Zu 1. : Was Reparationen angeht hast du sicher Recht, aber in Hinblick auf die Ostgrenzen, Danzigfrage und Minderheitenschutz in den von Deutschen besiedelten Gebieten war es weitgehend isoliert. Der Status Quo, sprich Garantie der Westgrenze bedeutete noch lange nicht das ein deutscher Politiker ( auch Streesemann nicht) jemals selbiges im Osten vornehmen würde.
Zu 2. : Nach erster Lektüre des V-Diktats bemerkte Brockdorf- Rantzau
...
Wladimir Iljitsch Lenin Zit:
...
John Maynard Keynes Zit:
Lass uns einmal die Diskussion zunächst auf diese zwei Punkte beschränken, sonst wird das unübersichtlich.
Zu Nr. 1: Auch Stresemann (wie alle Weimarer Regierungen) betrieb Revisionspolitik. Dazu zB diese Verweise:
http://www.geschichtsforum.de/f63/aussenpolitik-stresemanns-und-hitler-13696/
http://www.geschichtsforum.de/263257-post5.html
http://www.geschichtsforum.de/263866-post6.html
Es gab zahlreiche Stimmen in Westeuropa, dem Deutschen Reich bei seinen "Revisionsforderungen" und im Hinblick auf die Korrektur des Versailler Vertrages entgegen zu kommen. Das ist zB ein wesentlicher Bestandteil der britischen Appeasement-Politik, setzte aber schon in den Zwanzigern ein. Der Widerstand Frankreichs und seine Sicherheitspolitik nach Osten und Süden (Kleine Entente, Polen etc.) ist im Kontext der Erfahrungen des Ersten Weltkrieges zu sehen, schließlich auch aus dem Problem Elsaß-Lothringen.
zu Nr. 2: Folgen der Reparationen
Hier wäre zunächst einmal überhaupt die Bedeutung der Reparationen und die mit ihnen verbundene Problematik zu bedenken. Die Diskussion hat viele Facetten:
Knut Borchardts Interpretation der Weimarer Wirtschaft. Zur Geschichte und Wirkung
Soweit die Zitate Brockdorf- Rantzau, Lenin, Keynes u.a. die volkswirtschaftliche Lebensfähigkeit der Weimarer Republik aufgrund der beschnittenen Grenzen, der Bevölkerung und der Ökonomie in Frage stellen, ist das blanker Unsinn, wie sich an der weiteren deutschen Wirtschaftsgeschichte zeigt. Es bleibt die Beurteilung der Reparationen.
Um das eingangs überspitzt zu formulieren: Reparationen an sich sind kein Problem für eine Volkswirtschaft, unter bestimmten nachfolgenden Bedingungen:
a) die notwendigen Devisen (bzw. Gold) stehen zur Verfügung
b) der damit verbundene Ausgabenverzicht im Inland bewirkt kein Investitions- bzw. Konsumproblem.
Devisenbeschaffung für die Reparationen ist auf verschiedenen Wegen denkbar:
durch Exportüberschüsse (Waren raus-Devisen rein),
durch Direkteinvestitionen von Ausländern im Inland (Devisen rein)
oder durch Kreditaufnahme im Ausland (quasi Umschuldung: Devisen rein und Streckung der Tilgung für spätere Rückgriffe auf Variante 1 und 2).
(Reparationen weisen damit realwirtschaftlich eine "gewisse Ähnlichkeit" zum Kanonen-statt-Butter-Prinzip der Rüstung auf. Sie basieren auf Exporten und auf Direktinvestitionen und sind nur durch diese darstellbar. Eine erklärende Betrachtung zu den Exporten: diese bedeuten realwirtschaftlich stets Konsumverzicht im Inland (Waren gehen raus, Geld kommt rein) gegen Zahlungsüberschüsse auf der monetären Seite, Reparationen saugen diese ab. Das Problem des Konsumverzichtes liegt also originär in den Exportüberschüssen begründet, egal ob das Kapital dann wieder für Reparationen oder für Auslandsinvestitionen herausgeht. Man betrachte diese Situation einmal im Vergleich zu heute, BRD seit den 60er Jahren.)
Das funktionierte in der Weimarer Republik nach 1923 in der Kombination aller drei Verfahren ganz ordentlich, solange die Weltwirtschaft keine Krise aufwies (und hier gibt es die erste Gemengelage ab 1929). Insbesondere die hohen Kapitalzuflüsse aus den USA (Kreditierungen, Exporte, Direktinvestitionen) beschafften die notwendigen Devisen für die Reparationen bis zur Weltwirtschaftskrise. Danach brachen die Exporte ein, egleichzeitig die ausländischen Direktinvestitionen und schließlich auch die Kreditfähigkeit des DR, durch die gestiegene Staatsverschuldung und und den Einbruch der wirtschaftlichen Bonität infolge stark steigender Unternehmenszusammenbrüche 1928-1931, insbesondere nun gerade auch der kapitalmarktorientierten und Großunternehmen:
Statistik: Konkurse und Vergleichsverfahren im Deutschen Reich 1913-1933
Deutsche Bankenkrise - Wikipedia
zur Diskussion um die daraus folgende Politik Brünings:
Knut Borchardt - Wikipedia
zu den Thesen: Prof. Dr. Knut Borchardt
Volkswirtschaftlich ist wohl unbestritten, dass das Problem der Reparationen nicht isoliert gesehen werden kann, sondern im Kontext der gesamten ökonomischen Entwicklung. Politisch wurde darauf mit harten Verhandlungen reagiert, bis hin zur Regierung Brüning und schließlich Papen, und auch vom Ausland (USA). Damit ist im Umkehrschluß die Fokussierung der ökonomischen und in der Folge auch der politischen Probleme der Weimarer Republik allein auf die Reparationszahlungen und den Versailler Vertrag ein ökonomischer Fehlschluss. Man könnte auch sagen: es gibt keine partielle und zwingende Kausalkette "Versailler Vertrag-Reparationen-Zusammenbruch", auch wenn das in den politischen Diskusisonen der 20er und 30er so dargestellt wurde.
Z.B. dazu Block, Jan: Die Wirtschaftspolitik in der Weltwirtschaftskrise 1929 bis 1932 im Urteil der Nationalsozialisten, Frankfurt a. M. u. a. 1997, Europ. Hochschulschriften Reihe V/2158.
Somit bleibt das übersteigerte psychologische, nationale Problem der Reparationszahlungen, was sich bekanntlich exzessiv in der Weimarer Republik von den Radikalen politisieren ließ. Mit den volkswirtschaftlichen Wirkungen hat das wenig zu tun gehabt.
Und weiter überspitzt formuliert: die Verschuldungs- und Rüstungspolitik (Rüstung = Konsum- und Investitionsverzicht) Hitlers übersteigt das Reparationsproblem exponentiell und erst diese führte bis 1939 in einen verschleierten, dann durch den Krieg aufgehaltenen finanziellen Kollaps des Staatshaushaltes.
Keynes frühe Analyse wird gern zitiert, ist aber unzureichend bzw. falsch, und kann nur dafür herhalten: ohne Reparationen weniger Probleme - und das ist trivial. Die "Kausalkettenanhänger"
Wikipedia:WikiReader/1. Weltkrieg - Wikipedia
liegen mE falsch, auch wenn sich die "Prophezeiung" von Keynes natürlich ex post prima liest.
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