Schwerter - Degen, Rapiere

Wenn es schon um die Effizienz von Blankwaffen geht,sollte man auch die Stangenwaffen wie Hellebarde,Gläfe, Partisane u.ä. nicht vernachlässigen.Die konnten,je nach Ausgestaltung sowohl als Hieb- als auch als Stichwaffe eingesetzt werden , waren den Schwertern an Reichweite weit überlegen und lösten wohl spätestens ab den Schweizer Kriegen gegen Habsburg und Burgund Schwerter und Säbel als tragende und schlachtentscheidende Infanteriewaffe bis zum Aufkommen funktionstüchtiger Infanteriegewehre mit Bajonett ab. Die Ausrüstung der Landsknechtshaufen sah denn auch den Katzbalger oder den Dolch nur als Hilfswaffen für den absoluten Nahkampf vor.
Im Zweifel würde ich also zur Hellebarde statt zum Schwert greifen.
 
Vom Grundsatzgedanken dürfte es auch selbstverständlich sein dass jeder Militär, seinen Soldaten nur das Beste in die Hand geben möchte solange der Haushalt stimmt

Bei der Ausstattung der Soldaten entscheiden zu oft Leute die von der Realität und dem wirklichen Geschehen an der Front oft schon viel zu weit entfernt sind, deren militärische Erfahrungen meist auch veraltet sind. Da die militärischen Führer ihre eigenen Fronterfahrungen meist vor langer Zeit unter ganz anderen Umständen gemacht haben führt zu einem grundsätzlichen Konservatismus des Militärs und einer gewissen Schwerfälligkeit sich militärischen Neuerungen anzupassen.

Das war früher so und ist heute immer noch so. Gerade das Militär hält oft hartnäckig an veralteten Techniken oder Waffen fest oder wird bei der Beschaffung von völlig fehlerhaften strategischen Ideen geleitet. Das geht vom „römischen Kurzschwert“ der napoleonischen Infanterie hin zu der Wahnidee das das Bajonett die Königin des Schlachtfeldes ist in einer Zeit wo längst Bajonett Angriffe nur noch unsinnig waren bis hin zu heute wo die Friedensdoktrin der BW Gefechtsfahrzeuge bringt die zwar einen hohen Schutzwert haben aber eine viel zu geringe und ungeignete Bewaffnung sowie ungünstige Dimensionierung des Fahrzeuges an sich.

Zu oft entscheiden auch Zivilisten in den Ministerien fernab jeder praktischen Militärischen Erfahrung über die Beschaffung von Waffen von deren Vermögen ja dann leben und tod der soldaten abhängen.

Dazu kommt dann meist in erheblichem Umfang die Rüstungswirtschaft als Primärgrund für oder gegen bestimmte Waffen, diese werden nicht aus gründen der funktionlität sondern aus gründen der reinen politik wie wirtschaftlichen gründen beschafft und wirtschaftlich heißt jetzt nicht das sie günstiger sind.

Es kommt also tatsächlich oft vor, das schlechtere und zugleich teuerere Waffen beschafft werden obwohl dies wiedersinnig ist. Aus Politischen Gründen.

Gebe ich das teure Gewehr der Spezialkraft, in die ich schon hunderttausende Dollores gesteckt habe, oder gebe ich es dem "Jungspund, dem Kanonenfutter"???

So teuer wären sehr gute Gewehre bei weitem nicht, die Ausstattung der gesamten Truppe mit überlegener Infanteriebewaffnung würde nicht mehr Kosten als eine neue Fregatte kostet, aber die Fregatte erscheint der Führung eben wichtiger. Der Preisunterschied zwischem dem was sehr gut wäre und dem was man kriegt ist bei der Infanterie gar nicht so groß.

Es ist interssantererweise so, dass in modernen Armeen die Ausrüstung der Infanterie stiefmütterlich behandelt wird, da man noch dem Denken des Kalten Krieges verhaftet die durch die modernen Quasi Kriege extrem gestiegene Bedeutung der Infanterie selbst in der militärischen Führung immer noch nicht erkannt hat. Bis vor kurzem hat man sogar noch Infanterie abgebaut, jetzt fehlt sie an allen Ecken und Enden und man schult andere Truppen zu Infanterie mehr schlecht als recht um.

und lösten wohl spätestens ab den Schweizer Kriegen gegen Habsburg und Burgund Schwerter und Säbel als tragende und schlachtentscheidende Infanteriewaffe ab

Man sollte noch anmerken das auch vor den genannten Kriegen Schwerter keine Schlachtentscheidenden Waffen waren, das waren sie allenfalls in der Antike über einen gewissen Zeitraum bei den Römern und einigen wenigen anderen.

Im Zweifel würde ich also zur Hellebarde statt zum Schwert greifen

Da wir ja von der Zeit sprechen, in der Schwerter, Rapiere und Degen benutzt wurden, also der frühen Neuzeit, geht es nicht darum, welche Waffen ganz allgemein für den Nahkampf am geeignetsten sind, sondern um die Waffen eben dieser Zeit.

Und da sollte man anmerken, dass die Unteren Offiziersränge wie auch die Unteroffiziere im Krieg eben Stangenwaffen führten, selbst dann noch als es schon Bajonette gab, z.b. die schon genannte Partisane.

Im Zweifel würde ich also zur Hellebarde statt zum Schwert greifen

Die Frage ist wieder, wann und für was und wie. Mit einer Rondartsche und einem Degen bin ich dir als Hellebardenkämpfer im Einzelkampf überlegen. Ein Landsknechthaufen mit Piken ist Hellebarden ebenso überlegen, warum ja dann auch die Hellebarden selbst bei den Schweizern immer mehr durch Piken ersetzt wurden.

Die Frage ist also, von welchem Zeitpunkt sprechen wird, kämpfe ich im Verbund einer geschlossenen Einheit oder im Einzelkampf, wie ist das Gelände/Terrain, gegen wen Kämpfe ich, wie ist der wiederum bewaffnet usw usw
 
Ich wüßte was besseres als eine Hahnschrotflinte: mit Trommel, für Patronen, großkalibrig und glattläufig - sag mal Cal.50. Den Hahn zwar jedesmal zu spannen, dabei müßte die Trommel aber weiterrotieren. Nebenbei müßte die Möglichkeit bestehen, die leeren Trommelbohrungen mit neuen Patronen zu bestücken. Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich meine Balkontür wirklich mit grobem Hagel. auf die Straße drücken wollte ...
Wir wollen nicht übertrieben ängstlich sein: Selbst ein Degen unterm Kopfkissen ist kein Gesetzesverstoß. Außerdem sieht man an meinen anderen Äußerungen hier, daß ich Angreifer möglichst schonen möchte (was man hier "merkwürdig findet" - ich bitte aber zu bedenken, daß wir im christlich-humanistischen Abendland leben, wo es selbst im Krieg Regeln der Menschlichkeit gibt!).

Nun, ich hatte gestern was besseres in der Hand, als den meinen ... Der preußische Offiziersdegen, IODTyp 2, lag bei Kinnemann so hervorragend in der Hand, daß ich gegen die nichtvorhandenen Fingerringe nichts mehr einwenden möchte. Im übrigen kriege ich bei dem beringten zwar die Finger rein, es ist aber alles andere als bequem so. Der Chef des Hauses mutmaßte, daß diese Ringe wohl mehr standesgemäßes Zierüberbleibsel waren. Er meinte auch, die ja recht kleinen Leute hätten damals eben zartere Finger gehabt. Bei den Galanteriedegen sind die Ringe so klein, daß ich darauf tippe, daß sie wirklich nur Verzierung gewesen sein können. Nun ja, dicke Wurstgriffel habe ich gewiß nicht. Im übrigen schaute ich mir meinen Bilderrahmen mit Käyser Leopold (selig - schnüff) an: Das Gemälde ist exact genug, um ahnen zu können, daß seine Degengriffringe seinen Fingerchen kaum Spaß gemacht haben werden.
Ach ja, Brissotin, man hielt mir eine Klinge unter die Nase, die aus Freyburg geschickt worden war :). Außerdem durfte ich das historische Original jenes Griffs (samt Klinge natürlich) in den Händenhalten, daß an ersteres Teil angebaut werden soll. Und ich kann sagen, daß die Waffen da sauber ausgewogen werden. Der IOD wiegt durchaus einiges. Trotzdem vermittelt er das Gefühl von Schwerelosigkeit. Der Stoß kam mir vor, als wenn man über eine Wasseroberfläche gleitet. Bin wirklich schwer beeindruckt.
Mein alter Glockendegen ist nicht so optimal gewichtet, aber ganz verworfen hat man ihn dort nicht. Ist halt nur Werkzeugstahl, kein Karbonstahl, welche Diagnose man mir spontan zusagen konnte.
Dann hatte ich noch ein frühbarockes Rapier in der Hand: Ziemlich schwer, doch da es ebenfalls sehr gut ausgewogen war, lief es wie von selbst. Da hatten die Finger im Gefäß reichlich Gelegenheit: Für den Stoß wechsel ich übrigens gern auf zwei Finger, weil er dann praziese aus der Mittelachse der Hand kommt. Andererseit sieht man natürlich bei Meyer (um 1550) schlicht das bloße Zupacken mit der Faust. Am Ende erhielt allerdings der IOD von mir aller hundert Punctam : diß ist ein rechtschaffen und artig Wehr - PVNCTVS.
 
