A.D.M.
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naja, dieser spruch is mir nur von notaras den sekretär des letzten kaisers bekannt und der ging eher " lieber den turban des sultans, als die mitra des papstes". wobei er diesen satz später wohl zutiefst bereut haben muss, wenn man von seinem weiteren schicksal erfährt.Ohje, ich weiß mehr, habe aber noch zahlreiche offene Baustellen hier im Forum...
Ich habe auch einige Dokumente gepostet, die einiges behandeln, im Nachbarbereich: Osm. Reich, wohin dieser Thread auch gehört, da du ja wissen willst, was mit den Griechen unter osmanischer Herrschaft geschah. Oder?
Oder bezeichnest du das osmanische Reich weiterhin als Byzantinisches Reich? So wie die Sultane, sich als Kaiser von Rum titulierten?
Nach der Eroberung Konstantinopels flüchteten etliche der letzten verblieben Bewohner im Zuge der Plünderungen ins Umland. Etliche wurden im Zuge der Plünderungen auch gefangen genommen.
In Edirne gab es einen großen Sklavenmarkt, und da Sultan Mehmet Konstantinopel zur Hauptstadt machen wollte, kaufte er dort zahlreiche Sklaven und Kriegsgefangene frei, und schickte sie wieder in ihre Häuser in Konstantinopel. Auch aktive Besiedelungspolitik, z.B. neben Anwerbungen auch Zwangsumsiedlungen ganzer Volksgruppen (Stadtteilsnamen Istanbuls zeugen davon), sorgten neben dem Aufblühen der Wirtschaft in einer Pax Osmanica dafür, dass schon wenige Jahrzehnte nach der Eroberung, Konstantinopel wieder auf 50000 Meschen angewachsen ist und in der Folgezeit sogar wieder zur größten Stadt der Welt wurde.
Was ich eigentlich in einem anderen Thread schreiben wollte, gebe ich hier mal wieder:
Es wird immer gesagt, dass das OR islamisch sei. Das ist richtig, der Sultan war es, wie auch viele andere. Aber es gab neben den Muslimen eben auch noch zahlreiche Christen und auch Juden. Nicht nur beim einfachen Volk, sondern auch bis in höchste Ämter. Z.T. wie schon in anderen Threads oft geschrieben auch nach einer Islamisierung zwecks "Karriereaufstiegschancen".
(Inwieweit diese Konvertierung nun aus tiefsten Herzen oder nicht war, ist individuell verschieden und möchte ich hier nicht diskutieren. Es sei nur daran erinnert, dass es Gesetze gab, die es verbaten, vor Eintritt ins Erwachsenenalter zum Islam zu konvertieren, und selbst dann es vor der Konvertierung einem christlichen Priester gestattet war, dem Konvertiten in letzter Minute noch umzustimmen. Das Theorie und Praxis unter dem einen oder anderen Sultan auseinanderlagen, ist mir bewusst! Aber als ein Beispiel von Vielen konvertierte der spätere Großadmiral Kilic Ali Pascha (16. Jh.) im reifen Alter von 34 und hinterließ eine Moschee in Istanbul, die verdächtig den Geist einer Kirche atmet.)
Osmanische Volkszählungen auf dem Balkan (inkl. heutiges Griechenland) der Jahre 1520-30 besagen zum Beispiel, dass nur 19% der Bevölkerung muslimisch sei, der Rest Christen und ein paar Juden. (Unter den Bosniern/Bosniaken waren zu der Zeit 45% Muslime). Noch im 20. Jh. bestand mehr als die Hälfte der Bevölkerung Istanbuls aus Nichtmuslimen, mehrheitlich Griechen, also Urururenkel der Byzantiner.
