Übergang zum Steinquaderbau mit Kalkmörtel

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PontifexMinimus

Gast
Stein- oder Backsteinmauern mit vermörtelten Fugen sind heute ein absolut gewöhnliches Erscheinungsbild, aber man vergißt dabei leicht, daß es sehr lange gedauert hat, bis die Menschheit auf diesen technischen Stand angelangt ist. Selbst die fortschrittlichsten antiken Baukulturen wie die alten Ägypter oder Mesopotamier wurschtelten sich lange ohne das eine oder andere durch.

Wann und wieso sind die alten Griechen beim Steinbau zum Quaderwerk übergegangen, und ab wann begann man die Steine mit Kalkmörtel zu setzen? Wann und wieso führte man den gebrannten Ziegelstein ein und benutzte Kalkmörtel dabei?
 
The actual explanation of the superior properties of Roman mortar and plaster is two fold, as has been demonstrated by recent chemical analyses. The
materials used by the Romans were the same as are used today, only they were well chosen and well processed. On the other hand, the main author of the
superiority of the ancient product was not man but time. The passage of 2,000 years has increased the crushing strength of ancient plaster and mortar up to
five or sixfold—i.e. from ca 20+ kg/cm2 to 150+ kg/cm2 (M. Frizot, Mortiers et Enduits Peints, pp. 96, 329–30)—omnia fert aetas.

Aus:
Wright, G.R.H. (George R.H.), 1924–
Ancient building technology / by G.R.H. Wright.
p. cm. — (Technology and change in history, ISSN 1385-920X ; v. 4), S. 178

Stimmt das?
 
Habe eine ergiebige Quelle gefunden.

Demnach bevorzugten die Ägypter im Steinquaderbau Gipsmörtel, weil er beim Setzen der Blöcke besser gleitet:

Die Frage, warum in pharaonischer Zeit kein Kalkmörtel verwendet wurde, wird mit dem allgemeinen Brennstoffmangel in Ägypten erklärt. Dagegen lässt sich einwenden, dass die Brennstoffmenge ab der Ptolemaierzeit, seit der Kalk in Ägypten gebrannt wurde, nicht zu-, sondern abgenommen hat. Angesichts von Martinets Überlegungen zum Anhydrit, dessen Herstellung überdies höhere Brenntemperaturen erforderte als Gips, erscheint es nahe liegender, dass die ägyptischen Baumeister den Gips- beziehungsweise Anhydritmörtel ganz bewusst aufgrund seiner spezifischen Eigenschaften verwendet haben. Dass bei einem Bau wie dem Pylon von Edfu kein Kalkmörtel verwendet wurde, obwohl er in dieser Epoche bereits weit verbreitet war, bestätigt diese Annahme. Offenbar sah man zunächst keinen Grund, das altbewährte Material auszutauschen. Anders verhielt es sich bei Bauten aus gebrannten Ziegeln, bei denen Mörtel als Binde-, nicht als Gleitmittel diente. Die Verwendung von Kalkmörtel hängt also mit neuen Bauformen und -aufgaben zusammen, nicht mit neuen Technologien.

S. 77f. in: Wissensgeschichte der Architektur, Band II: Vom Alten Ägypten bis zum Antiken Rom

Die Griechen nutzten Kalkmörtel nur zum Verputz:

Die Techniken waren folglich durchaus bekannt. Ähnliches gilt für den gebrannten Kalk, der in der Kaiserzeit, mit Sand vermischt zu Mörtel, als Bindemittel von Backstein und Naturstein benutzt wurde. In der hier betrachteten Epoche wurde Brandkalk, vermischt mit feinem Sand oder Marmormehl, nur verwendet, um an Bauten aus porösem Steinmaterial die Außenseiten von Wänden, Säulen und Gebälken zu verputzen. In einigen wenigen Ausnahmefällen hat man auch Kalkmörtel gefunden, mit dem Fugenklaffungen nachträglich verschlossen worden sind.

S. 194

Erst die Römer verwendeten Kalkmörtel zum Binden der Steinquader:

Die römische Architektur unterscheidet sich in bautechnischer Hinsicht von den älteren Architekturen der Mittelmeerwelt vor allem dadurch, dass sie als erste das bautechnische Potential von auf Kalk basierenden Bindemitteln in großem Umfang einsetze und, im Verlauf von mehreren Jahrhunderten, bis an seine Grenzen entwickelte.

S. 315
 
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