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Mir geht es ebenfalls nicht um die Frage welche Waffe besser ist, da das eine von Grund auf unsinnige Frage ist.
Die Aussage teile ich uneingeschränkt.

Dem möchte ich mich ebenfalls ausdrücklich anschließen...

Noch einige Ausführungen von fachmännischer Seite aus Rapiere und Degen in David Harding "Waffenenzyklopädie: 7000 Jahre Waffengeschichte - Vom Faustkeil bis zum Cruise Missile" - Motorbuch Verlag, Stuttgart 2000:
David Harding schrieb:
Das Rapier, eine Stichwaffe mit langer, schmaler Klinge, entstand in Europa um 1530 mit dem Aufblühen der Fechtkunst. Die Gefäßvarianten sind schier unüberschaubar. Ab 1630 verdrängte der Degen allmählich das Rapier; eine leichtere Waffe, die bis etwa 1780 die Blankwaffen-Mode diktierte. Als Kostüm-, Ehren- und Paradedegen hielt sich der Degen noch bis ins 20. Jh.
...
Zu den verbreitetsten Fechtarten des 16. und frühen 17. Jh. gehörte das Fechten mit Rapier und Linkhanddolch; letzterer parierte die gegnerischen Stöße. Oft bildeten diese Dolche Paare mit Rapieren, die diesselben Verzeirungen aufwiesen (... nach einem Fechthandbuch von 1628).
...
Der Degen gehörte zwischen 1630 und 1780 zur Bekleidung des modebewußten Herrn aus höheren Kreisen; wobei er immer noch zum Fechten - etwa bei Duellen - benutzt wurde. Danach kam er langsam aus der Mode, hielt sich aber an den Galauniformen von Militärs, Diplomaten oder Hofbeamten noch bis ins 20. Jh.
...
Die muschelförmigen Stichblätter... des klassischen Zierdegens entwickelten sich aus den Seitenringen des Rapiers. Sie schützten die Hand und boten dem Gefäßmacher reiche Entfaltungsmöglichkeiten. Zu den gängigsten werkstoffen gehörte neben Silber vor allem bräunierter und vergoldeter, später auch polierter Stahl.
...
Klingenquerschnitte: Die frühen Zier- und Promenierdegen besaßen in der Regel eine zweischneidige Klinge mit Hohlkehle... Die meisten Galanteriedegen wiesen jedoch Klingen mit V-förmigem Querschnitt auf... Dank dieser Formgebung konnten sehr leichte Klingen geschaffen werden, die dennoch steif genug für den Stoß waren.
...

Und aus Ordonnanzmäßige militärische Blankwaffen 1 im gleichnamigen Buch:
David Harding schrieb:
Im 18. Jh. schrieb der Staat die Form militärischer Blankwaffen vor. Dadurch sollte ein einheitliches Aussehen erreicht, der Nachschub vereinfacht und die Qualität gesichert werden. Degen und Säbel waren in erster Linie Waffen der Kavallerie, auch wenn sie noch andere Truppengattungen als Zweitwaffe führten. Noch heute gehören diese Blankwaffen zu den Paradeuniformen von Offizieren.
...
Ein Kavallerist... attackiert mit gestreckter Waffe. Diese Angriffsform konnte mit geraden oder leicht gekrümmten Klingen vorgetragen werden. Stark gekrümmte Klingen wurden zum schneidenden Hieb oder zum "Einhauen" eingesetzt. Säbel und Degen gehörten bis zum I. Weltkrieg zu den wichtigsten Kavalleriewaffen.
...


Anm.: Die Stellen mit "..." sind Bezüge auf Abbildungen im Buch, welche ich hier verständlicherweise nicht wiedergeben kann.
 
Eigentlich wollte ich längst hier Schluß machen, aber eines iritiert mich noch:

Die hiesige Unterschätzung der Seitenwaffe bei frühneuzeitlichen Truppen. Und dann irritiert mich die Verwendung des Begriffs "Säbel" im 30jährigen Krieg: Diese krummen Dinger gehören eigentlich in den Osten (Pohlen, Tataren, Cosacken ect.), sowie nach Muselmanien/Barbarien. Und dann noch nach (H)ungarn (was durchaus einen asiatischen und muselmanischen Einschlag hat - ging ja auch aus Attilas Hunnenreich hervor). Bei uns im zentralen Abendland wurde der Säbel im späten 17.Jahrhundert über die Käyserlichen Husaren berühmt, weil deren wilde Curuzzen-Taktik die Franzosen erfolgreich einschüchterte (glaube allerdings fest, daß eine handvoll beherzter Dragoner denen den Spaß gründlich verderben könnte ...)
Gut, unter denen seeräuberischen fahrenden Völckern mischten sich die Kulturen ziemlich und hier werden Säbel und Krummschwerter öfters die Kulturgrenze überschritten haben.

Zum Zweiten: Daß Degen auch für Angriffe eingesetzt wurden, kann ich SANCTISSIME beschwören: Habe in der Originalpresse von 1700/1701 öffters dergleichen verfolgen dürfen: Daß man die Feuer=Röhren leer geschossen hätte, um dann "mit dem Degen in der Faust" zu stürmen. Und ich kann - als guht Käyserlich gesinnete - nicht ohne Stolz hinzusetzen, daß unsere Teütschen unter Printz Eugenius hierin in Italien oft erfolgreich waren. - Letzten Sommer kamen sie plötzlich über einen Fluß und überrannten die Truppen des Herzogs von Orleans. Und das ist ja gerade die Stärke dieses Prinzen : daß er nämlich eine Weile hin und her taktiert, den Gegner an der Nase herum führt, um dann unvorhergesehen zuzuschlagen. Hier ist ein Degen einfach Gold wert - unendlich handlicher als eine Pique und es läßt sich eben flink angreifen, ehe ein Musquetier nachgeladen hat. - Bei obgedachtem IOD ist das so genial, daß ich erst enttäuscht meinte: "Hmh, ist ja doch recht kurz ..." - Als ich aber meine Klinge dagegen hielt, stellte ich fest, daß beide gleich lang waren. Eben weil der IOD so einen knuffigen Eindruck macht, könnte man denken, daß man nur einen Dolch in der Hand hielte.

Noch berüchtigter waren in diesem Punkt die Schweden: Die gingen mit der Blankwaffe eiskalt durchs Abwehrfeuer - vor allem die schwedischen Piquen-Angriffe waren hier gefürchtet. Piquen haben sich damals offenbar noch absolut bewährt. Hellebarden waren ja mehr ein ordnungspolitisches Instrument, daß mittels Optik für Respekt sorgen sollte.
 
Hmf, hoffentlich muß ich hier nicht nächtigen ...

Der Ausdruck "Rapier" ist Französisch und das ist der einzige Unterschied zu dem Ausdruck "Degen". Es handelt sich hier um Synonyme. Exakte definitorische Unterscheidungen sind nicht historisch, sonder spätere Hinzufügungen, die eindeutig einen falschen Eindruck vermitteln.
Um 1700 sagte man eher Degen, zuweilen aber auch noch Rapier und man meinte damit jedesmal das gleiche. Unterscheiden kann man lediglich zwischen einer galanten Waffe, sowie einer schwereren, hiebtauglichen. Aber "Waffe" hat man eigentlich damals nicht gesagt, sonder "(GE)WEHR". Ich finde es sinnvoll, sich an Originalliteratur zu orientieren, weil man da einen zeittypischen Eindruck bekommt.
Übrigens kenne ich aus der Originalliteratur nicht den Begriff "Florett" sondern die franzsös. Variante "Fleuret" - wie man ja auch im Frauenzimmerlexicon allerhand blumiges Weiberhandwerk mit Vorsilbe Fleur- (Fleuret-Seyde) entdecken kann .

Was der Chef vom Zeughaus Kinnemann mir gestern erzählte war erhellend: Der spätere Studentendegen der schlagenden Verbindungen wäre Vorlage für die heutigen Zahnstocher/Schaschlikspieße/Stricknadeln und somit also auch für Sportdegen. Meine Verachtung dafür ist grenzenlos - aber gut, zum Üben der Grundtechnik ...
 