Konvertierung nach S. Faroqhi: Geschichte d. OR:
"
Vor allem kamen im Gegensatz zu den europäischen Staaten
jener Epoche, in denen Vertreibungen und Hinrichtungen religiöse
Konformität erzwangen, unfreiwillige Bekehrungen zum
Islam nur relativ selten vor. Selbst manche Sklaven konnten
dem Druck, die Religion zu wechseln, widerstehen. Allerdings
hatte die Mehrheit der Sklaven, sowie die durch die Knabenlese
für den Dienst des Sultans eingezogenen jungen Männer, in
dieser Sache kaum eine Wahl. Es kam auch vor, daß Leuten, die
für die osmanische Verwaltung „Ruhestörer“ darstellten, nur
die Wahl zwischen einer schweren Strafe und der Annahme des
Islams blieb.
Die überwältigende Mehrheit aller Bekehrungen dürfte jedoch
auf freiwilliger Basis erfolgt sein. Dafür gab es etliche
Gründe. Zunächst einmal dürften die nicht enden wollenden
Religionsstreitigkeiten zwischen Orthodoxen, Katholiken und
Protestanten auf manche Südosteuropäer so abstoßend gewirkt
haben, daß sie nicht mehr bereit waren, an eine göttliche Sendung
der christlichen Kirchen zu glauben. Für weniger nachdenkliche
Menschen gab es natürlich „weltlichere“ Gründe.
Von der cizye [Anm. von mir: Kopfsteuer für Nichtmuslime, dafür brauchten sie nicht zur Armee] einmal abgesehen, öffnete die Annahme des Islam
Möglichkeiten des sozialen Aufstiegs, etwa als Diener eines
Gouverneurs. Auch mögen manche Menschen es einfach
vorgezogen haben, als Untertanen „erster“ und nicht „zweiter“
Klasse zu leben. Bisweilen gab es auch Bekehrungen ganzer
Dörfer oder Familien, deren Gründe wegen Quellenmangels
meist nicht mehr nachzuvollziehen sind. Aber schon die Bedeutung
der cizye als staatlicher Einnahmequelle dürfte osmanische Provinzgouverneure und Kadis davon abgehalten haben,
die Bekehrung der „Ungläubigen“ mit allzuviel Nachdruck zu
betreiben."
Dazu das bekannte christl. Sprichwort aus der Zeit: Lieber unter dem Turban des Sultans, als unter der Mitra (?) des Kaisers. Oder wie der Satz nun noch genau ging...
ansonsten glaub ich nicht dass dieser spruch unter der christlichen bevölkerung des osmanischen reiches überhaupt verbreitet war. ich halte das eher für ein ammenmärchen der westlichen presse, die dieses zitat immer wieder gerne bringt und aus den zusammenhang reißt.
ja man könnte diese zeit auch als pax ottomana bezeichnen, obwohl es auch damals zahlreiche blutig niedergeschlagene aufstände gab.Interessant ist ein starkes Bevölkerungswachstum seit dem 16. auf dem Balkan, ein Indiz für einigen Wohlstand und relative Ruhe.
dabei sollte man auch anmerkenen das vor der entgültigen eroberung des balkans und anatoliens durch die osmanen, dort über 200 jahre zustände herrschten die selbst schlimmer waren als der von den deutschen gern beweinte 30jährige krieg, was verheerung und epidemien betrifft.
schade, da schreibst du bis jetzt so einen guten beitrag um dann mit so einen völlig zusammenhanglosen mist zu kommen. dir müsste schon bekannt sein dass es sich bei den ortodoxen um christen handelt und nicht um muslime wie in spanien oder "heidnische" indianer wie in den usa. das kann man doch beim besten willen nicht vergleichen, das sind doch ganz andere historische zusammenhänge. und mir ist nicht bekannt das die griechische bzw. orthodoxe bevölkerung unter fränkischer bzw. katholischer herrschaft ausgelöscht wurde oder gar solche pläne existierten.Dann gebe ich auch mal zu bedenken, dass die Nationalitäten des Balkans, die so gern vom "Joch der Türken" sprechen (was es temporär und regional auch gab), überhaupt heute nur davon sprechen können, weil es eben die Osmanen waren, die sie erobert haben. Wären es andere Mächte gewesen, und hätten sie als orthodoxe Ketzer betrachtet, dann wären sie vielleicht ebenso in die Bedeutungslosigkeit verschwunden, wie heute die Indianer in den USA, oder ganz verschwunden, wie die Araber in Spanien, Süditalien und Sizilien nach der Eroberung durch die christl. Reiche. Oder zahlreiche andere Völker, die von den christl. Reichen vernichtet und/oder vertrieben wurden.
es hätte höchsten eine konfessionsänderungen von teilen der bevölkerung gegeben, wie bei der unierten kirche der ukraine, den arberesh und griechen in süditalien oder einigen katholiken bei den kykladen-inseln. ich empfehle dir in diesem zusammmenhang eine reise nach korfu, kreta oder zypern.
