste, dass man eine teure Wette auf die Kunst des Hausschmiedes einging, aber manchmal musste man die Wette eben eingehen, und dies wurde von allen Beteiligten auch immer mehr berücksichtigt — von Fechtlehrern und Waffenmeistern ebenso wie von den Schmieden. Wie man darüber dachte, zeigt z.B. der Wandel der Formgebung der Quillons bzw. des Kreuzgestänges, und vor allem das dafür verwendete Material. Verließ man sich anfangs auf weiche oder gar brüchige Rohstoffe und geringe Ausmaße, so wurde die sog. Parierstange im Lauf der Zeit in puncto Ausmaße und Festigkeit immer massiver, eben weil mit verbesserten Stahlen und neuen Kampftechniken die Gefahr stieg, dass eine parierte Klinge auf die Hand des Verteidigers abgleiten könnte.
Treffen Schneide auf Schneide, entstehen zunächst einmal nur selten Belastungsfrakturen, die früher oder später zum Klingenbruch führen. Ist eine Klinge wirklich scharf, sind wir auf dem besten Wege, in Sachen Dicke am Schneidenrand den Milli- in den Mikrometerbereich zu verlassen. Treffen zwei so dünne Stahlschichten aufeinander, haben sie einander nicht viel entgegenzusetzen; erst in den Zonen dickeren, weicheren Stahles erfahren sie einen Widerstand, der auch die Klinge an und für sich beschädigen könnte. Der Stahl faltet sich mit der Auftreffrichtung der zu parierenden Klinge, und ist er nicht elastisch genug, bricht das "gefaltete" Stück ab. Dieses ist jedoch in der Regel winzig und erzeugt keine weiterlaufenden Haarrisse, da die (Gesamt-)Klinge die kinetische Energie nach der Ableitung des gefährlichen Überschusses in das versagende Teil der Struktur aufnehmen und übertragen kann, und zweitens der weichere Stahl der Klingenseele auf Beschädigungen träger reagiert.
Tatsächlich ist das Auftreffen der Klinge auf eine größere Fläche von geringerer Dichte und Härte für die Haltbarkeit der Waffe weit ernster. Ich habe gesehen, wie authentische (wissenschaftliche, nicht kommerzielle
) Reproduktionen von Ulfberth-Schwertern nur winzige Späne aus einander schlugen, ohne dass die Klingenintegrität wenigstens auf kurze Sicht beeinträchtigt gewesen wäre; hingegen genügten fünf gerade Hiebe auf eine Kokosnuss, damit sich eine Klinge um den Auftreffpunkt bog und sozusagen in einen Krummsäbel verwandelte.
Hier merkt man, wo das Problem besteht: Der Stahl muss in der Tat elastisch sein. In akzeptablen Rahmen wurde er dies mit verschiedenen technischen Neuerungen des 13. und 14. Jahrhunderts. Zuvor hatten bereits die Wikinger und die Franken (s. Ulfberht) derartigen Stahl erwerben und vielleicht auch herstellen können, jedoch nicht in großem Stil; jedenfalls war er sehr exklusiv und sein Ursprung lag im Osten, nach vielen Quellen im heutigen Indien.
Die wiederum davor gebräuchlichen Eisenschwerter waren freilich zu brüchig, um damit zu parieren, und diesen Umstand behielt man lange Zeit in Erinnerung, zumal viele Schmiede lange ihr Rohmaterial aus Raseneisenstein gewannen, wodurch die Qualität von Eisen und Stahl gering war.
Doch wer sich ab dem ausgehenden 13. Jahrhundert eine gute Klinge leisten konnte, der musste sich nicht sorgen, sie möchte "innerhalb weniger Schläge" zerstört werden. Im Gegenteil nehmen in dieser Zeit die Berichte ab über Helden, deren Klingen gebrochen seien; das unritterliche Erschossenwerden tritt an die Stelle des Materialversagens für Schilderungen, darin der Held ohne eigenes Verschulden überwältigt wurde (nach dem Motto: tot, aber unbesiegt).