Das Rapier, eine Stichwaffe mit langer, schmaler Klinge, entstand in Europa um 1530 mit dem Aufblühen der Fechtkunst. Die Gefäßvarianten sind schier unüberschaubar. Ab 1630 verdrängte der Degen allmählich das Rapier

Die Frage ist, ob das überhaupt so ist, die Begriflichkeiten sind unklar:

So wird der Begriff Degen ebenso für die Rapiere verwendet und eine Unterscheidung Degen zu Rapier gibt es eigentlich nur heute im Deutschen Sprachraum.

In anderen Ländern gibt es nicht mal die Unterscheidung Schwert – Degen ! Auch diese gibt es nur im Deutschen Sprachraum.

Und dann irritiert mich die Verwendung des Begriffs "Säbel" im 30jährigen Krieg:

Wieso im Dreißigjährigen Krieg ?? Hier dominierten klar Degen und nicht Säbel.

Aber schon lange vor dem Dreißigjährigen Krieg gab es Säbelwaffen in Europa, so führte z.b. die Schweizer Infanterie auch den sogenannten Schweizer Säbel !

Zum Zweiten: Daß Degen auch für Angriffe eingesetzt wurden, kann ich SANCTISSIME beschwören:

Natürlich wurden sie das, daran hat doch niemand gezweifelt ?!

Die Rondatschiere waren z.b. die offensivste und Angriffsorientierteste Truppe in der gesamten frühen Neuzeit und kämpften mit Degen !

Von der Verwendung von Degen durch die Kavallerie ganz abgesehen, das geht von der Schwedischen Kavallerie die dann erstmals wieder die Feuerdoktrin der Kavallerie aufgab und den Durchbruch mit der Klinge in der Hand suchte, über die späteren primär mit Degen bewaffneten schweren Kavallerieeinheiten.

vor allem die schwedischen Piquen-Angriffe waren hier gefürchtet. Piquen haben sich damals offenbar noch absolut bewährt.

Sehr interessant ist vielleicht folgendes:

Die Säbel ersetzen in massiven Umfang genau zu der Zeit die Degen bei der Infanterie wie bei der Kavallerie als die Piken abgeschafft wurden und das Tüllenbajonett aufkam.

Das hängt meiner Meinung nach alles zusammen ! Die Piken wurden bei den meisten europäischen Armeen um 1700 bis 1720 aufgegeben, ab 1705 werden die Degen durch Säbel ersetzt, massiv ab 1740 in fast allen Armeen und zur gleichen Zeit werden die Schweinsfedern auch aufgegeben da das Tüllenbajonett da ist.

Der Umstieg von Degen auf Säbel hängt meiner Ansicht nach damit zusammen.

Um 1700 sagte man eher Degen, zuweilen aber auch noch Rapier und man meinte damit jedesmal das gleiche

So weit ich das weiß nur im Deutschen Sprachraum, in anderen Ländern gibt es die Trennung Degen - Schwert nicht, hier werden auch Degen als Schwerter bezeichnet (z.b. Sidesword)

Hier noch ein paar Schwerternamen die bisher noch nicht genannt worden sowie Schwertypen die es auch gab und die auch noch keine Beachtung gefunden haben:

Sowie der Versuch einer erneuten Definition und Zeitlichen Einordnung der Begriffe:


1 Kurze Griffwaffen

1.1. Messer

1.2. Dolche

2 Lange Griffwaffen

2.1. Schwerter

2.2. Degen

2.3. Säbel

Bei einer solchen Einordnung fallen Rapiere je nach Ausprägung unter Degen oder Schwerter da Rapiere beide Formen annehmen konnten. Daher ist mir der Begriff Rapier zu schwammig und ich würde ganz auf ihn verzichten.

2.1. Schwerter

2.1.1. Langes Schwert = im Hochmittelalter ein langes Einhandschwert, später dann ein Zweihandschwert

2.1.2. Schwert = im Hochmittelalter alle Nicht-Langschwerter, später dann kurze Schwerter wie das Schweizer Schwert, das Landsknechtschwert usw

2.1.3 Kürißschwerter = aus dem Langen Schwert entstandene, Stoßorientierte Schwerter

2.1.4. Bohrschwerter = wie der Panzerstecher oder der Meg aus den Kürißschwertern hervorgegangene reine Stoßwaffen ohne Klinge

2.1.5. Pallasch = aus dem Degen hervorgegangene auf den Hieb hin ausgerichtete Klingenwaffe

2.1.6. Rapier = aus den Kürißschwertern hervorgegangene noch mehr Stoßorientierte Schwerter die man als Schwerter einordnen muß. Das Rapier ist dabei meiner Einordnung nach keine eigene Waffengattung sondern eine Form des Schwertes.

Der Übergang Schwert zu Degen ist bei bestimmen Typen fließend, insbesondere bei Pallasch und Rapierschwertern

2.2. Degen

2.2.1. Degen = aus dem Rapier hervorgegangene Klingenwaffe, darunter fallen auch alle nicht als Schwert einordbaren Rapiere, solche sind keine Rapiere sondern eben Degen.

2.2.2. frühere Formen leichter Stoßwaffen wie z.b. der Schweizerdegen

usw

Interessantererweise geht das Buch Waffen der Landsknechte von Ortenburg
Wieder einen ganz anderen Weg. Hier werden die Rapiere ebenfalls nicht als eigene Waffenform begrifen, aber sie werden nicht den Schwertern zugeordnet wie ich das täte sondern den Degen und zwar wird hier der Begriff Rapier

Für auf den Stoß hin orientierte Degen verwendet, während Degen für Hieb und Stoß gedacht sind. Dieser Definition folgend wären Rapiere diejenigen Degen, die primär für den Stoß hin ausgerichtet worden wären.

Zitat:

Die Benennung „Degen“ zur Unterscheidung vom Schwert wird nur in der deutschen Sprache gebraucht. Ende des 16 Jahrhundert hatte sich der Degen auch als Seitenwaffe des Fußvolkes durchgesetzt. War er vorwiegend für den Hieb gedacht, nannte man ihn Haudegen oder Pallasch. Der Begriff Pallasch wurde in dieser Zeit aber auch noch für Schwerter verwendet.

Daneben gab es auch Degen, die nur für den Stich gedacht waren, die daher Stoßdegen oder auch Rapiere genannt wurden. Doch waren solche Rapiere nur selten militärische Waffen.


Was meint ihr zu diesem Definitionschaos ?

Meiner Meinung nach sollte man den Begriff Rapier fallen lassen und einfach je nach Art der Waffe diese Schwert oder Degen nennen. Da der Begriff Rapier meiner Meinung nach zu unklar ist.
 
Die Frage ist, ob das überhaupt so ist, die Begriflichkeiten sind unklar:

So wird der Begriff Degen ebenso für die Rapiere verwendet und eine Unterscheidung Degen zu Rapier gibt es eigentlich nur heute im Deutschen Sprachraum.

In anderen Ländern gibt es nicht mal die Unterscheidung Schwert – Degen ! Auch diese gibt es nur im Deutschen Sprachraum.

Dazu kann ich leider nicht mehr sagen als bisher, und Du müßtest David Harding selbst fragen bzw. Herbert Jäger, den Übersetzer seiner Waffenenzyklopädie.
Ich konnte nicht mehr tun als die entsprechenden Stellen im Buch zu zitieren...

Aber ich habe mich nochmal schlau gemacht, was die Worte "Rapier" und "Degen" im Englischen angeht (zumal Hardings Waffenenzyklopädie ja im Original in Englisch geschrieben ist):
LEO D-E Ergebnisse für "Rapier"
LEO D-E Ergebnisse für "Degen"
Und der Vollständigkeit halber noch der Verweis aufs Schwert:
LEO D-E Ergebnisse für "Schwert"

Bei Deinen übrigen Ausführungen gebe ich Dir allerdings Recht... :fs:



PS(EDIT): Eine Sache ist mir noch aufgefallen...

2.1.1. Langes Schwert = im Hochmittelalter ein langes Einhandschwert, später dann ein Zweihandschwert

2.1.2. Schwert = im Hochmittelalter alle Nicht-Langschwerter, später dann kurze Schwerter wie das Schweizer Schwert, das Landsknechtschwert usw

Wie ich bereits vorher geschrieben hatte, sind diese Definitionen schwierig, weil zeitlich variierend und deswegen inkonsistent; aus diesem Grund habe ich mir einmal erlaubt, diese noch zu ergänzen (fette Hervorhebungen):

2.1.1. Langes Schwert = im Hochmittelalter ein langes Einhandschwert, später dann zunächst ein Schwert zu anderthalb Hand, danach ein Zweihandschwert

2.1.2. Schwert = im Hochmittelalter alle Nicht-Langschwerter, später dann neben "normalen" Einhandschwertern kurze Schwerter wie das Schweizer Schwert, das Landsknechtschwert usw
 
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Daneben gab es auch Degen, die nur für den Stich gedacht waren, die daher Stoßdegen oder auch Rapiere genannt wurden. Doch waren solche Rapiere nur selten militärische Waffen.