Im OR ist ebensowenig alles schlecht, wie ebensowenig alles eitel Sonnenschein, was glücklicherweise beginnend mit den Unis langsam auch auf dem Balkan Verbreitung findet, wobei Griechenland mit 10 Jahren in Vorsprung liegt. Das gleiche gilt auch für die türkischen Historiker, die wiederum zwei drei Jahrzehnte Vorsprung haben, ausser Exiltürken, die manchmal Vorreiter der Historiographie waren, neben westl. Forschern.
Die Lage auf dem Balkan vor der Eroberung nach Faroqhi. a.a.O.:
"
Überdies ist zu bedenken, daß im 14. Jahrhundert Anatolien
von zahlreichen Nomadenstämmen bewohnt wurde, die auf
der Suche nach Weideland bereit waren, auf die Balkanhalbinsel
überzusetzen. Allerdings wurde bei Nomaden, die sich
in Rumeli angesiedelt hatten, die Stammesstruktur sehr bald
durch eine rein militärische ersetzt. Über die Art, in der dies
vonstatten ging, wissen wir wenig. Doch könnte die Militarisierung
der rumelischen Nomaden darauf hinweisen, daß der
osmanische Staat die Einwanderung dieser muslimischen Untertanen
in die Balkanprovinzen zwar förderte, aber auch zu
kontrollieren suchte. Angesichts der zahlreichen von Nomadenstämmen
gegründeten anatolischen Fürstentümer dürften
die osmanischen Sultane Garantien gegen künftige Aufstände
und Staatsgründungen gesucht haben.
Für die Landnahme türkischer Nomaden auf dem Balkan
fließen die Quellen recht spärlich. Dieser Mangel hat die Austragung
heftiger Debatten über die Bevölkerungsdichte des
Balkans vor dem Beginn der osmanischen Eroberung und die
kriegsbedingten Bevölkerungsverluste begünstigt. Weiß man
doch nicht, in welchem Ausmaß die Pestepidemien des späten
14. Jahrhunderts die Bevölkerung, ganz unabhängig von den
Kriegsereignissen, dezimiert haben. Immerhin bildeten herumziehende
Armeen ein ideales Vehikel für die Pest. Historiker
auf der Balkaninsel gehen – oft mit nationalistischem Interesse
– von einer sehr hohen Bevölkerungszahl auf dem Balkan
vor der osmanischen Eroberung aus. Türkische Historiker dagegen
(und viele Osmanisten) schätzen die Zahlen weitaus
niedriger ein. Zu mehr als begründeten Vermutungen reichen
die Quellen jedoch auf keinen Fall."
EDIT:
Achja, da fiel mir gerade noch ein, dass beim Bevölkerungsaustausch in einem konkretem Fall, der vielleicht exemplarisch ist, keine Ahnung, die Familien jeweils im Austausch die Häuser der anderen Seite erhielten, die in etwa vergleichbar sein sollten. Ich habe sowohl in Griechenland und der Türkei oft Urlaub gemacht, auch deshalb, weil ich griechische und türkische Freunde habe. So berichtete mir ein türkischer Freund (ein gebildeter aufgeklärter atheistischer "Europäer" und Istanbuler, kein Proll, wie leider viele Türken hier bei uns... ) davon, dass seine Großeltern aus Westthrakien (GR), bei Xanthi/Kavala/Drama als Jugendliche im Zuge des Austausches nach Istanbul kamen, in Westthrakien im Tabakwesen tätig waren. (Distribution, Qualitätskontrolle, ich glaube einige Felder haben die auch verpachtet.)
