Sudetenland

sansas

Neues Mitglied
Hallo! Weiß jemand, ob es während des 2. Weltkrieges zwischen Sudetendeutschen und Tschechen ein Eheverbot gab? Mir ist bekannt, dass Deutsche, die im Protektorat lebten und Tschechen heiraten wollten, bis Kriegsende beim Reichprotektor um eine Ehegenehmigung nachsuchen mußten. Aber wie verhielt es sich mit den Sudetendeutschen, denen der Kontakt zu Tschechen ins Protektorat gänzlich untersagt war?

Ich bin dankbar für alle Antworten.
Sandra.
 
Mir ist bekannt, dass Deutsche, die im Protektorat lebten und Tschechen heiraten wollten, bis Kriegsende beim Reichprotektor um eine Ehegenehmigung nachsuchen mußten.
Ja, das Verfahren ist z.B. hier beschrieben: "Rasse, Siedlung, deutsches Blut ... - Google Books (S. 171 f.)
Aber wie verhielt es sich mit den Sudetendeutschen, denen der Kontakt zu Tschechen ins Protektorat gänzlich untersagt war?
Ich bin nicht sicher, ob ich diese Frage richtig verstehe. Die Sudetendeutschen wurden mit Inkrafttreten des Münchener Abkommens deutsche Staatsangehörige, d.h. für sie galten ab dann die allgemeinen Gesetze. Welchen Sudetendeutschen war der "Kontakt zu Tschechen gänzlich untersagt", und was war die Rechtsgrundlage?


 
Vielen Dank für die Antwort!
In "Helden der Hoffnung" (Alena Wagnerová) schreibt z.B. eine Antifaschistin aus den Sudeten: "Ich erinnere mich an eine lange Tageswanderung über den Kamm des Jeschkengebirges zu tschechischen Bekannten ins Protektorat. Erlaubt war das nicht. Aber meine Eltern haben ihre Freundschaften nie aufgegeben, eine aufrechte Haltung, die manche mit dem Tod bezahlten."
Wenn demnach der Kontakt untersagt war, wie konnten sie dann heiraten?
Die Praxis der Rassengutachten für Mischehen, so wie es in "Rasse, Siedlung, deutsches Blut" beschrieben ist, wurde für die im Protektorat lebenden Deutschen eingesetzt (sicher, da sie inmitten von Tschechen waren). Daher weiß ich nicht, ob dieses Verfahren auch für die in den Grenzgebieten (an das Deutsche Reich abgetretenen Gebiete) lebenden Deutschen galt. Reichenberg war nach 1938 das Zentrum von Politik und Verwaltung der abgetrennten Sudetengebiete. Im Protektorat waren es Prag und Brünn.
 
In "Helden der Hoffnung" (Alena Wagnerová) schreibt z.B. eine Antifaschistin aus den Sudeten ...
Kann man aus dem Buch - vgl. Alena Wagnerova - Helden der Hoffnung - erkennen, auf welchen Zeitraum und welchen Personenkreis sich der Text genau bezieht?
Frau Wagnerova wohnt hier in Saarbrücken, gegebenenfalls frage ich sie.

Möglicherweise liegt das Problem im Staatsangehörigkeitsrecht:

  • Abtretung der "sudetendeutschen Gebiete" (September 1938).
    Nach dem "Vertrag zwischen dem Deutschen Reich und der Tschechoslowakischen Republik über Staatsangehörigkeits- und Optionsfragen" vom 20.11.1938 konnten "Personen nichtdeutscher Volkszugehörigkeit" (RGBl. II S. 895), die mit der Abtretung deutsche Staatsangehörige wurden, für die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit optieren.
  • Zerschlagung des Tschechoslowakei (März 1939)
    "Volksdeutsche" wurden deutsche Staatsgehörige bzw. Reichsbürger. "Für sie gelten daher auch die Bestimmungen zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre. [...] Die übrigen Bewohner von Böhmen und Mähren werden Staatsangehörige des Protektorats Böhmen und Mähren." (§ 2 des Erlasses vom 16.3.1939 = RGBl. I S. 485)
 
Kann man aus dem Buch - vgl. Alena Wagnerova - Helden der Hoffnung - erkennen, auf welchen Zeitraum und welchen Personenkreis sich der Text genau bezieht?
Das Buch von Alena Wagnerova ist eine Dokumentation der Schicksale aktiver NS-Gegner aus den Sudeten. Ein Bericht darin stammt von Ilse Buggel. Ihre Eltern waren Antifaschistin; der Vater wurde im Nov. 38 verhaftet und stand nach seiner Haftentlassung unter Aufsicht der Gestapo. Frau Buggel schreibt, dass ihre Eltern „während der ganzen Zeit“, d.h. ab Oktober 38 bis Kriegsende, ihre tschechischen Bekannten, die im Protektorat lebten, nicht besuchen durften. Es geht daraus nicht hervor, ob diese Kontaktsperre nur Antifaschisten betraf. Doch man könnte demnach vermuten, dass deutschen Antifaschisten die Ehen mit Tschechen, unabhängig von einem Rassengutachten, nicht genehmigt wurden!? Ich bräuchte eben konkrete Angaben dazu.
Möglicherweise liegt das Problem im Staatsangehörigkeitsrecht:
· Zerschlagung des Tschechoslowakei (März 1939)
"Volksdeutsche" wurden deutsche Staatsgehörige bzw. Reichsbürger. "Für sie gelten daher auch die Bestimmungen zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre. [...] Die übrigen Bewohner von Böhmen und Mähren werden Staatsangehörige des Protektorats Böhmen und Mähren." (§ 2 des Erlasses vom 16.3.1939 = RGBl. I S. 485)
Vielen Dank! Demnach galten für deutsche Staatsangehörige aus dem annektierten Sudetengebiet dieselben Rechte wie für die im Protektorat lebenden Deutschen.
Ich habe jetzt mittlerweile auch herausgefunden, daß die Rassengutachten für Mischehen im annektierten Sudetenland (genau wie im Protektorat) eingesetzt wurden.
 
Nach diesem Buch war man eingentlich nicht besonders dagegen das ein Tscheche eine (Sudeten)Deutsche heiratete. Dann bekam er nämlich die deutsche Staatsbürgerschaft und wurde zur Wehrmacht eingezogen.

Quelle: Österreicher und Tschechen. Alter Streit und neue Hoffnung
(Alfred Payrleitner; 2003)
 
Zurück
Oben