Ich weiß nicht, ob man im 16.Jahrhundert zur militätischen Seitenwaffe auch "Rappier" gesagt hat. Die Zeitungskorrespondenten um 1700 schreiben in ihren Kriegsberichterstattungen jedenfalls immer "Degen". Ich habe diese Zeitung zwei Jahre lang chronologisch gelesen (2000 die von 1700; 2001 von 1701) und kann mich nur an den Ausdruck "Degen" erinnern. Der galante Verfasser von Sittenbüchern, Romanen u.a. MELETAON schreibt 1712 (od.1713?) im Zusammenhang mit zivilen, bürgerlichen Fechtböden wiederholt vom "Rapier". Was obiges Fabivs-Zitat unterstützt. Wie das zur Zeit Meyers (um 1550) war, weiß ich nicht. Ich kam erst 1660 'auf die Welt' und denke sehr Galanteriezeit-zentrisch. Mein Kopf könnte es schier nicht aushalten, müßte ich in mehreren Jahrhunderten zugleich vegitieren. :)

Was meint ihr zu diesem Definitionschaos?

Daß ich reinweg eine Teütsche bin, weil mein Kopf auch nicht aushielte geographisch verstreut zu leben. Ich sehe alles Röm.=Teütsches=Reich-zentrisch, weil ich festen Boden brauche. In diesem Fenster - Teütschland, um 1700 - kann ich dann meine Diskussionsbeiträge liefern. Außerhalb bin ich im Vergleich dazu eine taube Nuß. Ich bin im Ganzen auch sehr Abendland-bewußt und hatte noch nie Hunger auf Weltmusik, fremde Religionspraktiken ect. - Ich möchte halt (ohne auf diese Leitkulturmasche aufzuspringen) in meiner Kultur verwurzelt sein, was mir festen Boden verleiht. Deshalb interessiere ich mich vor allem für Sprachwurzeln. So gehe ich halt mit "Definitionschaos" um: Ich kann nicht alle Knoten lösen, suche mir aber meine eigenen Winkelchen, wo ich mich zuhause und sicher fühle - im Idealfall nebst IOD unterm Kopfkissen. :)

Meiner Meinung nach sollte man den Begriff Rapier fallen lassen und einfach je nach Art der Waffe diese Schwert oder Degen nennen. Da der Begriff Rapier meiner Meinung nach zu unklar ist.

Vielleicht hat Herr Kinnemann recht: Als ich nämlich "Rapier" sagte, holte er spontan das entsprechende Teil (schätze um 1600) hervor. Meyer spricht stets vom "Rappier" und er vergleicht dabei öfters mit dem Schwert, wobei er sich sinngemäß folgendermaßen ausdrückt: Der Leser kenne diese oder jene Technik sicherlich vom gewohnten Schwert und beim "Rappier" wäre es eben so oder so.
Man sollte seine Zeit nicht unterschätzen (was ich bisher sträflicherweise getan hatte): Mein Lehrer teilt den menschlichen Rumpf schlicht in vier Trefferzonen ein, was ich spontan begriffen habe - halt ein einfaches Fadenkreuz. Meyer zieht neben vertikalen Linien auch noch mehrere Diagonalen - und zwar in Brusthöhe, in Unterleibshöhe und dann nochmal im Knie- und Oberschenkelbereich. Und ich muß sagen, daß mir seit gestern der Kopf davon etwas schwirrt. - Ich schreibe und lese so gut wie teütschmuttersprachlich, sehe da also kaum Sprachbarrieren - aber man muß darüber hinaus verdammt aufpassen, weil er doch einiges an Auffassungsgabe abverlangt. Außerdem sind seine "Stich" und "Häuw" mitunter so gemein, daß mir hier und da was wehtut.
Eben weil diese Quellen so wertvoll sind, würde ich den Begriff "Rapier"/"Rappier" ungern fahren lassen. Auf Meyers Abbildungen haut man sich denn auch mit ziehmlich schwertähnlichen Klingen, weit weg also vom zarten Galanteriedegen.

Apropos "Galanteriedegen": Ich hatte neulich ein Original in der Hand, der als Vorlage für Abgüsse dient. Jut, die Klinge war ziemlich leicht und schmal, aber es war eine richtige Messerklinge und kein Zahnstocher. Ich glaube fest, daß man im frühen 18.Jahrhundert damit ein "Rapier"/"Fleuret" meint. Einen massiven Militärdegen kann man dagegen schlechtlich ein "Blümchendingsda" schimpfen, weils sich doch bluhtsubel darzu wolt fügen.


FAZIT: Gegen das Definitionschaos habe ich keine Allheilmedizin. Ich persönlich brauche aber festen Boden, weshalb ich die galante Welt ungern verlasse: Ich schaue halt von einer 1707er Bibliothek auf Zukunft und Vergangenheit.

http://galantewelt.de/custom/KuenfftigeGalanterie.JPG

Seit 6 Jahren tobt der Spanische Erbfolgekrieg und das macht einen schon krank. Die anderen Kriege der Weltgeschichte -Degen hin, Säbel her- kann ich nicht nicht auch noch so dicht an mich heran lassen, weil ich sonst Gemühts=kranck würde.


P.S.: Vor wenigen Stunden entdeckte ich in einem berliner Waffengeschäft lange, gerade Klingen, die mir spontan gefielen. Allerdings verwirrte mich zwischen Klinge und Angel ein Zwischenstück, incl. Schraubenloch. Ich fragte im Geschäft neugierig nach den "Degenklingen". Da klärte die alte Dame am Tresen mich auf: Die Klingen seien für Samurai-Schwerter. Ich meinte verwundert, die Dinger seien doch krumm und mußte mich belehren lassen, daß sie zuweilen auch gerade seien. Muß also meine Aussage von vor Tagen, die Dinger wären krumm, relativieren. Das ist, was ich mit 'taube Nuß außerhalb der galanten Welt' meine: Jch darff die Leüt in Japanesien nit gerienge achten ...
 
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Wenn es mir gestattet ist diese Anmerkung zu machen: Eine sehr interessante Zeit in der Sie da leben, vor allem Militärisch. Die Galanterie ist mir dabei leider fern, ich erfreue mich am (im) Schlachtgetümmel.

Aber militärisch ist das eine wesentliche Zeit, eine Zeit großer Veränderungen und Umbrüche:

1698 wurde das Tüllenbajonett erstmals eingeführt

1700 tauchten die ersten Bajonette mit Knick auf die es ermöglichten beim aufgepflanzten Bajonett zu laden, zur gleichen Zeit fiel bei den ersten Einheiten der Degen völlig weg und wurde durch das Bajonett ersetzt, erstmals in größerem Umfang ab

1701 in Frankreich

1705 ersetzte auch Preußen die Spundbajonette durch Tüllenbajonette

1699 schafften die Brandeburger die Pike in ihren Streitkräften ab

1701 folgten ihnen darin die Kaiserlichen Truppen

1705 Engländer und Franzosen

1718 fielen dann auch die Schweinsfedern bei allen deutschen Truppen weg

1721 verwendeten auch die Russen keine Piken mehr, sie verwendeten aber noch als letzte die Schweinsfeder immerhin bis 1769 gegen die Türken

1701 schaffte Frankreich den Degen bei Teilen der Infanterie ab

1704 wurde der Degen in Österreich bei der Infanterie ganz abgeschafft ebenso bei allen anderen Kaiserlichen, nur die Unteroffiziere führten ihn noch bis sie dann einige Jahre später einen Säbel erhielten

1715 wurde der Säbel in Preußen bei der Infanterie flächig eingeführt und ersetzte den Degen bei den preußischen Truppen als Seitenwaffe der Infanterie völlig

In der Folge des Spanischen Erbfolgegkrieges übernahmen dann immer mehr Länder den Infanteriesäbel wobei diese Länder wie z.b. Österreich schon vorher keine Degen mehr führten oder wie Frankreich nicht mehr bei allen Einheiten

Quelle: Waffen der Kabinettskriege 1650 bis 1792

HOCH LEBE PRINZ EUGEN VON SAVOYEN !!!!

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/05/Malplaquet1.jpg
 
Keine Galanterie ist;
Ich komm zum Gewehr=Schmidt und sage:

"Jch will Wehr, gib mir Degen : da hastu Rthlr !" -zack-klööter-kuller-roll-

Galant hieße es:

"O, welch schön Gewehr habt Jhr da, dieser Degen hier gefällt mir gantz absonderlich woll, würcklich uberauß artig ... wo er in der That feil wolte seyn, mögte ihn gernest erwerben, mögtet Jhr vielleichten ansagen, was derselbe wol kosten wolte?"

(Mein Verehrter Tantzmeister LOVIS BONIN erklärte es 1712 ähnlich mit dem Fall beim Bäcker.)