In der Nähe von Istanbul, nun, durch das Bevölkerungswachstum von 2,8 Millionen auf 15,5 Millionen gewachsene Istanbul zu der Stadt gehörende Städtchen Maltepe, erhielten sie ein kleines Haus, nebst den Grundstücken, die der Fläche der Grundstücke bei Xanthi entsprachen. Allerdings war ihr türkisches Haus in Griechenland schöner und teurer, aber der Unterschied war wohl nicht soooo groß. Ausserdem reiste der Urgroßvater meines Freundes extra nach Maltepe (Istanbul), um den Boden zu begutachten, ob der auch für Tabakanbau geeignet war, und wie die Örtlichkeiten waren. Ich nehme mal an, dass der Grieche aus Maltepe auch nach Xanthi gereist ist, weiß es aber nicht. Dann erfolgte der Umzug. Später dann ist eine Zigarettenmarke namens Maltepe in der Türkei recht populär geworden, vor der Übernahme des Marktes durch die Amis seit den siebziger und achtziger Jahren.
Dann berichtete er mir, dass seine Großeltern mal in den siebziger Jahren nach Griechenland gefahren seien, mit seinen Eltern, um ihr altes Haus mal anzuschauen, und die jetzigen Besitzer mal zu besuchen, die sie nur als Jugendliche kurz kennengelernt haben. Leider war das Haus nicht mehr in so tollem Zustand, ob sie die ehemaligen Griechen aus Maltepe getroffen haben, weiss ich nicht mehr.
Aber jedenfalls gibt es seit mindestens eineinhalb Jahrzehnten einen regen Austausch mit den Orten rund um Kavala in Griechenland, und den Bewohnern aus Maltepe, denn im Zuge des Bevölkerungsaustausches kamen 1500 Türken aus Thessaloniki, Yanthi, Kavala und Drama allein nach Maltepe/Istanbul. Und nun organisieren diese Türken und ihre Kinder, und Enkel Busfahrten nach Griechenland, um die Erde ihrer Vorfahren zu besuchen, und den Bürgermeister zu besuchen, einem großen Empfang ihnen zu ehren beizuwohnen, Wimpel auszutauchen, selbstgemalte griechische und türkische Flaggen auf der Busfahrt zu schwenken, Geschenke dort zu verteilen, z.B. wertvolles Kunsthandwerk aus Glas und Porzellan (gibts als Ramsch auch bei Ikea... ) zu verschenken, und so weiter.
Hört sich so gar nicht nach der Erbfeindschaft an, die ich in Deutschland immer so oft höre - in Griechenland von den Einheimischen und in der Türkei von den Einheimischen aber nur höchst selten gehört habe. Würden die Griechen nicht griechisch, und die Türken nicht türkisch reden, könnte ich bei vielen (nicht allen) nicht sagen, wer nun wer ist, so ähneln sich die beiden Völker in ihrer Art, Alltagskultur, ihrem Temperament, usw. wie man es halt so mitkriegt als Aussenstehender mit Einblicken ins Innere durch Freunde.
Ob die Griechen aus Kavala, Xanthi etc, auch nach Maltepe fahren, weiß ich nicht. Vielleicht sind sie zu arm zum reisen? Oder schon in die größeren Städte vor Jahrzehnten gezogen? Ich werde ihn mal fragen, wenn ich ihn treffe und Interesse an realen Auswirkungen der Geschichte besteht.
Hier mal einige Bilder von Maltepe gegenüber den Prinzeninseln am Rande von Istanbul (45 Min. zur Galata-Brücke)
http://www.wowturkey.com/forum/viewtopic.php?t=4388
So, das soll's erstmal sein.
Irgendwann vielleicht mehr.
Arrividerci, LG, lynxxx
ansonsten möchte ich noch anmerken, dass sich der threadersteller bei seiner fragestellung auf die griechen anatoliens bezog und nicht auf die bevölkerung des balkans. trotz alledem schöner beitrag.:friends:
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