Printz Eugenius hörte auf gute Anregungen von ganz unten. Einer seiner Soldaten machte den Vorschlag, "gewachste Leinewandt" für Wasserfahrzeuge zu verbauen. Und siehe da: Ehe der Frantzoß husten kundte, waren die unsrigen schon über alle Ströme. Mal tauchten hier Teütsche Reüter auf, dort Dragouner - geradezu wie Geisterreiter. Sie bildeten Wagenburgen, überrannten plötzlich im Handstreich frantzösische Fachinen - es war beinahe unheimlich. Ich freute mich damals im Sommer 1701 ständig beim Zeitunglesen und hatte dabei ein schlechtes Gewissen, daß ich nicht anders als parteiisch sein konnte. - Beim offenen Kanal Berlin hatte ich eine Nachrichtensendung, welche die Correspondentenmeldung für meine Braunschweiger Ordinari-Post-Zeitung verwendete: Ich sagte die Sendung ab, als die Triumpfe zu doll wurden. Die Sendung wäre einfach zu triumphalistisch ausgefallen und man hätte mir -mit Recht- Revanchismus wider Frankreich vorwerfen müssen.
Aber so unglaublich waren die Erfolge dieses Prinzen damals (den der Sonnenkönig nicht hatte haben wollen) und die Zeitungen jener Zeit wirkten geradezu wie eine Glücksdroge.

Apropos Galanterie:

Ich habe mir beim letzten Fechttraining endlich mal die Duell-Reverentz notiert - die Reverentz selbst kenne ich natürlich vom Tanzen, aber dieses Drumherumfuchteln mit dem Degen ist schon witzig. Dieses Fuchteln mit der Klinge kenne ich aus Originalquellen noch nicht, aber die Reverentz selbst kann ich absolut bestätigen.

Aber, wie gesagt, mag ich die leichten Galanteriedegen eigentlich nicht sonderlich, Duelle ja sowieso nicht (waren vielerorts ja auch verboten und ich habe in der Zeitung selbst gelesen, wie der Sonnenkönig Soldaten aufknüpfen ließ, die an Duellen beteiligt gewesen waren!). Bei der leichten Klinge kann man schwerlich eine Waffe (abgefeuerte Pistole, Messer ect.) aus der Hand schlagen, muß also notgedrungen gleich zustechen und eine solche Schächternatur besitze ich beileibe nicht.

NACHTRAG zu vorstehendem Bilderlink: Überall Seitenwaffen (welche schön grade!) aufgerichtet - und ständig beobachtet man die Bereitschaft zum Hieb. Kriege damals waren ja sehr verlustreich - aber noch schlimmer waren eigentlich die Berichte aus Barbarien. Wenn die Könige von Tunis und Algier aufeinander prallten, war es jedesmal wie ein Ameisenkrieg: Man schlachtete einander, bis keiner mehr konnte. Die abendländischen Correspondenten konnten ihr Schaudern zuweilen nicht verbergen.
 
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Zum Gefuchtel mit Degen und dem Duellgebrauch kann ich nur wenig sagen, vieles was man da sieht (wie z.b. der besagte Kampf bei Rob Roy) hätte militärisch keinen Wert, daher vielleicht noch mal zusammen fassend zum praktischen Gebrauch im Kriege (da würde mich die Meinung anderer zu meinen ausführungen sehr interessieren):

Hat man Harnisch und Langes Schwert, nutzt man wuchtige Hiebe um den Gegner niederzumachen oder in seine Reichweite einzubrechen und führt diese Hiebe dann wenn es noch notwendig ist vor allem stechend oder auch mit kurzen schlägen fort auf nahe distanz indem man das Lange Schwert mit beiden Händen wie einen kurzen Speer einsetzt (die Klinge greifend), und die Rüstung schützt einen selber wiederum so das man keinen Schild braucht.

Mit einem Schwert und einem Schild (wie einer Rondartsche), setze ich natürlich vor allem auf Schläge, da ich schlage muß ich auch näher an den Gegner heran als bei reichweitenhöheren Stichen und daher muß ich den Schild auch offensiver einsetzen, in dem ich selber mit dem Schild vorstoße, sei es um den gegnerischen Hieb oder Stich abzulenken, sei es um damit meinen eigenen Hieb zu tarnen woher er kommt. Beim Schwert ist der Hieb nun viel leichter als beim Degen und wirkt viel leichter durch Kleidung und Rüstung hindurch.

Mit Degen und Schild machen natürlich dann Stiche mehr sinn, aber dann verwende ich den Schild kraftsparender und defensiver zumal die Stahlrondartschen die mit den Degen hochkamen ja auch schwerer sind, wofür sie im Gegenzug wieder vor Kugeln schützen. Der Stich ist aber schwer anzubringen, er kann auf das Bandelier treffen, auf Ledertaschen oder gar auf einen Küraß. Und selbst wenn nicht, kann er an den Rippen hängen bleiben, kurz man kann sich leicht das Handgelenk prellen, oder leicht scheitern wenn man wirkliche Wirkungstreffer setzen will.

Viele stellen sich das zu leicht vor, vor und zurück und ein Stich, aber so ein kleiner Stich der nur leicht verletzt wird im Kampf vom Gegenüber oft gar nicht wahrgenommen und reicht daher bei weitem nicht, man muß mit Kraft und Tief stoßen. Und das ist schwieriger als es sich anhört.

Beim Schlag mit dem Degen wiederum muß man mit dem vorderen Teil der Klinge schlagen, um ausreichende Wucht zu erzielen um durch Kleidung und so fort hindurchzuschneiden. Viele tragen ja einen Rock aus schwerem Tuch, so leicht erzielt man mit dem Degen dann keinen ausreichenden Schnitt da hindurch.

Wenn ich dann ohne Schild und nur mit Degen kämpfe, muß ich erst recht schnell sein und sofort wirksam treffen, entgegen irgendwelchen Duellen habe ich keine Zeit für langes vor und zurück oder elegante Paraden, da heißt es Angriff und Niederstoßen. Der Angriff muß zugleich ausreichend defensive Elemente beinhalten damit ich weiter gedeckt bin und selber nicht getroffen werde, daher gibt es hier nur den schnellen Stoß vorwärts, und erst wenn dieser Wirksam getroffen hat den Hieb hinterher, so zumindest zur Fuß.

Vom Pferd ist das aber recht viel schwieriger da alles bewegter ist, und man bei einem Stoß noch leichter die Klinge aus der Hand gerissen bekommt oder man noch sehr viel leichter daneben stößt und nicht ausreichend trifft.Daher sollt man vom Pferd mit dem Degen vor allem Schlagen, es sei den der Gegner trägt gute Schutzwaffen, dann muß man stoßen.

Zu Pferd ist es auch viel schwieriger als zur Fuß einen Hieb oder Stich gegen das Gesicht zu versuchen was recht ratsam ist, man stößt mit Kraft ins Gesicht des Gegners und dadurch ist dieser abelenkt oder bei einem Treffer auch wenn dieser nicht ausschaltend wirksam ist durch Blut und Ablenkung so irritiert das man dann viel leichter einen wirksamen weiteren Treffer setzen kann. Daher zuerst ein schneller fester Stoß ins Gesicht und danach ein weiterer ins Leben, zumindest zur Fuß..

Mit dem Säbel nun ist es wieder so leicht wie mit dem Schwert zu schlagen und schneiden und man kommt viel leichter durch das Tuch und die Wirkung ist wie die eines Schwertes, jedoch bei leichterer Waffe. Auch mit Säbeln kann man stechen, dies aber macht nur wenig sinn, man sollte besser schnell zum Kopf hin und zur Halsbeuge schlagen, hat der Gegner eine Reichweite und steht defensiv gut dar sind die vorgestreckten arme des Gegners ein gutes Ziel. Beim Säbel ist es egal welcher Teil der Klinge trifft, man muß nicht mit dem vorderen viertel treffen wie beim Degen, Hiebe sind viel leichter ins Ziel zu bringen.

Hat der Feind aber noch Helm und Küraß, trägt er gar eine Zischägge, Sturmhaube oder dergleichen so ist es mit dem Säbel gar nicht leicht, durch dies Schutzwafffe hindurch einen ausreichend wirksamen Treffer zu landen. Wer geschickt ist und es gelernt hat, ist hier mit einem gezielten Stoß besser bedient.

Genau aus diesem Grund führt die Schwere Kavallerie ja den Pallasch oder Reiterdegen und nicht den Säbel oder sie führt Säbel deren Klingen so gerade sind, das sie fast gleich einem Pallasch sind. Trägt der Gegner Küraß und Rüstung ist ein Säbel einem Pallasch weiter unterlegen, der Säbel ist die Waffe gegen Personen ohne Schutzwaffen, der Pallasch die Waffe gegen Personen mit solchen.
 
Hier sieht man recht deutlich die Vorteile von Säbeln gegenüber einem Degen, insbesondere die Mannstopwirkung und vor allem das auch Stiche leicht möglich sind, man kann selbst mit einem gekrümmten Säbel schnell und effektif stechen: YouTube - Test Cutting Vid 1796 Pattern Sabre
Auffallend ist auch, wie leicht der Säbel ist und wie schnell er beschleunigt werden kann, er erreicht eine erhebliche Wirkung schon mit geringerem Kraftaufwand da die Schneidende Wirkung die Wucht des Hiebes unterstützt. So können Säbelhiebe sehr schnell ausgeführt werden und dennoch wirksam sein.

Hier zum Vergleich ein Schottisches Breitschwert: YouTube - Test Cutting Vid Scottish Baskethilt Broadsword Breitschwerter, Pallasch und schwere Reiterdegen wirkten allesamt so wie dies hier, und wurden gegen gerüstete Gegner bevorzugt, insbesondere wenn diese Küraß und schweren Helm trugen: Man sieht auch hier die deutliche Überlegenheit von Hieben was die Mannstoßwirkung angeht und das eine Schwere Klinge für den Militärischen Gebrauch einer leichten Klinge überlegen ist:

Hier zum Vergleich ein Langschwert, YouTube - Test Cutting Vid Bastard Sword sieht das trotz der deutlich größeren Wucht manchmal keine wesentlich größere Wirkung erzielt wird. Solche Großen Schwerter machten daher nur Sinn, wenn der Gegner schwer gerüstet war, und einen Vollharnisch trug. Im Gegenzug war man aber auch mit einem solchen Schwert vergleichsweise schnell, die hier im Thread oft genannte Behauptung das ein leichter Degen immer siegt weil er schneller sei und der Gegner nicht trifft mag vielleicht für Duellsituationen noch zutreffen, im militärsichen Gebrauch aber ist das Risiko mit einem Degen in die Reichweite eines solchen Langschwertes zu kommen einfach zu groß da man bei nur einem Gegentreffer in jedem schwerst verletzt oder tot ist: zudem ist die Reichweite der Klinge eines Langschwertes im Kampf durch den zweihändigen Gebrauch nicht geringer als die eines Degens: Dennoch kommt die Wirkung dieser Waffe eigentlich erst gegen Schwere Rüstungen zum vollen Tragen:


Womit wir beschließend bei dem Punkt sind, warum die Zivilen Waffen insbesondere Degen immer leichter und stoßorientierter wurden: sie wurden es um:

Ganz allgemein Leichtere Waffen zu haben, den eine Schlagwaffe muß immer mehr wiegen und länger sein um die Reichweite zu haben, im Zivilen Alltag wurden aber dann leichtere Waffen bevorzugt da man diese eben leichter mit sich führen kann.

Es ist also nicht die Überlegenheit im Kampf selbst, sondern die anderen, Nicht Kampf bezogenen Vorzüge solcher leichter Degen die diese sich durchsetzen ließen.

Und es ist bezeichnend das im Militärischen Gebrauch als nach den Türkenkriegen das Feuern bei der Kavallerie wieder mehr durch Blankwaffen ersetzt wurde diese Blankwaffen beim Militär wieder länger und schwerer wurden.

Bei einem Duell Langschwert gegen Degen hätte ein Degenkämpfer, Rob Roy zum Trotz erheblichste Probleme, da die Reichweite des Langschwertes durch den Zweihandgebrauch nicht kleiner ist und das Risiko in die Reichweite eines Hiebes zu gelangen sehr hoch ist.
Das federnde Vor- und Zurück des modernen Sportfechtens ist auf einem Schlachtfeld oder mitten im Gelände (unebener Boden, Hindernisse, weitere Kämpfer) so wie in einer Fechthalle nicht durchführbar.

In einer solchen Situation sind Hiebe nicht unbedingt so viel langsamer als Stiche und haben dafür eine erhebliche Wirkung wenn der Gegenüber keine Schutzwaffen trägt. Verwendet man zudem einen Säbel, so kann dieser ohnehin leichter gebaut sein da die Schneidwirkung vestärkt ist und so sind Hiebe eines Säbels sehr schnell.

In einer Fechthalle, unter Duellbedingungen ist die Wahrscheinlichkeit zwar größer, daß sich ein Degen durchsetzt, das gleiche gilt wenn man Degen und Schild (Rondartsche) kombiniert, ein Rapier/Degen aber für sich allein im Militärischen Gebrauch unterliegt einem Schwert oder Säbel wobei man die schweren Kavalleriedegen und den Pallasch vermutlich hier eher als Schwert einordnen sollte da mit Degen/Rapier ja andere Vorstellungen einer fechtenden primär stechenden Kampfweise verbunden sind.
 
Ich fürchte, daß der leichte Cavaliers-Degen, der sich im Duell bewährt haben mag, schon bei einem Raubüberfall oftmals versagt haben wird. Und dies wird wohl auch der Grund dafür gewesen sein, warum manche Leute damals was Gewichtigeres an der Seite trugen. Das wurde aber gesellschaftlich nicht allzu gern gesehen, wie Gottfried Taubert 1717 in seinem Buch kritisiert: Der Tanzmeister redet von einem Typus von Zeitgenossen, der neben "breitem, hängigten Huth" ein "sächsisches Hauschwert" trügen. Ich vermute mal, daß es sich um einen schweren Degen gehandelt haben wird.

Ich weiß nicht was Sportfechter so treiben. Aber die Technik des Ausfalls (die mir lange Zeit nicht einleuchten wollte, weil ich glaubte so angreifbar zu stehen) bewährt sich auf jeden Fall, weil mein sehr weit dabei reicht. Sogar bei Meyer sieht man immer wieder diese Stellung: Hinteres Bein langgestreckt, vorne weit ausgreifend das Knie gebeugt und Oberkörper weit vor geworfen. Ich glaube, es war wichtig, das auf dem Schlachtfeld gut zu können, so das es in Fleisch und Blut war. Ich meine deshalb, daß unerfahrene Fechter auch im Felde sehr großer Lebensgefahr ausgesetzt gewesen sein müssen. Mein Lehrer sagt zuweilen: Siehst du, jetzt bedrohe ich dich gerade. Dann wird mir sofort klar, daß ich theoretisch in diesem Moment den Löffel abgegeben habe. Meyer sagt im Prinzip das gleiche wie er: Er verweißt immer wieder auf Situationen, in denen der Gegner eine Blöße darbiete, die auszunutzen sei. Fechten besteht zunächst einmal aus beiderseits versuchten Angriffen und dem Abwehren derselben. Sobald einer von beiden eine Unaufmerksamkeit begeht, kann es zum Treffer kommen. Ansonsten stellen sich geübte Fechter so, daß sie jeden Angriff schnell parieren können. Im Gegensatz zu unserem Unterricht, wo es fast nur um den Stoß geht, schöpft Meyer aus einem breiten Repertoire von Stößen und Hieben. Sein Buch war auch über das 16.Jahrhundert hinaus DAS Fechtbuch und ich vermute, daß auch Soldaten sich das hinter die Ohren zu schreiben hatten.

Ein Duell zwischen Langschwert und Degen halte ich für müßig. Entscheidend auf dem Schlachtfeld war ja das Zusammenspiel aller Beteiligten und dies lief bei Prinz Eugen so hervorragend, weil er es so unvergleichlich koordinieren konnte. Ein Langschwert gehörte da schlicht nicht hinein und auf den Einzelkämpfer kam es da ja auch nicht an. Ansonsten wäre in dieser Zeit, auch für eine Räuberbande, das Langschwert einfach nur eine Last. Hier arbeitet man mit Feuerwaffen und wenn diese leergeschossen sind, greift man eben zum Degen - oder von mir aus auch Säbel. Das Langschwert macht den Träger ja auch unbeweglich, was unter schwer Gepanzerten nichts macht (weil die ja selber schwerfällig sind); aber unter den Bedingungen des 18.Jahrhunderts reicht es eben aus, wenn man auch Piquen zur Verfügung hat. Ansonsten kommt es sehr auf Beweglichkeit und Reaktion an.

Wir haben übrigens auch eine Schwertabteilung und ich freue mich jedesmal über das Bild, wenn junge Mädels nach dem Training ihr Mordslangschwert zu U-Bahnstation schleppen.


P.S.: Mir fällt gerade ein, daß in Meyers Buch (um 1550) auch Stangenwaffen vorkommen. Ich habe mir das entsprechende PDF noch nicht runter geladen, weil es mich noch nicht interessierte. Aber so langsam werde ich doch neugierig, wie man mit einem Rapier eine Pique abzuwehren habe ...
 
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Ein Duell zwischen Langschwert und Degen halte ich für müßig.

Versteh mich da bitte nicht falsch, ich wollte es nur der Vollständigkeit halber anführen.

Schwerter waren ja in ihrer Form nie für sich allein so wie sie waren, sondern immer aus dem ganzen Drumherum.

Das Lange Schwert war so wie es war, weil in dieser Zeit noch der Vollharnisch militärisch eingesetzt wurde und ein solcher Vollharnisch ist eigentlich Voraussetzung für dieses Schwert.

Sobald dieser Vollharnisch wegfiel, ging auch diese Schwertform alsbald verloren.

Daher ist es nicht nur müßig, es ist einfach von Grund auf Falsch, da die Umstände die die Schwertform bedingten sich völlig veränderten und die Schwertform eben diesen Umständen folgt.

Ich bitte um Entschuldigung das mir der Fehler unterlaufen ist mich dazu hinreißen zu lassen ein solches Duell zu implizieren.

Aber so langsam werde ich doch neugierig, wie man mit einem Rapier eine Pique abzuwehren habe ...

In einem Buch habe ich gelesen, daß die Türken die Piken weniger fürchteten als das Feuer der Schützen und das die Piken nicht zuletzt wegen der schlechten Erfahrungen in den Türkenkriegen dann bald allenorten aufgegeben wurden.

Um 1700 herum verschwanden ja die Piken aus fast allen Europäischen Armeen, allenfalls setzte man noch einige Jahre auf die Schweinsfedern zumindest bis das Tüllenbajonett sich überall durchgesetzt hatte.

Eine Pike ist meiner Ansicht nach eine Reine Massennahkampfwaffe, im Einzelkampf wird ein Pikenier sie fortgeworfen haben wenn der erste Stich nicht sofort traf.

Es gibt dazu auch Abbildungen wo ein Pikenier die Pike mit einer Hand bereit hält wobei das Ende am Boden aufsetzt bzw in diesem Steckt und er die Pike auf diese Weise dem Feind entgegenhält, mit der anderen Freien Hand hat er schon den Rapier gezogen. Bei dem Bild steht, daß dies der Einsatz sei wenn ein Pikenier einzeln auf einen Reiter treffe. Vom Kampf mit einer Pike einzeln gegen einen Infanteristen steht da nichts, womit ich folgere das man dann die Pike gleich aufgegeben hat.

Interessant für die Frage des Kampfes mit Blankwaffen sind auch sehr die Türkenkriege, da dort noch Schilde und Blankwaffen zuletzt in großer Zahl eingesetzt wurden, wegen der Überlegenheit vieler Türken mit Säbel und Schild gegenüber den Christen im Nahkampf setzten daher die Christen sehr auf das Schießen.

Das ging so weit, daß die Christliche Reiterei gegen die Türken nie mit der Blankwaffe attackierte sondern gleichauf mit der Infanterie blieb und auf das Schießen setzte so daß die Reiterei ihre eigentliche Einsatzweise der Bewegung und des Angriffs aufgab.

Um noch mal den Kampf beim Film Rob Roy aufzugreifen, das schottische Broadsword wurde ja im echten Kampf immer mit einem Schild zusammen eingesetzt, hätte der besagte Degenfechter hier in dem Duell einem Kämpfer mit Schwert und Schild gegenüber gestanden so wären seine Vorteile negiert und er selber weit unterlegen gewesen.

Ansonsten wäre in dieser Zeit, auch für eine Räuberbande, das Langschwert einfach nur eine Last

Das ist noch ein recht guter Punkt, daß zum Teil völlig andere Umstände und Gedanken als man sich denken mag hinter der Entwicklung von Waffen standen.

So wie der Degen leichter und schlanker wurde nicht weil der Stoß so überlegen war sondern weil er so im Alltag viel bequemer mit geführt werden konnte und weil er so eleganter war.
 
Ich konzentriere mich momentan sehr auf das Recontre zwischen zwei Rapieren/Degen, denn das ist ja schon ausfüllende Wissenschaft genug, die man erst mal vollständig rein bekommen muß. Was mich gestern beim Training phaszinierte, war, daß unser Fechtmeister gegenüber einer der Schülerinnen verschiedene Arten des Parierens vorführte. Als er den Entwaffnungsschlag nannte und im selben Augenblick eine Bewegung nach unten vollführte, schepperte die Waffe der jungen Frau sogleich auf den Hallenboden. "Nanu, ich habe doch ganz leicht geschlagen!" wunderte sich der Maitre. Und ich muß noch hinzu setzten, daß das Mädel recht drahtig, sportlich und kräftig wirkt und stets sehr energetisch zusticht und schlägt. Ich erkenne also, daß 'zwischen Himmel und Erde' Dinge vorgehen, die sich unsereins gar nicht recht erklären kann. Ein rechtschaffner Fechtmeister hat halt Sachen drauf, die wahrscheinlich so manchen braven Piquen- oder Schwertkämpfer sehr überraschen würden. Ich bin jedenfalls tief beeindruckt, sowie froh, diesen Lehrer genießen zu dürfen.

Die Überlegung eines Zusammenprallens zwischen Langschwert und Rapier ist schon ein interessantes Experiment. Bezieht man jetzt rein diese Waffen ein, wäre mir um den Rapierkämpfer ziemlich bang. Sollte er aber den ersten Schlag oder Stoß des Schwertes abgewehrt haben, sähe der Langschwertkämpfer wohl alt aus. Ähnlich wird es mit der Pique ablaufen. Trifft die Spitze der Pique den anderen sogleich, ist's Ruh, ansonsten wird der Rapierkämpfer ebenfalls die Pique auf seiner Parierstange hochschieben um so auf den Gegner zuzueilen.
Aber es spielen ja noch andere Faktoren eine Rolle: Der Rapierkämpfer besitzt wahrscheinlich ein oder gar zwei Pistolen und damit kann er den schwerfälligen Schwertkämpfer halt jagen wie einen Hasen (dem gar nichts anderes bleibt, als seine Waffe wegzuwerfen, um in Deckung zu gehen).

In der heutigen Zeit ist das Rapier wiederum unnötig, denn es ist viel besser, ein automatische Pistole, einen Revolver, oder gar eine Maschinenpistole zu tragen. Vor allem erstere Pistole/der Revolver hat den Vorteil, daß sie die Handlichkeit eines kurzen Messers besitzt, dabei aber jede andere Kurzwaffe aussticht. Allein seynd diß gantz nit romantische Wehren :).

Joachim Meyer drucke ich in Form eines Faksimile-PDF in Sektionsweise aus. Auf dem Titel steht 1570, aber irgendwo las ich was von 1560 - es gab vielleicht verschiedene Auflagen. Leider habe ich den Ort, wo ich das PDF vor Wochen runtergeladen hatte, eben nicht wieder gefunden. Bei den Freifechtern bekommt man Meyer aber immerhin in modernen Schrifttypen (aber in originaler Rechtschreibung). Jedenfalls findet man dort eine Menge: Piquen, Schwerter u. ich glaube ich sah sogar die Hellebarde im Inhaltsverzeichnis. - Im Prinzip sagt Meyer das gleiche wie mein verehrter Lehrer. Von Meyer habe ich allerdings noch ein Technikdetail gelernt: Er sagt, man solle beim tiefen Stoß den Daumen auf die Fehlschärfe legen. Ich habs probiert und dabei eindeutig gesprührt, daß der tiefe Stoß mit dieser Daumenhaltung viel präziser und energetischer ausfällt. Dabei soll man den Fuß auf der Waffenseite vorsetzen und die Bein ziemlich auseinander setzen.

Ich lese ziemlich langsam und muß Passagen oft wiederholen, bis ichs begriffen habe. Wenn ich das PDF so überfliege, habe ich noch ziemlich viele Lektionen vor mir - puh ...

Ja, im Alltag war der Degen eleganter, aber im Krieg stelle ich mir vor, daß es auch auf die Beweglichkeit der Truppe ankam. Mittelalterliche Trosse werden viel langsamer gewesen sein, als die Prinz Eugens. Deshalb bilde ich mir ein, daß so ein Offiziersdegen, wie der IOD wohl der Idealdegen gewesen sein muß : nicht so elegant wie die galanten, aber immer noch bequem zu handhaben und dabei wesentlich wirkungsvoller. Allerdings sind die Klischees, wie sich die heutigen Lischens die Galanterie vorstellen eh dummes Zeug. Der galante Codex war ein strenger Moralcodex, der u.a. Maßhalten verlangte. Heute stellt man sich die glante Gesellschaft gern als liebestollen Haufen vor, dabei war christliche Keütschheit ebenfalls eine Forderung, der "galante Persohnen" zu genügen hatten (es sei denn sie wollten, daß jeder mit dem Finger auf sie zeigte).
 
"...szablą odbierzemy..."

Also nur ein paar Worter zu Sabeln.

Der Sabel ist unsere Volks-Waffe seit XVI Jhtd. Die erste Stucke wurden aber schon in XIV im Polen genutzt. Das war am Anfang das resultat der Kriege mit Tataren, aber die Position des Sabels als die popularste Nahwaffe ist mit dem Konig Stefan Batory (1576 - 1586) verbunden, der nach Polen aus Ungarn gekommen ist.
In dieser Zeit haben wir mit der so genn. ""ungarisch-polnischem Sabel" zu tun - mit langem, beradem Bugel, wie bei einem Schwert. Dieser Sabel hat zwei Typen gehabt
1. Die "Batorówka" ( POLSKA SZABLA - BATORÓWKA ). "Batorówka" war eine rein Kampf-Waffe, nicht Duell-Waffe oder Element der Adelingen-Tracht, wie es spater war. Batorówka hat also sehr einfache Konstruktion und wird sehr selten verziert.
2. Die danzigere "Batorówka", mehr verziert.

Die Zeit von Batory war die Zeit der Kriege gegen Russland. Batory war auch dieser, der den Charakter der polnischen Armee so geschafft hat, wie er durch nachste zwei Jahrhunderten ausgesehen hat. Er hat die Serie der ernsten Reforme der Armee gemacht, auch auf dem Feld der Ausrustung und Struktur. In dieser Zeit haben wir also der erste mal die Differenzierung der Kavalerie fur "Husaren" und "Kosaken" (noch nicht Volks-Name, sonder rein militarische Bezeichnung : leichte Kavallerie). Beide haben Sabeln getragen.

XVII Jhdt. ist "Golden Age" von Sabel im Polen. Um 1630 wurde "der Schwarze Sabel" oder "Flugel-Hussaren-Sabel" entdeck, wahrscheinlich der beste Sabel der Welt. Dieser Sabel hat der zugemachte Bugel gehabt und war nicht so krumm wie die anderen (P£ATNERSTWO - KARABELA). Diese Waffe wurde genau fur Kavallerie gemacht. "Flugel-Hussaren-Sabel" war auch das Vorbild fur anderen Sabeln, besonders in Westeuropa.

Ausser Soldaten-Sabeln wie Batorówka und Schwarzer Sabel gab es auch die Adelingen-Sabeln der vielen Typen. Die "Karabela" ist am meissten bekannt - der typische Sabel der pol. Adelingen - reich verziert, mit relativ breiter Klinge und kurzem, geradem Bugel. Die ende des Griffs war oft als stilisierter Kopf von Adler oder Drachen gemacht (http://platnerstwo.pl/karabela7.html)
"Karabela" ist ursprunglich turkiche Waffe. XVII Jhdt war die Zeit der langen polnisch-turkischen Krege. Die Polen haben diese Sablen am Anfang als Tropheum getragen, dann aber haben sie die eigene Typen dieses Sabels entwieckelt.
Die Armenier und Tataren, die im Polen gewohnt haben auch ihren eigenen Typen des Sabels gehabt : die armenische "tchetchuga" und die tatarische "ordynka" ( http://www.tatar.ro/poze/istorie/czeczuga48.jpg)

Und die Kosaken. Die ukrainischen Kosaken haben am Anfang die selben Typen der Sabeln wie Polen und anderen Volker des Regions genutzt, vo allem die einfachen Typen. Die beruhmte kosakische "Schaschka", die als Effekt der Kontakten mit Kaukasus entstanden ist, ist schon eine spatere Idee und ist typisch fur russischen Kosaken.

Die chronologisch letzte Gattung des pol. Kampf-Sabels ist die "Kościuszkówka" - wieder ein sehr einfacher Soldat-Sabel . Ich habe leider kein Bild gefunden.
Die Name wurde popular wahrand Aufstand von Tadeusz Kościuszko gegen Russland in 1794, aber diesen einfachen Sabel war popular schon fruher.

Die po. Adelingen haben viele reiche Sitten und Zeremonien gehabt, die mit Sabel verbunden waren. Bevor den Krieg musste der Adelinge die Klinge seines Sabels an der Ecke der Kirche schleifen. Ich habe keine Bilder gefunden, aber das sind die Spuren an der Wand von Kirche in Opatów: Kolegiata p.w. ¶w Marcina w Opatowie

Die Bauer im Polen haben wahrend der christlichen Festen die Feuern mit s.g. "Feuer-Bogen" (auf deut. ??) an der Wanden der Kirchen entzundet. Und so sind diese Spuren entstanden. Diese von Klingen sehen ahnlich aus, aber sie sind tiefer sich immer auf die Ecken der Kirche befinden.

Diese Sitte wurde noch in 1863 wahred des "Januar-Aufstands" popular.
Viele alte Kirchen im Polen haben tiefe Spuren auf den Ecken von Sabel-Schleifen.

Und wenn der Adelinge zuruck aus dem Krieg gekommen ist - hat er zuerst aus dem Pferd ausgesprungen und hat seinen Sabel in dem Feld eingeschlagen. Seit diesem Moment war die Zeit des Krieges in seiner Familie beendet.

Ich hoffe das ich das alles genug verstandlich geschrieben habe... =)
 
@ Bartek

Würdest Du sagen, dass der Säbel einen sehr großen Stellenwert auch innerhalb der königlichen Repräsentation hatte?
Wenn ich mir ein Porträt von Louis de Sylvestre anschaue, welches den polnischen König August III. zeigt Bild:AugustIII.jpg - Wikipedia , dann fällt für mich der Säbel an der Seite des Königs auf. Gehörte dieser zu dem Ensemble, welches wie die Krone direkt mit dem Königtum verbunden war?

Ich finde übrigens immer wieder die Frisur August III. erstaunlich, da sie so ganz der Allongeperrücke oder den modischen Perrücken der Mitte des 18.Jh. widerspricht. Ist August III. damit sehr exzentrisch gewesen? Immerhin hatte sein Vater keine solche "polnische" (?) Frisur.
 
Brissotin@:
"Würdest Du sagen, dass der Säbel einen sehr großen Stellenwert auch innerhalb der königlichen Repräsentation hatte?"

Ja und nein =). In jeder Monographie der Sabelsgeschichte wirst Du die folgenden Typus-Namen der Sabeln treffen :

1. Die "Batorówka". Wie ich geschrieben habe war batorówka der einfache Kampf-Sabel am Anfang. Spater wurden sie aber reich verziert und mit Portrait Batorys auf der Klinge als Geschenk des Konigs fur seinen Freunden produziert.
Batory war der erste Konig, der solche Reprasentations-Sabeln mit seinem gravierten Portrait, Wappen, Rubinen etc. zu machen gelasst hat.
Solche Sabeln wurden als die Zeichen der koniglichen Freundschaft von Adelingen beim Gurtel getragen. Und diese Sitte wurde von folgenden Konige weitergefuhrt.

2. Die "Zygmuntówka". Die Name wurde von Name Zygmunts III Vasa getan. Sie wurden auch sehr reich, vor allem mit vielen goldenen Aplikationen gemacht und auch mit Portrait des Konigs und mit seinem Monogram oder Zitat graviert. Zygmuntówka war ein deutliches Symbol der Treue fur Konig und Polen in der Zeit "des Schwerts und Feuers" (wie XVII Jhdt im Polen genannt ist).

3. "Janówka" - nur ganz representativer Sabeln der Zeit von Konig Jan III Sobieski. Speziel popular nach Wien 1683 und gern von Adelingen nur als "militarisches Souvenir" getragen.

4. "Augustówka" (= Konig August Poniatowski). Der Sabel, der von Poniatowski als das Andenken der "3. Mai-Verfassung" 1791 projektiert wurde. Gern von pol. Patrioten kurz nach Teilung Polens getragen.

Also Sabel hatte auch bei den Konigen sehr speziele Lage, mit ihrer eigenen speziellen Symbolik. Ich habe aber nie gehort, dass ein Sabel im Polen zB bei der Kronung des neuen Konig als Zeremonie -Waffe genutzt wurde, wie "Szczerbiec" (Schwert von Bolesław Chrobry) oder Sigismuntus Iustus (Schwert von Zygmunt I der Alte).
 
@ Bartek
Ich würde somit davon ausgehen, dass August III. somit mit dem Gemälde seine enge Bindung an Polen verdeutlichen will. Wenn man bedenkt, dass sich August der Starke nicht so darstellen ließ, wäre das vielleicht ein Hinweis auf ein neues propolnisches Bewusstsein im Denken des Königs. Vielleicht haben sich die Polen 1791 daran erinnert, als sie Friedrich August III. die polnische Krone antrugen und obendrein noch die Erblichkeit der Krone anboten, im Falle dass August Poniatowski starb.

August III. trägt also auf dem Gemälde eine Kleidung und Bewaffnung, die ihn primär als Polen ausweisen soll(?), wenn ich das richtige verstehe. Die Krone und der Hermelin liegen ja ein bisschen abseits. Wenn man bedenkt, dass August III. ab 1756 bis 1763 ständig in Polen weilte, war er sicherlich von den beiden polnischen Königen der Wettiner, der am längsten in Warschau war.

Vielen Dank nochmal Bartek, das macht mir das Verständnis leichter.
 
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